Die strafrechtliche Verantwortlichkeit eines Täters, dessen errechnete maximale Blutalkoholkonzentration (BAK) zur Tatzeit 3,03 Promille betragen hat, muss auf Grund des Alkoholkonsums nicht erheblich i. S. von § 21 StGB (Strafgesetzbuch) vermindert gewesen sein.
Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) im Beschluss vom 29.05.2012 – 1 StR 59/12 – hingewiesen und hierzu ausgeführt:
Eine BAK in der errechneten Höhe gibt für den Tatrichter Anlass zur Prüfung einer krankhaften seelischen Störung durch einen akuten Alkoholrausch; die Möglichkeit von Schuldunfähigkeit oder erheblich verminderter Schuldfähigkeit ist dann grundsätzlich zu erörtern. Einen Rechts- oder Erfahrungssatz, der es gebietet, ohne Rücksicht auf die im konkreten Fall feststellbaren psychodiagnostischen Kriterien ab einer bestimmten Höhe der BAK regelmäßig von zumindest „bei Begehung der Tat“ erheblich verminderter Schuldfähigkeit auszugehen, gibt es aber nach der zwischenzeitlich gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht.
Vielmehr ist für die Beurteilung der Schuldfähigkeit eine Gesamtschau aller wesentlichen objektiven und subjektiven Umstände maßgeblich, die sich auf das Erscheinungsbild des Täters vor, während und nach der Tat beziehen.
Dabei kann die BAK ein je nach den Umständen des Einzelfalls sogar gewichtiges, aber keinesfalls allein maßgebliches Beweisanzeichen (Indiz) sein.
Welcher Beweiswert der BAK (die weniger zur Auswirkung des Alkohols, als lediglich zu dessen wirksam aufgenommener Menge aussagt) im Verhältnis zu anderen psychodiagnostischen Beweisanzeichen beizumessen ist, lässt sich nicht schematisch beantworten. Er ist umso geringer, je mehr sonstige aussagekräftige psychodiagnostische Kriterien zur Verfügung stehen. So können die konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls eine erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit bei Tatbegehung auch bei einer BAK schon von unter 2 ‰ begründen, umgekehrt eine solche selbst bei errechneten Maximalwerten von über 3 ‰ auch ausschließen.
Ergänzender Hinweis dazu:
War ein Täter bei der Tatbegehung alkoholisiert oder ist dies nicht auszuschließen, muss der Tatrichter, sofern möglich, grundsätzlich die BAK zur Tatzeit errechnen.
Nach ständiger Rechtsprechung ist bei einem erwachsenen normalen Alkoholkonsumenten bei einer zur Tatzeit nicht ausschließbare BAK von 2 Promille an aufwärts, bei schweren Gewalthandlungen gegen Leib und Leben Anderer, bei denen es eine höhere Hemmschwelle zu überwinden gilt, ab 2,2 Promille stets die Möglichkeit von erheblich verminderter Schuldfähigkeit (§ 21 StGB ) und ab 3 Promille die Möglichkeit von Schuldunfähigkeit (§ 20 StGB ) zu erörtern und zu prüfen. Ein Urteil, das in derartigen Fällen keine Feststellungen dazu enthält, hat in der Regel in der Revision keinen Bestand.
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