Tag § 23 Abs. 1a StVO

OLG Köln entscheidet: Nutzung eines zwischen Ohr und Schulter eingeklemmten Mobiltelefons

…. während der Fahrt stellt einen bußgeldbewehrten Verstoß gegen § 23 Abs. 1a Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) dar.

Mit Beschluss vom 04.12.2020 – III-1 RBs 347/20 – hat das Oberlandesgericht (OLG) Köln eine Autofahrerin, die mit einem Mobiltelefon, 

  • das sie bereits vor Fahrtantritt zwischen der Schulter und dem Kopf eingeklemmt hatte, 

während der Fahrt telefonierte,  

  • wegen verbotswidriger Nutzung eines Mobiltelefons als Kraftfahrzeugführer, 

nach § 23 Abs. 1a StVO zu einer Geldbuße verurteilt.

Begründet hat das OLG dies damit, dass 

  • ein im Sinne von § 23 Abs. 1a S. 1 Ziff. 1 StVO tatbestandsmäßiges „Halten“ nicht notwendig die Benutzung der Hände voraussetzt, 
  • sondern auch vorliegt, wenn das elektronische Gerät zwischen Ohr und Schulter eingeklemmt wird

und dem auch der Zweck der Vorschrift des § 23 Abs. 1a S. 1 Ziff. 1 StVO, 

  • nämlich mit dem Führen des Fahrzeugs nicht in Zusammenhang stehende Tätigkeiten, die sich abträglich auf die Notwendigkeit der Konzentration auf das Verkehrsgeschehen auswirken, zu verhindern,  

nicht entgegensteht (Quelle: Pressemitteilung des OLG Köln).

Wichtig zu wissen für Autofahrer, deren Fahrzeug mit einem Navigationsgerät ausgestattet ist, dessen Funktionen über eine

…. manuelle Fernbedienung gesteuert werden können.

Mit Beschluss vom 05.02.2020 – III-1 RBs 27/20 – hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Köln in einem Fall, in dem ein Autofahrer,

  • dessen PKW mit einem über eine manuelle Fernbedienung zu steuerndes Navigationsgerät ausgestattet und
  • für die Fernbedienung eine Halterung am Armaturenbrett installiert war,

zur Bedienung des Navigationsgeräts während der Fahrt die Fernbedienung,

  • statt sie, was (auch) möglich gewesen wäre, in der Halterung zu lassen,

aus der Halterung in die rechte Hand genommen und anschließend Befehle eingegeben hatte, entschieden, dass der Autofahrer

  • wegen verbotswidriger Nutzung eines elektronischen Geräts als Kraftfahrzeugführer

nach § 23 Abs. 1a Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) verurteilt werden kann.

Begründet hat der Senat dies damit, dass die genutzte Fernbedienung, da sie

  • als elektronisches Gerät das zum Navigationsgerät gelangende Signal mittels elektronischer Schaltungen unter Nutzung einer eigenen Stromversorgung steuere und
  • auch der Organisation der Ausgabe auf dem Display des Navigationsgerätes diene,

ein „der Information oder Organisation dienendes elektronisches Gerät“ i.S.v. § 23 Abs. 1a StVO sei (Quelle: Pressemitteilung des OLG Köln).

Darf ein elektronischer Taschenrechner ohne Kommunikationsfunktion während der Fahrt vom Kraftfahrzeugführer

…. benutzt werden?

  • Das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg sagt „ja“, das OLG Hamm sagt „nein“.
  • Jetzt soll der Bundesgerichtshof (BGH) diese Frage entscheiden.

Der 2. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg hat mit Beschluss vom 25.06.2018 – 2 Ss (OWi) 175/18 – entschieden, dass, wenn während der Fahrt vom Fahrzeugführer

  • ein Taschenrechner in der Hand gehalten wird,

kein Verstoß gegen § 23 Abs. 1a Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) vorliegt, weil es sich bei einem reinen Taschenrechner nicht um ein der Kommunikation, Information oder Organisation dienendes oder zu dienen bestimmtes elektronisches Gerät handelt, das,

  • wie etwa ein Gerät der Unterhaltungselektronik oder ein Gerät zur Ortsbestimmung, ein Mobil- oder Autotelefon, ein Berührungsbildschirm, ein tragbarer Flachrechner, ein Navigationsgerät, ein Fernseher oder ein Abspielgerät mit Videofunktion oder Audiorecorder,

nach der Neufassung des § 23 StVO derjenige, der ein Fahrzeug führt, nur unter den in Absatz 1a Satz 1 Nummer 1 und 2 genannten Voraussetzungen benutzen darf.

Der 4. Senat für Bußgeldsachen des OLG Hamm ist dagegen der Ansicht, dass

  • ein elektronischer Taschenrechner auch der Information (über das Ergebnis einer durchgeführten Berechnung) dient oder zu dienen bestimmt ist,

und somit ein Autofahrer,

  • der während der Fahrt einen Taschenrechner in der rechten Hand hält und damit eine Berechnung durchführt,

gegen § 23 Abs. 1a StVO verstößt.

Er hat deshalb die Rechtsfrage,

  • ob ein elektronischer Taschenrechner ohne Kommunikationsfunktion unter die elektronischen Geräte i.S.v. § 23 Abs. 1a StVO fällt, die während einer Autofahrt vom Kraftfahrzeugführer nicht benutzt werden dürfen,

mit Beschluss vom 15.08.2019 – III – 4 RBs 191/19 – dem Bundesgerichtshof (BGH) zur Entscheidung vorgelegt.

OLG Celle entscheidet: Bei einem bloßen Aufnehmen oder in der Hand halten eines elektronischen Geräts

…. während der Fahrt liegt – auch nach der Änderung des § 23 Abs. 1a Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) – noch keine verbotswidrige Nutzung vor.

Mit Beschluss vom 07.02.2019 – 3 Ss (OWi) 8/19 – hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts (OLG) Celle darauf hingewiesen, dass Führer eines Fahrzeuges

  • allein durch das Aufnehmen oder Halten eines der Kommunikation, Information oder Organisation dienenden oder zu dienen bestimmten elektronischen Gerätes während der Fahrt,
    • also beispielsweise dadurch, dass sie ein Mobiltelefon lediglich aufnehmen, um es andernorts wieder abzulegen,

noch keine Ordnungswidrigkeit nach §§ 49 Abs. 1 Nr. 22, 23 Abs. 1a Satz 1 StVO begehen, sondern der Bußgeldtatbestand des § 23 Abs. 1a StVO nur bzw. erst erfüllt ist, wenn

  • über das bloße Aufnehmen oder Halten hinaus
  • eine Benutzung des elektronischen Geräts hinzukommt (a.A. OLG Oldenburg, Beschluss vom 25.07.2018 – 2 Ss (OWi) 201/18 – das einen Verstoß bereits dann annimmt, wenn das elektronische Gerät in der Hand gehalten wird).

Dass

  • über das bloße Aufnehmen oder Halten des elektronischen Geräts hinaus

ein Zusammenhang mit der Verwendung einer Bedienfunktion des Geräts bestehen muss, hat der Senat damit begründet, dass nach dem Wortlaut des § 23 Abs. 1a StVO

  • Führer eines Fahrzeugs ein elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist, „nur benutzen dürfen, wenn (…) hierfür das Gerät weder aufgenommen noch gehalten wird (…)“,

die Vorschrift

  • also regelt, unter welchen Bedingungen die Benutzung eines elektronischen Geräts während der Fahrt erlaubt ist,

und

  • das Aufnehmen oder Halten des Geräts zu diesem Zweck („hierfür“) verbietet.

Für das Bestehen eines Zusammenhangs mit einer Bedienfunktion eines elektronischen Geräts über das Halten hinaus,

  • also für ein Benutzen,

reicht es,

  • worauf der Senat ebenfalls hingewiesen hat,

allerdings schon aus, dass beispielsweise

  • auf das Display eines in der Hand gehaltenen Mobiltelefons geschaut wird,

ohne dass es weiterer Feststellungen bedarf, welche Bedienfunktion (Ablesen der Uhrzeit, Prüfen des Ladezustands u.ä.) der Fahrzeugführer

  • konkret verwendete oder
  • dabei war zu verwenden.

Auch können nach Ansicht des Senats aus der Art und Weise,

  • wie beispielsweise ein Mobiltelefon gehalten wird,

Rückschlüsse auf die Nutzung einer Bedienfunktion und damit auch auf die Verwirklichung des Bußgeldtatbestandes der verbotenen Nutzung elektronischer Geräte gezogen werden.