Tag Abweg

Beschäftigte, die auf dem Rückweg von der Arbeit irrtümlich die direkte Strecke verlassen haben und verunfallen, sollten wissen

…. wann (k)ein vom gesetzlichen Versicherungsschutz umfasster Wegeunfall vorliegen kann.

Mit Urteil vom 12.04.2024 – L 14 U 164/21 – hat das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen in einem Fall, in dem ein 

  • aufgrund einer Bewusstseinsstörung infolge diabetesbedingter Unterzuckerung

orientierungsloser Mann auf dem Rückweg von der Arbeit mit seinem PKW

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Gesetzlich Unfallversicherte sollten wissen, wann ein Unfall als ein unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung

…. stehender Arbeits- bzw. Wegeunfall anzuerkennen ist.

Gemäß § 8 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) ist für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls im Regelfall der Nachweis erforderlich,

  • dass bei einem, zu diesem Zeitpunkt in der gesetzlichen Unfallversicherung Versicherten,
    • ein zeitlich begrenztes, von außen seinen Körper einwirkendes Ereignis (= Unfallereignis)
    • einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität),
  • dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfallereignisses
    • der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang),
      • der Versicherte also zum Zeitpunkt des Unfallereignisses einer versicherten Tätigkeit nachgegangen ist,
      • wozu gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auch der Vorgang des Sichfortbewegens auf dem unmittelbaren Weg zählt, der erkennbar zu dem Zweck zurückgelegt wird, den Ort der Tätigkeit – oder nach deren Beendigung im typischen Fall die eigene Wohnung – zu erreichen
    • und dass diese Verrichtung zu dem Unfallereignis geführt hat (Unfallkausalität).

Bei einem Unfallereignis

  • auf dem Weg vom Ort der versicherten Tätigkeit nach Hause oder
  • von Zuhause zum Ort der versicherten Tätigkeit

handelt es sich nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII um einen unter dem Schutz der Unfallversicherung stehenden Wegeunfall, solange

  • der Versicherte den unmittelbaren Weg nach Hause oder zum Ort der versicherten Tätigkeit zurücklegt und
  • eine konkrete Verrichtung auf dem unmittelbaren Weg, unter Beachtung der objektivierten Handlungstendenz des Versicherten, noch der Fortbewegung vom Ort der versicherten Tätigkeit nach Hause oder von Zuhause zum Ort der versicherten Tätigkeit dient.

Nicht mehr den

  • unmittelbaren Weg

vom Ort der versicherten Tätigkeit nach Hause oder von Zuhause zum Ort der versicherten Tätigkeit, sondern einen

  • Abweg

legt ein Versicherter zurück, wenn

  • er von dem direkten Weg mehr als geringfügig abweicht.

Besteht in einem solchen Fall nicht ausnahmsweise auch Versicherungsschutz auf dem Abweg,

  • weil dieser im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht, wie etwa, wenn
    • sich Versicherte aus betriebsbedingten Gründen fortbewegen, etwa um einen Gegenstand zu holen, den sie für die Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit benötigen oder
    • der unmittelbare Weg verlassen wird, um eine dem Beschäftigungsunternehmen dienende Verrichtung auszuüben,

endet der Versicherungsschutz

  • mit dem Verlassen des direkten Weges und dem Beginn des Abweges

und besteht Versicherungsschutz erneut erst,

Arbeitnehmer sollten wissen, dass auf einem Um- bzw. Abweg kein gesetzlicher (Wege)Unfallversicherungsschutz besteht

Das Thüringer Landessozialgericht (LSG) hat mit Urteil vom 08.01.2018 – L 1 U 900/17 – in einem Fall,

  • in dem eine Arbeitnehmerin auf dem Rückweg von der Arbeit mit dem Zug, den Ausstieg an ihrem Heimatbahnhof verpasst,
  • den Zug daraufhin an der nächsten Haltestelle verlassen hatte und
  • auf dem Weg zu dem auf einem anderen Bahnsteig bereitstehenden Gegenzug verunfallt war,

entschieden,

  • dass es sich hierbei um keinen Arbeitsunfall gehandelt hat.

Begründet hat das LSG dies damit, dass unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung grundsätzlich nur der direkte Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte steht und für einen Versicherten,

  • sofern nicht ausnahmsweise das Abweichen vom direkten Weg bzw. der Umweg, beispielsweise wegen Ausfalls eines Haltepunktes, erforderlich wird,

kein Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung mehr besteht, wenn er

  • sich nicht (mehr) auf direktem Weg in Richtung seiner Arbeitsstätte oder seiner Wohnung, sondern in entgegengesetzter Richtung von diesem Ziel fortbewegt,
  • sich also auf einem sog. Abweg befindet.

Der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung

  • erlischt in einem solchen Fall, so das LSG, sobald der direkte Weg verlassen und der Abweg begonnen wird und
  • lebt erst wieder auf, wenn sich der Versicherte wieder auf dem direkten Weg befindet und der Abweg beendet ist (Quelle: Pressemitteilung des LSG Erfurt vom 29.01.2018).