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Wichtig zu wissen für Nutzer von sozialen Netzwerken und deren Erben

Mit Urteil vom 12.07.2018 – III ZR 183/17 – hat der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass beim Tod des Kontoinhabers eines sozialen Netzwerks, der

  • zwischen dem Erblasser und dem Betreiber des sozialen Netzwerks geschlossene

schuldrechtliche Vertrag über die Einrichtung und Nutzung eines „Accounts“,

  • sofern die Vererbbarkeit dieses vertraglichen Nutzungsverhältnisses und des daraus folgenden Kontozugangsrechts nicht wirksam durch die vertraglichen Bestimmungen ausgeschlossen worden ist,

nach § 1922 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auf die Erben des Kontoinhabers übergeht und dem Zugang zu dem Benutzerkonto und den darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalten

  • weder das postmortale Persönlichkeitsrecht des Erblassers,
  • noch das Fernmeldegeheimnis,
  • das Datenschutzrecht oder
  • das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Kommunikationspartner des Erblassers entgegenstehen.

Danach

  • schließen Regelungen zum Gedenkzustand die Vererbbarkeit des aus dem Nutzungsverhältnis folgenden Kontozugangsrechts nicht aus und sind, ungeachtet dessen auch nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB unwirksam,
  • scheitert ein Anspruch der Erben auf Zugang zu dem vollständigen Benutzerkonto des Erblassers und den darin vorgehaltenen Inhalten schon deshalb nicht an § 88 Abs. 3 Telekommunikationsgesetz (TKG), weil der Erbe eines Kommunikationspartners nicht “anderer“ im Sinne dieser Vorschrift ist und
  • steht dem Anspruch des Erben auch Datenschutzrecht nicht entgegen, da
    • die seit 25.05.2018 geltende Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) nur lebende Personen schützt und
    • die Verarbeitung der personenbezogenen Daten der Kommunikationspartner des Erblassers durch die Übermittlung und dauerhafte Bereitstellung der jeweiligen Inhalte für die Erben jedenfalls sowohl nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. b Var. 1 DS-GVO als auch nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. f DS-GVO zulässig ist.

Betreiber von sozialen Netzwerken müssen demzufolge nach dem Tode eines Nutzers dessen Erben Zugang zu dem vollständigen Benutzerkonto des Verstobenen und den darin enthaltenen Kommunikationsinhalten gewähren.

BGH entscheidet: Der Zugang zu einem Facebook-Account ist vererbbar

Mit Urteil vom 12.07.2018 – III ZR 183/17 – hat der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass der Vertrag über ein Benutzerkonto bei einem sozialen Netzwerk zwischen dem Nutzer und dem Betreiber des sozialen Netzwerks,

  • sofern die Vererblichkeit nicht wirksam durch die vertraglichen Bestimmungen ausgeschlossen ist,

im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nach § 1922 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auf die Erben des ursprünglichen Kontoberechtigten übergeht und diese,

  • einen Anspruch gegen den Netzwerkbetreiber auf Zugang zu dem Konto
  • einschließlich der darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalte haben.

Danach

  • sind Klauseln über die Versetzung eines Accounts nach dem Tod eines Facebook-Nutzersin den sog. Gedenkzustand nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB unwirksam und
  • steht dem Anspruch des Erben auf Zugang zu dem Konto, einschließlich der darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalte,
    • da ein Erbe vollständig in die Position des Erblassers einrückt und somit jedenfalls nicht „anderer“ im Sinne von § 88 Abs. 3 Telekommunikationsgesetz (TKG) ist, weder das Fernmeldegeheimnis entgegen,
    • noch die seit 25.05.2018 geltende Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO), weil,
      • nachdem die Verordnung nur lebende Personen schützt, datenschutzrechtliche Belange eines Erblassers nicht betroffen sind und
      • die der Übermittlung und Bereitstellung von Nachrichten und sonstigen Inhalten immanente Verarbeitung der personenbezogenen Daten der Kommunikationspartner eines Erblassers sowohl nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. b Var. 1 DS-GVO als auch nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. f DS-GVO zulässig ist (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 12.07.2018).

Ob Erben eines Verstorbenen auch den Facebook-Account des Erblassers mitsamt den gespeicherten Inhalten erben, Erben also

…. in einen vom Erblasser zur Nutzung der Facebook-Dienste abgeschlossenen Vertrag eintreten (können),

  • so dass die Erben Anspruch auf Zugang zu dem Facebook-Account des Verstorbenen haben

und

  • ob das ggf. auch dann gilt, wenn der Account des Facebook-Nutzers nach dessen Tod in den sog. Gedenkzustand versetzt worden ist,

wird vom Bundesgerichtshof (BGH) am 12.07.2018 (III ZR 183/17) in letzter Instanz in einem Fall entschieden werden, in dem dieEltern und Erben einer Tochter,

  • die im Alter von 15 Jahren unter ungeklärten Umständen durch eine in einen Bahnhof einlaufende U-Bahn tödlich verletzt worden ist,

mit Facebook Ireland Limited (im Folgenden: Facebook) darüber streiten,

  • ob Facebook ihnen Zugang zu dem vollständigen Benutzerkonto ihrer verstorbenen Tochter und den darin enthaltenen Kommunikationsinhalten gewähren muss.

In erster Instanz ist der Klage der Eltern und Erben,

  • die sich erhoffen, über den Facebook-Account ihrer Tochter und die dort ausgetauschten Nachrichten und Posts mehr über den Tod ihrer Tochter zu erfahren,
  • insbesondere auch, ob es sich um einen Selbstmord gehandelt haben könnte,

von der 20. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Berlin mit Urteil vom 17.12.2015 – 20 O 172/15 – stattgegeben worden.

Auf die von Facebook gegen dieses Urteil eingelegte Berufung hat das Kammergericht (KG) in Berlin in II. Instanz mit Urteil vom 31.05.2017 – 21 U 9/16 –

  • ohne zu entscheiden, ob Erben in die Rechte und Pflichten eines vom Erblasser zur Nutzung der Facebook-Dienste abgeschlossenen Vertrages, jedenfalls soweit es um den Erhalt des Leserechts geht, einrücken können,

die Klage der Eltern und Erben gegen Facebook mit der Begründung abgewiesen, dass

  • die Eltern und Erben schon aufgrund des Fernmeldegeheimnisses (§ 88 Telekommunikationsgesetz – TKG) keinen Zugang zum Facebook-Account der Verstorbenen erhalten können,
  • weil dem nicht von allen Kommunikationspartnern, die mit dem Verstorbenen Kommunikationsinhalte ausgetauscht haben, die nur für diese beiden Nutzer oder nur einen eingeschränkten Personenkreis bestimmt gewesen sind, zugestimmt haben

und

  • sich ein Anspruch der Eltern auf Zugang zum Benutzerkonto ihres minderjährigen Kindes auch nicht aus dem Recht der elterlichen Sorge oder dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Eltern ableiten lasse.

Der BGH scheint nicht dieser Ansicht zu sein,

  • sondern sieht, wie er in der mündlichen Verhandlung angedeutet hat, keinen Grund, elektronische Nachrichten anders zu behandeln als Briefe, die dem Erben unabhängig von ihrem persönlichen Gehalt zugänglich sind

und neigt deshalb dazu, digitales Erbe grundsätzlich ebenso zu behandeln wie analoges Erbe, so dass demzufolge,

  • sollte die konkrete Ausgestaltung des Vertrages mit Facebook eine Vererbbarkeit des Rechtsverhältnisses nicht ausschließen,

Erben auch in einen Vertrag mit Facebook eintreten könnten (Quelle; Die juristische Presseschau vom 22.06.2018).

Erben haben auf den Facebook-Account des Erblassers jedenfalls dann keinen Zugriff

…. wenn die Zustimmung hierzu nicht von allen, die mit der Verstorbenen kommuniziert haben, erteilt worden ist.

Das hat das Kammergericht (KG) in Berlin mit Urteil vom 31.05.2017 – 21 U 9/16 – entschieden und die Klage einer Mutter,

  • die den Zugang zu dem Facebook-Account ihres verstorbenen Kindes zusammen mit dem Kindesvater aus Erbrecht durchsetzen wollte,

abgewiesen.

Nach Auffassung des KG erstreckt sich

  • der Schutz des Fernmeldegeheimnisses nämlich nicht nur auf E-Mails, die auf den Servern von einem Provider gespeichert sind (so Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Urteil vom 16.06.2009 – 2 BvR 902/06 –),
  • sondern auch auf sonstige bei Facebook gespeicherte Kommunikationsinhalte, die nur für Absender und Empfänger oder jedenfalls einen beschränkten Nutzerkreis bestimmt sind,

so dass dem Anspruch eines Erben, Einsicht in die Kommunikation der Tochter mit Dritten zu erhalten, jedenfalls dann das Fernmeldegeheimnis nach dem Telekommunikationsgesetz entgegen steht,

  • wenn nicht alle diejenigen, die in einem Zwei-Personen-Verhältnis mit der Verstorbenen kommuniziert haben, auf den Schutz des Fernmeldegeheimnisses verzichtet haben.

Da ein solcher Verzicht aller Kommunikationspartner in dem seiner Entscheidung zugrunde liegendem Fall nicht vorlag und schon deswegen jedenfalls den Eltern als Erben kein Anspruch auf Zugang zu dem Account ihrer verstorbenen Tochter zustand, ließ das KG es offen, ob Erben überhaupt in die Rechte und Pflichten eines solchen Vertrages, jedenfalls soweit es um den Erhalt der Leserecht geht, einrücken können (Quelle: Pressemitteilung des KG vom 31.05.2017 – 30/2017 –).

Haben Erben eines Verstorbenen Anspruch auf Zugang zu dessen Facebook-Account?

Mit dieser Frage befasst ist derzeit der 21. Zivilsenat des Kammergerichts (KG) Berlin der in einem Berufungsverfahren (Az.: 21 U 9/16), nachdem das Landgericht (LG) Berlin in erster Instanz in einem Rechtsstreit zwischen

  • Eltern als Erben eines verstorbenen minderjährigen Kindes und
  • dem Unternehmen Facebook Ireland Ltd., das das soziale Netzwerk Facebook betreibt,

mit Urteil vom 17.12.2015 – 20 O 172/15 – entschieden hat,

  • dass das Unternehmen Facebook Ireland Ltd. den Eltern Zugang zu dem vollständigen Benutzerkonto und den darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalten ihres verstorbenen Kindes bei dem sozialen Netzwerk Facebook unter dem Nutzerkonto …. gewähren muss

und gegen diese Entscheidung von dem Unternehmen Facebook Ireland Ltd. Berufung eingelegt worden ist.

Sofern zwischen den Parteien keine vergleichsweise Einigung zustande kommt, muss der Senat entscheiden,

  • ob, wie vom LG angenommen, ein Vertrag mit Facebook, jedenfalls hinsichtlich des „passiven Leserechts“ vererblich ist, d.h. den Tod des Nutzers überdauert oder ob die Zugangsberechtigung mit dem Tod des Nutzers ebenso endet wie eine Vereinsmitgliedschaft als höchstpersönliches Recht mit dem Tod eines Mitglieds,
  • ob, sollte der Nutzungsvertrag mit Facebook grundsätzlich nicht verblich sein, Besonderheiten bei dem Tod eines minderjährigen Kindes für die ehemals sorgeberechtigten Eltern gelten und
  • ob, falls die Erben den Zugang zu Facebook im Sinne eines passiven Leserechts geerbt haben sollten, es nach deutschem oder irischem Recht Verbotsvorschriften gibt, die es Facebook untersagen, die Daten eines verstorbenen Facebook-Nutzers den Erben als Dritten zur Kenntnis zu geben.
    Abhängen wird dies u.a. davon, ob das Gericht von einer Anwendbarkeit des Telekommunikationsgesetz (TKG) auf die Nutzung eines Facebook-Kontos ausgeht oder nicht und falls ja, ob es für einen Verzicht auf den Schutz des Fernmeldegeheimnisses (vgl. § 88 Abs. 3 TKG) ausreicht, dass der Nutzer zu seinen Lebzeiten seinen späteren Erben die Zugangsdaten zu seinem Account gegeben hat (Quelle: Pressemitteilung des KG vom 25.04.2017 – 22/2017 –).