Tag Attrappe

Hausbesitzer sollten wissen, wann eine an der Hauswand installierte Überwachungskamera das Persönlichkeitsrecht

…. des Nachbarn verletzen und diesem deshalb ein Anspruch aus § 1004 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB auf Unterlassung und Entfernung der Kamera zustehen kann. 

Mit Urteil vom 16.12.2020 – 2 S 195/19 – hat das Landgericht (LG) Frankenthal in einem Fall, in dem zwischen Nachbarn seit vielen Jahren ein erbitterter Nachbarstreit bestand und einer der beiden,

  • weil er u.a. das unbefugte Betreten seines Grundstücks befürchtete, 

an der Giebelwand seines Hauses eine Videokamera montiert hatte und der andere dies,

  • da er unzulässige Einblicke in sein Grundstück und eine Verletzung seiner Privatsphäre befürchtete,

nicht akzeptieren wollte, entschieden, dass die Videokamera (wieder) entfernt werden muss.

Eine Überwachung durch eine Kamera bzw. Videoanlage ist danach zulässig nur, 

  • wenn sie auf das eigene Grundstück beschränkt ist

und unzulässig

  • wegen Verletzung des verfassungsrechtlich geschützten Persönlichkeitsrechts des Nachbarn 

nicht nur dann, 

  • wenn sie tatsächlich Einsicht in das Grundstück der Nachbarn ermöglicht,

sondern bei zerstrittenen Nachbarn auch dann, wenn 

  • eine Videoanlage zwar (noch) nicht auch auf das Nachbargrundstück ausgerichtet ist,
  • es ohne großen Aufwand aber möglich ist, den Blickwinkel der Videoanlage in Richtung des Nachbargrundstücks zu lenken und
  • der Nachbar eine Überwachung objektiv ernsthaft befürchten muss („Überwachungsdruck“).

Vgl. auch die Entscheidungen

sowie

LG Koblenz entscheidet: Auch Videokamera-Attrappen dürfen nicht auf das Nachbargrundstück ausgerichtet

…. werden, wenn der Nachbar eine Überwachung seines Grundstückes ernsthaft befürchten muss.

Mit Urteil vom 05.09.2019 – 13 S 17/19 – hat das Landgericht (LG) Koblenz einen Grundstückseigentümer, der

  • mit seinem Nachbarn zerstritten war und

auf seinem Grundstück

  • eine Videokamera sowie
  • eine Kamera-Attrappe

angebracht hatte, die auf das Grundstück des Nachbarn ausgerichtet waren, verurteilt,

  • die Videokamera sowie
  • die Kamera-Attrappe

zu entfernen.

Danach steht in einem solchen Fall dem Grundstückseigentümer, auf dessen Grundstück Videokameras,

  • ob funktionstüchtig,
  • funktionsuntüchtig oder
  • reine Attrappe,

ausgerichtet sind, ein Anspruch auf Beseitigung der Kameras sowie der Kamera-Attrappen nach § 1004 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB zu.

Begründet hat das LG dies damit, dass die Videoüberwachung von anderen,

  • ohne deren Einwilligung,
  • wegen Eingriffs in ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht – in Form des informationellen Selbstbestimmungsrechts –

unzulässig ist,

  • sofern kein überwiegendes Interesse des Betreibers der Anlage angenommen werden kann,
    • – wie z.B. im Falle einer bestehenden konkreten, besonderen Gefährdung der Sicherheit des Videoüberwachungsanlagenbetreibers –

und deshalb bei der Installation von Videoüberwachungsanlagen auf einem Privatgrundstück in der Regel sichergestellt werden müsse, dass

  • weder angrenzende öffentliche Bereiche,
  • noch benachbarte Privatgrundstücke von Kameras

erfasst werden (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 21.10.2011 – V ZR 265/10 –).

  • Dies gelte, so das LG, im Ergebnis auch für funktionsuntüchtige Kameras und reine Attrappen.

Denn dadurch könne bei einem Nachbarn,

  • wenn dieser, beispielsweise wegen eines schon länger schwelenden Nachbarschaftsstreites, eine Überwachung seines Grundstückes objektiv ernsthaft befürchten müsse,

ein „Überwachungsdruck“ entstehen,