Tag Beteiligte

Was, wenn das Gericht eine Videoverhandlung durchführt, (insbesondere die im Gerichtssaal anwesenden) Beteiligten wissen müssen

Mit Beschluss vom 18.08.2023 – IX B 104/22 – hat der IX. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) entschieden, dass bei einer 

  • Videoverhandlung,

also wenn 

  • das Gericht den Beteiligten, ihren Bevollmächtigten und Beiständen auf Antrag oder von Amts wegen gestattet hat, sich während einer mündlichen Verhandlung an einem anderen Ort aufzuhalten, dort Verfahrenshandlungen vorzunehmen und 
  • die Verhandlung zeitgleich in Bild und Ton an diesen Ort und in das Sitzungszimmer übertragen wird, 

jeder Beteiligte

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Wichtig zu wissen für Verkehrsunfallbeteiligte, die, wegen der nur quotalen Haftung des Unfallgegners, ihre Vollkaskoversicherung

…. zur Regulierung des von ihnen selbst zu tragenden Fahrzeugsachschadensteils in Anspruch nehmen.

Mit Urteil vom 19.12.2017 – VI ZR 577/16 – hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) darauf hingewiesen, dass ein mit seinem PKW an einem Verkehrsunfall Beteiligter, der,

  • weil er den Unfall teilweise selbst mit verursacht hat und
  • deswegen der an seinem Fahrzeug entstandene Schaden vom Unfallgegner nur quotal übernommen werden muss,

Versicherungsleistungen seiner Vollkaskoversicherung wegen des von ihm selbst zu tragenden Fahrzeugsachschadensteils in Anspruch nimmt, den

  • ihm in einem solchen Fall aufgrund der Prämienerhöhung im Versicherungsbeitrag entstandenen und noch entstehenden

Rückstufungsschaden von dem anderen Unfallbeteiligten

  • in Höhe von dessen Haftungsquote

ersetzt verlangen kann.

Wann liegt bei betrieblichen Aktivitäten von gesetzlich Versicherten mehrerer Unternehmen eine „gemeinsame Betriebsstätte“ vor?

Sind an einem Arbeitsunfall gesetzlich Unfallversicherte mehrerer Unternehmen beteiligt, ist Voraussetzung für die Haftungsprivilegierung gemäß § 106 Abs. 3 Alt. 3 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII),

  • also dass die sich aus §§ 104, 105 SGB VII ergebenden Haftungsbeschränkungen greifen (u.a. Haftung nur für eine vorsätzlich Verursachung des Versicherungsfalls) für Unternehmer (§ 104 SGB VII) sowie andere im Betrieb tätige Personen (§ 105 SGB VII),

dass die an dem konkreten Unfallgeschehen Beteiligten

  • vorübergehend betriebliche Tätigkeiten auf einer „gemeinsamen Betriebsstätte“ verrichten.

Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 23.09.2014 – VI ZR 483/12 –) erfasst der Begriff der „gemeinsamen Betriebsstätte“ betriebliche Aktivitäten von Versicherten mehrerer Unternehmen,

  • die bewusst und gewollt bei einzelnen Maßnahmen ineinander greifen,
  • miteinander verknüpft sind,
  • sich ergänzen oder
  • unterstützen,

wobei es ausreicht, dass die gegenseitige Verständigung stillschweigend durch bloßes Tun erfolgt.

Erforderlich ist aber

  • ein bewusstes Miteinander im Betriebsablauf,
  • das sich zumindest tatsächlich als ein aufeinander bezogenes betriebliches Zusammenwirken mehrerer Unternehmen darstellt.

§ 106 Abs. 3 Alt. 3 SGB VII ist nicht schon dann anwendbar, wenn Versicherte zweier Unternehmen auf derselben Betriebsstätte aufeinandertreffen.

  • Eine „gemeinsame Betriebsstätte“ ist nach allgemeinem Verständnis mehr als „dieselbe Betriebsstätte“;
  • das bloße Zusammentreffen von Risikosphären mehrerer Unternehmen erfüllt den Tatbestand der Norm nicht.

Parallele Tätigkeiten, die sich beziehungslos nebeneinander vollziehen, genügen ebenso wenig wie eine bloße Arbeitsberührung.

  • Erforderlich ist vielmehr eine gewisse Verbindung zwischen den Tätigkeiten als solche in der konkreten Unfallsituation, die eine Bewertung als „gemeinsame“ Betriebsstätte rechtfertigt.

Der Haftungsausschluss nach § 106 Abs. 3 Alt. 3 SGB VII ist (nur) im Hinblick auf die zwischen den Tätigenden verschiedener Unternehmen bestehende Gefahrengemeinschaft gerechtfertigt.

  • Eine Gefahrengemeinschaft ist dadurch gekennzeichnet, dass typischerweise jeder der (in enger Berührung mit anderen) Tätigen gleichermaßen zum Schädiger und Geschädigten werden kann.

Der Haftungsausschluss knüpft daran an, dass eine gewisse Verbindung zwischen den Tätigen bei konkreten Arbeitsvorgängen in der konkreten Unfallsituation gegeben ist, die die „gemeinsame Betriebsstätte“ kennzeichnet.

Darauf hat der 7. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts (OLG) mit Urteil vom 15.09.2016 – 7 U 117/15 – hingewiesen.