Tag Bußgeld

OLG Karlsruhe entscheidet: Gegen einen Autofahrer kann wegen verbotswidriger Nutzung einer Blitzer-App auch dann ein Bußgeld 

…. verhängt werden, wenn die App auf dem Handy eines Mitfahrers geöffnet ist und sich der Fahrer die Warnfunktion der App zunutze macht.

Mit Beschluss vom 07.02.2023 – 2 ORbs 35 Ss 9/23 – hat der 2. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe entschieden, dass ein Autofahrer auch dann eine Ordnungswidrigkeit 

  • nach §§ 49 Abs. 1 Nr. 22, 23 Abs. 1c Straßenverkehrsordnung (StVO) 

begeht, wenn ein

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Verfügt bei einem Flug ins Ausland ein von einem Flugunternehmen beförderter Fluggast nicht über die erforderlichen Dokumente

…. für die Einreise in das Zielland kann dies

  • sowohl für den Fluggast
  • als auch für das ihn befördernde Flugunternehmen

teuer werden.

Mit Urteil vom 15.05.2018 – X ZR 79/17 – hat der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) in einem Fall, in dem einem Fluggast eines Flugunternehmens bei der Ankunft in Indien, von den indischen Behörden,

  • weil er nicht über das für die Einreise erforderliche Visum verfügte, die Einreise verweigert sowie

dem Flugunternehmen wegen Verstoßes gegen den Immigration (Carrier’s Liability) Act 2000 ein Bußgeld in Höhe von 100.000 Rupien (zum Zahlungszeitpunkt umgerechnet 1.415,35 €) auferlegt worden war

  • und das Flugunternehmen mit dem Fluggast darüber streitet, ob der Fluggast dem Flugunternehmen das Bußgeld erstatten muss,

nämlich entschieden, dass

  • zwar den Fluggast gegenüber dem Luftverkehrsunternehmen die, sich aus dem entgeltlichen (Werk-)Vertrag über die (Luft-)Beförderung von Personen ergebende, vertragliche Nebenpflicht trifft, einen Auslandsflug nicht ohne die für die Einreise in den Zielstaat nach dessen Recht notwendigen Dokumente, einschließlich eines etwa erforderlichen Visums anzutreten (§ 241 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB))

und

  • bei einem Verstoß gegen diese Verpflichtung der Fluggast dem Luftverkehrsunternehmen gemäß § 280 BGB zum Ersatz eines diesem dadurch entstehenden Schadens verpflichtet ist,

allerdings

  • nach § 254 Abs. 1 BGB auch das Luftverkehrsunternehmen ein Mitverschulden treffen kann, das seinen Ersatzanspruch mindert oder ausschließt, was insbesondere dann in Betracht kommt, wenn
    • der Schaden in einer dem Luftverkehrsunternehmen wegen der fehlenden Einreisedokumente des Fluggastes auferlegten Geldbuße besteht und
    • das Luftverkehrsunternehmen vor dem Abflug keine geeignete Dokumentenkontrolle durchgeführt hat.

Zur Feststellung ob ein solches Mitverschulden des Flugunternehmens vorgelegen hat, ist die Sache vom Senat an das Berufungsgericht,

  • das der Klage des Flugunternehmen gegen den Fluggast auf Erstattung des Bußgeldbetrages in vollem Umfang stattgegeben hatte,

zurückverwiesen worden.

Was LKW-Fahrer, denen ein Abstandsverstoß vorgeworfen wird, wissen sollten

Wer einen Lastkraftwagen mit einer zulässigen Gesamtmasse über 3,5 t oder einen Kraftomnibus führt, muss nach § 4 Abs. 3 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO)

  • auf Autobahnen zu vorausfahrenden Fahrzeugen einen Mindestabstand von 50 m einhalten,
  • wenn die Geschwindigkeit mehr als 50 km/h beträgt.

Für einen fahrlässigen Verstoß gegen diese Vorschrift über den Abstand sieht die Bußgeldkatalogverordnung bei gewöhnlichen Tatumständen eine Regelgeldbuße von 80 Euro vor.

Diese in der Bußgeldkatalogverordnung für einen fahrlässigen Verstoß gegen § 4 Abs. 3 StVO vorgesehene Regelgeldbuße kann nach Auffassung des Amtsgerichts (AG) Lüdinghausen (vgl. Urteil vom 04.02.2013 – 19 OWi 239/12, 19 OWi – 89 Js 1877/12 – 239/12 – sowie Beschluss vom 20.06.2016 – 19 OWi 87/16, 19 OWi – 89 Js 891/16 – 87/16 –)

  • dann auf 35 Euro und damit auf eine Geldbuße unterhalb der Eintragungsgrenze für das Fahreignungsregister (FAER) reduziert werden,

wenn ein Grenzfall des Verstoßes gegen § 4 Abs. 3 StVO vorliegt,

  • h., ein LKW-Fahrer den Abstand bei einer Geschwindigkeit von knapp über 50 km/h unterschritten hat und
  • gleichzeitig der für PKW laut BKatV maßgebliche „Halbe-Tacho-Abstand“ eingehalten worden ist,
    • also wenn beispielsweise bei einer Geschwindigkeit von 59 km/h der Abstand zum Vordermann 32 m betragen hat.

Das AG Lüdinghausen sieht, wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, darin besondere Umstände, die eine Herabsetzung der Regelgeldbuße ermöglichen.

Wann liegt eine bußgeldbewehrte nächtliche Ruhestörung vor?

Verbietet ein Landesimmissionsschutzgesetz Belästigungen zwischen 22:00 Uhr und 6:00 Uhr, die geeignet sind, die Nachtruhe zu stören und kann nach dem Gesetz ein vorsätzlicher oder fahrlässiger Verstoß gegen dieses Verbot mit einem Bußgeld geahndet werden, steht ein bußgeldbewehrter Verstoß gegen dieses Verbot

  • nicht bereits dann fest, wenn ein Betroffener in dem genannten Zeitraum laute Geräusche verursacht,
  • sondern erst dann, wenn der verursachte Lärm auch die Nachtruhe stören kann.

Dazu muss festgestellt werden,

  • wo – in einem Industriegebiet, einem Gewerbegebiet, einem Gebiet mit gemischter Nutzung oder einem reinen Wohngebiet – die Geräusche verursacht worden sind und
  • wie sich deren Intensität und Dauer auf die Nachtruhe ausgewirkt haben, wobei zur diesbezüglichen Bewertung der Geräusche die unterschiedlichen sich aus der Technischen Anweisung Lärm (TA Lärm) ergebenden Immissionsrichtwerte indiziell berücksichtigt werden können.

Entscheidend für die Erfüllung des Tatbestands der Störung der Nachtruhe ist allein die Eignung des Lärms hierzu.
Ob sich ein Anwohner beschwert hat oder tatsächlich in seiner Nachtruhe gestört gefühlt hat, ist unerheblich.

Darauf hat der 4. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Beschluss vom 31.05.2016 – 4 RBs 111/16 – hingewiesen und in einem Fall,

  • in dem die obigen Feststellungen nicht getroffen waren,
  • sondern die Verhängung eines Bußgeldes gegen den Geschäftsführer einer Firma vom Amtsgericht ledig darauf gestützt worden war, dass Geräuschmessungen im Zeitraum der geschützten Nachtruhe einen vom Produktionsbetrieb der Firma ausgehenden Lärmpegel von ca. 53 dB(A) ergeben hatten,

auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen das Urteil des AG aufgehoben und die Sache an dieses zur Nachholung der erforderlichen Feststellungen zurückverwiesen (Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm vom 30.06.2016).

Theologe verbotswidrig mit Motorroller im Englischen Garten unterwegs

Widersprüchliche Angaben zwischen betroffenen Theologen sowie Tatzeugen im Bußgeldverfahren vor Gericht und die Frage, ob der Theologe jetzt beichten gehen muss.

Weil ein 74-jähriger Theologe im Ruhestand in München, in einem durch die Landschaftsschutzgebietsverordnung geschützten Bereich des Englischen Gartens, der nicht für den öffentlichen Verkehr freigegeben war, ohne die dafür erforderliche Erlaubnis der unteren Naturschutzbehörde nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nummer 5 der Landschaftsschutzgebietsverordnung mit seinem Motorroller fuhr, muss er eine Geldbuße in Höhe von (nur) 50 Euro zahlen.

Das hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 22.02.2016 – 1122 OWi 237 Js 238083/15 – entschieden.

Vor dem AG verteidigte sich der Theologe damit, dass

  • er einer Frau osteuropäischen Typs habe helfen wollen, die ihm weinend gesagt habe, dass ein Junge im Alter von 11 oder 12 Jahren mit roter Jacke und blauen Jeans, auf den sie habe aufpassen sollen, verschwunden sei,
  • er sich, da er davon ausgegangen sei, dass wohl jemand den Jungen ins Gebüsch gezogen habe, auf seinen Roller geschwungen, immer wieder Halt gemacht und geschaut habe und
  • als er erfolglos zurückgekehrt sei, die Frau verschwunden gewesen wäre.

Im Gegensatz war von einem Zeugen angegeben worden, dass der Rollerfahrer, nachdem er ihn wegen seines Verhaltens zur Rede gestellt habe,

  • nichts von einer Suche nach einem verschwundenen Kind gesagt,
  • sondern vielmehr behauptet habe, eine Sondergenehmigung zu besitzen und
  • ihn, den Zeugen, auch noch aufgefordert habe, dass er erst mal daheim mit seiner Frau alles in Ordnung bringen solle.

Trotzdem erachtete das AG die Rechtfertigungsgeschichte des Rollerfahrers letztendlich als nicht widerlegbar (Quelle: Pressemitteilung des AG München vom 18.04.2016 – 31/16 –).