Tag Eingriff

Ärzte und Patienten sollten wissen wann, trotz fehlerfreier Behandlung, eine Arzthaftung wegen eines Aufklärungsversäumnisses

…. in Betracht kommt.

Vor Durchführung einer medizinischen Maßnahme, insbesondere eines Eingriffs in den Körper oder die Gesundheit, müssen Ärzte einholen

  • die Einwilligung des Patienten

und falls ein Patient einwilligungsunfähig ist,

  • die Einwilligung eines hierzu Berechtigten,
  • soweit nicht eine Patientenverfügung nach § 1901a Absatz 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) die Maßnahme gestattet oder untersagt.

Ohne wirksame Patienteneinwilligung,

  • die eine vorherige Aufklärung nach Maßgabe von § 630e Absatz 1 bis 4 BGB voraussetzt und
  • die jederzeit und ohne Angabe von Gründen formlos widerrufen werden kann,

darf ein ärztlicher Eingriff ausschließlich dann durchgeführt werden, wenn

  • eine durchzuführende Maßnahme unaufschiebbar ist,
  • die Einwilligung dafür nicht (mehr) rechtzeitig eingeholt werden kann und
  • die Durchführung der unaufschiebbaren Maßnahme demmutmaßlichen Willen des Patienten entspricht (vgl. § 630d BGB).

Liegt kein solcher Ausnahmefall,

  • in dem eine unaufschiebbare Maßnahme ohne Einwilligung durchgeführt werden darf,

vor und ist der Patient nicht

  • rechtzeitig vor einem Eingriff

von dem Arzt

  • nach Maßgabe von § 630e Absatz 1 bis 4 BGB

aufgeklärt worden,

  • also beispielsweise
    • nicht hinreichend verständlich über die Art und den Umfang des vorgenommenen Eingriffs sowie
    • eine mögliche Eingriffsalternative (§ 630e Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB)
  • bzw.
    • nicht in der erforderlichen Art und Weise über eine bei einem Fehlschlagen der geplanten und dann möglicherweise erforderlich werdende (vorhersehbare) Operationserweiterung
  • oder
    • ist eine ursprünglich geplante Operation in erweiterter und von der erteilten Patienteneinwilligung nicht mehr gedeckten Form fortgesetzt worden, ohne eine mögliche Unterbrechung vorzunehmen, um zunächst die Einwilligung des Patienten zu dem erweiterten Eingriff einzuholen,

haftet der Arzt,

  • weil dann keine wirksam erteilte Patienteneinwilligung in Bezug auf den vorgenommen Eingriff vorliegt (§ 630d Abs. 2 BGB),
  • auch dann, wenn ihm kein Behandlungsfehler vorgeworfen werden kann,

aus

  • 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit den Vorschriften der §§ 630a ff. BGB und/oder
  • 823 Abs. 1 BGB

für alle den Gesundheitszustand des Patienten betreffenden nachteiligen Folgen, sofern

  • er sich nicht auf den Einwand der sogenannten hypothetischen Einwilligung berufen kann (§ 630h Abs. 2 Satz 2 BGB).

Behauptet der Arzt, dass der Patient auch dann,

  • wenn er vor dem vorgenommenen Eingriff ordnungsgemäß aufgeklärt worden wäre,

in die Maßnahme eingewilligt hätte,

  • trifft ihn die Beweislast dafür,

allerdings erst dann, wenn

Was, wer eine Videokamera auf seinem Grundstück installieren möchte, wissen und beachten sollte

Grundstückseigentümern ist es gestattet,

  • zum Schutz vor unberechtigten Übergriffen auf ihr Eigentum,

ihren Grundbesitz (auch den eigenen nur für sie und ggf. für ihre Familienangehörigen zugänglichen Hauseingangsbereich) mit Videokameras zu überwachen.

Jedoch muss, da schon allein die Herstellung von Filmaufzeichnungen einer Person mit einer Videokamera,

  • auch in der Öffentlichkeit zugänglichen Bereichen,
  • etwa auf einem öffentlichen Weg,

einen unzulässigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht dieser Person darstellen

  • und einen Anspruch der betroffenen Person auf Unterlassung bzw. Beseitigung der Überwachungsanlage begründen

kann, bei der Installation sichergestellt werden, dass die Kamera

  • weder auf den angrenzenden öffentlichen Bereich,
  • noch auf benachbarte Privatgrundstücke oder
  • den gemeinsame Zugang zu diesen

gerichtet ist und von der Kamera

  • ausschließlich Bereiche des eigenen Grundstücks

erfasst werden (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 21.10.2011 – V ZR 265/10 –), außer

  • das berechtigte Überwachungsinteresse überwiegt das Interesse der betroffenen Personen (Nachbarn, Passanten oder Dritten), deren Verhalten mit überwacht wird und
  • die Ausgestaltung der Überwachung trägt unter Berücksichtigung von § 4 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) inhaltlich und formell dem Schutzbedürfnis dieser einzelnen Personen ausreichend Rechnung (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 24.05.2013 – V ZR 220/12 – sowie Amtsgericht (AG) München, Urteil vom 20.03.2015 – 191 C 23903/14 – dazu wann ausnahmsweise bei Erstreckung des Erfassungswinkels auf einen schmalen Streifen des öffentlichen Gehwegs ein überwiegendes Interesse des Betreibers der Videoanlage bejaht werden kann).

Beachtet werden sollte ferner, dass auch dann, wenn

  • die Überwachungskamera allein auf das eigene Grundstück gerichtet ist,

durch die Installation für Dritte aber

  • ein unzulässiger Überwachungsdruck aufgebaut wird,

weil

  • nicht nur die hypothetische Möglichkeit einer Erfassung bzw. Überwachung besteht, sondern

diese

  • aufgrund nachvollziehbarer und verständlich erscheinender konkreter Anhaltspunkte

eine Überwachung durch die Kameras objektiv ernsthaft befürchten müssen,

  • etwa aufgrund eines eskalierenden Nachbarstreits oder objektiv Verdacht erregender Umstände,

das Persönlichkeitsrecht dieser Dritten auch

  • bei einer Ausrichtung der Überwachungskamera allein auf das eigene Grundstück

beeinträchtigt sein kann (AG München, Urteile vom 17.04.2018 – 172 C 14702/17 – sowie vom 22.11.2018 – 213 C 15498/18 –).

Übrigens:
Für Wohnungseigentümer gilt das oben Ausgeführte entsprechend. Das bedeutet, die Kamera darf ausschließlich

  • auf Bereiche ausgerichtet sein und
  • Bereiche erfassen,

die dem Sondereigentum des jeweiligen Wohnungseigentümers zugehören (vgl. AG München, Urteil vom 28.02.2019 – 484 C 18186/18 WEG –

  • zur Unzulässigkeit der Videoüberwachung einer Wohnungseigentumsanlage mit einer auf Gemeinschaftsflächen gerichteten Wildcam

sowie BGH, Urteil vom 24.05.2013 – V ZR 220/12 –

  • dazu wann die Überwachung des Eingangsbereichs einer Wohnanlage mittels Videokamera durch die Wohnungseigentümergemeinschaft zulässig ist.

BGH entscheidet: Kurzzeit-Vermietung von Eigentumswohnungen kann (im Nachhinein) nur mit Zustimmung aller Wohnungseigentümer

…. untersagt werden.

Mit Urteil vom 12.04.2019 – V ZR 112/18 – hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) in einem Fall, in dem

  • die Teilungserklärung eine Regelung enthielt, wonach den Wohnungseigentümern auch die kurzzeitige Vermietung ihrer Wohnungen (z.B. an Feriengäste) gestattet war,
  • eine sog. Öffnungsklausel vorsah, dass die Teilungserklärung mit einer Mehrheit von 75% aller Miteigentumsanteile geändert werden kann und
  • die Wohnungseigentümer mit einer solchen Mehrheit eine Änderung der Teilungserklärung dahingehend beschlossen hatten, dass
    • die Überlassung einer Wohnung an täglich oder wöchentlich wechselnde Feriengäste, vor Ort befristet Tätige oder andere Mieter mit Unterkunftsbedürfnissen von kurzer Dauer sowie eine Nutzung als Werkswohnung nicht mehr zulässig ist,

festgestellt, dass der Beschluss,

  • mangels Zustimmung aller Wohnungseigentümer

rechtswidrig ist und

  • der Beschlussanfechtungsklage eines Wohnungseigentümers, der dem Beschluss nicht zugestimmt hatte, stattgegeben.

Eingriffe in eine, die zulässige Nutzung des als Sondereigentums vorgebende Zweckbestimmung,

  • die bei Wohnzwecken, auch eine Vermietung an täglich oder wöchentlich wechselnde Feriengäste umfasst,

können danach,

  • nicht auf der Grundlage einer in der Teilungserklärung vorgesehenen sogenannten Öffnungsklausel durch Mehrheitsbeschluss erfolgen,

sondern bedürfen der Zustimmung

  • nicht nur der aktuell vermietenden, sondern

aller Wohnungseigentümer.

Dadurch sind, worauf der Senat ebenfalls hingewiesen hat, die übrigen Eigentümer aber nicht schutzlos.
Denn mit einer Kurzzeitvermietung einhergehende Störungen, wie Überbelegung, fortwährende Verstöße gegen die Hausordnung oder Lärmbelästigungen durch Feriengäste können einen Unterlassungsanspruch gemäß § 15 Abs. 3 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) begründen (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 12.04.2019).

Patienten sollten wissen, dass eine in einer schwierigen Situation erteilte Einwilligung in eine Operation unwirksam

…. und in einem solchen Fall die Klinik bzw. der Arzt verpflichtet sein kann,

  • sich vor der Operation zu vergewissern,

ob die gegebene Einwilligung des Patienten nach wie vor seinem freien Willen entspricht.

Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Köln mit Urteil vom 16.01.2019 – 5 U 29/17 – hingewiesen.

Danach

  • muss die ordnungsgemäße Aufklärung eines Patienten so rechtzeitig erfolgen, dass dieser seine Entscheidung wohlüberlegt treffen kann (§ 630 e Abs.2 Satz 1 Ziffer 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)),
  • ist deswegen ein stationär aufgenommener Patient, sofern der Eingriff nicht medizinisch dringlich ist, regelmäßig mindestens einen Tag vor der Operation aufzuklären

und steht, wenn

  • keine notfallmäßige sofortige Operation erforderlich ist, aber

die Einwilligungserklärung einem Patienten unmittelbar im Anschluss an die Aufklärung

  • ohne jegliche Überlegungsfrist oder
  • ohne ausreichende Bedenkzeit

abverlangt

  • sowie von dem Patienten unter dem Eindruck einer großen Fülle von regelmäßig unbekannten und schwer verständlichen Informationen und in einer persönlich schwierigen Situation, wie etwa nach einem Unfall, getroffen

wird, unter dem Vorbehalt, dass der Patient die ihm verbleibende Zeit nutzt, um

  • die erhaltenen Informationen zu verarbeiten und
  • das Für und Wider des Eingriffes für sich abzuwägen und
  • sich ggf. anders zu entscheiden

und ist es in solchen Fällen, in denen ein Patient mangels ausreichender Bedenkzeit keine wohlüberlegte Entscheidung treffen konnte,

  • nicht Aufgabe des Patienten, sich durch eine ausdrückliche Erklärung von seiner zuvor gegebenen Einwilligungserklärung zu lösen,
  • sondern vielmehr Aufgabe der Ärzte, sich davon zu überzeugen, dass die gegebene Einwilligungserklärung nach wie vor dem freien Willen des Patienten entspricht.

Dies ist deshalb von wesentlicher Bedeutung für Patienten, weil,

  • wenn ein ärztlicher Eingriff nicht durch eine wirksame Einwilligung des Patienten gedeckt ist und
  • sich damit als nicht gerechtfertigte Körperverletzung darstellt,

auch bei einer fehlerfrei durchgeführten Operation Klinik bzw. Arzt für alle über den bloßen operativen Eingriff hinausgehenden, den Gesundheitszustand des Patienten betreffenden nachteiligen Folgen aus §§ 280 Abs.1, 630a, 823 Abs.1, 249, 253 Abs.2 BGB haften,

  • sofern sie sich nicht mit Erfolg auf den Einwand hypothetischer Einwilligung berufen können.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall, in dem es eine Klinik unterlassen hatte, sich vor der Operation einer Patientin zu vergewissern, ob deren Einwilligung in die Operation,

  • die der Patientin zuvor in einer schwierigen Situation, unter unzulässiger Einengung und Verkürzung ihrer Entscheidungsfreiheit, abverlangt worden war,

nach wie vor ihrem freien Willen entspricht

  • und die Patientin einen Entscheidungskonflikt plausibel machen konnte,

hat das OLG der Patientin wegen Schmerzen,

  • die Folge der fehlerfrei durchgeführten Operation waren,

10.000 Euro Schmerzensgeld zuerkannt.

BGH entscheidet: Organspender, die vor einer Lebendspende unzureichend aufgeklärt worden sind, haben Anspruch auf

…. Schmerzensgeld und bei Eintritt eines späteren Gesundheitsschadens infolge der Organspende auch auf Schadensersatz.

Mit Urteilen vom 29.01.2019 – VI ZR 495/16 und VI ZR 318/17 – hat der unter anderem für das Arzthaftungsrecht zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass die bei einer Lebendspende von einem Organspender

  • erteilte Einwilligung unwirksam und der Eingriff rechtswidrig ist,

wenn der Spender vor der Organentnahme

  • über die möglichen gesundheitlichen Folgen sowie möglichen Spätfolgen der Organentnahme für seine Gesundheit und
  • über die zu erwartende Erfolgsaussicht der Organübertragung, also beispielsweise bei Vorliegen eines erhöhten Risikos eines Transplantatverlustes beim Empfänger, auch über dieses Risiko,

nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden ist (vgl. hierzu § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b, Abs. 2 Satz 1 und 2 Transplantationsgesetz (TPG)), dass, wenn dies strittig ist, bei der Beweiswürdigung

  • Verstöße gegen die, die Pflicht des Arztes zur Selbstbestimmungsaufklärung des Spenders begleitenden, formalen Regelungen des § 8 Abs. 2 Satz 3 (Anwesenheit eines neutralen Arztes beim Aufklärungsgespräch) und Satz 4 (von den Beteiligten zu unterschreibende Niederschrift über das Aufklärungsgespräch) des TPG als starkes Indiz dafür herangezogen werden können, dass eine Aufklärung durch die – insoweit beweisbelastete – Behandlungsseite nicht oder jedenfalls nicht in hinreichender Weise stattgefunden hat

und dass, im Falle einer unzureichenden Aufklärung, von der deswegen auf Schadensersatz und/oder Schmerzensgeld in Anspruch genommenen Behandlungsseite,

  • mangels Übertragbarkeit der zum Arzthaftungsrecht entwickelten Grundsätze der hypothetischen Einwilligung auf die Lebendorganspende,

nicht den Einwand erhoben werden kann, dass der Organspender auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung in die Organentnahme eingewilligt hätte (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 28.01.2019).

BGH entscheidet wann Presseunternehmen ihnen übermittelte presserechtliche Informationsschreiben

…. hinnehmen müssen und wann sie sich mit einer Unterlassungsklage gegen die Übermittlung solcher Schreiben wehren können.

Mit Urteil vom 15.01.2019 – VI ZR 506/17 – hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass presserechtliche Informationsschreiben an Presseunternehmen,

  • mit denen – in der Regel von Personen des öffentlichen Lebens und/oder ihren anwaltschaftlichen Vertretern – ein rechtliches Vorgehen gegen eine etwaige Berichterstattung über gewisse Ereignisse oder Umstände in Aussicht gestellt wird,

dann zulässig und von den Presseunternehmen hinzunehmen sind, wenn sie

  • Informationen enthalten, die dem Presseunternehmen die Beurteilung erlauben, ob Persönlichkeitsrechte durch eine etwaige Berichterstattung verletzt werden.

Ist das nicht der Fall und wird in Informationsschreiben,

  • die dazu dienen, einem von einer befürchteten Rechtsverletzung Betroffenen bereits im Vorfeld Gehör zu gewähren und
  • dadurch persönlichkeitsrechtsverletzende Rechtsverstöße von vorneherein zu verhindern oder jedenfalls ihre Weiterverbreitung einzuschränken,

beispielsweise lediglich ein rechtliches Vorgehen gegen eine etwaige Berichterstattung über gewisse Ereignisse oder Umstände in Aussicht gestellt,

  • sind solche Informationsschreiben von vorneherein ungeeignet, einen präventiven Rechtsschutz zu bewirken und
  • wird mit der Übermittlung solcher Schreiben rechtswidrig in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbetrieb des Presseunternehmens eingegriffen (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 16.01.2019).

Patienten sollten wissen, dass, wenn im Falle einer Wahlleistungsvereinbarung mit dem Chefarzt, dieser die geschuldete Operation nicht selbst durchführt

…. der Eingriff mangels wirksamer Einwilligung des Patienten insgesamt rechtswidrig sein und schon deshalb,

  • unabhängig vom Vorliegen eines Behandlungsfehlers,

eine Haftung des Chefarztes sowie des die Operation durchführenden Arztes (und ggf. auch des Krankenhausbetreibers) für sämtliche Folgen der Behandlung gemäß den §§ 823, 831, 249 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Betracht kommen kann.

Darauf hat der 26. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 15.12.2017 – 26 U 74/17 – hingewiesen.

Danach darf bei einem Patienten, der

  • in Ausübung seines Selbstbestimmungsrechts und im Vertrauen auf die besonderen Erfahrungen sowie die herausgehobene medizinische Kompetenz des von ihm ausgewählten Arztes, die er sich in Sorge um seine Gesundheit gegen Entrichtung eines zusätzlichen Honorars für die Heilbehandlung sichern will,

eine Wahlleistungsvereinbarung abgeschlossen hat, ein anderer als der ausgewählte Arzt den Eingriff

  • nicht vornehmen bzw.
  • nur dann vornehmen, wenn
    • der Patient rechtzeitig aufgeklärt worden ist und zugestimmt hat bzw.
    • in der Wahlleistungsvereinbarung eine Vertretung des Wahlarztes im Verhinderungsfall durch den anderen Arzt vorgesehen und ein Verhinderungsfall gegeben war.

Übrigens:
Wie der Senat weiter ausgeführt hat,

  • erfüllt ein als Wahlarzt verpflichteter Chirurg allein mit seiner Anwesenheit – etwa als Anästhesist während der Operation – die Voraussetzungen an die persönliche Leistungserbringung nicht und
  • ist es Ärzten, wenn eine auf ihre Person bezogene Operationseinwilligung fehlt, verwehrt, sich darauf zu berufen, dass der Patient mit der Leistungserbringung wie geschehen einverstanden gewesen wäre.

Was Patienten wissen und Ärzte beachten müssen, wenn es darum geht

…. ob eine Behandlung nach den Regeln der Schulmedizin oder nach einer „ganzheitlichen“, d.h. naturheilkundlich ausgerichteten Außenseitermethode erfolgen soll.

Patienten, die um die Tragweite ihrer Entscheidung wissen, können,

  • innerhalb der durch die §§ 138 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), 228 Strafgesetzbuch (StGB) gezogenen Grenzen,

eigenverantwortlich entscheiden, welchen Behandlungen sie sich unterziehen wollen, also

  • jede nicht gegen die guten Sitten verstoßende Behandlungsmethode wählen und
  • sich auch für die Anwendung einer von der Schulmedizin nicht oder noch nicht anerkannten Methode entscheiden.

Wendet ein Arzt mit Einwilligung eines Patienten nicht allgemein anerkannte Therapieformen an, kann,

  • da einem Arzt dies rechtlich grundsätzlich erlaubt ist,

aus dem Umstand allein, dass der Arzt den Bereich der Schulmedizin verlassen hat,

  • nicht von vornherein auf einen Behandlungsfehler geschlossen werden.

Allerdings setzt die Entscheidung des Arztes

  • für die Wahl einer nicht allgemein anerkannten Behandlungsmethode

eine sorgfältige und gewissenhafte medizinische Abwägung von Vor- und Nachteilen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und des Wohls des konkreten Patienten voraus, wobei

  • auch die Untersuchungs- und Behandlungsmöglichkeiten der Schulmedizin bei dieser Abwägung nicht aus dem Blick verloren werden dürfen und
  • die Anforderungen an die medizinische Vertretbarkeit der gewählten Behandlungsmethode desto höher sind, je schwerer und radikaler der Eingriff in die körperliche Unversehrtheit des Patienten ist.

Darauf und

  • dass hiervon abhängt, ob ein Patient ggf. gegen den Arzt wegen fehlerhafter Behandlung und/oder wegen nicht hinreichender Aufklärung Schadensersatzansprüche geltend machen kann,

hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 30.05.2017 – VI ZR 203/16 – hingewiesen.

OLG Hamm spricht achtjährigem Patienten wegen intraoperativer Aufklärungspflichtverletzung 12.500 Euro Schmerzensgeld zu

Stellt sich während der Operation eines Kindes heraus,

  • dass der ursprünglich geplante Eingriff nicht durchführbar ist,

kann eine neue Situation vorliegen,

  • die eine neue Aufklärung der sorgeberechtigten Eltern über eine zu verändernde mögliche Behandlung und
  • ihre hierzu erteilte Einwilligung erfordert.

Bei einem solchen intraoperativen Aufklärungsgespräch müssen die Eltern gegebenfalls über alternative zur Verfügung stehende Vorgehens- bzw. Behandlungsmöglichkeiten unterrichtet werden, die zu jeweils unterschiedlichen Belastungen des Patienten führen oder unterschiedliche Risiken und Erfolgschancen bieten.

Darauf hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 07.12.2016 – 3 U 122/15 – hingewiesen und in einem Fall einem achtjährigm Kind wegen nicht ordnungsgemäßer Aufklärung seiner Eltern 12.500 Euro Schmerzensgeld zugesprochen, weil, nachdem sich während der Operation des Kindes,

  • durch die eine neue Verbindung zwischen dem Nierenbecken und dem Harnleiter geschaffen werden sollte, um die Abflussverhältnisse der linken Niere zu verbessern, die aufgrund von multiplen Nierengewebsdefekten nur noch 22 % ihrer Funktion hatte,

herausgestellt hatte, dass die geplante Rekonstruktion aufgrund nicht vorhersehbarer anatomischer Gegebenheiten nicht möglich ist, den Eltern gegenüber als einzig mögliche Behandlung die sofortige Nierenentfernung dargestellt und aufgrund dessen die Niere bei dem Kind mit Einwilligung seiner Eltern entfernt worden war,

  • obwohl auch die, wenngleich mit höheren Risiken und zweifelhaften Erfolgsaussichten verbundene Möglichkeit bestanden hätte, die unterbrochene Operation zu beenden und später nierenerhaltend so zu operieren, dass die Restfunktion der linken Niere erhalten bleibt.

Nach Auffassung des Senats war,

  • da den Eltern gegenüber die Entfernung der linken Niere als alternativlos dargestellt wurde,

die intraoperative Aufklärung defizitär, infolge dessen die erteilte Einwilligung der Eltern zur Entfernung der linken Niere bei ihrem Kind unwirksam und der Eingriff damit rechtswidrig.

Auch war der Senat davon überzeugt, dass sich die Kindeseltern bei ordnungsgemäßer Aufklärung in einem echten Entscheidungskonflikt zwischen der sofortigen Nierenentfernung und der Möglichkeit der Übergangslösung befunden hätten, so dass nicht von einer hypothetischen Einwilligung der Eltern in die sofortige Entfernung der Niere ausgegangen werden konnte (Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm vom 23.02.2017).

Was Patienten und Ärzte über die ärztliche Aufklärungspflicht und die Arzthaftung im Fall einer Aufklärungspflichtverletzung wissen sollten

Ein Arzt haftet grundsätzlich für alle den Gesundheitszustand des Patienten betreffenden nachteiligen Folgen, wenn

  • der ärztliche Eingriff nicht durch eine wirksame Einwilligung des Patienten gedeckt und
  • damit rechtswidrig ist.

Eine wirksame Einwilligung des Patienten setzt voraus, dass der Patient

  • von dem aufklärungspflichtigen Arzt, was dieser im Streitfall nachzuweisen hat, ordnungsgemäß aufgeklärt worden ist.

Dafür, ob dies der Fall war, ist in erster Linie maßgebend der Inhalt des Aufklärungsgesprächs. Schriftliche Merkblätter dürfen nur ergänzend verwendet werden (vgl. § 630e Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)).
Das von dem Arzt und dem Patienten unterzeichnete Formular, mit dem der Patient sein Einverständnis zu dem ärztlichen Eingriff gegeben hat, ist lediglich ein Indiz für den Inhalt des Aufklärungsgesprächs.

  • Aufgeklärt werden muss der Patient nur „im Großen und Ganzen“ über Chancen und Risiken der Behandlung.
  • Nicht erforderlich ist die exakte medizinische Beschreibung der in Betracht kommenden Risiken.
  • Dem Patienten muss aber eine allgemeine Vorstellung von dem Ausmaß der mit dem Eingriff verbundenen Gefahren vermittelt werden, ohne diese zu beschönigen oder zu verschlimmern.
  • Über schwerwiegende Risiken, die mit einer Operation verbunden sind, ist grundsätzlich auch dann aufzuklären, wenn sie sich nur selten verwirklichen.
  • Entscheidend für die ärztliche Hinweispflicht ist, ob das betreffende Risiko dem Eingriff spezifisch anhaftet und es bei seiner Verwirklichung die Lebensführung des Patienten besonders belastet.
  • Zudem muss die Aufklärung für den Patienten sprachlich und inhaltlich verständlich sein (vgl. § 630e Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB), wobei es auf die individuelle Verständnismöglichkeit und damit auch auf den Zustand des Patienten ankommt.

Darauf hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 11.10.2016 – VI ZR 462/15 – hingewiesen.