Tag Erbe

Das Totenfürsorgerecht – Was nicht nur Angehörige und Erben eines Verstorbenen, sondern Jedermann darüber wissen sollte

Das Recht,

  • Ort,
  • Art und Weise der Bestattung des Leichnams eines Verstorbenen sowie
  • die Gestaltung und Erscheinungsbild der Grabstätte

zu bestimmen sowie die Befugnis zur

  • Pflege und Aufrechterhaltung des Erscheinungsbilds der Grabstätte

steht

  • nicht dem Erben zu,

sondern

Bestimmen

  • wie seine sterblichen Überreste behandelt oder verwendet werden sollen bzw.
  • wo und wie man einmal bestattet werden will,

kann Jedermann zu Lebzeiten.

Der Totenfürsorgeberechtigte ist dann befugt diesen zu Lebzeiten geäußerten Willen des Verstorbenen,

  • in dem von ihm gesetzten Rahmen zu konkretisieren und
  • notfalls auch gegen den Willen von Angehörigen des Verstorbenen durchzusetzen bzw. zu erfüllen.

Hat ein Verstorbener einen diesbezüglichen Willen nicht erklärt, hat sich der Totenfürsorgeberechtigte im Rahmen des mutmaßlichen Willens des Verstorbenen zu bewegen, wobei ihm innerhalb dieses Rahmens aber,

  • weil andernfalls die Umsetzung der Totenfürsorge nicht praktikabel sein würde,

ein erheblicher Ermessens- und Beurteilungsspielraum zusteht (Amtsgericht (AG) München, Urteil vom 11.06.2016 – 171 C 12772/15 –).

Zu Lebzeiten bestimmen kann Jedermann auch, wer nach seinem Ableben die Totenfürsorge innehaben soll.

Ist

  • eine ausdrückliche Aussage dazu, welche Person nach seinem Ableben totenfürsorgeberechtigt sein soll, von einem Verstorbenen zu Lebzeiten nicht getroffen worden

und

  • kann auch nicht mit Sicherheit aus bestimmten Umständen geschlossen werden, dass nach seinem mutmaßlichen Willen die Ausübung des Totenfürsorgerechts durch eine bestimmte Person aus dem Kreis seiner Angehörigen erfolgen soll,

sind nach Gewohnheitsrecht

  • die nächsten Angehörigen zur Totenfürsorge berechtigt und zwar
    • zunächst der Ehegatte,
    • dann die Kinder usw.

Der überlebende Ehegatte schließt aufgrund gewohnheitsrechtlicher Grundsätze folglich also die Kinder von der Ausübung des Totenfürsorgerechts aus.

Der nachrangige Totenfürsorgeberechtigte kann allerdings,

  • wenn ihm nicht bekannt ist, wo der Verstorbene seine letzte Ruhe gefunden hat,

darüber von dem (vorrangigen) Totenfürsorgeberechtigten Auskunft verlangen und zwar schon deshalb,

  • weil er in der Lage sein muss, das Totenfürsorgerecht auszuüben, wenn der vorrangige Totenfürsorgeberechtigte verstirbt oder sonst ausscheidet (AG Krefeld, Urteil vom 24.06.2017 – 2 C 1/16 –).

Das Totenfürsorgerecht ist ein sonstiges Recht im Sinne von § 823 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), das im Falle seiner Verletzung Ansprüche

  • auf Schadensersatz sowie
  • auf Beseitigung und
  • (bei Wiederholungsgefahr) Unterlassung von Beeinträchtigungen entsprechend § 1004 BGB,

begründen kann,

Übrigens:
Zur Tragung der Kosten der Beerdigung eines Verstorbenen

  • ist dessen Erbe verpflichtet (§ 1968 BGB) und
  • nicht der Totenfürsorgeberechtigte.

Sind Kosten für eine Beerdigung beim Totenfürsorgeberechtigten angefallen,

  • sei es, dass er selbst für die Beerdigung gesorgt hat,
  • sei es, dass ein Dritter, der selbst nicht Erbe ist, die Beerdigung durchgeführt hat und die Kosten von dem Totenfürsorgeberechtigten erstattet verlangt,

so steht ihm ein Regressanspruch gegen den Erben zu.

Kann ein derartiger Anspruch nicht durchgesetzt werden, weil die Erben nicht feststehen, der Nachlass überschuldet ist oder der Fiskus als Erbe die Haftungsbeschränkung auf den Nachlass geltend macht, fällt dies in den Risikobereich des Totenfürsorgeberechtigten und folgt aus seiner Pflicht zur Totenfürsorge (BGH, Beschluss vom 14.12.2011 – IV ZR 132/11 –).

Ob Erben eines Verstorbenen auch den Facebook-Account des Erblassers mitsamt den gespeicherten Inhalten erben, Erben also

…. in einen vom Erblasser zur Nutzung der Facebook-Dienste abgeschlossenen Vertrag eintreten (können),

  • so dass die Erben Anspruch auf Zugang zu dem Facebook-Account des Verstorbenen haben

und

  • ob das ggf. auch dann gilt, wenn der Account des Facebook-Nutzers nach dessen Tod in den sog. Gedenkzustand versetzt worden ist,

wird vom Bundesgerichtshof (BGH) am 12.07.2018 (III ZR 183/17) in letzter Instanz in einem Fall entschieden werden, in dem dieEltern und Erben einer Tochter,

  • die im Alter von 15 Jahren unter ungeklärten Umständen durch eine in einen Bahnhof einlaufende U-Bahn tödlich verletzt worden ist,

mit Facebook Ireland Limited (im Folgenden: Facebook) darüber streiten,

  • ob Facebook ihnen Zugang zu dem vollständigen Benutzerkonto ihrer verstorbenen Tochter und den darin enthaltenen Kommunikationsinhalten gewähren muss.

In erster Instanz ist der Klage der Eltern und Erben,

  • die sich erhoffen, über den Facebook-Account ihrer Tochter und die dort ausgetauschten Nachrichten und Posts mehr über den Tod ihrer Tochter zu erfahren,
  • insbesondere auch, ob es sich um einen Selbstmord gehandelt haben könnte,

von der 20. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Berlin mit Urteil vom 17.12.2015 – 20 O 172/15 – stattgegeben worden.

Auf die von Facebook gegen dieses Urteil eingelegte Berufung hat das Kammergericht (KG) in Berlin in II. Instanz mit Urteil vom 31.05.2017 – 21 U 9/16 –

  • ohne zu entscheiden, ob Erben in die Rechte und Pflichten eines vom Erblasser zur Nutzung der Facebook-Dienste abgeschlossenen Vertrages, jedenfalls soweit es um den Erhalt des Leserechts geht, einrücken können,

die Klage der Eltern und Erben gegen Facebook mit der Begründung abgewiesen, dass

  • die Eltern und Erben schon aufgrund des Fernmeldegeheimnisses (§ 88 Telekommunikationsgesetz – TKG) keinen Zugang zum Facebook-Account der Verstorbenen erhalten können,
  • weil dem nicht von allen Kommunikationspartnern, die mit dem Verstorbenen Kommunikationsinhalte ausgetauscht haben, die nur für diese beiden Nutzer oder nur einen eingeschränkten Personenkreis bestimmt gewesen sind, zugestimmt haben

und

  • sich ein Anspruch der Eltern auf Zugang zum Benutzerkonto ihres minderjährigen Kindes auch nicht aus dem Recht der elterlichen Sorge oder dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Eltern ableiten lasse.

Der BGH scheint nicht dieser Ansicht zu sein,

  • sondern sieht, wie er in der mündlichen Verhandlung angedeutet hat, keinen Grund, elektronische Nachrichten anders zu behandeln als Briefe, die dem Erben unabhängig von ihrem persönlichen Gehalt zugänglich sind

und neigt deshalb dazu, digitales Erbe grundsätzlich ebenso zu behandeln wie analoges Erbe, so dass demzufolge,

  • sollte die konkrete Ausgestaltung des Vertrages mit Facebook eine Vererbbarkeit des Rechtsverhältnisses nicht ausschließen,

Erben auch in einen Vertrag mit Facebook eintreten könnten (Quelle; Die juristische Presseschau vom 22.06.2018).

Welche Auskünfte können Erben nach dem Tod des Erblassers von wem verlangen und wer muss Erben auf Verlangen

…. welche Auskünfte erteilen?

Erben können nach Eintritt des Erbfalls Auskunft verlangen,

  • nach § 2027 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) von jedem, der etwasaus der Erbschaft erlangt hat und sichfälschlicherweise ein nicht vorhandenes Alleinerbrecht daran anmaßt(also von jedem Erbschaftsbesitzer i.S.v. § 2018 BGB),
    • über den gegenwärtigen Aktivbestand der Erbschaft (gegenwärtiges Barvermögen, persönliche Gegenstände, Immobilien, ggf. der Haushaltsgegenstände, die dem gemeinsamen Haushalt dienten (vgl. § 1932 BGB)) einschließlich der seit dem Erbfall angefallenen Surrogate und Früchte sowie
    • über den Verbleib nicht mehr vorhandener oder nicht mehr auffindbarer Gegenstände;
  • nach § 2027 Abs. 2 BGB von jedem, der, ohne Erbschaftsbesitzer zu sein, eine Sache aus dem Nachlass in Besitz genommen hat, bevor der Erbe den Besitz daran tatsächlich ergriffen hat,
    • über den Verbleib von Erbschaftsgegenständen;
  • nach § 2028 Abs. 1 BGB von jedem, der sich zur Zeit des Erbfalls mit dem Erblasser in häuslicher Gemeinschaft befunden hat, darüber,
    • welche erbschaftlichen Geschäfte dieser (seit dem Erbfall) für den Erblasser geführt hat und
    • was ihm über den Verbleib der Erbschaftsgegenstände bekannt ist;
  • nach § 2057 Satz 1 BGB von Miterben
    • über die Zuwendungen, die diese nach den §§ 2050 bis 2053 BGB zur Ausgleichung zu bringen haben,
    • also Informationen über eine vom Erblasser erhaltene Ausstattung, wie z.B. eine Aussteuer (§ 2050 Abs. 1 BGB) oder Zuschüsse zum Einkommen und Aufwendungen zur Berufsvorbereitung (§ 2050 Abs. 2 BGB) sowie sonstige Zuwendungen, bei denen vom Erblasser bei der Zuwendung die Ausgleichung angeordnet worden ist (§ 2050 Abs. 3 BGB);
  • nach § 2362 Abs. 2 BGB von jedem, dem ein unrichtiger Erbschein wurde,
    • über den Bestand der Erbschaft und
    • den Verbleib der Erbschaftsgegenstände;
  • nach § 666 BGB von jedem, den der Erblasser zur Besorgung seiner Vermögensangelegenheiten Vollmacht (Kontovollmacht) erteilt hatte,
    • über den Stand der Rechtsgeschäfte, die der Bevollmächtigte in Ausübung der Vollmacht getätigt hat und
    • Rechenschaftslegung durch eine übersichtliche, in sich verständliche Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben, die die Entwicklung zum Stichtag aufzeigen,
  • nach §§ 675, 666 BGB von dem Geldinstitut bei dem der Erblasser Konten hatte,
    • über Kontostände und
    • kontobezogene Vorgänge aus der Vergangenheit.

Übrigens:
Abgesehen von der Auskunft, die Erben von Miterben nach § 2057 Abs. 1 BGB, im Falle des § 2027 BGB oder nach § 666 BGB verlangen können, wenn ein Miterbe vom Erblasser zur Besorgung von Vermögensangelegenheiten bevollmächtigt und beauftragt bzw. für die Erbengemeinschaft tätig geworden war,

  • besteht keine allgemeine Auskunftspflicht von Miterben untereinander,
  • sondern kann im Einzelfall lediglich ein Auskunftsanspruch nach § 242 BGB in Betracht kommen (OLG Koblenz, Urteil vom 20.08.2012 – 5 U 821/12 –).

Erben sollten wissen, dass sie auch die Steuerschulden des Erblassers erben und in welchen Fällen sie verpflichtet sein können

…. die Einkommensteuererklärung des Erblassers zu berichtigen, wenn sie keine Steuerhinterziehung begehen wollen.

Als Gesamtrechtsnachfolger schulden die Erben eines Erblassers dessen (hinterzogene) Steuern.

  • Mit dem Tod einer Person (Erbfall) geht nämlich gemäß § 1922 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) deren Vermögen als Ganzes auf den oder die Erben über und nach § 1967 BGB haften die Erben für die Nachlassverbindlichkeiten.

Dieses hierin für den Erbfall statuierte Prinzip der Gesamtrechtsnachfolge beschränkt sich nicht auf den Bereich des Zivilrechts, sondern erstreckt sich auch auf das öffentliche Recht und damit auch auf das Steuerrecht.

  • Gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung (AO) gehen bei Gesamtrechtsnachfolge die Forderungen und Schulden aus dem Steuerschuldverhältnis auf den Rechtsnachfolger über und
  • nach § 45 Abs. 2 Satz 1 AO haben mehrere Erben für die in der Person des Erblassers entstandene Steuerschuld wie für Nachlassverbindlichkeiten nach bürgerlichem Recht, d.h. als Gesamtschuldner (§§ 1967, 2058 BGB), einzustehen, so dass
    • jeder Erbe die Steuer in voller Höhe schuldet, in der sie in der Person des Erblassers entstanden ist und
    • es dem Finanzamt im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens freisteht, an welche Gesamtschuldner es sich halten will.

Auch ist ein Erbe, der vor oder nach dem Erbfall erfährt,

  • dass der Erblasser zum Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärung aufgrund einer Demenzerkrankung geschäftsunfähig i.S. des § 104 Nr. 2 BGB und seine Steuererklärung aus diesem Grund unwirksam war oder
  • dass die Steuern des Erblassers (aufgrund unrichtiger bzw. unvollständiger Angaben des Erblassers) zu niedrig festgesetzt wurden,

nach § 153 Abs. 1 Satz 2 AO verpflichtet,

  • die (unwirksame) Einkommensteuererklärung des Erblassers zu berichtigen.

Unterlässt er dies, kann eine Steuerhinterziehung vorliegen.

Darauf hat der VIII. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) mit Urteil vom 29.08.2017 – VIII R 32/15 – hingewiesen (Quelle: Pressemitteilung des BFH vom 07.02.2018).

Gehört eine Darlehensrückzahlungsforderung gegen einen Pflichtteilsberechtigten zum Nachlass kann der Erbe

…. diese Rückzahlungsforderung gegen die Pflichtteilsforderung aufrechnen, mit der Folge, dass

  • der Pflichtteilsanspruch in Höhe der bestehenden Aufrechnungsforderung erlischt und
  • insoweit kein Anspruch des Pflichtteilsberechtigten mehr besteht.

Darauf hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 14.03.2017 – 10 U 62/16 – hingewiesen.

Das bedeutet, hat ein Erblasser zu seinem Lebzeiten einem gemäß § 2303 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) Pflichtteilsberechtigten

  • ein Darlehen gewährt,
  • den Darlehensgeldbetrag zur Verfügung gestellt und
  • waren zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers von dem Darlehen 48.000 Euro noch nicht zurückgezahlt,

kann der von dem Erblasser in seinem Testament eingesetzte Erbe,

  • wenn der Pflichtteilsberechtigte seinen für den Zeitpunkt des Erbfalls errechneten Pflichtteilsanspruch, beispielsweise in Höhe von 44.000 Euro, geltend macht und
  • die Darlehensrückzahlungsforderung nach § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB fällig ist,

dem Pflichtteilsberechtigten gegenüber erklären, dass er die Darlehensrückzahlungsforderung gegen die Pflichtteilsforderung aufrechne (§§ 387, 388 BGB).

Bei Zugrundelegung der obigen Beispielsbeträge würde die Aufrechnungserklärung bewirken, dass

  • der Pflichtteilsanspruch in Höhe von 44.000 Euro erloschen ist und
  • dem Erben gegen den Pflichteilsberechtigten noch ein Darlehensrückzahlungsanspruch in Höhe von 4.000 Euro (48.000 Euro – 44.000 Euro) zusteht (§ 389 BGB).

Übrigens:
Erben, die mit einem zum Nachlass gehörenden Darlehensrückzahlungsanspruch gegenüber einem bestehenden Pflichtteilsanspruch eines Pflichtteilsberechtigten aufrechnen möchten, müssen im Streitfall beweisen können, dass

Erben und Nachlassschuldner sollten wissen, dass geltend gemachten Nachlassforderungen auch zu Lebzeiten des Erblassers begründete Einwände

…. entgegengehalten werden können und wer in solchen Fällen was beweisen muss.

Machen Erben eine dem Erblasser zustehende Forderung geltend, kann der auf Erfüllung einer solchen Nachlassforderung (§ 2039 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Anspruch genommene Nachlassschuldner

  • sich nicht nur darauf berufen, die Forderung gegenüber dem Erblasser bereits erfüllt zu haben, sondern beispielsweise

auch

  • geltend machen, mit dem Erblasser einen Schuldenerlass vereinbart zu haben oder
  • die Einrede der Verjährung erheben.

Dass

  • die geschuldete Nachlassforderung gegenüber dem Erblasser bereits bewirkt (§ 362 Abs. 1 BGB) oder
  • mit dem Erblasser ein Schuldenerlass vereinbart wurde,

hat der Nachlassschuldner darzulegen und im Streitfall zu beweisen.

War die Verjährungsfrist für die geltend gemachte Nachlassforderung oder einem Teil hiervon bereits vor der gerichtlichen Geltendmachung durch den Erben abgelaufen und ist die Einrede der Verjährung erhoben, muss der Erbe, der sich

  • auf eine die Verjährung hemmende Vereinbarung zwischen dem Nachlassschuldner und dem Erblasser berufen will,
  • beispielsweise eine Stundungsabrede,

die Voraussetzungen hierfür schlüssig darlegen und, wenn diese nicht nach § 138 Zivilprozessordnung (ZPO) als zugestanden gelten, nachweisen.

Darauf hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 24.10.2017 – 10 U 14/17 – hingewiesen (Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm vom 15.01.2018).

Wichtig für Vermieter zu wissen, wenn der Mieter stirbt und dessen Erben unbekannt sind

Vermieter können in einem solchen Fall,

  • zur Geltendmachung ihres Anspruchs gegen den Nachlass auf Rückgabe der Mietsache gemäß § 546 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB),

beim Nachlassgericht die Anordnung einer Nachlasspflegschaft gemäß § 1961 BGB beantragen.

  • Anzuordnen ist die Nachlasspflegschaft vom Nachlassgericht auf ihren Antrag hin auch dann, wenn der Mieter vermögenslos war beziehungsweise der Nachlass voraussichtlich dürftig ist.

Das hat der 19. Zivilsenat des Kammergerichts (KG) Berlin mit Beschluss vom 02.08.2017 – 19 W 102/17 – entschieden.

Gemäß § 1961 BGB hat das Nachlassgericht in den Fällen, in denen

  • der Erbe unbekannt oder
  • ungewiss ist, ob er die Erbschaft angenommen hat oder
  • ein Bedürfnis besteht, biszur Annahme der Erbschaft für die Sicherung des Nachlasses zu sorgen,

nämlich zwingend einen Nachlasspfleger zu bestellen, wenn

  • die Bestellung zum Zwecke der gerichtlichen Geltendmachung eines Anspruchs, der sich gegen den Nachlass richtet,
  • von dem Berechtigten beantragt wird.

Was gerichtlich bestellte Betreuer und Erben von gerichtlich bestellten Betreuern wissen sollten

Endet eine gerichtlich angeordnete Betreuung

  • mit dem Tod des Betreuten

kann das Betreuungsgericht nach § 1837 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), der in Betreuungssachen nach § 1908 i Abs. 1 Satz 1 BGB entsprechende Anwendung findet,

  • den ehemaligen Betreuer durch Zwangsgeld dazu anhalten, gemäß §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1892 Abs. 1 BGB eine formal ordnungsgemäße Schlussrechnung über die Vermögensverwaltung einzureichen.

Zur Einreichung einer solchen Schlussrechnung beim Betreuungsgericht ist dagegen,

  • wenn ein gerichtlich bestellter Betreuer stirbt,

der Erbe des Betreuers nicht verpflichtet,

  • so dass gegen den Erben eines Betreuers wegen Nichterfüllung einer solchen betreuungsgerichtlichen Anordnung auch kein Zwangsgeld nach §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1837 Abs. 3 BGB festgesetzt werden kann.

Denn

  • das Amt des Betreuers

ist aufgrund seiner Personenbezogenheit unvererblich, so dass den Erben eines Betreuers

  • weder die mit dem Betreueramt verbundenen Rechte und Pflichten (wie die Einreichung einer Schlussrechnung) treffen,
  • noch der Erbe berechtigt oder verpflichtet ist, die Tätigkeiten des verstorbenen Betreuers – auch nur einstweilig – weiterzuführen.

Lediglich dazu, nach §§ 1908 Abs. 1 Satz 1, 1894 Abs. 1 BGB den Tod des Betreuers unverzüglich anzuzeigen, ist der Erbe gegenüber dem Betreuungsgericht verpflichtet.

Vererblich aber sind die aus der Amtsführung erwachsenen Ansprüche und Verbindlichkeiten des Betreuers, so dass

  • der Erbe des Betreuers dem Betreuten das verwaltete Vermögen herauszugeben und
  • über die Verwaltung Rechenschaft abzulegen hat.

Kommen der Erbe dem nicht nach, kann und muss der Betreute gegebenenfalls diese privatrechtlichen Ansprüche gegen den ehemaligen Betreuer, für deren Erfüllung dessen Erben nach § 1922 BGB eintreten müssen, durch Erhebung einer Klage vor dem Prozessgericht geltend machen.

Darauf hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 26.07.2017 – XII ZB 515/16 – hingewiesen.

Beisetzung eines Verstorbenen – Wer bestimmt wie und wo?

Das Recht, Ort sowie Art und Weise der Bestattung des Leichnams eines Verstorbenen zu bestimmen steht

  • nicht dem Erben zu,

sondern

Bestimmen wer die Totenfürsorge nach seinem Ableben innehaben soll kann Jedermann zu Lebzeiten.

Ist vom Verstorbenen zu Lebzeiten eine Aussage dazu, welche Person nach seinem Ableben totenfürsorgeberechtigt sein soll, nicht getroffen worden,

  • sind nach Gewohnheitsrecht
  • die nächsten Angehörigen berechtigt, und zwar
    • zunächst der Ehegatte,
    • dann die Kinder usw.

Der überlebende Ehegatte schließt aufgrund gewohnheitsrechtlicher Grundsätze folglich also die Kinder von der Ausübung des Totenfürsorgerechts aus.

Der nachrangige Totenfürsorgeberechtigte kann allerdings,

  • wenn ihm nicht bekannt ist, wo der Verstorbene seine letzte Ruhe gefunden hat,

von dem (vorrangigen) Totenfürsorgeberechtigten Auskunft darüber verlangen und zwar schon deshalb,

  • weil er in der Lage sein muss, das Totenfürsorgerecht auszuüben, wenn der vorrangige Totenfürsorgeberechtigte verstirbt oder sonst ausscheidet.

Darauf hat das Amtsgericht (AG) Krefeld mit Urteil vom 24.06.2017 – 2 C 1/16 – hingewiesen.

Übrigens:
Wie und wo man einmal bestattet werden will, kann von Jedermann ebenfalls zu Lebzeiten bestimmt werden.
Hat der Verstorbene seinen diesbezüglichen Willen nicht erklärt, hat sich der Inhaber des Totenfürsorgerechts im Rahmen des mutmaßlichen Willens des Verstorbenen zu bewegen, wobei ihm innerhalb dieses Rahmens aber, weil andernfalls die Umsetzung der Totenfürsorge nicht praktikabel sein würde, ein erheblicher Ermessens- und Beurteilungsspielraum zusteht (AG München, Urteil vom 11.06.2016 – 171 C 12772/15 –).

Erben haben auf den Facebook-Account des Erblassers jedenfalls dann keinen Zugriff

…. wenn die Zustimmung hierzu nicht von allen, die mit der Verstorbenen kommuniziert haben, erteilt worden ist.

Das hat das Kammergericht (KG) in Berlin mit Urteil vom 31.05.2017 – 21 U 9/16 – entschieden und die Klage einer Mutter,

  • die den Zugang zu dem Facebook-Account ihres verstorbenen Kindes zusammen mit dem Kindesvater aus Erbrecht durchsetzen wollte,

abgewiesen.

Nach Auffassung des KG erstreckt sich

  • der Schutz des Fernmeldegeheimnisses nämlich nicht nur auf E-Mails, die auf den Servern von einem Provider gespeichert sind (so Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Urteil vom 16.06.2009 – 2 BvR 902/06 –),
  • sondern auch auf sonstige bei Facebook gespeicherte Kommunikationsinhalte, die nur für Absender und Empfänger oder jedenfalls einen beschränkten Nutzerkreis bestimmt sind,

so dass dem Anspruch eines Erben, Einsicht in die Kommunikation der Tochter mit Dritten zu erhalten, jedenfalls dann das Fernmeldegeheimnis nach dem Telekommunikationsgesetz entgegen steht,

  • wenn nicht alle diejenigen, die in einem Zwei-Personen-Verhältnis mit der Verstorbenen kommuniziert haben, auf den Schutz des Fernmeldegeheimnisses verzichtet haben.

Da ein solcher Verzicht aller Kommunikationspartner in dem seiner Entscheidung zugrunde liegendem Fall nicht vorlag und schon deswegen jedenfalls den Eltern als Erben kein Anspruch auf Zugang zu dem Account ihrer verstorbenen Tochter zustand, ließ das KG es offen, ob Erben überhaupt in die Rechte und Pflichten eines solchen Vertrages, jedenfalls soweit es um den Erhalt der Leserecht geht, einrücken können (Quelle: Pressemitteilung des KG vom 31.05.2017 – 30/2017 –).