Tag Erbe

Was Pflichtteilsberechtigte und Erben wissen müssen

  1. …. über die Auskunftsansprüche des Pflichtteilsberechtigten:

Ein Pflichtteilsberechtigter (§§ 2303, 2309 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)), der nicht Erbe ist, weil 

  • er entweder vom Erblasser im Testament nicht als Erbe eingesetzt bzw. vom Erbe ausgeschlossen worden ist
  • oder er zwar als (Mit- oder Nach-)Erbe eingesetzt war, aber den Erbteil nach § 2306 BGB gemäß §§ 1945, 1953 BGB ausgeschlagen hat, wegen
    • seiner Beschränkung durch eine Einsetzung als Nacherben, durch die Einsetzung eines anderen als Nacherben, durch die Ernennung eines Testamentsvollstreckers, durch eine Teilungsanordnung oder 

kann nach § 2314 BGB von dem Erben, auf Kosten des Nachlasses, verlangen,

  • Auskunft über den Bestand des Nachlasses zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers durch Vorlage eines geordneten Bestandsverzeichnisses, welches zu enthalten hat, 
    • alle beim Erbfall vorhandenen Aktiva, also alle beweglichen und unbeweglichen Vermögensgegenstände sowie Forderungen, insbesondere auch Konten- und Wertpapierguthaben,
    • alle beim Erbfall vorhandenen Nachlassverbindlichkeiten (Erblasser- und Erbfallschulden), 
    • alle ausgleichspflichtigen Zuwendungen des Erblassers im Sinne der §§ 2025 ff BGB, 
    • alle Schenkungen, die der Erblasser in den letzten zehn Jahren vor dem Erbfall gemacht hat sowie wann diese jeweils gemacht worden sind, weil diese Schenkungen gemäß § 2325 BGB einen Pflichtteilsergänzungsanspruch begründen,
    • alle Lebensversicherungen und sonstigen Verträge zugunster Dritter und
    • alle Geschäftsbeteiligungen des Erblassers, gleichviel ob die Gesellschafterstellung vererblich war oder nicht,
  • dass er oder sein Rechtsbeistand bei der Aufnahme des nach § 260 BGB vorzulegenden Bestandsverzeichnisses zugezogen,
  • der Wert der Nachlassgegenstände ermittelt wird 

sowie auch,

  • dass das Bestandsverzeichnis durch die zuständige Behörde oder durch einen zuständigen Beamten oder Notar aufgenommen wird.

Der Auskunftsanspruch soll es dem Pflichtteilsberechtigten ermöglichen, sich die 

  • notwendigen Kenntnisse zur Bemessung seines Pflichtteilsanspruchs 

zu verschaffen. 

…. über den Anspruch des Pflichtteilsberechtigten nach § 2314 Abs. 1 S. 3 BGB, das Bestandsverzeichnis durch einen Notar aufnehmen zu lassen: 

Die Ansprüche auf Erteilung 

  • eines privaten und 
  • eines notariellen 

Bestandsverzeichnisses kann der Pflichteilsberechtigte 

  • nebeneinander,
  • aber auch hintereinander 

geltend machen.

Dadurch,

  • dass der Erbe bereits ein privates Verzeichnis vorgelegt hat, 

wird der Anspruch des Pflichtteilsberechtigten nach § 2314 Abs. 1 S. 3 BGB 

  • auf Vorlage eines notariellen Verzeichnisses 

nicht berührt.

Der Notar, der in der Ausgestaltung des diesbezüglichen Verfahrens weitgehend frei ist, muss bei einem notariellen Nachlassverzeichnis den Bestand des Nachlasses, 

  • ausgehend von den Angaben des Auskunftspflichtigen, 

selbst und eigenständig 

  • durch Anstellung derjenigen Nachforschungen, die ein objektiver Dritter in der Lage des Gläubigers für erforderlich halten würde, 

ermitteln und durch Bestätigung des Bestandsverzeichnisses 

  • als von ihm aufgenommen 

zum Ausdruck bringen, dass er den Inhalt verantwortet.

Die Verpflichtung des Erben 

  • zur Mitwirkung an der Aufnahme des notariellen Nachlassverzeichnisses 

richtet sich danach, in welchem Umfang diese Mitwirkung im Einzelfall für die ordnungsgemäße Aufnahme des Verzeichnisses erforderlich ist, wobei der Notar 

  • das Wissen des Erben sowie 
  • das in seiner Person vorhandene Aufklärungspotential 

gegebenenfalls in der Weise nutzen darf und muss, dass er den Erben auffordert, eigene Auskunftsansprüche gegenüber Geldinstituten bzw. sonstigen Dritten durchzusetzen und die vom Erben geschuldete Kooperation insoweit auch in der Anweisung an Dritte bestehen kann, 

  • …. darüber ob und wann der Erbe die Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses verweigern kann:

Da einem notariell aufgenommenen Verzeichnis eine größere Richtigkeitsgarantie zukommt, kann dem Anspruch (auch bzw. zusätzlich) ein solches vorzulegen, nur in besonderen Einzelfällen, wie jedem anderen Anspruch auch, der Einwand des Rechtsmissbrauchs oder der Schikane entgegenstehen, wobei ein strenger Maßstab anzulegen ist.

Grundsätzlich verweigern kann der Erbe die Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses entsprechend § 1990 Abs. 1 S. 1 BGB dann, 

  • wenn ein Aktivnachlass, aus dem die Kosten für den Notar entnommen werden können, nicht vorhanden ist,
  • wobei den Nachweis der Dürftigkeit dabei der Erbe zu führen hat.

Dem Pflichtteilsberechtigten verbleibt in diesem Fall die Möglichkeit, 

  • eine private Auskunft nach § 2314 Abs. 1 Satz 1 BGB und 
  • ggf. eidesstattliche Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Auskunft 

vom Erben zu verlangen. 

Verwehrt, sich im Hinblick auf die Vorlage des notariellen Nachlassverzeichnisses auf die Dürftigkeitseinrede zu berufen, ist es dem Erben allerdings, wenn der Pflichtteilsberechtigte 

  • …. darüber ob und ggf. wann, wenn ein notarielles Nachlassverzeichnis vorliegt, ein Anspruch auf Berichtigung oder Ergänzung besteht:

Liegt ein notarielles Nachlassverzeichnis vor, so kann der Pflichtteilsberechtigte grundsätzlich nicht dessen Berichtigung oder Ergänzung verlangen. 

  • Vielmehr ist er in diesem Fall, soweit die Voraussetzungen des § 260 Abs. 2 BGB vorliegen, auf den Weg der eidesstattlichen Versicherung verwiesen.

Allerdings kann ausnahmsweise dann ein Anspruch auf 

  • Ergänzung bzw. Berichtigung 

des Nachlassverzeichnisses bestehen, 

  • wenn in diesem eine unbestimmte Mehrheit von Nachlassgegenständen – etwa aufgrund eines Rechtsirrtums des Pflichtigen – nicht aufgeführt ist, 
  • wenn Angaben über den fiktiven Nachlass oder Schenkungen fehlen, 
  • wenn die Auskunft zwar dem Wissensstand des Verpflichteten entspricht, dieser sich jedoch fremdes Wissen trotz Zumutbarkeit nicht verschafft hat, 
  • wenn sich ein Notar auf die Wiedergabe der Bekundungen des Erben ohne eigene Ermittlungstätigkeit beschränkt oder
  • wenn das notarielle Nachlassverzeichnis wegen unterbliebener Mitwirkung des Erben teilweise unvollständig ist, beispielsweise wegen verweigerter Zustimmung des Erben zu einem Kontendatenabruf des Notars bei einem ausländischen Kreditinstitut (BGH, Urteil vom 20.05.2020 – IV ZR 193/19 –).
  • …. über den Wertermittlungsanspruch nach § 2314 Abs. 1 S. 2 BGB:

Der Wertermittlungsanspruch nach § 2314 Abs. 1 S. 2 BGB 

  • steht selbstständig neben dem Anspruch auf Auskunft nach § 2314 Abs. 1 S. 1 BGB und 

ist vom Pflichtteilsberechtigten ggf. neben dem Auskunftsanspruch gesondert geltend zu machen (OLG München, Urteil vom 08.03.2017 – 20 U 3806/16 –).

  • …. über die Bemessung des Pflichtteilsanspruch: 

Der Pflichtteilsanspruch 

  • ist ein Geldanspruch, 
  • der der Höhe nach in der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils besteht.

Da Pflichtteilsberechtigte wirtschaftlich so zu stellen sind, 

berechnen sich Pflichtteilsansprüche gemäß § 2311 Abs.1 BGB grundsätzlich 

  • nach dem realen Bestand des Nachlasses zum Zeitpunkt des Erbfalls, 

wobei, wenn der Pflichtteilsberechtigte 

  • vom Erblasser Zuwendungen erhalten hat, die er sich gemäß § 2315 BGB auf den Pflichtteilsanspruch anrechnen lassen muss, 

ausschließlich bei der Bestimmung der Höhe des Pflichtteilsanspruchs 

  • der Wert dieser Zuwendungen dem Nachlass zunächst hinzuzurechnen und 
  • von dem daraus errechneten Anspruch wieder abzuziehen ist.  
  • …. über die Besonderheit bei der Berechnung des Pflichtteilsanspruchs, wenn zum Nachlass ein Grundstück gehört, das zu Lebzeiten des Erblassers mit einem Nießbrauch belastet wurde und der Nießbrauchberechtigte Alleinerbe des Erblassers wird:

Obwohl in einem solchen Fall mit dem Erbfall der Nießbrauch,  

  • wegen seines Zusammentreffens mit dem Eigentum an dem Grundstück in derselben Person,

gemäß §§ 1072, 1063 Abs. 1 BGB erlischt, ist im Rahmen der für die Berechnung des Pflichtteilsanspruchs erforderlichen Nachlassbewertung das Grundstück 

  • als mit dem Nießbrauch belastet und
  • nicht als unbelastet

zu behandeln (OLG München, Urteil vom 06.02.2019 – 20 U 2890/18 –).

  • …. über den Pflichtteilsergänzungsanspruch, wenn der Erblasser zu Lebzeiten Dritten Schenkungen gemacht hat: 

Eine Berücksichtigung von Schenkungen an Dritte, die der Erblasser noch zu seinen Lebzeiten gemacht hat (fiktiver Nachlass), ist nach dem Gesetz unter den Voraussetzungen des § 2325 BGB vorgesehen. 

Ein Pflichtteilsberechtigter kann danach, 

  • sofern der Erblasser Dritten eine Schenkung gemacht und
  • es sich bei dieser nicht um eine Anstandsschenkung nach § 2330 BGB gehandelt hat,

als Ergänzung des Pflichtteils den Betrag verlangen, 

  • um den sich der Pflichtteil erhöht, 
  • wenn der verschenkte Gegenstand dem Nachlass hinzugerechnet wird,

wobei, 

  • für den Wert des verschenkten Gegenstands maßgebend ist, 
    • bei einer verbrauchbaren Sache, der Wert zur Zeit der Schenkung,
    • bei einem anderen Gegenstand (wie einem Grundstück), 
      • der Wert zur Zeit des Erbfalls,
      • falls jedoch der Wert zur Zeit der Schenkung geringer war, nur dieser geringere Wert, 
  • von diesem Wert berücksichtigt werden, bei Leistung der Schenkung 
    • innerhalb des ersten Jahres vor dem Erbfall 100% sowie 
    • innerhalb jeden weiteren Jahres vor dem Erbfall jeweils ein Zehntel weniger, also im zweiten Jahr vor dem Erbfall nur noch 90 %, im dritten Jahr vor dem Erbfall nur noch 80 % usw., 
      • so dass also bei Schenkungen, die mehr als 10 Jahre vor dem Erbfall, bei Schenkungen an den Ehegatten mehr als 10 Jahre vor der Auflösung der Ehe (Scheidung) geleistet wurden, kein Pflichtteilsergänzungsanspruch mehr besteht  
  • und sich Pflichteilsergänzungsberechtigte Eigengeschenke gemäß § 2327 BGB anrechnen lassen müssen.

Eine, einen Pflichtteilsergänzungsanspruch gemäß § 2325 BGB begründende Schenkung im Sinne von § 516 BGB liegt vor, bei einer Zuwendung,

  • die den Empfänger aus dem Vermögen des Gebers bereichert und 
  • bei der beide Teile darüber einig sind, dass sie unentgeltlich erfolgt,

wobei eine unbenannte Zuwendung unter Ehegatten einer Schenkung in diesem Sinne auch unabhängig von einer Einigung über ihre Unentgeltlichkeit gleichgestellt ist.

Eine ergänzungspflichtige Schenkung kann danach angenommen werden, 

  • wenn der ohne wirtschaftlichen Gegenwert erfolgte Vermögensabfluss 

beim Erblasser 

Für den Beginn der (obigen) Zehnjahresfrist ist abzustellen, auf den Eintritt des Leistungserfolges,

  • bei Grundstücken also auf die Umschreibung im Grundbuch,

wobei dieser Leistungserfolg erst dann vorliegt, wenn der Erblasser 

  • nicht nur seine Rechtsstellung als Eigentümer endgültig aufgegeben, 
  • sondern auch darauf verzichtet hat, den verschenkten Gegenstand – sei es aufgrund vorbehaltener dinglicher Rechte oder durch Vereinbarung schuldrechtlicher Ansprüche – im Wesentlichen weiterhin zu nutzen.

Gehindert ist der Fristbeginn für die Zehnjahresfrist bei einer Schenkung danach, solange ein Erblasser, der seine Rechtsstellung formal aufgegeben hat, 

  • wirtschaftlich weiterhin im „Genuss“ des verschenkten Gegenstandes bleibt,
  • den „Genuss“ des verschenkten Gegenstandes nach der Schenkung also nicht auch tatsächlich entbehren muss. 

Wird bei einer Schenkung daher 

  • der Nießbrauch uneingeschränkt vorbehalten, 

ist der „Genuss“ des verschenkten Gegenstandes nicht aufgegeben worden. 

Ob auch dann, wenn sich der Erblasser bei der Schenkung eines Grundstücks 

  • ein Wohnungsrecht an diesem oder Teilen daran vorbehält, 

wie ein Nießbrauch den Fristbeginn des § 2325 Abs. 3 BGB hindert, lässt sich nicht abstrakt beantworten. 

Maßgebend hierfür, ob dies der Fall ist oder nicht, sind die Umstände des Einzelfalles, anhand derer beurteilt werden muss, ob der Erblasser den verschenkten Gegenstand auch nach Vertragsschluss noch im Wesentlichen weiterhin nutzen konnte (BGH, Urteil vom 29.06.2016 – IV ZR 474/15 –).

  • …. wenn zum Nachlass eine Darlehensrückzahlungsforderung gegen den Pflichtteilsberechtigten gehört:

Gehört eine Darlehensrückzahlungsforderung gegen einen Pflichtteilsberechtigten zum Nachlass kann der Erbe diese Rückzahlungsforderung gegen die Pflichtteilsforderung aufrechnen, mit der Folge, dass 

Hat der Erblasser beispielsweise zu seinen Lebzeiten dem Pflichtteilsberechtigten 

  • ein Darlehen gewährt,
  • den Darlehensgeldbetrag zur Verfügung gestellt und 
  • waren zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers von dem Darlehen 48.000 Euro noch nicht zurückgezahlt,

kann der von dem Erblasser in seinem Testament eingesetzte Erbe,

  • wenn der Pflichtteilsberechtigte seinen für den Zeitpunkt des Erbfalls errechneten Pflichtteilsanspruch, beispielsweise in Höhe von 44.000 Euro, geltend macht und
  • die Darlehensrückzahlungsforderung nach § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB fällig ist,

dem Pflichtteilsberechtigten gegenüber erklären, dass er die Darlehensrückzahlungsforderung gegen die Pflichtteilsforderung aufrechne (§§ 387, 388 BGB).

Bei Zugrundelegung der obigen Beispielsbeträge würde die Aufrechnungserklärung bewirken, dass 

  • der Pflichtteilsanspruch in Höhe von 44.000 Euro erloschen ist und 
  • dem Erben gegen den Pflichteilsberechtigten noch ein Darlehensrückzahlungsanspruch in Höhe von 4.000 Euro (48.000 Euro – 44.000 Euro) zusteht (§ 389 BGB).

Allerdings müssen Erben, die mit einem zum Nachlass gehörenden Darlehensrückzahlungsanspruch gegenüber einem bestehenden Pflichtteilsanspruch eines Pflichtteilsberechtigten aufrechnen möchten, im Streitfall beweisen können, dass 

  • sich der Pflichtteilsberechtigte und der Erblasser über die Hingabe eines bestimmten Geldbetrages als Darlehen einig waren,
  • der Darlehensbetrag dem Pflichtteilsberechtigten vom Erblasser ausbezahlt worden und
  • der Darlehensrückzahlungsanspruch fällig ist (vgl. BGH, Beschluss vom 26.09.2007 – IV ZR 145/07 –).
  1. …. darüber, wann ein Pflichtteilsberechtigter welche Ansprüche gegen einen vom Erblasser zu Lebzeiten Beschenkten hat: 

Hat ein Pflichtteilsberechtigter wegen einer Schenkung einen Pflichtteilsergänzungsanspruch und ist der Erbe selbst zur Ergänzung des Pflichtteiles nicht verpflichtet, 

  • etwa weil kein ausreichender oder nur ein verschuldeter Nachlass vorhanden ist, 

kann der Pflichtteilsberechtigte nach § 2329 BGB von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenks zum Zwecke der Befriedigung wegen des fehlenden Betrags nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern, wobei

  • der Beschenkte die Herausgabe durch Zahlung des fehlenden Betrags abwenden kann.
  1. …. über mögliche Rechtsfolgen, wenn der Erbe seiner Verpflichtung auf Auskunftserteilung nicht nachkommt:

Kommt der Erbe seiner Verpflichtung auf Auskunftserteilung nicht nach kann der Pflichtteilsberechtigte Stufenklage nach § 254 Zivilprozessordnung (ZPO) erheben auf 

  • Auskunft,
  • eidesstattliche Versicherung, dass der Bestand des Nachlasses nach bestem Wissen so vollständig angegeben worden ist, als er – der Erbe – dazu imstande ist (§ 260 Abs. 2 BGB) und
  • (zunächst unbeziffert) Zahlung des Pflichtteils aus dem Betrag, der sich aus der zu erteilenden Auskunft errechnet (vgl. auch OLG Karlsruhe, Urteil vom 09.12.2014 – 8 U 187/13 – sowie OLG Bamberg, Beschluss vom 24.03.2020 – 1 W 13/20 – dazu, wann bei einer Stufenklage ein sofortiges Anerkenntnis im Sinne von § 93 Zivilprozessordnung (ZPO) vorliegt).
  1. …. wie ein gegen den Erben ergangenes Urteil auf Auskunftserteilung über den Bestand des Nachlasses vollstreckt werden kann:  

Bei der Verpflichtung des Erben zur Auskunftserteilung  

  • über den Bestand des Nachlasses durch Vorlage eines Bestandsverzeichnisses gemäß § 2314 Abs. 1 Satz 1 BG 

gegenüber einem Pflichtteilsberechtigten handelt es sich auch dann, wenn der Erbe 

  • gemäß § 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB zur Vorlage eines durch einen Notar aufgenommenen Bestandsverzeichnisses, bei dessen Aufnahme der Pflichtteilsberechtigte hinzuzuziehen ist, 

verurteilt worden ist, insgesamt, 

  • weil der Notar ohne Mitwirkung des Erben das Verzeichnis nicht aufnehmen, er vielmehr darauf angewiesen ist, dass ihm der Erbe die für die Aufnahme des Verzeichnisses erforderlichen Informationen übermittelt, 

um eine unvertretbare Handlung, die nach § 888 Abs. 1 ZPO zu vollstrecken ist, so dass der Pflichtteilsberechtigte, 

  • wenn der Erbe seiner Auskunftsverpflichtung nicht nachkommt und 
  • die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung gemäß § 750 Abs. 1 ZPO vorliegen, 

beim Prozessgericht des ersten Rechtszuges beantragen kann, den Erben zur Auskunftserteilung durch die Festsetzung 

  • von Zwangsgeld und 
  • für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, von Zwangshaft oder 
  • von Zwangshaft 

anzuhalten.

Ein schutzwürdiges Interesse des Pflichtteilsberechtigten an einer 

  • wiederholten

Zwangsmittelfestsetzung ist nur bzw. erst wieder gegeben, wenn das zuvor angeordnete Zwangsgeld gegen den Erben entweder gezahlt oder vollstreckt ist. 

Das Totenfürsorgerecht – Was nicht nur Angehörige und Erben eines Verstorbenen, sondern Jedermann darüber wissen sollte

Das Recht,

  • Ort,
  • Art und Weise der Bestattung des Leichnams eines Verstorbenen sowie
  • die Gestaltung und Erscheinungsbild der Grabstätte

zu bestimmen sowie die Befugnis zur

  • Pflege und Aufrechterhaltung des Erscheinungsbilds der Grabstätte

steht

  • nicht dem Erben zu,

sondern

Bestimmen

  • wie seine sterblichen Überreste behandelt oder verwendet werden sollen bzw.
  • wo und wie man einmal bestattet werden will,

kann Jedermann zu Lebzeiten.

Der Totenfürsorgeberechtigte ist dann befugt diesen zu Lebzeiten geäußerten Willen des Verstorbenen,

  • in dem von ihm gesetzten Rahmen zu konkretisieren und
  • notfalls auch gegen den Willen von Angehörigen des Verstorbenen durchzusetzen bzw. zu erfüllen.

Hat ein Verstorbener einen diesbezüglichen Willen nicht erklärt, hat sich der Totenfürsorgeberechtigte im Rahmen des mutmaßlichen Willens des Verstorbenen zu bewegen, wobei ihm innerhalb dieses Rahmens aber,

  • weil andernfalls die Umsetzung der Totenfürsorge nicht praktikabel sein würde,

ein erheblicher Ermessens- und Beurteilungsspielraum zusteht (Amtsgericht (AG) München, Urteil vom 11.06.2016 – 171 C 12772/15 –).

Zu Lebzeiten bestimmen kann Jedermann auch, wer nach seinem Ableben die Totenfürsorge innehaben soll.

Ist

  • eine ausdrückliche Aussage dazu, welche Person nach seinem Ableben totenfürsorgeberechtigt sein soll, von einem Verstorbenen zu Lebzeiten nicht getroffen worden

und

  • kann auch nicht mit Sicherheit aus bestimmten Umständen geschlossen werden, dass nach seinem mutmaßlichen Willen die Ausübung des Totenfürsorgerechts durch eine bestimmte Person aus dem Kreis seiner Angehörigen erfolgen soll,

sind nach Gewohnheitsrecht

  • die nächsten Angehörigen zur Totenfürsorge berechtigt und zwar
    • zunächst der Ehegatte,
    • dann die Kinder usw.

Der überlebende Ehegatte schließt aufgrund gewohnheitsrechtlicher Grundsätze folglich also die Kinder von der Ausübung des Totenfürsorgerechts aus.

Der nachrangige Totenfürsorgeberechtigte kann allerdings,

  • wenn ihm nicht bekannt ist, wo der Verstorbene seine letzte Ruhe gefunden hat,

darüber von dem (vorrangigen) Totenfürsorgeberechtigten Auskunft verlangen und zwar schon deshalb,

  • weil er in der Lage sein muss, das Totenfürsorgerecht auszuüben, wenn der vorrangige Totenfürsorgeberechtigte verstirbt oder sonst ausscheidet (AG Krefeld, Urteil vom 24.06.2017 – 2 C 1/16 –).

Das Totenfürsorgerecht ist ein sonstiges Recht im Sinne von § 823 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), das im Falle seiner Verletzung Ansprüche

  • auf Schadensersatz sowie
  • auf Beseitigung und
  • (bei Wiederholungsgefahr) Unterlassung von Beeinträchtigungen entsprechend § 1004 BGB,

begründen kann,

Übrigens:
Zur Tragung der Kosten der Beerdigung eines Verstorbenen

  • ist dessen Erbe verpflichtet (§ 1968 BGB) und
  • nicht der Totenfürsorgeberechtigte.

Sind Kosten für eine Beerdigung beim Totenfürsorgeberechtigten angefallen,

  • sei es, dass er selbst für die Beerdigung gesorgt hat,
  • sei es, dass ein Dritter, der selbst nicht Erbe ist, die Beerdigung durchgeführt hat und die Kosten von dem Totenfürsorgeberechtigten erstattet verlangt,

so steht ihm ein Regressanspruch gegen den Erben zu.

Kann ein derartiger Anspruch nicht durchgesetzt werden, weil die Erben nicht feststehen, der Nachlass überschuldet ist oder der Fiskus als Erbe die Haftungsbeschränkung auf den Nachlass geltend macht, fällt dies in den Risikobereich des Totenfürsorgeberechtigten und folgt aus seiner Pflicht zur Totenfürsorge (BGH, Beschluss vom 14.12.2011 – IV ZR 132/11 –).

Ob Erben eines Verstorbenen auch den Facebook-Account des Erblassers mitsamt den gespeicherten Inhalten erben, Erben also

…. in einen vom Erblasser zur Nutzung der Facebook-Dienste abgeschlossenen Vertrag eintreten (können),

  • so dass die Erben Anspruch auf Zugang zu dem Facebook-Account des Verstorbenen haben

und

  • ob das ggf. auch dann gilt, wenn der Account des Facebook-Nutzers nach dessen Tod in den sog. Gedenkzustand versetzt worden ist,

wird vom Bundesgerichtshof (BGH) am 12.07.2018 (III ZR 183/17) in letzter Instanz in einem Fall entschieden werden, in dem dieEltern und Erben einer Tochter,

  • die im Alter von 15 Jahren unter ungeklärten Umständen durch eine in einen Bahnhof einlaufende U-Bahn tödlich verletzt worden ist,

mit Facebook Ireland Limited (im Folgenden: Facebook) darüber streiten,

  • ob Facebook ihnen Zugang zu dem vollständigen Benutzerkonto ihrer verstorbenen Tochter und den darin enthaltenen Kommunikationsinhalten gewähren muss.

In erster Instanz ist der Klage der Eltern und Erben,

  • die sich erhoffen, über den Facebook-Account ihrer Tochter und die dort ausgetauschten Nachrichten und Posts mehr über den Tod ihrer Tochter zu erfahren,
  • insbesondere auch, ob es sich um einen Selbstmord gehandelt haben könnte,

von der 20. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Berlin mit Urteil vom 17.12.2015 – 20 O 172/15 – stattgegeben worden.

Auf die von Facebook gegen dieses Urteil eingelegte Berufung hat das Kammergericht (KG) in Berlin in II. Instanz mit Urteil vom 31.05.2017 – 21 U 9/16 –

  • ohne zu entscheiden, ob Erben in die Rechte und Pflichten eines vom Erblasser zur Nutzung der Facebook-Dienste abgeschlossenen Vertrages, jedenfalls soweit es um den Erhalt des Leserechts geht, einrücken können,

die Klage der Eltern und Erben gegen Facebook mit der Begründung abgewiesen, dass

  • die Eltern und Erben schon aufgrund des Fernmeldegeheimnisses (§ 88 Telekommunikationsgesetz – TKG) keinen Zugang zum Facebook-Account der Verstorbenen erhalten können,
  • weil dem nicht von allen Kommunikationspartnern, die mit dem Verstorbenen Kommunikationsinhalte ausgetauscht haben, die nur für diese beiden Nutzer oder nur einen eingeschränkten Personenkreis bestimmt gewesen sind, zugestimmt haben

und

  • sich ein Anspruch der Eltern auf Zugang zum Benutzerkonto ihres minderjährigen Kindes auch nicht aus dem Recht der elterlichen Sorge oder dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Eltern ableiten lasse.

Der BGH scheint nicht dieser Ansicht zu sein,

  • sondern sieht, wie er in der mündlichen Verhandlung angedeutet hat, keinen Grund, elektronische Nachrichten anders zu behandeln als Briefe, die dem Erben unabhängig von ihrem persönlichen Gehalt zugänglich sind

und neigt deshalb dazu, digitales Erbe grundsätzlich ebenso zu behandeln wie analoges Erbe, so dass demzufolge,

  • sollte die konkrete Ausgestaltung des Vertrages mit Facebook eine Vererbbarkeit des Rechtsverhältnisses nicht ausschließen,

Erben auch in einen Vertrag mit Facebook eintreten könnten (Quelle; Die juristische Presseschau vom 22.06.2018).

Welche Auskünfte können Erben nach dem Tod des Erblassers von wem verlangen und wer muss Erben auf Verlangen

…. welche Auskünfte erteilen?

Erben können nach Eintritt des Erbfalls Auskunft verlangen,

  • nach § 2027 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) von jedem, der etwasaus der Erbschaft erlangt hat und sichfälschlicherweise ein nicht vorhandenes Alleinerbrecht daran anmaßt(also von jedem Erbschaftsbesitzer i.S.v. § 2018 BGB),
    • über den gegenwärtigen Aktivbestand der Erbschaft (gegenwärtiges Barvermögen, persönliche Gegenstände, Immobilien, ggf. der Haushaltsgegenstände, die dem gemeinsamen Haushalt dienten (vgl. § 1932 BGB)) einschließlich der seit dem Erbfall angefallenen Surrogate und Früchte sowie
    • über den Verbleib nicht mehr vorhandener oder nicht mehr auffindbarer Gegenstände;
  • nach § 2027 Abs. 2 BGB von jedem, der, ohne Erbschaftsbesitzer zu sein, eine Sache aus dem Nachlass in Besitz genommen hat, bevor der Erbe den Besitz daran tatsächlich ergriffen hat,
    • über den Verbleib von Erbschaftsgegenständen;
  • nach § 2028 Abs. 1 BGB von jedem, der sich zur Zeit des Erbfalls mit dem Erblasser in häuslicher Gemeinschaft befunden hat, darüber,
    • welche erbschaftlichen Geschäfte dieser (seit dem Erbfall) für den Erblasser geführt hat und
    • was ihm über den Verbleib der Erbschaftsgegenstände bekannt ist;
  • nach § 2057 Satz 1 BGB von Miterben
    • über die Zuwendungen, die diese nach den §§ 2050 bis 2053 BGB zur Ausgleichung zu bringen haben,
    • also Informationen über eine vom Erblasser erhaltene Ausstattung, wie z.B. eine Aussteuer (§ 2050 Abs. 1 BGB) oder Zuschüsse zum Einkommen und Aufwendungen zur Berufsvorbereitung (§ 2050 Abs. 2 BGB) sowie sonstige Zuwendungen, bei denen vom Erblasser bei der Zuwendung die Ausgleichung angeordnet worden ist (§ 2050 Abs. 3 BGB);
  • nach § 2362 Abs. 2 BGB von jedem, dem ein unrichtiger Erbschein wurde,
    • über den Bestand der Erbschaft und
    • den Verbleib der Erbschaftsgegenstände;
  • nach § 666 BGB von jedem, den der Erblasser zur Besorgung seiner Vermögensangelegenheiten Vollmacht (Kontovollmacht) erteilt hatte,
    • über den Stand der Rechtsgeschäfte, die der Bevollmächtigte in Ausübung der Vollmacht getätigt hat und
    • Rechenschaftslegung durch eine übersichtliche, in sich verständliche Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben, die die Entwicklung zum Stichtag aufzeigen,
  • nach §§ 675, 666 BGB von dem Geldinstitut bei dem der Erblasser Konten hatte,
    • über Kontostände und
    • kontobezogene Vorgänge aus der Vergangenheit.

Übrigens:
Abgesehen von der Auskunft, die Erben von Miterben nach § 2057 Abs. 1 BGB, im Falle des § 2027 BGB oder nach § 666 BGB verlangen können, wenn ein Miterbe vom Erblasser zur Besorgung von Vermögensangelegenheiten bevollmächtigt und beauftragt bzw. für die Erbengemeinschaft tätig geworden war,

  • besteht keine allgemeine Auskunftspflicht von Miterben untereinander,
  • sondern kann im Einzelfall lediglich ein Auskunftsanspruch nach § 242 BGB in Betracht kommen (OLG Koblenz, Urteil vom 20.08.2012 – 5 U 821/12 –).

Erben sollten wissen, dass sie auch die Steuerschulden des Erblassers erben und in welchen Fällen sie verpflichtet sein können

…. die Einkommensteuererklärung des Erblassers zu berichtigen, wenn sie keine Steuerhinterziehung begehen wollen.

Als Gesamtrechtsnachfolger schulden die Erben eines Erblassers dessen (hinterzogene) Steuern.

  • Mit dem Tod einer Person (Erbfall) geht nämlich gemäß § 1922 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) deren Vermögen als Ganzes auf den oder die Erben über und nach § 1967 BGB haften die Erben für die Nachlassverbindlichkeiten.

Dieses hierin für den Erbfall statuierte Prinzip der Gesamtrechtsnachfolge beschränkt sich nicht auf den Bereich des Zivilrechts, sondern erstreckt sich auch auf das öffentliche Recht und damit auch auf das Steuerrecht.

  • Gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung (AO) gehen bei Gesamtrechtsnachfolge die Forderungen und Schulden aus dem Steuerschuldverhältnis auf den Rechtsnachfolger über und
  • nach § 45 Abs. 2 Satz 1 AO haben mehrere Erben für die in der Person des Erblassers entstandene Steuerschuld wie für Nachlassverbindlichkeiten nach bürgerlichem Recht, d.h. als Gesamtschuldner (§§ 1967, 2058 BGB), einzustehen, so dass
    • jeder Erbe die Steuer in voller Höhe schuldet, in der sie in der Person des Erblassers entstanden ist und
    • es dem Finanzamt im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens freisteht, an welche Gesamtschuldner es sich halten will.

Auch ist ein Erbe, der vor oder nach dem Erbfall erfährt,

  • dass der Erblasser zum Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärung aufgrund einer Demenzerkrankung geschäftsunfähig i.S. des § 104 Nr. 2 BGB und seine Steuererklärung aus diesem Grund unwirksam war oder
  • dass die Steuern des Erblassers (aufgrund unrichtiger bzw. unvollständiger Angaben des Erblassers) zu niedrig festgesetzt wurden,

nach § 153 Abs. 1 Satz 2 AO verpflichtet,

  • die (unwirksame) Einkommensteuererklärung des Erblassers zu berichtigen.

Unterlässt er dies, kann eine Steuerhinterziehung vorliegen.

Darauf hat der VIII. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) mit Urteil vom 29.08.2017 – VIII R 32/15 – hingewiesen (Quelle: Pressemitteilung des BFH vom 07.02.2018).

Gehört eine Darlehensrückzahlungsforderung gegen einen Pflichtteilsberechtigten zum Nachlass kann der Erbe

…. diese Rückzahlungsforderung gegen die Pflichtteilsforderung aufrechnen, mit der Folge, dass

  • der Pflichtteilsanspruch in Höhe der bestehenden Aufrechnungsforderung erlischt und
  • insoweit kein Anspruch des Pflichtteilsberechtigten mehr besteht.

Darauf hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 14.03.2017 – 10 U 62/16 – hingewiesen.

Das bedeutet, hat ein Erblasser zu seinem Lebzeiten einem gemäß § 2303 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) Pflichtteilsberechtigten

  • ein Darlehen gewährt,
  • den Darlehensgeldbetrag zur Verfügung gestellt und
  • waren zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers von dem Darlehen 48.000 Euro noch nicht zurückgezahlt,

kann der von dem Erblasser in seinem Testament eingesetzte Erbe,

  • wenn der Pflichtteilsberechtigte seinen für den Zeitpunkt des Erbfalls errechneten Pflichtteilsanspruch, beispielsweise in Höhe von 44.000 Euro, geltend macht und
  • die Darlehensrückzahlungsforderung nach § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB fällig ist,

dem Pflichtteilsberechtigten gegenüber erklären, dass er die Darlehensrückzahlungsforderung gegen die Pflichtteilsforderung aufrechne (§§ 387, 388 BGB).

Bei Zugrundelegung der obigen Beispielsbeträge würde die Aufrechnungserklärung bewirken, dass

  • der Pflichtteilsanspruch in Höhe von 44.000 Euro erloschen ist und
  • dem Erben gegen den Pflichteilsberechtigten noch ein Darlehensrückzahlungsanspruch in Höhe von 4.000 Euro (48.000 Euro – 44.000 Euro) zusteht (§ 389 BGB).

Übrigens:
Erben, die mit einem zum Nachlass gehörenden Darlehensrückzahlungsanspruch gegenüber einem bestehenden Pflichtteilsanspruch eines Pflichtteilsberechtigten aufrechnen möchten, müssen im Streitfall beweisen können, dass

Erben und Nachlassschuldner sollten wissen, dass geltend gemachten Nachlassforderungen auch zu Lebzeiten des Erblassers begründete Einwände

…. entgegengehalten werden können und wer in solchen Fällen was beweisen muss.

Machen Erben eine dem Erblasser zustehende Forderung geltend, kann der auf Erfüllung einer solchen Nachlassforderung (§ 2039 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Anspruch genommene Nachlassschuldner

  • sich nicht nur darauf berufen, die Forderung gegenüber dem Erblasser bereits erfüllt zu haben, sondern beispielsweise

auch

  • geltend machen, mit dem Erblasser einen Schuldenerlass vereinbart zu haben oder
  • die Einrede der Verjährung erheben.

Dass

  • die geschuldete Nachlassforderung gegenüber dem Erblasser bereits bewirkt (§ 362 Abs. 1 BGB) oder
  • mit dem Erblasser ein Schuldenerlass vereinbart wurde,

hat der Nachlassschuldner darzulegen und im Streitfall zu beweisen.

War die Verjährungsfrist für die geltend gemachte Nachlassforderung oder einem Teil hiervon bereits vor der gerichtlichen Geltendmachung durch den Erben abgelaufen und ist die Einrede der Verjährung erhoben, muss der Erbe, der sich

  • auf eine die Verjährung hemmende Vereinbarung zwischen dem Nachlassschuldner und dem Erblasser berufen will,
  • beispielsweise eine Stundungsabrede,

die Voraussetzungen hierfür schlüssig darlegen und, wenn diese nicht nach § 138 Zivilprozessordnung (ZPO) als zugestanden gelten, nachweisen.

Darauf hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 24.10.2017 – 10 U 14/17 – hingewiesen (Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm vom 15.01.2018).

Wichtig für Vermieter zu wissen, wenn der Mieter stirbt und dessen Erben unbekannt sind

Vermieter können in einem solchen Fall,

  • zur Geltendmachung ihres Anspruchs gegen den Nachlass auf Rückgabe der Mietsache gemäß § 546 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB),

beim Nachlassgericht die Anordnung einer Nachlasspflegschaft gemäß § 1961 BGB beantragen.

  • Anzuordnen ist die Nachlasspflegschaft vom Nachlassgericht auf ihren Antrag hin auch dann, wenn der Mieter vermögenslos war beziehungsweise der Nachlass voraussichtlich dürftig ist.

Das hat der 19. Zivilsenat des Kammergerichts (KG) Berlin mit Beschluss vom 02.08.2017 – 19 W 102/17 – entschieden.

Gemäß § 1961 BGB hat das Nachlassgericht in den Fällen, in denen

  • der Erbe unbekannt oder
  • ungewiss ist, ob er die Erbschaft angenommen hat oder
  • ein Bedürfnis besteht, biszur Annahme der Erbschaft für die Sicherung des Nachlasses zu sorgen,

nämlich zwingend einen Nachlasspfleger zu bestellen, wenn

  • die Bestellung zum Zwecke der gerichtlichen Geltendmachung eines Anspruchs, der sich gegen den Nachlass richtet,
  • von dem Berechtigten beantragt wird.

Was gerichtlich bestellte Betreuer und Erben von gerichtlich bestellten Betreuern wissen sollten

Endet eine gerichtlich angeordnete Betreuung

  • mit dem Tod des Betreuten

kann das Betreuungsgericht nach § 1837 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), der in Betreuungssachen nach § 1908 i Abs. 1 Satz 1 BGB entsprechende Anwendung findet,

  • den ehemaligen Betreuer durch Zwangsgeld dazu anhalten, gemäß §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1892 Abs. 1 BGB eine formal ordnungsgemäße Schlussrechnung über die Vermögensverwaltung einzureichen.

Zur Einreichung einer solchen Schlussrechnung beim Betreuungsgericht ist dagegen,

  • wenn ein gerichtlich bestellter Betreuer stirbt,

der Erbe des Betreuers nicht verpflichtet,

  • so dass gegen den Erben eines Betreuers wegen Nichterfüllung einer solchen betreuungsgerichtlichen Anordnung auch kein Zwangsgeld nach §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1837 Abs. 3 BGB festgesetzt werden kann.

Denn

  • das Amt des Betreuers

ist aufgrund seiner Personenbezogenheit unvererblich, so dass den Erben eines Betreuers

  • weder die mit dem Betreueramt verbundenen Rechte und Pflichten (wie die Einreichung einer Schlussrechnung) treffen,
  • noch der Erbe berechtigt oder verpflichtet ist, die Tätigkeiten des verstorbenen Betreuers – auch nur einstweilig – weiterzuführen.

Lediglich dazu, nach §§ 1908 Abs. 1 Satz 1, 1894 Abs. 1 BGB den Tod des Betreuers unverzüglich anzuzeigen, ist der Erbe gegenüber dem Betreuungsgericht verpflichtet.

Vererblich aber sind die aus der Amtsführung erwachsenen Ansprüche und Verbindlichkeiten des Betreuers, so dass

  • der Erbe des Betreuers dem Betreuten das verwaltete Vermögen herauszugeben und
  • über die Verwaltung Rechenschaft abzulegen hat.

Kommen der Erbe dem nicht nach, kann und muss der Betreute gegebenenfalls diese privatrechtlichen Ansprüche gegen den ehemaligen Betreuer, für deren Erfüllung dessen Erben nach § 1922 BGB eintreten müssen, durch Erhebung einer Klage vor dem Prozessgericht geltend machen.

Darauf hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 26.07.2017 – XII ZB 515/16 – hingewiesen.