Tag Freibad

Erleidet ein Badegast bei einem Badeunfall in einem Frei- oder Hallenbad einen Gesundheitsschaden

…. haftet der Badbetreiber, wenn

  • die mit der Aufsicht im Bad betrauten Personen schuldhaft ihre Überwachungs- und Rettungspflichten verletzt haben und
  • diese Pflichtverletzung ursächlich für die bei dem Badegast eingetretenen Gesundheitsschäden war.

Eine Verletzung der Badeaufsichtspflicht liegt vor, wenn

  • der Badebetrieb und damit auch das Geschehen im Wasser nicht fortlaufend beobachtet sowie mit regelmäßigen Kontrollblicken daraufhin überwacht worden ist, ob Gefahrensituationen für die Badegäste auftreten,
  • der Beobachtungsort von den mit der Aufsicht betrauten Personen dazu nicht so gewählt worden ist, dass der gesamte Schwimm- und Sprungbereich überwacht werden kann bzw. die hierzu erforderlichen Standortwechsel nicht vorgenommen worden sind oder
  • in Notfällen nicht für rasche und wirksame Hilfeleistung gesorgt worden ist.

Ob bei Vorliegen einer solchen Pflichtverletzung

  • diese auch ursächlich für den Gesundheitsschaden eines Badegastes war,

hängt davon ab,

  • wie lange es bei pflichtgemäßem Verhalten der mit der Badeaufsicht beauftragten Personen gedauert hätte,
    • die Notlage des Badegastes zu erkennen sowie
    • diesen zu retten und
  • ob, wenn die Rettung des Badegastes in dieser Zeit erfolgt wäre,
    • die bei dem Badegast eingetretenen Gesundheitsschäden vermieden worden wären.

Dass eine Verletzung der Badeaufsichtspflicht vorgelegen hat und diese ursächlich für die bei ihm eingetretene Gesundheitsschäden war, muss grundsätzlich der Badegast beweisen.

  • Ist der Pflichtenverstoß der mit der Badeaufsicht beauftragten Personen allerdings als grob fahrlässig zu bewerten, geht es zu Lasten des Badbetreibers, wenn sich die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Gesundheitsschäden nicht beweisen lässt (Beweislastumkehr).

Darauf hat der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 23.11.2017 – III ZR 60/16 – hingewiesen (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 28.11.2017 – Nr. 189/2017 –).

Wer haftet, wenn es in einem Freibad beim Springen von Badegästen von einem Sprungturm

…. mit mehreren übereinander liegenden Sprungplattformen zu einem Unfall kommt?

Verfügt ein Freibad über ein Sprungbecken sowie einen

  • Sprungturm mit drei übereinander liegenden Sprungplattformen in 5, 7,5 und 10 m Höhe,
  • bei dem die höher liegenden Sprungplattformen die jeweils darunter liegende Plattform um etwa 0,5 bis 1 m überragen,

verletzten

  • sowohl der Betreiber des Freibades als auch der vor Ort tätige und für die Aufsicht im Bereich des Sprungbeckens zuständige Bademeister

fahrlässig die sie treffende Verkehrssicherungspflicht, wenn

  • der Sprungbetrieb von allen drei Sprungebenen gleichzeitig freigegeben wird und
  • die Organisation des Sprungbetriebs den Springern selbst überlassen bleibt.

Darauf hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart mit Urteil vom 21.09.2017 – 2 U 11/17 – hingewiesen und in einem solchen Fall, in dem

  • die Reihenfolge, in der von den verschiedenen Ebenen des Sprungturms gesprungen wurde, von den Badegästen in eigener Regie durch Zuruf geregelt und

ein Badegast tödlich verletzt worden war,

  • weil sein Ruf vor dem Sprung von der 5-Meter-Plattform „5er springt“ von einem anderen Badegast nicht gehört worden,
  • dieser deshalb unmittelbar danach von der 10-Meter-Plattform gesprungen und
  • beim Eintauchen in das Becken mit der Schulter gegen den Kopf des vor ihm von der 5-Meter-Plattform gesprungenen und gerade wieder auftauchenden Badegastes geprallt war,

entschieden, dass

  • der Betreiber des Freibades und der Bademeister als Gesamtschuldner der Ehefrau und den zwei minderjährigen Kinder des tödlich Verunglückten 75% der Beerdigungskosten sowie ihrer Unterhaltsansprüche ersetzen müssen und
  • den tödlich Verunglückten, da er trotz der offenkundigen Gefährlichkeit am Sprungbetrieb teilgenommen hat, ein mit 25% zu bewertendes Mitverschulden trifft (Quelle: Pressemitteilung des OLG Stuttgart vom 21.09.2017).