Tag fristlos

Kann ein Fitnessstudiovertrag mit bestimmter Erstlaufzeit wegen verschlechterter Gesundheit vorzeitig gekündigt werden?

Mit Urteil vom 05.06.2020 – 3c C 51/19 – hat das Amtsgericht (AG) Frankenthal entschieden, dass ein Mitgliedsvertrag über die Nutzung eines Fitnessstudios mit einer bestimmten Erstlaufzeit und einem vertraglich vorgesehenen Kündigungszeitpunkt

  • vorzeitig außerordentlich fristlos gekündigt 

werden kann, wenn der Kunde nachweislich 

  • an einer Erkrankung leidet, die ihm die künftige Inanspruchnahme wesentlicher Leistungen auf unbestimmte Zeit unmöglich macht,
  • wobei Vorerkrankungen dann keine Rolle spielen, wenn 
    • die zur Kündigung führenden Beschwerden zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht bestanden und 
    • das Auftreten für den Kunden nicht vorhersehbar war.

Begründet hat das AG dies damit, dass in einem solchen Fall die Fortführung des als Dauerschuldverhältnis einzustufenden Fitnessstudiovertrages bis zum vertraglich vorgesehenen Kündigungszeitpunkt ohne Nutzungsmöglichkeit wesentlicher Elemente der vertraglichen Leistungen, 

  • nämlich des überwiegenden Teils der zur Verfügung gestellten Trainingsgeräte, 

nicht zumutbar sein kann (Quelle: Pressemitteilung des AG Frankenthal). 

Hinweis:
Vergleiche dazu auch den Blogeintrag „Wichtig zu wissen, wenn man einen Fitnessstudiovertrag mit Mindestlaufzeit abgeschlossen hat oder beabsichtigt abzuschließen“. 

Was Eltern, die einen für ihr Kind abgeschlossenen Krippenvertrag wegen gescheiterter Eingewöhnung kündigen wollen,

…. wissen sollten.

Mit Urteil vom 08.10.2019 – 173 C 8625/19 – hat das Amtsgericht (AG) München in einem Fall, in dem Eltern einen,

  • für ihren im Oktober 2018 geborenen Sohn, abgeschlossenen

Krippenvertrag, nachdem

  • am 04.02.2019 mit der Eingewöhungsphase ihres Sohnes – täglich eine Stunde – begonnen worden und
  • dieser am 13.02.2019 erkrankt war,

am 26.02.2019 ordentlich und am 28.02.2019 fristlos,

  • mit der Begründung

gekündigt hatten,

  • ihr Sohn sei “ … bereits nach der ersten Woche seines Besuches mit ersten Symptomen beginnend am 10.02.2019, vom 13.02.2019 bis einschließlich 22.02.2019 krank gewesen“,

entschieden, dass,

  • die ordentliche Kündigung zum Ablauf der vereinbarten dreimonatigen Kündigungsfrist wirksam,
  • die fristlose Kündigung hingegen unwirksam war,

mit der Rechtsfolge, dass,

  • weil der Krippenplatz nicht bis zum Ende des Kündigungszeitraums wiederbesetzt werden konnte,

die Eltern, die vereinbarte Vergütung für die drei Monate Kündigungszeit (weiter) bezahlen mussten.

Dass kein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung vorgelegten hat und die außerordentliche Kündigung deswegen unberechtigt war, hat das AG damit begründet,

  • dass nach der kurzen Eingewöhnungszeit und den jeweils kurzen Aufenthalten in der Kita nicht davon gesprochen werden könne, dass die Eingewöhnung per se gescheitert sei

und

  • dass es logisch sowie allgemein bekannt sei, dass Kleinkinder, die in die Kita kommen, mit großer Wahrscheinlichkeit zunächst einmal krank werden und dies nicht dem Krippenpersonal angelastet werden könne (Quelle: Pressemitteilung des AG München).

BGH entscheidet: Wohnraumvermieter kann Mietverhältnis unter Berufung auf denselben Sachverhalt fristlos und

…. hilfsweise ordentlich kündigen.

Mit Urteilen vom 19.09.2018 – VIII ZR 231/17 und VIII ZR 261/17 – hat der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass, wenn ein Wohnungsmieter

  • für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder
  • eines nicht unerheblichen Teils der Miete oder
  • in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Errichtung der Miete in Höhe eines Betrags, der die Miete für zwei Monate erreicht, in Verzug ist,

der Vermieter das Mietverhältnis

  • wegen Zahlungsverzugs gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a bzw. Buchst. b Bürgerliches Gesetzbuch BGB fristlos sowie
  • zugleich hilfsweise ordentlich wegen schuldhafter erheblicher Verletzung der vertraglichen Mietzahlungspflichten gemäß §§ 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 573c BGB

kündigen kann und dass,

  • falls die durch die außerordentliche fristlose Kündigung nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a bzw. Buchst. b BGB mit ihrem Zugang zunächst herbeigeführte sofortige Beendigung des Mietverhältnisses
  • aufgrund eines gesetzlich vorgesehenen Umstands nachträglich unwirksam wird, wie
    • einer unverzüglichen Aufrechnung durch den Mieter (§ 543 Abs. 2 Satz 3 BGB),
    • der Tilgung der aufgelaufenen Zahlungsrückstände oder
    • einer Verpflichtungserklärung einer öffentlichen Stelle (§ 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB),

die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung zur Beendigung des Mietverhältnisses nach Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist führen kann, sofern

  • diese die gesetzlichen Anforderungen für das Vorliegen eines Kündigungsgrunds erfüllt und
  • ein eventuell kurze Zeit nach Zugang der Kündigung erfolgter Ausgleich der Rückstände bei Würdigung der konkreten Einzelfallumstände die Berufung auf die ordentliche Kündigung nicht als treuwidrig erscheinen lässt (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 19.09.2018).

Mietern die im Haus randalieren und Nachbarn massiv beleidigen und bedrohen kann ohne Abmahnung fristlos gekündigt werden

Darauf hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 10.02.2017 – 474 C 18956/16 – hingewiesen und in einem Fall,

  • in dem ein Mieter in seiner Wohnung zunächst seine Freundin geschlagen und lauthals beschimpft sowie Gegenstände in der Wohnung zertrümmert und
  • nachfolgend im Treppenhaus auch Nachbarn bedroht sowie mit übelsten Worten beschimpft hatte und
  • dem deswegen vom Vermieter fristlos gekündigt worden war,

den Mieter zur sofortigen Räumung der Mietwohnung verurteilt.

Danach haben in solchen Fällen, unabhängig vom konkreten Wohnumfeld oder sonstigen Umständen, Vermieter das Recht, (auch) zum Schutz von bedrohten Mietern, das Mietverhältnis mit einem störenden Mieter durch eine sofortige Kündigung zu beenden (Quelle: Pressemitteilung des AG München vom 15.12.2017).

Extreme Geruchsbelästigung durch einen Mieter in einem Mehrfamilienhaus kann Grund für eine fristlose Kündigung

…. des Mietverhältnisses sein.

Darauf hat das Amtsgericht (AG) Ansbach mit Urteil vom 01.06.2017 – 3 C 865/16 – hingewiesen und in einem Fall, in dem

  • aus der Wohnung einer Mieterin, offensichtlich auf eine nicht artgerechte Hundehaltung der Mieterin sowie die Verunreinigung der Wohnung durch den Hund zurückzuführender so extremer Fäkaliengestank ins Treppenhaus und den Außenbereich gedrungen war,
  • dass andere Bewohner des Mehrfamilienhauses mitunter ihren Garten und Balkon nicht mehr nutzen sowie teilweise die eigenen Fenster nicht mehr öffnen konnten und

der Vermieter deswegen das Mietverhältnis mit der Mieterin fristlos gekündigt hatte, entschieden, dass

Einem Trainer der Sportlerinnen mit versteckter Kamera in Umkleidekabine filmt kann fristlos gekündigt werden

Mit Urteil vom 01.11.2017 – 24 Ca 4261/17 – hat das Arbeitsgericht (ArbG) Berlin in einem Fall, in dem einem Trainer für Radsport am Olympiastützpunkt Berlin fristlos gekündigt worden war,

  • weil er in der Umkleidekabine Sportlerinnen mit einer versteckten Kamera gefilmt hatte,

entschieden,

  • dass die Kündigung wirksam ist.

Denn, so das ArbG,

  • derart schwerwiegende Pflichtverletzungen seien ein Grund, der gemäß § 626 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) eine fristlose Kündigung rechtfertige und
  • die Kündigung sei auch gemäß § 626 Abs. 2 BGB innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis der Kündigungsgründe erfolgt (Quelle: Pressemitteilung des Landesarbeitsgerichts (LArbG) Berlin-Brandenburg vom 01.11.2017 – Nr. 25/2017 –).

Nichtbeseitigung eines vom Mieter geschaffenen vertragswidrigen Zustandes kann den Vermieter zur fristlosen Kündigung

…. des Mietverhältnisses berechtigen.

Mit Urteil vom 11.07.2017 – 422 C 6905/17 – hat das Amtsgericht (AG) München darauf hingewiesen, dass, wenn ein Mieter

  • einen von ihm geschaffenen vertragswidrigen Zustand auf Verlangen des Vermieters und trotz Abmahnung nicht beseitigt,

dies einen die außerordentliche Kündigung rechtfertigenden wichtigen Grund nach § 543 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) darstellt und

  • dass eine nur teilweise Beseitigung des vertragswidrigen Zustandes nach Ausspruch der Kündigung nicht in entsprechender Anwendung des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB zur Unwirksamkeit der Kündigung führt.

Landesarbeitsgericht Kiel entscheidet wann einem Angestellten vom Arbeitgeber wegen Konkurrenztätigkeit fristlos gekündigt werden kann

Mit Urteil vom 12.04.2017 – 3 Sa 202/16 – hat die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts (LArbG) Schleswig-Holstein in Kiel entschieden, dass ein Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit einem leitenden Angestellten fristlos kündigen kann, wenn

  • dieser sich zu 50% an einer ein Konkurrenzunternehmen betreibenden Gesellschaft beteiligt und
  • dort Beschlüsse der Gesellschafterversammlung mit Stimmenmehrheit gefasst werden müssen.

Begründet hat die Kammer dies damit, dass

  • einem Arbeitnehmer während des rechtlichen Bestehens eines Arbeitsverhältnis grundsätzlich jede Konkurrenztätigkeit sowie jede Unterstützung eines Wettbewerbers zum Nachteil seines Arbeitgebers untersagt ist und
  • eine solche unerlaubte Konkurrenztätigkeit bzw. -unterstützung auch bei einer Beteiligung an einem Konkurrenzunternehmen vorliegt, sofern diese eine maßgeblichen Einfluss auf den dortigen Geschäftsbetrieb eröffnet, was, wenn
    • Beschlüsse der Gesellschafterversammlung mit Stimmenmehrheit gefasst werden müssen,
    • bei einer 50%-Beteiligung der Fall sei.

Wichtig zu wissen für Betreiber und Nutzer eines Internetforums

Mit Urteil vom 10.04.2017 – 102 C 297/16 – hat das Amtsgericht (AG) Kerpen entschieden, dass

  • ein Internet-Forennutzungsvertrag, der dadurch zustande kommt, dass der Nutzer sich in einem öffentlich „online“ gestellten Internetforum eines Betreibers „angemeldet“, der Forenbetreiber den Account bzw. das Benutzerkonto freigeschaltet hat und der Benutzer aufgrund dessen berechtigt ist, Beiträge im Forum des Betreibers zu posten und auch die im Übrigen dort angebotene Infrastruktur, etwa das persönliche Postfach und die Versendung persönlicher Nachrichten zu nutzen, ein nicht typisiertes „Dauerschuldverhältnis“ im Sinne von § 314 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist,
  • dieses Dauerschuldverhältnis gekündigt werden kann,
    • gemäß § 314 Abs. 1, Abs. 2 BGB unter den dort genannten Voraussetzungen aus wichtigem Grund fristlos oder,
    • soweit nichts anderes vereinbart worden ist, vom Forenbetreiber ordentlich in entsprechender Anwendung von § 624 S. 2 BGB mit einer Frist von 6 Monaten und
  • vom Forenbetreiber gestellte Nutzungsbedingungen, die vorsehen, dass Nutzer jederzeit und ohne Angabe von Gründen gelöscht oder gesperrt werden können wegen unangemessener Benachteiligung des Nutzers gemäß § 305, 307, 308 Nr. 4 BGB unwirksam sind.

LAG Schleswig-Holstein entscheidet: Grobe Beleidigung des Chefs kann fristlose Kündigung rechtfertigen

…. und zwar auch bei einem langjährigen Arbeitsverhältnis.

Mit Urteil vom 24.01.2017 – 3 Sa 244/16 – hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein entschieden, dass einem Arbeitnehmer der seinen Chef als „soziales Arschloch“ bezeichnet

  • und der sich nachfolgend weder entschuldigt, noch einsieht, sich gegenüber dem Arbeitgeber falsch verhalten zu haben,

ohne vorherige Abmahnung fristlos gekündigt werden kann und

  • zwar auch dann, wenn es sich bei dem Arbeitnehmer um einen langjährig Beschäftigten handelt.

Danach

  • kann sich eine Arbeitnehmer bei groben Beleidigungen, die weder provoziert, noch im Affekt geäußert worden sind, nicht auf sein Recht auf freie Meinungsäußerung berufen und
  • ist es bei fehlender Entschuldigung sowie fehlender Einsicht dem Arbeitgeber weder zuzumuten den Arbeitnehmer lediglich abzumahnen, noch das Arbeitsverhältnis auch nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortzusetzen (Quelle: Pressemitteilung des LAG Schleswig-Holstein vom 04.05.2ß17).