Tag Gebrauchsvorteile

OLG Dresden verurteilt VW AG dazu, den Käufer eines vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs

…. wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung Schadensersatz zu zahlen.

Mit Urteil vom 07.04.2020 – 9a U 2423/19 – hat der 9a. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Dresden in einem Fall, in dem ein Käufer einen

  • mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestatteten

VW Touran TDI erworben hatte, entschieden, dass die VW AG,

  • weil von ihr durch das Inverkehrbringen von Fahrzeugen mit manipulierter Motorsteuerungssoftware die Käufer dieser Fahrzeuge getäuscht und vorsätzlich sittenwidrig geschädigt worden sind,

dem Käufer des VW Touran TDI den Kaufpreis erstatten muss, Zug um Zug gegen

  • Rückgabe des Fahrzeugs und
  • Anrechnung der nach der Formel Bruttokaufpreis x gefahrene Kilometer : voraussichtliche Restlaufleistung (Gesamtlaufleistung abzüglich Kilometerstand beim Kauf) zu berechnenden Gebrauchsvorteile (Quelle: Pressemitteilung des OLG Dresden).

Dieselgate: LG Nürnberg-Fürth entscheidet, dass die VW AG dem Käufer eines vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs

…. Schadensersatz leisten muss.

Mit Urteil vom 29.10.2019 – 9 O 2719/19 – hat die 9. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Nürnberg-Fürth in einem Fall, in dem ein Käufer bei einem Händler zum Preis von 31.000 Euro einen VW Tiguan erworben hatte, der

  • von der VW AG mit einem von ihr hergestellten und mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen

Dieselmotor aus der Baureihe EA 189 ausgestattet war und der

  • nach der Übergabe des Fahrzeugs, weil ansonsten die Stilllegung angeordnet worden wäre,

zur Entfernung der installierten unzulässigen Abschalteinrichtung

  • auf Anordnung des Kraftfahrtbundesamt (KBA)

mittels eines Software-Updates technisch überarbeitet werden musste, entschieden, dass dem Fahrzeugkäufer gegen die VW AG, wegen des von dieser,

  • aufgrund des vorsätzlichen Verschweigens gegenüber Händler und Fahrzeugkäufer, dass in dem in den Verkehr gebrachten Fahrzeugmotor der Baureihe EA 189 eine unzulässigen Abschalteinrichtung installiert wurde,
  • als mittelbare Täterin (§ 25 Abs. 1 Fall 2 Strafgesetzbuch (StGB)) durch Unterlassen (§ 13 Abs. 1 StGB) und durch den Händler als vorsatzloses Werkzeug,

begangenen Betruges (§ 263 Abs. 1 StGB) ein Schadensersatzanspruch

  • aus § 823 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

zusteht.

Danach kann der Fahrzeugkäufer von der VW AG,

  • Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des VW Tiguan,

den Kaufpreis erstattet verlangen, allerdings unter Abzug der Gebrauchsvorteile,

  • die der Käufer erlangt hat, durch die (Weiter)Nutzung des Fahrzeugs
    • zwischen dem Zeitpunkt der Mitteilung der VW AG, dass das Fahrzeug von der Rückrufaktion betroffen ist sowie
    • dem Rückabwicklungsverlangen

und

  • die errechnet werden,
    • durch Multiplikation des Bruttokaufpreises mit den Kilometern, die zwischen dem Zeitpunkt der Mitteilung der VW AG, dass das Fahrzeug von der Rückrufaktion betroffen ist und dem Rückabwicklungsverlangen gefahren worden sind,
    • geteilt durch die beim Fahrzeugkauf zu erwartende restliche Kilometerlaufleistung des Fahrzeugs.

Dieselgate: LG Nürnberg-Fürth beabsichtigt zu entscheiden, dass Käufer eines vom Diesel-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs, die

…. vom Hersteller des Fahrzeugs bzw. des Motors als Schadensersatz

  • die Rückzahlung des Kaufpreises gegen Übereignung des Fahrzeugs verlangen,

sich nur noch die Gebrauchsvorteile anrechnen lassen müssen, die dem Fahrzeugkäufer durch die Nutzung des Fahrzeugs

  • zwischen dem Zeitpunkt der Mitteilung des Fahrzeugs- bzw. Motorherstellers an den Fahrzeugkäufer, dass das Fahrzeug von der Rückrufaktion wegen der Software betroffen ist

und

  • dem vorgerichtlichen Rückabwicklungsverlangen bzw. der Rechtshängigkeit der Klage

entstanden sind.

Dass sie ihre Rechtsprechung dahingehend ändern will

  • und künftig von dem dem Fahrzeugkäufer zu erstattenden Kaufpreis eine Nutzungsentschädigung nicht mehr für die gesamte Zeit, in der das Fahrzeug seit dem Erwerb gefahren wurde, in Abzug gebracht werden soll,

hat die 9. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Nürnberg-Fürth mit Beschluss vom 30.04.2019 – 9 O 9117/18 – in einem Verfahren hingewiesen, in dem

  • der, von Herrn Rechtsanwalt Ingo-Julian Rösch, Inhaber der Kanzlei Härlein Rechtsanwälte, vertretene Käufer eines vom Diesel-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs wegen des Einbaus einer unzulässiger Abschaltvorrichtung die Volkswagen-AG auf Schadensersatz verklagt hat.

Danach

  • würden bei der Berechnung der dem Fahrzeugkäufer infolge der Fahrzeugnutzung entstandenen Gerbrauchsvorteile, die bis zum Zeitpunkt der Mitteilung der VW-AG an den Fahrzeugkäufer, dass das Fahrzeug von der Rückrufaktion wegen der Software betroffen ist, außer Betracht bleiben,
  • sollen, um die zu berücksichtigende nachfolgende Nutzung schätzen zu können, verpflichtet sein vorzutragen,
    • der Fahrzeugkäufer die aktuelle Laufleistung des Fahrzeugs und
    • die VW-AG wann die Rückrufmitteilung an den Käufer erfolgte

und

  • wäre, sollte kein Vortrag der VW-AG zum Zeitpunkt der Rückrufmitteilung an den Käufer erfolgen, kein Nutzungsvorteil von dem dem Fahrzeugkäufer zu erstattenden Kaufpreis abzuziehen.

Wichtig zu wissen für gesetzlich Versicherte, die eine Beinprothesenversorgung benötigen

Mit Urteil vom 09.11.2017 – L 1 KR 211/15 – hat das Hessische Landessozialgericht (LSG) darauf hingewiesen, dass gesetzlich Versicherte, die eine Beinprothesenversorgung benötigen, Anspruch auf Versorgung

  • mit einem Genium-Kniegelenk
  • anstelle mit einem C-Leg-Beinprothesensystem

haben können, wenn

  • ihnen das kostenaufwändigere Genium-Kniegelenk einen wesentlichen Gebrauchsvorteil im Vergleich zur kostengünstigeren Alternative eines C-Leg-Beinprothesensystem bieten kann,
    • wie insbesondere beim Übersteigen von Hindernissen, beim Stehen auf schrägem Untergrund sowie beim Treppensteigen und Rückwärtsgehen im Wechselschritt,
  • den sie aufgrund ihrer körperlicher und geistigen Voraussetzungen auch tatsächlich nutzen können

und im Fall eines 82-jährigen Versicherten,

  • der nach einem Unfall den Verlust seines linken Unterschenkels im Kniegelenk erlitten hatte und
  • mit dem Genium-Kniegelenk einen höheren Mobilitätsgrad erreichte als dem C-Leg-Beinprothesensystem,

entschieden, dass die Krankenkasse,

  • die der Ansicht war, das Beinprothesensystem (C-Leg) für 28.000 Euro sei ausreichend,

ihm das knapp 46.000 Euro teure Genium-Kniegelenk zahlen muss.

Begründet hat das LSG dies damit, dass der Anspruch auf Hilfsmittel zum unmittelbaren Behinderungsausgleich – wenn also das Hilfsmittel dem unmittelbaren Ersatz des fehlenden Körperteils und dessen ausgefallener Funktion dient – bei Prothesen grundsätzlich jede Innovation umfasst, die dem Versicherten in seinem Alltagsleben deutliche Gebrauchsvorteile bietet (Quelle: JURIS Das Rechtsportal, Aktuelles juris Nachrichten).