Tag Gefahr

Überschreitung der Richtgeschwindigkeit auf der Autobahn muss im Falle einer Kollision mit einem anderen Fahrzeug keine Mithaftung begründen

Vielmehr steht, wenn ein

  • ohne ersichtlichen Grund und
  • ohne Betätigen des Fahrtrichtungsanzeigers

vom rechten auf den linken Fahrstreifen der Autobahn wechselnder Verkehrsteilnehmer einen Auffahrunfall verursacht,

  • weil er den rückwärtigen Verkehr nicht beachtet,

einem auffahrenden Verkehrsteilnehmer,

  • dem nicht nachgewiesen werden kann, dass er durch rechtzeitiges Abbremsen und/oder Ausweichen den Unfall hätte vermeiden können und
  • der mit einem plötzlichen Spurwechsel des anderen nicht rechnen musste, sondern darauf vertrauen durfte, dass der andere den rechten Fahrstreifen nicht grundlos verlässt,

auch bei maßvoller Überschreitung der Richtgeschwindigkeit von 130 km/h vor dem Zusammenstoß 100 %-iger Schadensersatz zu, weil in einem solchen Fall

  • der Umstand, dass der Auffahrende durch das Überschreiten der Richtgeschwindigkeit den Unfall mitverursacht hat,
  • aufgrund des groben Verschuldens des Fahrstreifenwechslers (ohne rechtzeitige deutliche Ankündigung und ohne Ausschluss der Gefährdung Anderer), auch unter dem Gesichtspunkt der Betriebsgefahr, keine Mithaftung rechtfertigt.

Darauf hat der 7. Senat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Beschluss vom 21.12.2017 – 7 U 39/17 – hingewiesen.

Begründet hat der Senat dies damit, dass die mit der Überschreitung der Richtgeschwindigkeit für einen vorausfahrenden Verkehrsteilnehmer häufig verbundene Gefahr,

  • dass die Annäherungsgeschwindigkeit des rückwärtigen Verkehrs unterschätzt wird,

sich nicht verwirklicht, wenn

  • der den Fahrstreifen wechselnde Verkehrsteilehmer den rückwärtigen Verkehr gar nicht beachtet hat oder
  • die empfohlene Richtgeschwindigkeit von dem Auffahrenden nur maßvoll überschritten wurde (Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm vom 08.03.2018).

Schon erhöhtes Brustkrebsrisiko bei einer Frau kann als Krankheit im beihilferechtlichen Sinn zu werten sein

…. und Anspruch auf Beihilfe beispielsweise für eine vorsorgliche Brustdrüsenentfernung sowie die nachfolgende Implantatrekonstruktion begründen.

Das hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) mit Urteil vom 28.09.2017 – 5 C 10.16 – entschieden.

Danach kann

  • schon das wegen familiärer Vorbelastung und einer Genmutation bestehende erhöhte individuelle Risiko einer Frau,
  • innerhalb eines überschaubaren Zeitraums an Brustkrebs zu erkranken,

als Krankheit im beihilferechtlichen Sinn zu werten sein und

  • demzufolge ein Anspruch auf Gewährung von beamtenrechtlicher Beihilfe für eine vorsorgliche operative Maßnahmen bestehen.

Zwar sei, so das BVerwG, Voraussetzung für eine Krankheit nach dem beihilferechtliche Krankheitsbegriff, der sich im Grundsatz mit dem entsprechenden Begriff im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung deckt,

  • grundsätzlich eine körperliche oder geistige Funktionsbeeinträchtigung,
  • die bei einer noch nicht an Brustkrebs erkrankten Frau fehle.

Allerdings liege, so das BVerwG weiter,

  • wenn die auf Tatsachen gestützte konkrete Gefahr einer schwerwiegenden Gesundheitsschädigung bestehe und
  • die schädigenden Folgen, die im Falle des Ausbruchs der Krankheit einträten, so schwer sind, dass die Behandlungsbedürftigkeit bereits vor Realisierung der Gefahr zu bejahen sei,

auch ohne Funktionsbeeinträchtigung eine Krankheit im beihilferechtlichen Sinn deshalb vor,

Können gegen Fußballfans bundesweite Stadionverbote verhängt werden und

…. wann ist ein solcher Ausspruch gerechtfertigt?

Mit Urteil vom 07. 09. 2017 – 1 U 175/16 – hat der 1. Senat des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt am Main entschieden, dass ein bundesweites (befristetes) Stadionverbot gerechtfertigt ist, wenn

  • das bisherige Verhalten von Fußballfans besorgen lässt,
  • dass sie bei künftigen Spielen sicherheitsrelevante Störungen verursachen werden.

Begründet hat der Senat dies damit, dass

  • der Ausspruch eines bundesweiten Stadionverbots vom Hausrecht des Veranstalters gedeckt ist, wenn ein sachlicher Grund hierfür vorliegt und

ein solcher sachlicher Grund dann gegeben ist, wenn

  • aufgrund von objektiven Tatsachen, nicht aufgrund bloßer subjektiver Befürchtungen,

die Gefahr besteht,

  • dass künftige Störungen durch die betreffenden Personen zu besorgen sind,
  • wobei das Bestehen einer solchen Gefahr, wegen der präventiven Wirkung die Stadionverbote bezwecken, bei vorangegangenen rechtswidrigen Beeinträchtigungen regelmäßig vermutet wird (Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt am Main vom 21.09.2017).

Wer sich freiwillig auf einen gemeinsamen Tanz mit einem Partner einlässt, kann im Falle eines Tanzunfalls

…. keinen Schadensersatz vom Tanzpartner verlangen und zwar auch dann nicht, wenn von diesem die Initiative zu dem Paartanz ausgegangen ist.

Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main mit Beschluss vom 02.08.2017 – 13 U 222/16 – in einem Fall hingewiesen, in dem die Klägerin von dem Beklagten deswegen Schadensersatz wollte, weil

  • der Beklagte auf einer Geburtstagsfeier, nachdem er sie zum Tanz aufgefordert und von ihr geäußert worden war, nicht tanzen zu können und „das Ganze zu schnell für sie sei,“ mit ihr zu tanzen begonnen,
  • er sie während des Tanzes dann bei einer schwungvollen Drehbewegung, wohl um selbst eine Drehung auszuführen, losgelassen und
  • sie daraufhin das Gleichgewicht verloren hatte, gestürzt war und sich dabei erheblich verletzt hatte.

Dass der Beklagte für die Folgen eines solchen Tanzunfalles nicht haftet, hat das OLG damit begründet, dass

  • die Gefahr eines Sturzes beim Tanz grundsätzlich bestehe, was auch für die Klägerin erkennbar gewesen sei,
  • die Klägerin, die mit den üblicherweise beim Paartanz zur Anwendung kommenden Tanzschritten und Drehungen des Tanzpartners habe rechnen müssen, sich dem Tanzwunsch des Beklagten, obwohl ihr dies möglich sowie zumutbar gewesen wäre, nicht klar und eindeutig widersetzt bzw. entzogen, sondern sich letztlich freiwillig auf den Tanz eingelassen habe und
  • wegen dieser im Vordergrund stehenden eigenen Willensbestimmung der Klägerin sowie der damit verbundenen Selbstgefährdung, für die sie selbst verantwortlich sei,

dem Beklagten die Unfallfolgen haftungsrechtlich nicht zuzurechnen seien (Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt am Main vom 07.09.2017).

Wichtig für Kraftfahrzeugführer zu wissen, wann und wo eine durch Zeichen Nr. 274 angeordnete Geschwindigkeitsbegrenzung endet, wenn

…. das Verkehrszeichen Nr. 274 zusammen mit dem Gefahrenzeichen Nr. 103 (Kurve) angebracht ist.

Ist eine Geschwindigkeitsbeschränkung mit Verbotszeichen Nr. 274 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) angeordnet, zusammen mit dem Gefahrzeichen Nr. 103 der Anlage 1 zu § 40 Abs. 6 und 7 StVO, das auf eine Kurve hinweist,

  • liegt eine streckenbezogene Geschwindigkeitsbeschränkung vor,

deren Ende gemäß Nr. 55 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO dann nicht gekennzeichnet wird,

  • wenn sich aus der Örtlichkeit zweifelsfrei ergibt, von wo an die angezeigte Gefahr nicht mehr besteht.

Eine derartige streckenbezogene Geschwindigkeitsbeschränkung endet somit automatisch,

  • ohne dass es einer Aufhebung durch eine entsprechende Kennzeichnung bedarf,

mit dem Ende der Kurve,

  • da danach die angezeigte Gefahr – durch die Kurve – nicht mehr besteht.

Darauf hat der 2. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf mit Beschluss vom 17.10.2016 – IV-2 RBs 140/16 – hingewiesen.

Wer eine Hausratversicherung hat sollte wissen, dass er den Versicherungsschutz verlieren kann, wenn er

…. nicht genügend auf seine Wohnungsschlüssel aufpasst und mit deren Hilfe bei ihm ein Einbruchsdiebstahl begangen wird.

Darauf hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Beschluss vom 15.02.2017 – 20 U 174/16 – hingewiesen und in einem Fall, in dem die Versicherungsbedingungen einer Hausratversicherung vorsahen, dass

  • ein Einbruchsdiebstahl u.a. dann vorliegt, wenn der Dieb in einen Raum eines Gebäudes mittels richtigen Schlüssels eindringt, den er innerhalb oder außerhalb des Versicherungsortes durch Diebstahl an sich gebracht hat, vorausgesetzt dass weder der Versicherungsnehmer noch der Gewahrsamsinhaber den Diebstahl des Schlüssels durch fahrlässiges Verhalten ermöglicht hat

und der Versicherungsnehmerin ihre Handtasche mit den Hausschlüsseln,

  • als sie diese für wenige Minuten unbeaufsichtigt im Einkaufskorb ihres Fahrrades gelassen hatte,

von einem Unbekannten gestohlen worden, dieser mit Hilfe des entwendeten Orginalschlüssels in ihre Wohnung gelangt war und daraus u.a. Schmuck, Mobiltelefone und Laptops mitgenommen hatte, entschieden, dass

  • dies nach den Versicherungsbedingungen kein versichertes Ereignis dargestellt und
  • die Versicherungsnehmerin deshalb auch keinen Anspruch auf Entschädigung aus ihrer Hausratversicherung hat.

Denn, so der Senat, dadurch, dass die Versicherungsnehmerin die Tasche mit dem Hausschlüssel unbeaufsichtigt in ihrem Fahrradkorb gelassen habe, habe sie sich,

  • da die Tasche dem uneingeschränkten Zugriff Dritter ausgesetzt gewesen sei und
  • somit jederzeit die Möglichkeit der Entwendung der Tasche bestanden habe,

sorgfaltswidrig verhalten.

Darauf, dass die Tasche nicht entwendet werden würde, so der Senat weiter, habe die Versicherungsnehmerin nicht darauf vertrauen können. Vielmehr sei die Gefahr des Diebstahls für sie nicht nur erkennbar, sondern auch objektiv vermeidbar gewesen, weil sie die Tasche ohne weitere s hätte am Körper bei sich führen können.

Wenn Ast auf Auto fällt – Wann haftet der Grundstückseigentümer für den Schaden

… wegen Verletzung der Überwachungs- und Sicherungspflicht?

Grundstückseigentümer, auf deren Grundstücken sich Bäume befinden, müssen

  • insbesondere dann, wenn die Bäume im Bereich von Verkehrsflächen stehen und
  • damit potenziell andere Personen gefährden können,

grundsätzlich dafür Sorge tragen, dass von den Bäumen keine Gefahr ausgeht und die Bäume deshalb regelmäßig auf Schäden und Erkrankungen und auf ihre Standfestigkeit untersuchen.

Von Gemeinden und Städten kann diesbezüglich erwartet werden, dass sie

  • Straßenbäume regelmäßig von qualifiziertem Personal darauf kontrollieren lassen,

ob trockenes Laub, dürre Äste, Beschädigungen oder andere Anhaltspunkte dafür vorliegen, die eine nähere Untersuchung der Bäume nahelegen.

Privatleute müssen zwar nicht laufend, aber in angemessenen zeitlichen Abständen

  • eine gründliche äußere Sichtprüfung auf für Laien erkennbare Probleme,
  • wie etwa abgestorbene Teile, Rindenverletzungen oder sichtbarer Pilzbefall durchführen und

wenn solche Probleme erkennbar sind,

  • einen Baumfachmann zuziehen.

Das bedeutet,

  • sind bzw. waren mögliche Instabilitäten eines auf einem Privatgrundstück stehenden Baumes nur für einen Baumfachmann mit forstwirtschaftlichem Wissen erkennbar,
  • nicht aber für einen Laien,

kann,

  • wenn in einem solchen Fall ein Ast herunterfällt und ein unter dem Baum geparktes Auto beschädigt,

dem Grundstückseigentümer keine schuldhafte Verletzung der Verkehrssicherungspflicht vorgeworfen werden,

  • so dass der Grundstückseigentümer auch für den Schaden nicht haftet.

Darauf hat der 12. Senat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg mit Beschluss vom 11.05.2017 – 12 U 7/17 – hingewiesen (Quelle: Pressemitteilung des OLG vom 26.06.2017 – Nr. 36/2017 –).

Wann und ggf. wie kann ein Nottestament errichtet werden

…. und welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit ein errichtetes Nottestament wirksam ist?

In ordentlicher Form errichtet werden kann ein Testament

  • entweder zur Niederschrift eines Notars, indem
    • der Erblasser dem Notar seinen letzten Willen erklärt oder
    • ihm offen oder verschlossen eine Schrift, die von ihm nicht unterschrieben sein muss, mit der Erklärung übergibt, dass die Schrift seinen letzten Willen enthält (vgl. § 2232 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
  • oder durch eine Erklärung, die vom Erblasser
    • eigenhändig geschrieben und
    • unterschrieben sein muss (vgl. § 2247 BGB).

Ausnahmsweise ist unter den in §§ 2249 Abs. 1, 2250 Abs. 1 sowie Abs. 2 BGB genannten Voraussetzungen auch zulässig die Errichtung eines Nottestaments

  • § 2249 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Niederschrift des Bürgermeisters der Gemeinde, in der sich der Testierende aufhält, wenn
    • zu besorgen ist, dass der Testierende früher sterben wird, als die Errichtung eines Testaments vor einem Notar möglich ist;
  • gemäß § 2250 Abs. 1 BGB in der durch § 2249 BGB bestimmten Form oder durch mündliche Erklärung vor drei Zeugen, wenn
    • der Testierende sich an einem Orte aufhält, der infolge außerordentlicher Umstände dergestalt abgesperrt ist, dass die Errichtung eines Testaments vor einem Notar nicht möglich oder erheblich erschwert ist;
  • gemäß § 2250 Abs. 2 BGB durch mündliche Erklärung vor drei Zeugen, wenn
    • der Testierende sich in so naher Todesgefahr befindet, dass voraussichtlich weder die Errichtung eines Testaments vor einem Notar noch vor einem Bürgermeister nach § 2249 BGB möglich ist.

Wirksamkeitsvoraussetzung für ein errichtetes Nottestament gemäß § 2250 Abs. 2 BGB

  • durch mündliche Erklärung
  • vor drei Zeugen

ist damit,

  • dass der Testierende sich in so naher Todesgefahr befindet,
  • dass voraussichtlich weder
    • die Errichtung eines Testaments vor einem Notar
    • noch vor einem Bürgermeister nach § 2249 BGB möglich ist.

Der Todesgefahr gleich steht eine jederzeit drohende Testierunfähigkeit, wenn sie voraussichtlich durchgängig bis zum Tode fortdauert.

Die derart nahe Gefahr des Todes bzw. der Testierunfähigkeit muss dabei

  • entweder objektiv vorliegen,
    • wobei eine Todesgefahr objektiv noch nicht vorliegt, wenn der Erblasser wegen einer fortgeschrittenen nicht (mehr) heilbaren Erkrankung nur noch kurze Zeit zu leben hat,
    • sondern erst, wenn von einem klinischen Zustand einer unmittelbar bevorstehenden Endphase des Lebens ausgegangen werden kann, wie beispielsweise beginnenden kleinen Organausfällen, also aufgrund konkreter Umstände der Tod des Erblassers vor dem Eintreffen des Notars zu befürchten ist

oder

  • subjektiv nach Überzeugung aller drei Testamentszeugen bestehen.

Ein nach § 2250 Abs. 2 BGB vor drei Zeugen mündlich errichtetes Nottestament wäre demzufolge dann unwirksam, wenn

  • es keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür gibt, dass sich der Erblasser bei der Testamentserrichtung tatsächlich in Todesgefahr oder in einer Gefahr eintretender Testierunfähigkeit befunden hat

und

  • jedenfalls bei einem der drei Testamentszeugen nicht die subjektive Annahme bestanden hat, dass sich der Erblasser in akuter Todesgefahr befindet.

Darauf hat der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Beschluss vom 10.02.2017 – 15 W 587/15 – hingewiesen.

Übrigens:
Zu den zwingenden Erfordernissen für den Errichtungsakt gehört auch

  • die Aufnahme einer Niederschrift (§ 2250 Abs. 3 Satz 1 BGB),
  • die von den Zeugen unterschrieben werden muss (§ 2250 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 13 Abs. 3 Satz 1 Beurkundungsgesetz (BeurkG) und § 2249 Abs. 1 S. 5 BGB).

Das Mitwirken von drei und nicht nur von zwei Zeugen ist unerlässlich für die Formwirksamkeit eines Testamentes gemäß § 2250 Abs. 2 BGB.

Sie müssen

  • gemeinsam bei der Erklärung zugegen sein und
  • diese anhören.

Darüber hinaus obliegt Ihnen die Verantwortung dafür, dass der erklärte letzte Wille zutreffend im Sinne des Erblassers schriftlich niedergelegt wird (vgl. hierzu Kammergericht (KG) Berlin, Beschluss vom 29.12.2015 – 6 W 93/15 –).

Wichtig für die Parteien eines Werkvertrags zu wissen: Wann können welche (Mängel) Rechte vom Besteller (schon vor Abnahme) geltend gemacht werden?

Haben Parteien einen Werkvertrag geschlossen,

  • beispielsweise einen Bauvertrag über Terrassen- und Maurerarbeiten,

ist der Unternehmer zur Herstellung des versprochenes Werkes verpflichtet (§ 631 Abs. 1 HS 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) und hat er dem Besteller das Werk frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen (§ 633 Abs. 1 BGB).

Ist das (hergestellte) Werk mangelhaft, kann der Besteller nach § 634 BGB, wenn die Voraussetzungen der folgenden Vorschriften vorliegen und soweit nicht ein anderes bestimmt ist,

  • gemäß § 634 Nr. 1 BGB nach § 635 BGB Nacherfüllung verlangen,
  • gemäß § 634 Nr. 2 BGB nach § 637 BGB den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen,
  • gemäß § 634 Nr. 3 BGB nach den §§ 636, 323 und 326 Abs. 5 BGB von dem Vertrag zurücktreten oder nach § 638 BGB die Vergütung mindern und
  • gemäß § 634 Nr. 4 BGB nach den §§ 636, 280, 281, 283 und 311a BGB Schadensersatz oder nach § 284 BGB Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen.

Geltend machen mit Erfolg kann der Besteller diese Mängelrechte nach § 634 BGB aber grundsätzlich erst nach Abnahme des Werks (unter Vorbehalt seiner Rechte wegen der Mängel, die er kennt; vgl. § 640 Abs. 2 BGB).

  • Vor der Abnahme steht den Besteller der Herstellungsanspruch nach § 631 Abs. 1 BGB zu, der ebenso wie der Anspruch auf Nacherfüllung aus § 634 Nr. 1 BGB die mangelfreie Herstellung des Werks zum Ziel hat.

Der Besteller kann diesen Hersellungsanspruch nach § 631 Abs. 1 BGB einklagen und, falls notwendig, im Regelfall nach § 887 Zivilprozessordnung (ZPO) vollstrecken.

Solange der Besteller den Herstellungsanspruch nach § 631 Abs. 1 BGB geltend macht (und geltend machen kann),

  • verbleibt (auch) die Gefahr des zufälligen Untergangs des Werks beim Unternehmer,
  • wird der Werklohn nicht fällig und
  • geht die Beweislast für das Vorliegen von Mängeln nicht auf den Besteller über.

Auch kann der Besteller vor der Abnahme bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen

  • Schadensersatz neben der Leistung nach § 280 Abs. 1 BGB wegen Pflichtverletzung aus dem Schuldverhältnis,
  • Schadensersatz statt der Leistung nach §§ 281, 280 BGB (bei vergeblicher Fristsetzung zur Erfüllung),
  • Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung nach § 280 Abs. 2, § 286 BGB verlangen,
  • den Rücktritt vom Vertrag nach § 323 BGB oder
  • die Kündigung aus wichtigem Grund entsprechend § 314 BGB erklären.

Berechtigt zur Geltendmachung von Mängelrechten nach § 634 Nr. 2 bis 4 BGB

  • ohne vorherige Abnahme des Werkes

ist ein Besteller demnach nur bzw. erst dann, wenn

  • er nicht mehr die (Nach-) Erfüllung des Vertrags verlangen kann und
  • das Vertragsverhältnis in ein Abrechnungsverhältnis übergegangen ist,

was dann der Fall ist,

  • wenn der Unternehmer das (mangelhafte) Werk als fertiggestellt zur Abnahme anbietet,
  • jedoch,
    • entweder der Besteller für die Beseitigung des Mangels im Wege der Selbstvornahme von dem Unternehmer (nach § 634 Nr. 2 BGB) einen Vorschuss verlangt und ausdrücklich oder konkludent zum Ausdruck bringt, unter keinen Umständen mehr mit dem Unternehmer zusammenarbeiten zu wollen (also eine (Nach) Erfüllung durch den Unternehmer endgültig ablehnt)
    • oder der Besteller nur noch Schadensersatz statt der Leistung (nach §§ 634 Nr. 4, 281 Abs. 1, 280 Abs. 1 BGB) in Form des kleinen Schadensersatzes geltend macht und/oder (nach §§ 634 Nr. 3, 638 BGB) die Minderung erklärt.

Darauf und dass

  • ein faktischer Zwang des Bestellers zur Erklärung der Abnahme für ein objektiv nicht abnahmefähiges Werk entgegen verbreiteter Meinung nicht besteht,

hat der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteilen vom 19.01.2017 – VII ZR 301/13; VII ZR 193/15 und VII ZR 235/15 – hingewiesen.

Wichtig zu wissen wenn ein Werkvertrag geschlossen wurde: Welche Ansprüche können vom Besteller wann geltend gemacht werden?

Hat ein Besteller mit einem Unternehmer einen Werkvertrag geschlossen,

  • beispielsweise über die Erneuerung einer Fassade,

und führt der Unternehmer die Arbeiten aus,

kann der Besteller Mängelrechte nach § 634 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), also,

  • Nacherfüllung nach § 635 BGB verlangen,
  • den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen nach § 637 BGB verlangen,
  • von dem Vertrag zurücktreten nach den §§ 636, 323 und 326 Abs. 5 BGB oder nach § 638 BGB die Vergütung mindern bzw.
  • Schadensersatz nach den §§ 636, 280, 281, 283 und 311a BGB oder Ersatz vergeblicher Aufwendungen nach § 284 BGB verlangen,

grundsätzlich

  • erst nach Abnahme des Werks (ggf. unter Vorbehalt seiner Rechte wegen des Mangels gemäß § 640 Abs. 2 BGB, wenn er den Mangel kennt)

mit Erfolg geltend machen.

Denn die Abnahme stellt die Zäsur zwischen

  • Erfüllungsstadium und
  • der Phase dar, in der anstelle des Herstellungsanspruchs Mängelrechte nach § 634 BGB geltend gemacht werden können.

Vor der Abnahme

  • verbleibt die Gefahr des zufälligen Untergangs des Werks beim Unternehmer (§ 644 Abs. 1 Satz 1 BGB),
  • wird der Werklohn nicht fällig (§ 641 Abs. 1 BGB) und
  • geht die Beweislast für das Vorliegen von Mängeln nicht auf den Besteller über.

Der Besteller kann vor der Abnahme,

  • den Herstellungsanspruch nach § 631 Abs. 1 BGB geltend machen, der (im übrigen ebenso wie der eine Abnahme voraussetzende Anspruch auf Nacherfüllung aus § 634 Nr. 1 BGB) die mangelfreie Herstellung des Werks zum Ziel hat, der eingeklagt und, falls notwendig, im Regelfall nach § 887 Zivilprozessordnung (ZPO) vollstreckt werden kann

und er kann ggf., sofern die Voraussetzungen hierfür vorliegen,

  • Schadensersatz verlangen
    • neben der Leistung nach § 280 Abs. 1 BGB wegen Pflichtverletzung aus dem Schuldverhältnis,
    • wegen Verzögerung der Leistung nach §§ 280 Abs. 2, 286 BGB,
    • statt der Leistung wegen nicht oder nicht wie geschuldet erbrachter Leistung nach §§ 281, 280 BGB, wobei eine den Schadensersatzanspruch begründende Pflichtverletzung auch vorliegt, wenn der Unternehmer die Frist aus § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB verstreichen lässt,
  • nach § 323 BGB vom Vertrag zurücktreten und
  • aus wichtigem Grund entsprechend § 314 BGB den Vertrag kündigen.

Berechtigt Mängelrechte nach § 634 Nr. 2 bis 4 BGB ohne Abnahme geltend zu machen, ist der Besteller nur, wenn

  • er nicht mehr die (Nach-) Erfüllung des Vertrags verlangen kann und
  • das Vertragsverhältnis in ein Abrechnungsverhältnis übergegangen ist.

Allein das Verlangen eines Vorschusses für die Beseitigung eines Mangels im Wege der Selbstvornahme genügt dafür nicht.
In diesem Fall entsteht ein Abrechnungsverhältnis dagegen, wenn der Besteller ausdrücklich oder konkludent zum Ausdruck bringt, unter keinen Umständen mehr mit dem Unternehmer, der ihm das Werk als fertiggestellt zur Abnahme angeboten hat, zusammenarbeiten zu wollen.

Darauf hat der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 19.01.2017 – VII ZR 301/13 – hingewiesen.