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BSG entscheidet wann ein Geschäftsführer einer GmbH, der zugleich Gesellschafter ist, sozialversicherungspflichtig ist

Mit Urteilen vom 15.03.2018 – B 12 KR 13/17 R, B 12 R 5/16 R – hat das Bundessozialgericht (BSG) darauf hingewiesen, dass ein Geschäftsführer einer GmbH, wenn er

  • nicht zugleich mindestens 50% der Anteile am Stammkapital hält oder
  • im Falle einer geringeren Kapitalbeteiligung, nicht kraft ausdrücklicher Regelungen im Gesellschaftsvertrag (Satzung) über eine umfassende („echte“/qualifizierte) Sperrminorität verfügt, die es ihm ermöglicht, ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung zu verhindern,

als Beschäftigter (§ 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV)) der GmbH anzusehen ist und damit der Sozialversicherungspflicht unterliegt.

Denn, so das BSG,

  • nicht abhängig beschäftigt,

sei ein Geschäftsführer, der zugleich Gesellschafter der GmbH ist, nur dann, wenn er auch

Wichtig zu wissen für als Strohmann fungierende GmbH-Geschäftsführer

Ein Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) haftet wegen des Vorenthaltens von Arbeitnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung gemäß § 823 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), §§ 266 a, 14 Abs. 1 Nr. 1 Strafgesetzbuch (StGB) auch dann, wenn er

  • nur als Strohmann fungiert,
  • die Wahrnehmung seiner Kompetenzen Dritten überlässt und
  • die Kontrolle über die Gesellschaft allein bei wirtschaftlich interessierten Hintermännern liegt.

Darauf hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Celle mit Urteil vom 10.05.2017 – 9 U 3/17 – hingewiesen.

Die Haftung eines GmbH-Geschäftsführers entfällt danach nicht dadurch, dass er

  • seine ihm kraft Gesetzes zustehenden Kompetenzen nicht nutzt,
  • sondern diese anderen überlässt.

Allein die Stellung als formeller Geschäftsführer, mit der von Gesetzes wegen stets alle rechtlichen und damit auch tatsächlichen Handlungsmöglichkeiten einhergehen, begründet nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB nämlich dessen Verantwortlichkeit als Organ der Gesellschaft nach außen und dies gilt, so der Senat, auch dann, wenn

  • ihm – als „Strohmann“ – rechtsgeschäftlich im Innenverhältnis keine bedeutsamen Kompetenzen übertragen wurden und
  • für die Gesellschaft eine andere Person mit so weitreichenden Handlungskompetenzen auftritt, dass sie ihrerseits als faktischer Geschäftsführer anzusehen ist.

Auch handelt, so der Senat weiter, ein GmbH-Geschäftsführer, der sich, wie es für ein Strohmannverhältnis typisch ist, nicht in eigener Person um seine Pflichten als Geschäftsführer kümmert, sondern sich auf andere verlässt, zumindest bedingt vorsätzlich.

Was GmbH-Geschäftsführer über die Befugnis zur Einberufung der Gesellschafterversammlung wissen sollten

Die Beschlüsse der Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) werden gemäß § 48 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) in Versammlungen gefasst.

Einberufen werden die Versammlungen, abgesehen von den Fällen des § 50 GmbHG, gemäß § 49 Abs. 1 GmbHG durch den Geschäftsführer.

Ist ein Geschäftsführer,

  • zum Zeitpunkt der Einberufung der Versammlung mit Gesellschafterbeschluss wirksam als Geschäftsführer abberufen und
  • deshalb nicht mehr Geschäftsführer,

fehlt ihm die Einberufungsbefugnis auch dann,

  • wenn er im Handelsregister als Geschäftsführer noch eingetragen war.

§ 121 Abs. 2 Satz 2 Aktiengesetz (AktG),

  • nach dem Personen, die in das Handelsregister als Vorstand eingetragen sind, als befugt zur Hauptversammlung gelten,

ist auf die Einberufungsbefugnis des Geschäftsführers einer GmbH nicht entsprechend anwendbar.

Ist eine Gesellschafterversammlung von einem bereits mit Gesellschafterbeschluss wirksam als Geschäftsführer Abberufenen einberufen worden, führt dies

  • zur Unwirksamkeit der Einladung und
  • Nichtigkeit der auf der Gesellschafterversammlung gefassten Beschlüsse analog § 241 Nr. 1 AktG (vgl. BGH, Urteil vom 07.02.1983 – II ZR 14/82 –),

sofern der Einberufungsmangel nicht nach den Regeln einer Vollversammlung gemäß § 51 Abs. 3 GmbHG geheilt worden ist.

Darauf hat der II. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 08.11.2016 – II ZR 304/15 – hingewiesen.

Was Gesellschafter einer GmbH, die Höchstbetragsbürgschaften für Verbindlichkeiten der GmbH übernehmen, wissen sollten

Übernehmen Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) für eine Verbindlichkeit der Gesellschaft

  • auf der Grundlage einer gemeinsamen Absprache (mit dem Gläubiger) gemeinsam

Bürgschaften bis zu unterschiedlichen Höchstbeträgen,

  • bringen sie damit stillschweigend zum Ausdruck, dass sie auch intern in dem Verhältnis haften wollen, in dem sie eine Haftung nach außen übernahmen,

so dass sich im Falle der Inanspruchnahme eines Mitbürgen durch den Gläubiger die Höhe des Innenausgleichs zwischen den Mitbürgen gemäß § 774 Abs. 2, § 426 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

  • nicht nach dem Verhältnis der Gesellschaftsanteile der Mitbürgen richtet
  • sondern nach dem Verhältnis der mit den Bürgschaften jeweils übernommenen Höchstbeträge.

Da das Ausgleichsverhältnis unter Mitbürgen gemäß § 774 Abs. 2, § 426 BGB bereits mit Begründung des Gesamtschuldverhältnisses entsteht,

  • h. bei Übernahme der Bürgschaften und nicht erst mit der Leistung eines Mitbürgen an den Gläubiger,
  • berührt eine vom Gläubiger vorgenommene Entlassung eines Bürgen aus dem gesamtschuldnerischen Haftungsverband die Ausgleichsverpflichtung grundsätzlich nicht.

Dessen Bürgschaft ist bei der Beurteilung der Höhe des Ausgleichsanspruchs vielmehr nur dann außer Ansatz zu lassen, wenn

  • etwa die übrigen Bürgen mit einer solchen Privilegierung ausdrücklich oder stillschweigend einverstanden gewesen sind oder
  • der entsprechende Gesellschafter von einem ihm bereits zum Zeitpunkt seiner Verbürgung von dem Gläubiger eingeräumten Kündigungsrecht Gebrauch gemacht hat oder
  • in Folge Zeitablaufs (§ 777 BGB) von seiner Bürgenverpflichtung frei geworden ist.

Darauf hat der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 27.09.2016 – XI ZR 81/15 – hingewiesen.

Was sog. Strohmann-Geschäftsführer einer GmbH über ihre strafrechtliche Verantwortung wissen sollten

Auch wenn eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)

  • nicht von ihrem formellen Geschäftsführer,

sondern von einer Person geführt wird, die aufgrund der ihr erteilten weitreichenden Handlungskompetenzen als faktischer Geschäftsführer anzusehen ist (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 28.05.2002 – 5 StR 16/02 –),

  • bleibt der mit Gesellschafterbeschluss bestellte und eingetragene Geschäftsführer gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 Strafgesetzbuch (StGB) strafrechtlich verantwortliches Organ der GmbH.

Schon allein die Stellung als formeller Geschäftsführer begründet nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB

  • dessen Verantwortlichkeit als Organ der Gesellschaft nach außen,
  • was insbesondere auch die Einstandspflicht für die Erfüllung öffentlich-rechtlicher Pflichten einschließt
    • wie beispielsweise das Abführen von Sozialversicherungsbeiträgen.

Diese Verantwortlichkeit des formellen Geschäftsführers entfällt auch dann nicht, wenn ihm – als sog. „Strohmann“ – rechtsgeschäftlich im Innenverhältnis keine bedeutsamen Kompetenzen übertragen wurden, um auf die rechtliche und wirtschaftliche Entwicklung der Gesellschaft Einfluss zu nehmen.

Insbesondere trifft es nicht zu, dass der formelle Geschäftsführer in diesem Fall nur mit dem sich aus der Bestellung ergebenden Rechtsschein ausgestattet wäre.

  • Ein Geschäftsführer, der formal wirksam bestellt ist, hat von Gesetzes wegen nämlich stets alle rechtlichen und damit auch tatsächlichen Handlungsmöglichkeiten.

Dementsprechend knüpft § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB die Verantwortlichkeit

  • an die Organstellung und
  • nicht – auch – an das regelmäßig zugleich bestehende dienstvertragliche Anstellungsverhältnis.

Auch kann sich ein „Strohmann“- Geschäftsführer nicht darauf berufen, dass ihm die gebotene Abführung der Sozialversicherungsbeiträge mangels Kompetenzen tatsächlich unmöglich gewesen sei.
Denn stehen die tatsächlichen Verhältnisse hinter seinen rechtlichen Befugnissen zurück, so kann und muss der Geschäftsführer gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen, um seinen Einfluss geltend zu machen, anderenfalls er gehalten ist, sein Amt niederzulegen.

Darauf hat der 3. Strafsenat des BGH mit Beschluss vom 13.10.2016 – 3 StR 352/16 – hingewiesen.

Von wem wird eine GmbH im Prozess mit einem ihrer (ausgeschiedenen) Geschäftsführer vertreten?

Eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) muss einen oder mehrere Geschäftsführer haben (§ 6 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG)), der bzw. die die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich vertritt (§ 35 Abs. 1 Satz 1 GmbHG).

  • Hat die Gesellschaft ihrerseits Prozesse gegen ihre Geschäftsführer zu führen, unterliegt die Vertretung der Gesellschaft nach § 46 Nr. 8 Alt. 2 GmbHG der Bestimmung der Gesellschafterversammlung.

§ 46 Nr. 8 Alt. 2 GmbHG gilt

  • sowohl für Aktiv- als auch für Passivprozesse der Gesellschaft (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteile vom 06.03.2012 – II ZR 76/11 – und vom 16.12.1991 – II ZR 31/91 –) sowie
  • für Prozesse mit ausgeschiedenen Geschäftsführern,
    • also auch wenn ein Geschäftsführer gegen die Kündigung seines der Geschäftsführerstellung bei der GmbH zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses klagt.

Die Vorschrift soll die unvoreingenommene Prozessführung für die Gesellschaft in Rechtsstreitigkeiten sicherstellen, in denen regelmäßig die Gefahr besteht, dass die nach § 35 GmbHG an sich zur Vertretung der Gesellschaft berufenen Geschäftsführer befangen sind.

Solange die Gesellschafterversammlung von ihrer Befugnis nach § 46 Nr. 8 Alt. 2 GmbHG,

  • einen besonderen Vertreter zu bestellen,

keinen Gebrauch macht, also untätig bleibt, wird die GmbH

  • vorbehaltlich einer die Vertretungsbefugnis anders regelnden Satzungsbestimmung

im Prozess mit ihren gegenwärtigen oder ausgeschiedenen Geschäftsführern durch einen oder mehrere bereits zuvor oder neu bestellte (weitere) Geschäftsführer vertreten.

  • Eines entsprechenden (zumindest stillschweigend gefassten) Beschlusses der Gesellschafterversammlung bedarf es für die Fortdauer der Vertretungsbefugnis der (anderen) Geschäftsführer nicht (BGH, Beschluss vom 02.02.2016 – II ZB 2/15 –).

46 Nr. 8 Alt. 2 GmbHG überlässt es der Entscheidung der Gesellschafterversammlung, ob sie die Gesellschaft durch die bestellten Geschäftsführer als ausreichend vertreten ansieht oder die Bestellung eines geeigneten besonderen Vertreters für erforderlich hält.
Sieht sie davon ab, dann bleibt es bei der Vertretungsbefugnis der (anderen) Geschäftsführer.

Darauf hat der II. Zivilsenat des BGH mit Beschluss vom 22.03.2016 – II ZR 253/15 – hingewiesen.

Was GmbH-Geschäftsführer wissen sollten, die wegen Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen in Anspruch genommen werden

Der Sozialversicherungsträger, der einen Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) wegen Vorenthaltung von Sozialversicherungsbeiträgen aus § 823 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), § 266a Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) in Anspruch nimmt,

  • trägt für den zumindest bedingten Vorsatz des Geschäftsführers die Darlegungs- und Beweislast auch dann,
  • wenn die objektive Pflichtwidrigkeit des beanstandeten Verhaltens feststeht.

Den in Anspruch genommenen Geschäftsführer trifft lediglich eine sekundäre Darlegungslast (Bundesgerichtshof (BGH), Urteile vom 18.12.2012 – II ZR 220/10 – und vom 11.12.2001 – VI ZR 350/00 –).

  • Die Beweislastverteilung, dass bei objektiv feststehender Verletzung eines Schutzgesetzes im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB der das Schutzgesetz Übertretende in aller Regel Umstände darlegen und beweisen müsse, die geeignet seien, die daraus folgende Annahme seines Verschuldens auszuräumen, gilt nicht, wenn der Schadensersatzanspruch Vorsatz voraussetzt (vgl. BGH, Urteile vom 18.12.2012 – II ZR 220/10 –; vom 01.07.2008 – XI ZR 411/06 – und vom 23.03.2010 – VI ZR 57/09 –).

Allerdings handelt der wegen Nichtabführung der Sozialversicherungsbeiträge in Anspruch genommene Geschäftsführer mit bedingtem Vorsatz, wenn

  • er eine für möglich gehaltene Beitragsvorenthaltung billigt und
  • nicht auf die Erfüllung der Ansprüche der Sozialversicherungsträger hinwirkt (BGH, Urteil vom 18.12.2012 – II ZR 220/10 –).

Überlässt es der Geschäftsführer anderen für das Unternehmen tätigen Personen, für die Zahlung der Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung zu sorgen,

  • muss er (jedenfalls) im Rahmen der ihm verbliebenen Überwachungspflicht tätig werden,
  • sobald Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Erfüllung der Aufgaben durch die intern damit betrauten Personen nicht mehr gewährleistet ist.
  • Er muss dann durch geeignete Maßnahmen die Abführung der Sozialversicherungsbeiträge sicherstellen.

Anlass für konkrete Überwachungsmaßnahmen bieten insbesondere

  • eine finanzielle Krisensituation oder
  • ungeordnete Verhältnisse im Geschäftsablauf innerhalb der Gesellschaft (vgl. BGH, Urteile vom 02.06.2008 – II ZR 27/07 –; vom 18.12.2012 – II ZR 220/10 – und vom 09.01.2001 – VI ZR 407/99 –).

Eine vorsätzliche Verletzung derartiger Überwachungspflichten setzt indes voraus, dass der Geschäftsführer von seiner Bestellung Kenntnis hatte.
Weiß er nichts von seiner Bestellung, entfällt auch sein Wissen um die tatsächliche Grundlage der aus der Stellung als Geschäftsführer folgenden Pflichten.

Darauf hat der II. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 03.05.2016 – II ZR 311/14 – hingewiesen.