Tag grob fahrlässig

Hanseatisches OLG entscheidet: Unterbliebene Vergewisserung den Elektroherd ausgeschaltet zu haben, kann

…. grob fahrlässig sein und bei einem Brand eine unterhaltene Versicherung zur Kürzung der Versicherungsleistung berechtigen.  

Mit Urteil vom 12.05.2022 – 3 U 37/21 – hat der 3. Zivilsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts (OLG) in Bremen in einem Fall, in dem es, weil eine Hauseigentümerin

  • – kurz bevor sie das Haus verließ – 

den Elektroherd in der Küche ihrer Wohnung

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OLG Frankfurt entscheidet: Autofahrer, die sich während der Fahrt zu ihrem Kind auf dem Rücksitz umdrehen, handeln

…. grob fahrlässig.

Mit Urteil vom 12.02.2020 – 2 U 43/19 – hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt am Main in einem Fall, in dem ein,

  • auf einer Autobahn bei stockendem Verkehr mit 50 bis 60 km/h fahrender

PKW-Führer sich während der Fahrt vollständig

  • zu seinem auf dem rechten Rücksitz befindlichen 8-jährigen Kind

umgedreht hatte und deswegen auf ein vor ihm fahrendes Motorrad aufgefahren war, entschieden, dass der PKW-Führer den Unfall

  • grob fahrlässig

verursacht hat.

Begründet worden ist dies vom Senat damit worden,

  • dass es eine „einfachste ganz naheliegende Überlegung“ darstellt,

dass Kraftfahrer,

  • um möglicherweise in hohem Maße gefährliche Situationen zu vermeiden,

die vor ihnen befindliche Fahrspur sowie die vor ihnen befindlichen Fahrzeuge,

  • auch und gerade bei stockendem Verkehr,

ständig beobachten müssen und es jedem Kraftfahrer einleuchten muss, dass es ihm, wenn

  • er sich während der Fahrt vollständig umdreht und
  • seine Aufmerksamkeit seinem auf der Rückbank befindlichen Kind zuwendet,

unmöglich ist,

Wer auf der Autobahn 200 km/h schnell fährt, sollte beachten, dass er grob fahrlässig handelt, wenn er sich dabei

…. auch nur kurzzeitig ablenken lässt.

Mit Urteil vom 02.05.2019 – 13 U 1296/17 – hat das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg darauf hingewiesen, dass Fahrzeugführer, die auf einer Autobahn mit einem weit über der Richtgeschwindigkeit liegenden Tempo fahren, beispielsweise mit 200 km/h,

  • ihre volle Konzentration ständig auf das Verkehrsgeschehen richten müssen und

schon eine kurzzeitige Ablenkung durch Bedienung des sog. Infotainmentsystems (Navigationssystem)

  • bei einem Verunfallen durch Abkommen von der Fahrbahn,

den Vorwurf grober Fahrlässigkeit begründet, mit der Folge, dass

  • ein bestehender Kaskoversicherungsschutz für die Schäden am gefahrenen Fahrzeug ganz oder teilweise entfällt.

Dass ein Fahrzeugführer, der entgegen § 1 Nr. 1 Autobahn-Richtgeschwindigkeits-Verordnung mit höheren Geschwindigkeiten als 130 km/h fährt,

  • seine volle Konzentration umso stärker auf das Führen des Fahrzeugs aufwenden muss, je weiter er die Richtgeschwindigkeit überschreitet,

ergibt sich danach daraus, dass

  • ein Fahrzeug etwa bei einer Geschwindigkeit von 200 km/h mehr als 55 Meter pro Sekunde zurücklegt, mit entsprechend starkem Versatz selbst bei geringen Lenkbewegungen,
  • der Anhalteweg selbst bei optimaler Reaktion des Fahrers und günstigen Bedingungen (trockene Fahrbahn) rund 275 Meter (gegenüber 125 Metern bei 130 km/h) beträgt und
  • die kinetische Energie bei einer Kollision bei 200 km/h mehr als das 2,3-fache gegenüber einer Kollision bei 130 km/h beträgt,

was zusammengefasst bedeutet, dass

  • bei derartig hohen Geschwindigkeiten schon minimale Fahrfehler nicht mehr korrigierbare verheerende Folgen haben können und
  • selbst bei einer Ablenkung von nur drei Sekunden durch die Bedienung des Infotainmentsystem das Fahrzeug eine Strecke von rund 167 Meter fährt, ohne dass der Fahrzeugführer dabei die Fahrbahn im Blick hat.

Verfügt ein Fahrzeug über einen sog. Spurhalteassistenten, reduziert dies, so das OLG, bei derartig hohen Geschwindigkeiten, den Schuldvorwurf nicht.

Warum Grundstückseigentümer auch dann, wenn sie für ihr Wohngebäude eine Versicherung u.a. gegen Feuerschäden unterhalten

…. bei windigem Wetter das Abflammen von Unkraut mit Gasbrenner unterlassen sollten.

Wird nämlich bei windigem Wetter

  • auf einer gepflasterten Fläche vor einem Wohngebäude,

von dem Grundstückseigentümer oder einem von diesem dazu Beauftragten, Unkraut mit einem Gasbrenner abgeflammt, kann,

  • sollte es dabei durch Funkenflug zu einem Brand kommen und
  • das Feuer auf das Gebäude übergreifen,

der Gebäudeversicherer die Entschädigungsleistungen aus der Versicherung möglicherweise kürzen.

Darauf hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Celle mit Beschluss vom 09.11.2017 – 8 U 203/17 – hingewiesen.

Zwar liegt in einem solchen Fall ein Versicherungsfall vor.

Jedoch wird der Gebäudeversicherer eventuell erfolgreich einwenden können, dass der Versicherungsnehmer,

  • weil ihm die Gefahr von Funkenflug im Zusammenhang mit der durchgeführten Unkrautbeseitigung unter den gegebenen Umständen hätte einleuchten müssen,

den Feuerschaden grob fahrlässig herbeigeführt hat und

  • hätten beispielsweise während des Abflammens des Unkrauts Windstärken von 5 Beaufort (frischer Wind) geherrscht,

wäre gemäß § 81 Abs. 2 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) eine Kürzung der Leistungen durch den Versicherer

  • um 30% bis 40%

gerechtfertigt (Quelle: Pressemitteilung des OLG Celle vom 19.02.2019).

Was Nutzer des Online-Banking-Verfahrens wissen sollten

Wer das von seiner Bank angebotene Online Banking System in Form des mTan-Verfahrens nutzt,

  • bei dem der Kunde von der Bank zur Freigabe seines Bankauftrags eine SMS an sein Mobiltelefon erhält, mittels derer er sich am PC als Berechtigter legitimieren kann

und

  • nicht nur auf eine Phishing-E-Mail hin, die als Absender seine Bank ausweist, wegen einer angeblichen Aktualisierung, seinen Namen, seine Kontonummer sowie seine Festnetznummer angibt,
  • sondern nachfolgend auch einer Anruferin und angeblichen Bankmitarbeiterin noch die TAN für einen konkreten Überweisungsvorgang von seinem Konto auf ein anderes Konto mitteilt,

handelt grob fahrlässig und kann,

  • wenn es aufgrund einer solchen erfolgreichen Phishing-Attacke zu einer von ihm nicht autorisierten Überweisung von seinem Konto kommt,

nicht die Erstattung des Überweisungsbetrages von seiner Bank verlangen.

Das hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 05.01.2017 – 132 C 49/15 – entschieden.

Danach liegt deshalb kein bloß einfach fahrlässiger Pflichtenverstoß mehr vor, weil, so das AG, es im Allgemeinen jedem einleuchten muss, dass

  • die fernmündliche Weitergabe einer TAN in einem solchen Fall nach § 675l Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nicht zulässig ist und
  • die Gefahr mit sich bringt, eine missbräuchliche Überweisung auszulösen (Quelle: Pressemitteilung des AG München Nr. – 63/17 –).