Tag grobe Fahrlässigkeit

LG Oldenburg entscheidet, wann die Kaskoversicherung zahlen muss, wenn ein Fahrzeugeigentümer die Autoschlüssel

…. in den Briefkasten seiner Werkstatt wirft und anschließend das Fahrzeug gestohlen wird.   

Mit Urteil vom 14.10.2020 – 13 O 688/20 – hat das Landgericht (LG) Oldenburg in einem Fall, in dem ein kaskoversicherter PKW an einem Sonntag vom Gelände einer KFZ-Werkstatt 

  • mit Hilfe der Fahrzeugschlüssel 

gestohlen worden war, die von dem Fahrzeugeigentümer, 

  • nachdem er das Fahrzeug zu der Werkstatt gebracht und auf dem Werkstattgelände abgestellt hatte,  

in den Briefkasten der Werkstatt geworfen 

  • und aus diesem von dem Fahrzeugdieb wieder herausgezogen 

worden waren, entschieden, dass die Kaskoversicherung dem Fahrzeugeigentümer den ihm 

  • aufgrund des Diebstahls seines Fahrzeuges

entstandenen Schaden ersetzen muss.

Begründet hat das LG dies damit, dass das 

  • Einwerfen von Fahrzeugschlüsseln in den Briefkasten eines Autohauses 

zwar eine grob fahrlässige Obliegenheitsverletzung nach § 28 Abs. 2 Satz 2 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) sein kann, 

  • die den Kaskoversicherer zur Kürzung seiner Leistung berechtigt, 

aber dann keine grobe Fahrlässigkeit des Fahrzeugeigentümers vorliegt, wenn wie hier, der Briefkasten den Eindruck erweckt hat, 

  • stabil,
  • nicht leicht aufbrechbar sowie
  • so tief zu sein, dass die oben in den Schlitz eingeworfenen Teile von außen nicht erreichbar und herausholbar sind.

Fazit:
Als grob fahrlässig ist das Einwerfen des Fahrzeugschlüssels in einen Werkstattbriefkasten danach zu werten, wenn

  • es im konkreten Einzelfall für jeden einleuchtend und ersichtlich ist, dass ein in den Briefkasten eingeworfener Schlüssel leicht wieder herausgezogen werden kann oder 
  • sonstige äußere Umstände den Verdacht aufkommen lassen müssen, dass der Schlüssel dort nicht sicher und dem Zugriff Dritter leicht ausgesetzt ist (Quelle: Pressemitteilung des LG Oldenburg).

Wichtig zu wissen für Kunden eines Autovermieters, die an dem angemieteten Auto einen Schaden verursacht haben

Mit Urteil vom 15.01.2019 – 159 C 15364/18 – hat das Amtsgericht (AG) München in einem Fall, in dem

  • von Kunden eines Autovermieters nach Abschluss entsprechender Rahmenverträge auf öffentlichen Parkplätzen stehende Fahrzeuge bargeldlos angemietet werden konnten und

ein Kunde, mit einem,

  • unter vertraglicher Haftungsfreistellung, die nach den AVB allerdings
    • bei vorsätzlich herbeigeführtem Schaden entfallen und
    • bei grob fahrlässig herbeigeführtem Schaden den Vermieter berechtigen sollte, die Haftungsfreistellung in einem dem Verschuldensgrad entsprechenden Verhältnis zu kürzen,

gemieteten BMW 218 beim Wenden aus Unachtsamkeit,

  • da er seine Aufmerksamkeit – wenn auch nur kurzzeitig – einem verkehrsfremden Vorgang, gewidmet hatte,
  • nämlich seiner vom Armaturenbrett herabfallenden Mütze,

gegen einen auf der anderen Straßenseite geparkten Pkw gestoßen war und dabei an dem Mietwagen einen Schaden

  • in Höhe von 7.028,15 Euro

verursacht hatte, entschieden, dass

  • der Vermieter von dem Kunden (lediglich) 25 % des an dem Mietwagen entstandenen Schadens ersetzt verlangen kann.

Begründet hat das AG dies damit, dass

  • das zu dem Schaden an dem Mietwagen führende Verhalten zwar grob fahrlässig gewesen sei,

es sich allerdings bei diesem Versagen,

  • da nicht feststehe, dass der Kunde sich (auch) nach der herabgefallenen Mütze gebückt habe,

wegen der sehr kurzen Dauer, um eine

  • nur leichte grobe Fahrlässigkeit

gehandelt habe (Quelle: Pressemitteilung des AG München).

Wann haftet ein Polizeibeamter bei einer Einsatzfahrt mit einem Dienstfahrzeug für Unfallschäden?

Ein Polizeibeamter, der bei einem Einsatz mit dem Dienstfahrzeug (hier: bei einer Verfolgungssituation)

  • ohne Martinshorn und
  • nur mit aktivierter Rundumbeleuchtung („Blaulicht“)

bei in seiner Fahrtrichtung „Rot“ zeigender Ampel in eine Straßenkreuzung einfährt

  • handelt grob fahrlässig und
  • muss deshalb, wenn es im Kreuzungsbereich zur Kollision mit einem anderen Fahrzeug kommt, den dabei an dem Dienstfahrzeug entstandenen Schaden ersetzen.

Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Münster mit Urteil vom 05.09.2016 – 4 K 1534/15 – entschieden.

Danach kann ein Polizist in einem solchen Fall auch unter Berücksichtigung des gesetzlich vorgesehenen Haftungsprivilegs für Beamte nach Art. 34 Grundgesetz (GG) zur Haftung herangezogen werden, weil das Unterlassen des Einschaltens des Signalhorns vor dem Einfahren in eine Kreuzung deren Lichtzeichenlage für ihn Rot zeigt, einen schweren Sorgfaltspflichtverstoß darstellt.

Auch eine mögliche Stresssituation rechtfertigt nach Ansicht des VG keine andere Beurteilung, da ein erfahrener Polizeibeamter zur Einschätzung und Bewältigung einer Verfolgungssituation in der Lage sein müsse.
Beachte er in einer solchen Situation die Voraussetzungen für ein Einfahren in die Kreuzung bei Rotlicht nicht, lasse er, so das VG, eine gesteigerte Risikobereitschaft erkennen, die angesichts des Ausmaßes möglicher Schäden den Vorwurf grober Fahrlässigkeit rechtfertige (Quelle: Pressemitteilung des VG Münster vom 15.09.2016).