Tag Kaskoversicherung

Wichtig zu wissen, wenn das kaskoversicherte Auto bei einem Verkehrsunfall beschädigt wird und mit der

…. eintrittspflichtigen Versicherung Streit über die Höhe der versicherungsrechtlichen Leistungspflicht (hier: die Höhe des Restwerts des unfallgeschädigten Fahrzeugs) besteht.

Ist ein kaskoversichertes Kraftfahrzeug bei einem Verkehrsunfall beschädigt worden und in den 

  • Versicherungsbedingungen des Kfz-Kaskoversicherungsvertrages 

bestimmt, dass bei einer Beschädigung des Fahrzeugs 

  • für dessen Reparatur, bis zu folgenden Obergrenzen,

bezahlt werden,

  • bei einer vollständigen und fachgerechten Reparatur des Fahrzeugs, die hierfür 
    • erforderlichen Kosten bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswerts 
      • (d.h. bis zur Höhe des Preises, den der Versicherungsnehmer für den Kauf eines gleichwertigen Fahrzeugs am Tag des Schadensereignisses bezahlen müsste), 
    • wenn dies durch eine Rechnung nachgewiesen wird,
  • sowie, falls das Fahrzeug nicht, nicht vollständig oder nicht fachgerecht repariert wird oder die vollständige Reparatur nicht durch eine Rechnung nachgewiesen werden kann, 
    • die erforderlichen Kosten einer vollständigen Reparatur bis zur Höhe 
      • des um den Restwert (d.h. um den Veräußerungswert des Fahrzeugs im beschädigten bzw. zerstörtem Zustand) 
      • verminderten Wiederbeschaffungswerts,

errechnet sich, wenn

  • die Versicherung eintrittspflichtig ist und 

beispielsweise ein Versicherungsnehmer die vollständige Reparatur des Fahrzeugs nicht durch eine Rechnung nachweisen kann,

  • z.B., weil er sein Fahrzeug in Eigenregie hat instandsetzen lassen und eine Rechnung darüber nicht existiert, 

der versicherungsrechtliche Leistungsanspruch des Versicherungsnehmers, indem von dem festzustellendem

  • Wiederbeschaffungswert,
    • also dem Betrag, den der Versicherungsnehmer für den Kauf eines gleichwertigen Fahrzeugs am Tag des Schadensereignisses bezahlen müsste, 

abgezogen werden, der

  • Restwert (Veräußerungswert) des Fahrzeugs im beschädigten bzw. zerstörtem Zustand

sowie eine

  • etwaige im Versicherungsvertrag vereinbarte Selbstbeteiligung des Versicherungsnehmers.  

Als Restwert des versicherten Fahrzeugs im unfallgeschädigten Zustand

  • den der Versicherungsnehmer für die Wiederbeschaffung einsetzten kann bzw. könnte und 

den er sich vom Wiederbeschaffungswert, 

  • der Regulierungsgrundlage ist, 

abziehen lassen muss, ist dabei anzusetzen,

und

  • wenn der Versicherungsnehmer sich entschließt das unfallgeschädigte Fahrzeug nicht zu verkaufen,
    • der dann fiktiv zu ermittelnde Verkaufserlös, d.h. der erzielbare Verkaufserlös für das unfallgeschädigte Fahrzeug, 
      • am regionalen Markt für den Ankauf solcher Fahrzeuge am Sitz des Versicherungsnehmers und 

LG Oldenburg entscheidet, wann die Kaskoversicherung zahlen muss, wenn ein Fahrzeugeigentümer die Autoschlüssel

…. in den Briefkasten seiner Werkstatt wirft und anschließend das Fahrzeug gestohlen wird.   

Mit Urteil vom 14.10.2020 – 13 O 688/20 – hat das Landgericht (LG) Oldenburg in einem Fall, in dem ein kaskoversicherter PKW an einem Sonntag vom Gelände einer KFZ-Werkstatt 

  • mit Hilfe der Fahrzeugschlüssel 

gestohlen worden war, die von dem Fahrzeugeigentümer, 

  • nachdem er das Fahrzeug zu der Werkstatt gebracht und auf dem Werkstattgelände abgestellt hatte,  

in den Briefkasten der Werkstatt geworfen 

  • und aus diesem von dem Fahrzeugdieb wieder herausgezogen 

worden waren, entschieden, dass die Kaskoversicherung dem Fahrzeugeigentümer den ihm 

  • aufgrund des Diebstahls seines Fahrzeuges

entstandenen Schaden ersetzen muss.

Begründet hat das LG dies damit, dass das 

  • Einwerfen von Fahrzeugschlüsseln in den Briefkasten eines Autohauses 

zwar eine grob fahrlässige Obliegenheitsverletzung nach § 28 Abs. 2 Satz 2 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) sein kann, 

  • die den Kaskoversicherer zur Kürzung seiner Leistung berechtigt, 

aber dann keine grobe Fahrlässigkeit des Fahrzeugeigentümers vorliegt, wenn wie hier, der Briefkasten den Eindruck erweckt hat, 

  • stabil,
  • nicht leicht aufbrechbar sowie
  • so tief zu sein, dass die oben in den Schlitz eingeworfenen Teile von außen nicht erreichbar und herausholbar sind.

Fazit:
Als grob fahrlässig ist das Einwerfen des Fahrzeugschlüssels in einen Werkstattbriefkasten danach zu werten, wenn

  • es im konkreten Einzelfall für jeden einleuchtend und ersichtlich ist, dass ein in den Briefkasten eingeworfener Schlüssel leicht wieder herausgezogen werden kann oder 
  • sonstige äußere Umstände den Verdacht aufkommen lassen müssen, dass der Schlüssel dort nicht sicher und dem Zugriff Dritter leicht ausgesetzt ist (Quelle: Pressemitteilung des LG Oldenburg).

Was Fahrzeugeigentümer wissen sollten, wenn sie ihr Fahrzeug vollkaskoversichert haben und dieses bei einem Verkehrsunfall,

…. für den ein anderer einstandspflichtig ist, beschädigt wird. 

Mit Urteil vom 17. November 2020 – VI ZR 569/19 – hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass, wenn bei einem Verkehrsunfall 

  • ein vollkaskoversichertes Fahrzeug 

beschädigt wird 

  • und für den Schaden ein anderer einstandspflichtig ist,

der Eigentümer des beschädigten vollkaskoversicherten Fahrzeugs grundsätzlich nicht verpflichtet ist, 

  • den eigenen Kaskoversicherer auf Behebung des Unfallschadens in Anspruch zu nehmen,

etwa um 

  • die Zeit eines Nutzungsausfalls und damit 

die Höhe der diesbezüglichen Ersatzverpflichtung 

  • des einstandspflichtigen Schädigers und 
  • dessen Haftpflichtversicherers 

möglichst gering zu halten.

Begründet hat der Senat dies u. a. damit, dass 

  • Sinn und Zweck der Kaskoversicherung nicht die Entlastung des Schädigers ist,

vielmehr sich der Versicherungsnehmer einer Kaskoversicherung den Versicherungsschutz für die Fälle erkauft, in denen ihm ein 

  • nicht durch andere zu ersetzender 

Schaden verbleibt.

Wer für sein Fahrzeug eine Kaskoversicherung abgeschlossen hat, sollte nach einem Unfallschaden auch dann nicht versäumen

…. dem Kaskoversicherer den Schaden (Versicherungsfall) innerhalb der in den Versicherungsbedingungen vorgesehenen Wochenfrist mitzuteilen, wenn er beabsichtigt (zunächst) den Schädiger in Anspruch zu nehmen.

Mit Beschlüssen vom 26.04.2017 sowie vom 21.06.2017 – 20 U 42/17 – hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm nämlich darauf hingewiesen, dass ein Kaskoversicherer,

  • wenn der Versicherungsnehmer – in Kenntnis der ihm obliegenden Anzeigepflicht – einen Unfallschaden erst knapp sechs Monate nach dem Verkehrsunfall mitteilt,

jedenfalls dann berechtigt ist,

  • wegen vorsätzlicher Verletzung der Anzeigeobliegenheit, eine Entschädigung zu verweigern,

wenn der Versicherungsnehmer nicht nachweisen kann,

  • dass seine verzögerte Anzeige nicht ursächlich dafür war,
  • dass der Kaskoversicherer keine Feststellungen zum Versicherungsfall und zu seiner Leistungspflicht mehr treffen konnte.

Denn, so der Senat, die Verpflichtung dem Kaskoversicherer den Schaden (Versicherungsfall) anzuzeigen, bestehe,

  • da sie sicherstellen solle, dass dem Versicherer bei einer Inanspruchnahme eigene Ermittlungen möglich sind,

unabhängig davon, ob später tatsächlich eine Leistung des Versicherers in Anspruch genommen wird.

Fahrzeugeigentümer, die gegen ihre Kaskoversicherung Ansprüche auf Entschädigung wegen Diebstahls geltend machen wollen

…. sollten vor Gericht nicht lügen, weil dies dazu führen kann, dass die für den Versicherungsnehmer streitende „Redlichkeitsvermutung“ widerlegt und ihre Klage deswegen erfolglos sein kann.

Kann ein Versicherungsnehmer, der erfolgreich einen Kaskoanspruch wegen eines Diebstahls geltend machen will, im Streitfall,

  • weil der Kaskoversicherer beispielsweise behauptet, dass der Diebstahl vorgetäuscht sei,

den geltend gemachten Versicherungsfall „Diebstahl“, was der Regelfall sein dürfte, nicht beweisen,

  • muss zumindest das so genannte äußere Bild eines Diebstahls,
  • also beispielsweise bei einem Fahrzeugteilediebstahl, das unversehrte Abstellen und Zurücklassen des Fahrzeugs durch den Versicherungsnehmer vor einem späteren Auffinden in beschädigtem Zustand,

erwiesen sein.

Kann dies durch Zeugen nicht bewiesen werden, kann das äußere Bild eines Diebstahls

  • zwar auch durch die Angaben des Versicherungsnehmers bewiesen werden,

allerdings nur, wenn die für ihn streitende Redlichkeitsvermutung nicht erschüttert ist und erschüttert kann diese Redlichkeitsvermutung sein,

  • wenn der Versicherungsnehmer nach Auffassung des Gerichts bewusst die Unwahrheit sagt, um zu versuchen, seiner Klage zum Erfolg zu verhelfen,
  • weil dies dann zu schwerwiegenden Zweifeln an der Redlichkeit und Glaubwürdigkeit des Versicherungsnehmers führen kann.

Das folgt aus dem Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm vom 09.08.2017 – 20 U 184/15 –.

OLG entscheidet wann Kaskoversicherung zahlen muss, wenn Sohn mit Vaters Auto Unfall gebaut hat

…. und Sohn nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis war.

Mit Urteil vom 22.03.2017 – 5 U 174/16 – hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg in einem Fall, in dem ein Vater seinen kaskoversicherten PKW für einen Abend seinem Sohn und dessen beiden Freunden unter der Bedingung überlassen hatte,

  • dass nicht sein Sohn, der keine Fahrerlaubnis hatte, fährt,
  • sondern einer seiner Freunde, die beide im Besitz einer Fahrerlaubnis waren,

aber absprachewidrig

  • auf der Rückfahrt dann doch der Sohn gefahren war und
  • dabei einen Unfall verursacht hatte,

entschieden, dass

  • die Kaskoversicherung für die bei einem Unfall am Fahrzeug entstandene Schäden haftet und
  • die Schadensbegleichung nicht verweigern darf.

Denn, so das OLG,

  • weil er mit einem eigenmächtigen Handeln des Sohnes nicht rechnen musste,

liege weder ein vorsätzliches, noch ein grob fahrlässiges Verhalten des Vaters vor.

Aufgrund dessen,

  • dass gegen den Sohn zuvor schon zweimal wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, begangen jeweils mit einem frisiertem Mofa, ermittelt worden war,

habe der Vater auch nicht damit rechnen müssen, dass sein Sohn sich ans Steuer setzen würde, da, so das OLG weiter,

Was Versicherungsnehmer einer Sachversicherung zum Neuwert wissen sollten

Versicherungsbedingungen einer Sachversicherung zum Neuwert, beispielsweise einer Kraftfahrzeugkaskoversicherung, die vorsehen, dass

  • „der Versicherer nach einem unfallbedingten Totalschaden die über den Wiederbeschaffungswert hinausgehende Entschädigung nur in der Höhe zahlt, in der gesichert ist, dass die Entschädigung innerhalb von einem Jahr nach ihrer Feststellung für die Reparatur des Fahrzeugs oder den Erwerb eines anderen Fahrzeugs verwendet wird“,

dienen unter anderem dem Zweck, das so genannte subjektive Risiko des Versicherers zu begrenzen.
Der Versicherer soll durch solche Wiederbeschaffungsklauseln davor geschützt werden, dass der Versicherungsnehmer – wie dies bei freier Verwendbarkeit der Neuwertentschädigung der Fall wäre – in Versuchung geraten könnte, sich durch Vortäuschung des Versicherungsfalls Vermögensvorteile zu verschaffen, die auch darin bestehen können, dass die Neuwertentschädigung für den Verlust einer versicherten Sache zur Finanzierung beliebiger anderweitiger Anschaffungen zur Verfügung stünde.

  • Um dem entgegenzuwirken, sind Wiederherstellungsklauseln darauf gerichtet, sicherzustellen, dass die Neuwertentschädigung allein dazu verwendet wird, die ursprünglich versicherte Sache zu ersetzen.

Nach ihrem Wortlaut setzt eine Wiederbeschaffungsklausel wie die obige allerdings nicht voraus, dass der Versicherungsnehmer oder die im Rahmen einer Versicherung für fremde Rechnung geschützte Person die Wiederbeschaffung zunächst aus eigenen Mitteln zu gewährleisten haben, weil

  • die Wendung „ihrer Feststellung“ sich auf die Entschädigung bezieht und

die Frist somit erst nach der Feststellung der Entschädigung zu laufen beginnt.

  • Zu laufen beginnt die Jahresfrist mithin erst, wenn der Versicherer erklärt hat, die Neupreisentschädigung bis zu einem bestimmten Betrag dem Grunde nach zu schulden.
  • Verweigert der Versicherer diese Erklärung, etwa weil er der Auffassung ist, die Neupreisentschädigung aus anderen Gründen nicht leisten zu müssen, wird die Jahresfrist für die Sicherstellung der Verwendung der Neuwertspitze für die Ersatzbeschaffung nicht, auch nicht anderweitig, etwa durch die Leistungsablehnung, den Versicherungsfall oder eine Teilregulierung des Schadens ausgelöst.
  • Dem Versicherungsnehmer bleibt damit, sofern sich der Versicherer weigert, seine Verpflichtung zur Erstattung der Neuwertspitze – auch hinsichtlich des grundsätzlich erstattungsfähigen Betrages – festzustellen, nur die Möglichkeit, diese Feststellung durch eine gerichtliche Entscheidung herbeizuführen.
    Erst diese Feststellung setzt dann die Jahresfrist zur Sicherstellung ihrer Verwendung in Lauf.

Darauf hat der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 26.10.2016 – IV ZR 193/15 – hingewiesen.