Tag Kreuzung

Vorfahrtsberechtigte die irreführend blinken haften bei einem Unfall mit

Darauf hat das Amtsgericht (AG) Oberndorf mit Urteil vom 21.04.2016 – 2 C 434/15 – hingewiesen.

Danach haftet ein an einer Kreuzung Wartepflichtiger im Falle eines Unfalls zwar überwiegend, wenn

  • sich aus seiner Sicht von links ein vorfahrtsberechtigtes nach rechtsblinkendes Fahrzeug der Kreuzung nähert,
  • ohne seine Geschwindigkeit zu verringern und

es zur Kollision der beiden Fahrzeuge kommt, weil

  • der Wartepflichtige im Vertrauen darauf losfährt, dass der Vorfahrtsberechtigte abbiegen wird,
  • dieser aber stattdessen geradeaus (weiter) fährt.

Denn sind,

  • abgesehen von einem gesetzten Blinker,

bei einem vorfahrtsberechtigten Fahrzeug

  • keine weiteren Anhaltspunkte für ein Abbiegen (wie zum Beispiel: Verlangsamung der Geschwindigkeit) ersichtlich,

darf ein Wartepflichtiger aufgrund seiner gesteigerten Sorgfaltspflicht nicht auf ein Abbiegen vertrauen,

  • so dass bei der Haftungsverteilung gemäß § 17 Abs. 1 und Abs. 2 Straßenverkehrsgesetz (StVG) zu seinen Lasten die Vorfahrtspflichtverletzung gem. § 8 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) zu berücksichtigen ist.

Der Vorfahrtsberechtigte haftet für die Unfallfolgen in einem solchen Fall jedoch deshalb mit, weil,

  • wer als Vorfahrtsberechtigter vor einer Kreuzung rechts blinkt und gerade aus fährt,

einen Verkehrsverstoß gemäß § 1 Abs. 2 StVO (irreführendes Blinken) begeht.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall ist vom AG auf eine Mithaftung des Vorfahrtsberechtigten in Höhe von 1/3 erkannt worden.

Wer haftet wenn zwei Fahrzeuge auf einer in Form eines Rondells angelegten und nicht beschilderten Kreuzung kollidieren?

Ist eine Kreuzung nicht rechtwinklig, sondern in Form eines Rondells angelegt und

  • gilt dort die Vorfahrtsregel „rechts vor links“

darf ein Fahrzeugführer, der die Kreuzung überqueren will, in diese nur dann einfahren,

  • wenn sichergestellt ist, dass er die Kreuzung auch noch vor einem sich auf einer aus seiner Sicht rechts gelegenen Straße nähernden und damit vorfahrtsberechtigten Fahrzeug räumen kann.

Einem Fahrzeugführer der dies missachtet ist deshalb,

  • wenn es nach seinem Einfahren in die Kreuzung im Vorfahrtsbereich zur Kollision mit einem von rechts in das Rondell einfahrenden Fahrzeug kommt,

eine für den Unfall ursächliche Vorfahrtsverletzung anzulasten.

Dem Vorfahrtsberechtigten wiederum kann allerdings auch ein Mitverschulden an dem Zusammenstoß der beiden Fahrzeuge treffen und zwar dann, wenn er

  • das in das Rondell einfahrende andere (wartepflichtige) Fahrzeug übersehen und
  • daher seine allgemeine Rücksichtnahmepflicht aus § 1 Abs. 2 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) verletzt hat.

Denn auch wer vorfahrtsbevorrechtigt ist darf sein durch einen anderen verletztes Vorfahrtsrecht nicht ohne Rücksicht auf diesen durchsetzen.

Das hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 17.01.2017 – 9 U 22/16 – entschieden.

Wer haftet wenn Linksabbieger im Kreuzungsbereich mit entgegenkommendem Fahrzeug kollidiert

…. und Ampelschaltung mit Grünabbiegerpfeil für Linksabbieger ungeklärt ist?

Kollidiert der Führer eines Pkw,

  • beim Abbiegen nach links im Bereich einer Kreuzung mit Ampelschaltung und Grünabbiegerpfeil für Linksabbieger,
  • mit einem entgegenkommenden Fahrzeug,

sind bei der Haftungsverteilung,

  • wenn die Unfallbeteiligten jeweils behaupten einen Grünpfeil bzw. Grünlicht gehabt zu haben und
  • keiner der Unfallbeteiligten beweisen kann, dass der andere einen Rotlichtverstoß begangen hat,
    • die Ampelschaltung also ungeklärt ist,

gem. § 17 Abs.1, Abs. 2 Straßenverkehrsgesetz (StVG) lediglich die Betriebsgefahren der beteiligten Fahrzeuge gegeneinander abzuwägen,

  • so dass bei Gleichwertigkeit der Fahrzeuge eine hälftige Haftungsverteilung angezeigt ist.

Dem Linksabbieger kann in einem solchen Fall nämlich kein Verstoß gegen § 9 Abs. 3 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) zur Last gelegt werden.

Denn ist die Vorfahrt an einer Kreuzung mit einer Lichtzeichenanlage geregelt

  • und hat der Linksabbieger einen Grünpfeil,

ist § 9 Abs. 3 StVO durch § 37 Abs. 2 Nr. 1 StVO außer Kraft gesetzt.

Den dem grünen Pfeil folgenden Verkehrsteilnehmer treffen nicht die besonderen Sorgfaltspflichten gegenüber dem Gegenverkehr, die § 9 Abs. 3 StVO dem Linksabbieger im Allgemeinen aufbürdet.
Leuchtet der grüne Pfeil auf,

  • dann wird die den Vorrang des Gegenverkehrs betreffende Regelung des § 9 Abs. 3 StVO
  • durch die Regelung des § 37 Abs. 2 Nr. 1 StVO verdrängt, nach der der Linksabbieger die Kreuzung in Richtung des grünen Pfeils ungehindert befahren und räumen darf.

Der Linksabbieger kann auf Grund des grünen Pfeils darauf vertrauen, dass der Gegenverkehr durch Rotlicht gesperrt ist und dieser das Rotlicht auch beachtet.
Das gilt

  • nicht nur bei einem sog. „Diagonalpfeil“, also einem Grünpfeil hinter der Kreuzung,
  • sondern auch dann, wenn die Lichtzeichenanlage bereits vor Einfahren in die Kreuzung einen Grünabbiegepfeil anzeigt.

Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken mit Urteil vom 29.06.2016 – 1 U 14/15 – hingewiesen.

Was Kraftfahrer auch dann beachten müssen wenn die Ampel an einer Kreuzung Grünlicht zeigt

Ein Kraftfahrer, der

  • bei Grünlicht in eine Kreuzung einfährt,
  • obwohl er beim Einfahren aufgrund des stockenden Verkehrs erkennt, dass er den Kreuzungsbereich während seiner Grünphase nicht (mehr) räumen kann,

verstößt gegen § 11 Abs. 1 Straßen-Verkehrsordnung (StVO).

War dagegen für den Kraftfahrer beim Einfahren in die Kreuzung nicht erkennbar,

  • dass er – beispielsweise durch den Gegenverkehr – verkehrsbedingt im Kreuzungsbereich hinter der Fluchtlinie so lange aufgehalten werden wird,
  • dass er den Kreuzungsbereich nicht mehr während seiner Grünphase wird ungehindert passieren können,

liegt nicht nur kein Verstoß gegen § 11 Abs. 1 StVO vor, sondern darf der Kraftfahrer als „echten Nachzügler“ die Kreuzung auch vorrangig räumen.

Allerdings darf auch ein „echter Nachzügler“ nicht blindlings auf seinen Status als bevorrechtigter „echter Nachzügler“ vertrauen, sondern muss sich,

  • wenn er zu einem Zeitpunkt die Kreuzung räumen will, in dem die von ihm zuvor passierte Ampel bereits Rotlicht und die Ampel für den Querverkehr bereits Grünlicht zeigt,

vergewissern, dass eine Kollision mit dem Querverkehr, der bei Grünlicht für seine Fahrtrichtung in die Kreuzung einfährt, ausgeschlossen ist.

Ansonsten verstößt er gegen das im Straßenverkehr geltende Rücksichtnahmegebot (§ 1 Abs. 2 StVO) und hat, wenn es zu einer Kollision kommt, den Unfall (mit)verschuldet.
Dabei ist davon auszugehen, dass Je länger sich ein „Nachzügler“ im Kreuzungsbereich aufhält, desto eher muss er mit einem Phasenwechsel und anfahrendem Querverkehr rechnen und dann davon ausgehen, dass der übrige Verkehr aus seinem Verhalten schließen könnte, dass er nicht weiterfahren wird.

Darauf hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 26.08.2016 – 7 U 22/16 – hingewiesen.

Wann haftet ein Polizeibeamter bei einer Einsatzfahrt mit einem Dienstfahrzeug für Unfallschäden?

Ein Polizeibeamter, der bei einem Einsatz mit dem Dienstfahrzeug (hier: bei einer Verfolgungssituation)

  • ohne Martinshorn und
  • nur mit aktivierter Rundumbeleuchtung („Blaulicht“)

bei in seiner Fahrtrichtung „Rot“ zeigender Ampel in eine Straßenkreuzung einfährt

  • handelt grob fahrlässig und
  • muss deshalb, wenn es im Kreuzungsbereich zur Kollision mit einem anderen Fahrzeug kommt, den dabei an dem Dienstfahrzeug entstandenen Schaden ersetzen.

Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Münster mit Urteil vom 05.09.2016 – 4 K 1534/15 – entschieden.

Danach kann ein Polizist in einem solchen Fall auch unter Berücksichtigung des gesetzlich vorgesehenen Haftungsprivilegs für Beamte nach Art. 34 Grundgesetz (GG) zur Haftung herangezogen werden, weil das Unterlassen des Einschaltens des Signalhorns vor dem Einfahren in eine Kreuzung deren Lichtzeichenlage für ihn Rot zeigt, einen schweren Sorgfaltspflichtverstoß darstellt.

Auch eine mögliche Stresssituation rechtfertigt nach Ansicht des VG keine andere Beurteilung, da ein erfahrener Polizeibeamter zur Einschätzung und Bewältigung einer Verfolgungssituation in der Lage sein müsse.
Beachte er in einer solchen Situation die Voraussetzungen für ein Einfahren in die Kreuzung bei Rotlicht nicht, lasse er, so das VG, eine gesteigerte Risikobereitschaft erkennen, die angesichts des Ausmaßes möglicher Schäden den Vorwurf grober Fahrlässigkeit rechtfertige (Quelle: Pressemitteilung des VG Münster vom 15.09.2016).