Tag Parkbucht

Wer haftet bei einer Kollision zwischen einem vom linken auf den rechten Fahrstreifen wechselnden und einem

…. aus einer Parkbucht vorwärts an- und in den fließenden Verkehr auf den rechten Fahrstreifen einfahrenden Kraftfahrzeug?   

Mit Urteil vom 08.03.2022 – VI ZR 1308/20 – hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) darauf hingewiesen, dass im Rahmen des § 7 Abs. 5 Satz 1 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO),

  • wonach ein Fahrstreifen nur gewechselt werden darf, wenn eine Gefährdung „anderer Verkehrsteilnehmer“ ausgeschlossen ist,

„anderer Verkehrsteilnehmer“ nur ein

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AG München entscheidet: Kein Schadensersatzanspruch für Autofahrer bei Anstoß an einen knapp fünf Zentimeter in eine Parkbucht

…. hineinragenden Begrenzungsstein.  

Mit Urteil vom 24.07.2019 – 155 C 5506/19 – hat das Amtsgericht (AG) München in einem Fall, in dem eine Autofahrerin 

  • auf dem Parkplatz eines Supermarktes 

beim Rückwärtseinparken in eine Parkbucht gegen den 

  • auf der Stirnseite zur Sicherung der dort befindlichen Hauswand 

vom Grundstückseigentümer plazierten, 

  • aus Naturstein bestehenden, sich farblich von der Hauswand absetzenden und aufgrund seiner Struktur 

stellenweise knapp 5 cm in die Parkbucht hineinreichenden Begrenzungsstein gestoßen war, entschieden, dass die Autofahrerin den 

  • bei dem Anstoß 

an ihrem Fahrzeug entstandenen Schaden 

  • nicht von dem Grundstückseigentümer ersetzt verlangen kann.

Begründet hat das AG dies damit, dass die Fahrzeugbeschädigung überwiegend auf das 

  • eigene Verschulden 

der Autofahrerin zurückzuführen sei, da Autofahrer vor dem rückwärtigen Einfahren in mit Begrenzungssteinen versehenen Parklücken verpflichtet seien, 

  • diese zu prüfen, 

bei der gebotenen Prüfung 

  • das geringfügige Hineinragen von Teilen des Begrenzungssteins aufgefallen wäre 

und daraufhin ein verständiger und umsichtiger Fahrzeugführer 

  • von einem vollständigen Einparken in die Parklücke Abstand genommen oder 
  • den Einparkvorgang rechtzeitig abgebrochen hätte (Quelle: Pressemitteilung des AG München).

Wichtig zu wissen für Hotelgäste, wenn ihr Auto vom Hotel-Parkservice geparkt wird und danach

…. einen Schaden aufweist.

Mit Urteil vom 26.08.2019 – 22 U 134/17 – hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Köln in einem Fall, in dem von einem Hotelgast,

  • der sein Auto vor dem Hotel abgestellt und an der Rezeption den Schlüssel abgegeben hatte,
  • damit das Fahrzeug in die Tiefgarage des Hotels gefahren wird,

das Hotel auf Schadensersatz verklagt worden war,

  • weil er nach dem Besuch des Spa-Bereichs festgestellt hatte, dass
    • sein Auto von einem Hotelmitarbeiter statt in die Tiefgarage, in eine Parkbucht in der Nähe des Hotels gefahren worden war und
    • die beiden Reifen der rechten Fahrzeugseite große Löcher aufwiesen durch die die Luft vollständig entwichen war,

der Schadensersatzklage stattgegeben und

  • das Hotel zur Zahlung von Schadensersatz i.H.v. rund 6.000 Euro an den Hotelgast verurteilt.

Begründet ist die Entscheidung vom Senat damit worden, dass,

  • wegen der Größe der Löcher in den Reifen,

die Luft

  • sofort entwichen sein muss und
  • nicht nur schleichend entwichen sein kann,

der Reifenschaden also

  • nicht schon vor der Übernahme des Fahrzeugs durch einen Hotelmitarbeiter vorgelegen haben kann,
  • sondern die Löcher durch einen Fahrfehler des Hotelmitarbeiters mit einer massiven Krafteinwirkung auf die Räder entstanden sein müssen (Quelle: Pressemitteilung des OLG Köln).

AG München entscheidet: Wer in einem Parkhaus rückwärts einparken will muss besondere Vorsicht walten lassen

…. und darf nur strikt auf Sicht fahren.

Mit Urteil vom 19.09.2016 – 122 C 5010/16 – hat das Amtsgericht (AG) München in einem Fall, in dem

  • ein Autofahrer in einem Parkhaus beim rückwärts Einfahren in eine Parkbucht einen um ein Regenfallrohr an der Wand angebrachten sowie über den Bodensockel hinausstehenden, mit roter Farbe lackierten Schutzbügel übersehen hatte und
  • deswegen dagegen gestoßen war,

die Klage des Fahrzeugeigentümers abgewiesen, der von dem Parkhausbetreiber,

  • mit der Begründung, dieser habe durch die Nichtkennzeichnung der Gefahrenstelle mit gelb-schwarzen Streifen seine Verkehrssicherungspflicht verletzt,

Ersatz des an seinem PKW entstandenen Schadens verlangt hatte.

Das AG war der Ansicht, dass

  • nicht der Parkhausbetreiber seine Verkehrssicherungspflicht verletzt,
  • sondern der Autofahrer den Schaden an seinem Fahrzeug ausschließlich selbst verschuldet hatte.

Denn, so das AG, wer in einem Parkhaus oder einer Tiefgarage

  • nicht vorwärts,
  • sondern rückwärts

in eine Parkbucht einfahren wolle,

  • müsse besondere Vorsicht walten lassen und
  • wenn er den hinter ihm liegenden Bereich (beispielsweise wegen schlechter Lichtverhältnisse) nicht bzw. nur unzureichend einsehen könne,

sich durch

  • Aussteigen und
  • Inaugenscheinnahme der Beschaffenheit

vergewissern, dass dort keine Hindernisse vorhanden sind bzw. sein Fahrverhalten den erkannten Hindernisse entsprechend anpassen,

Wer haftet, wenn es auf einem Parkplatz beim rückwärtigen Ausparken von zwei Fahrzeugen zur Kollision kommt?

Steht bei einem Parkplatzunfall,

  • der sich beim rückwärtigen Ausparken von zwei Fahrzeugen aus Parkbuchten eines Parkplatzes ereignet hat,

fest, dass es beim Rückwärtsfahren zur Kollision gekommen ist, der Rückwärtsfahrende zum Kollisionszeitpunkt also noch nicht stand,

  • so spricht ein allgemeiner Erfahrungssatz dafür, dass der Rückwärtsfahrende seiner Sorgfaltspflicht nach § 1 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) in Verbindung mit der Wertung des § 9 Abs. 5 StVO nicht nachgekommen ist und den Unfall dadurch (mit)verursacht hat,
  • was im Rahmen der gemäß § 17 Abs. 1, 2 Straßenverkehrsgesetz (StVG) gebotenen Abwägung der beiderseitigen Mitverursachungs- und -verschuldensanteile zu berücksichtigen ist.

Dagegen liegt die für die Anwendung eines Anscheinsbeweises gegen einen Rückwärtsfahrenden erforderliche Typizität des Geschehensablaufs regelmäßig dann nicht vor,

  • wenn zwar feststeht, dass vor der Kollision ein Fahrzeugführer rückwärts gefahren ist,
  • aber zumindest nicht ausgeschlossen werden kann, dass
    • sein Fahrzeug im Kollisionszeitpunkt bereits stand,
    • als der andere rückwärtsfahrende Unfallbeteiligte mit seinem Fahrzeug in das Fahrzeug hineingefahren ist.

Denn es gibt keinen allgemeinen Erfahrungssatz, wonach sich der Schluss aufdrängt,

  • dass auch der Fahrzeugführer, der sein Fahrzeug vor der Kollision auf dem Parkplatz zum Stillstand gebracht hat,
  • die ihn treffenden Sorgfaltspflichten verletzt hat.

Anders als im fließenden Verkehr mit seinen typischerweise schnellen Verkehrsabläufen, bei denen der Verkehrsteilnehmer grundsätzlich darauf vertrauen darf, dass sein Verkehrsfluss nicht durch ein rückwärtsfahrendes Fahrzeug gestört wird, gilt in der Situation auf dem Parkplatz ein solcher Vertrauensgrundsatz nicht.
Hier muss der Verkehrsteilnehmer jederzeit damit rechnen, dass rückwärtsfahrende oder ein- und ausparkende Fahrzeuge seinen Verkehrsfluss stören. Er muss daher, um der Verpflichtung zur gegenseitigen Rücksichtnahme nach § 1 Abs. 1 StVO genügen zu können, von vornherein mit geringerer Geschwindigkeit und bremsbereit fahren, um jederzeit anhalten zu können.
Hat ein Fahrer diese Verpflichtung erfüllt und gelingt es ihm, beim Rückwärtsfahren vor einer Kollision zum Stehen zu kommen, hat er grundsätzlich seiner Verpflichtung zum jederzeitigen Anhalten genügt, so dass für den Anscheinsbeweis für ein Verschulden des Rückwärtsfahrenden kein Raum bleibt.

Aber auch dann, wenn der Anscheinsbeweis zu Lasten eines der beiden Rückwärtsausparkenden eingreift, führt das allein noch nicht dazu, dass dieser zu 100 % für den Schaden des Anderen haftet.
Vielmehr können die Betriebsgefahr der Fahrzeuge und weitere sie erhöhende Umstände im Rahmen der Abwägung nach § 17 Abs. 1, 2 StVG Berücksichtigung finden.

Darauf hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 11.10.2016 – VI ZR 66/16 – hingewiesen.