Tag Stelle

LAG Nürnberg spricht männlichen Stellenbewerber, dessen Bewerbung mit der Begründung, die Tätigkeit sei eher etwas für flinke Frauenhände, abgelehnt

…. wurde, Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zu.

Mit Urteil vom 13.12.2022 – 7 Sa 168/22 – hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg einen Modellauto-Hersteller, der eine Stelle als 

  • Bestücker (m/w/d) für Digitaldruckmaschinen, 

u.a. mit dem Hinweis, dass Bewerber Fingerfertigkeit bzw. Geschick mitbringen müssen, da die an der Maschine

Read More

Was Arbeitnehmer wissen sollten, wenn sie bei der Einstellung vom Arbeitgeber nach Vorstrafen und Ermittlungsverfahren

…. gefragt werden.

Mit Urteil vom 20.05.2020 – 5 Ca 83/20 – hat das Arbeitsgericht (ArbG) Bonn darauf hingewiesen, dass im Rahmen eines Einstellungsverfahrens kein allgemeines Fragerecht des Arbeitgebers 

  • nach Vorstrafen und Ermittlungsverfahren des Bewerbers jedweder Art 

besteht, sondern Arbeitgeber bei einem Arbeitnehmer 

  • nur Informationen zu solchen Vorstrafen und Ermittlungsverfahren 

einholen dürfen, 

  • die für den zu besetzenden Arbeitsplatz relevant sein, 

bzw. bei einer Bewerbung um ein öffentliches Amt, 

  • die Zweifel an der persönlichen Eignung des Bewerbers für die in Aussicht genommene Tätigkeit begründen könnten.

Nach Auffassung des ArbG ist deswegen,  

  • beispielsweise bei der Bewerbung um eine Ausbildungsstelle als Fachkraft für Lagerlogistik,
  • auch dann, wenn der Bewerber im Rahmen seiner Tätigkeit Zugriff auf verschiedene hochwertige Vermögensgüter des Arbeitgebers haben wird, 

die in einem von dem Stellenbewerber auszufüllenden Personalblatt mit 

  • „ja“ oder „nein“ 

zu beantwortende Frage nach

  • gerichtlichen Verurteilungen / schwebenden Verfahren, 

unzulässig, weil,

  • nachdem nicht jede denkbare Straftat Zweifel an der Eignung eines Bewerbers für die Ausbildung zur Fachkraft für Lagerlogistik zu begründen vermag, 
  • bei einer Abwägung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Bewerbers,

zu weitgehend, mit der Rechtsfolge, dass

  • der Bewerber zur wahrheitsgemäßen Beantwortung nicht verpflichtet ist und

sollte die Frage von dem Bewerber trotz einer gerichtlichen Verurteilung oder eines ihm bekannten schwebenden Verfahrens wahrheitswidrig mit „nein“ beantwortet worden sein,

  • somit auch keine arglistige Täuschung des Arbeitgebers vorliegt, die ihn zur Anfechtung des Ausbildungsvertrages berechtigt (Quelle: Pressemitteilung des ArbG Bonn).

Wichtig zu wissen für Schwerbehinderte, die sich bei einem öffentlichen Arbeitgeber auf eine Stelle bewerben und

…. nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden.

Mit Urteil vom 23.01.2020 – 8 AZR 484/18 – hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem Fall, in dem sich der Kläger,

  • unter deutlichen Hinweis auf seinen Grad der Behinderung von 30 und
  • seine Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen,

mit einer E-Mail bei einem öffentlichen Arbeitgeber auf eine ausgeschriebene Stelle beworben hatte, darauf hingewiesen, dass ein öffentlicher Arbeitgeber, dem die Bewerbung

  • einer fachlich nicht offensichtlich ungeeigneten

schwerbehinderten oder dieser gleichgestellten Person zugeht, diesen Bewerber

  • nach § 165 Satz 3 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX)

zu einem Vorstellungsgespräch einladen muss und dass, wenn er

  • die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch unterlässt und
  • die dadurch begründete Vermutung nicht zu widerlegen vermag, dass der Bewerber wegen seiner Schwerbehinderung bzw. Gleichstellung nicht eingestellt wurde,

der Bewerber von dem öffentlichen Arbeitgeber eine Entschädigung

  • nach § 15 Abs. 2 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
  • in Höhe von bis zu drei (zu erwartenden) Gehältern

verlangen kann.

Öffentliche Arbeitgeber sind danach zwar nicht schon dann, wenn sie es unterlassen, schwerbehinderte Stellenbewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen,

  • aus diesem Grund zur Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG verpflichtet,

jedoch ist das Unterlassen einer Einladung zu einem Vorstellungsgespräch

  • ein Indiz i.S.v. § 22 AGG,

das die Vermutung begründet, dass der Bewerber wegen seiner Schwerbehinderung bzw. Gleichstellung nicht eingestellt wurde, so dass

LArbG Berlin-Brandenburg entscheidet, wann schwerbehinderte Personen, die sich auf die Stellenausschreibung eines

…. öffentlichen Arbeitgebers bewerben, zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden müssen und wann sie,

  • wenn sie nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden sind,

bei Nichtberücksichtigung ihrer Bewerbung Entschädigungsansprüche nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) geltend machen können.

Mit Urteil vom 01.11.2018 – 21 Sa 1643/17 – hat das Landesarbeitsgericht (LArbG) Berlin-Brandenburg entschieden, dass öffentliche Arbeitgeber,

  • die nach einer Stellenausschreibung Auswahlgespräche durchführen,

schwerbehinderte Stellenbewerber nach § 165 Satz 3 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) auch dann zu einem Bewerbungsgespräch einzuladen haben, wenn

  • die Stelle nur intern ausgeschrieben wird,

dass, wenn schwerbehinderte Stellenbewerber, sich auf mehrere ausgeschriebene Stellen mit identischem Anforderungsprofil bewerben,

  • mit ihnen grundsätzlich für jede Bewerbung ein gesondertes Vorstellungsgespräch zu führen ist

und dass die Einladung zu nur einem Gespräch nur dann ausreichend ist, wenn

  • das Auswahlverfahren identisch ist,
  • die Auswahlkommissionen sich aus denselben Personen zusammensetzt und
  • zwischen den jeweiligen Auswahlentscheidungen nur wenige Wochen liegen.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall, in dem sich ein schwerbehinderter Bewerber erfolglos um zwei

  • von einem öffentlichen Arbeitgeber intern ausgeschriebene

Stellen mit identischem Anforderungsprofil in Berlin und Cottbus beworben hatte und nur wegen der in Berlin zu besetzenden Stelle,

  • nicht dagegen wegen der Stelle in Cottbus,

zu einem Auswahlgespräch eingeladen worden war, hat das LArbG den öffentlichen Arbeitgeber,

  • wegen Benachteiligung des Bewerbers aufgrund seiner Behinderung,

zur Zahlung einer Entschädigung an den schwerbehinderten Stellenbewerber verurteilt (Quelle: Pressemitteilung des LArbG vom 12.02.2019).

Wichtig zu wissen für – wegen mangels entsprechender Konfession – abgelehnte Bewerber auf eine von einem kirchlichen Arbeitgeber

…. ausgeschriebene Stelle.

Mit Urteil vom 25.10.2018 – 8 AZR 501/14 – hat der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) entschieden, dass bei von kirchlichen Arbeitgebern ausgeschriebenen Stellen,

  • gemäß § 9 Abs. 1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) – in unionsrechtskonformer Auslegung –

eine unterschiedliche Behandlung der Stellenbewerber wegen der Religion nur dann ausnahmsweise zulässig ist, wenn die Religion

  • nach der Art der Tätigkeiten oder
  • den Umständen ihrer Ausübung

eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung angesichts des Ethos der Religionsgemeinschaft bzw. Einrichtung darstellt und dass, wenn dies nach (der Stellenausschreibung) nicht der Fall ist,

  • beispielsweise weil bei Ausübung der ausgeschriebenen Stelle keine wahrscheinliche und erhebliche Gefahr besteht, dass das Ethos des kirchlichen Arbeitgebers beeinträchtigt wird,

Stellenbewerber aber trotzdem nach der Religionszugehörigkeit gefragt und danach abgelehnt werden, eine ungerechtfertigte Benachteiligung

  • wegen der Religion

vorliegen kann, die einen Anspruch auf eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG begründet.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall ist einer konfessionslosen Frau,

  • nachdem deren Bewerbung auf eine von einem kirchlichen Arbeitgeber ausgeschriebene Referentenstelle abgelehnt und
  • die Stelle mit einem Kirchenmitglied besetzt worden war,

eine Entschädigung i.H.v. 3.915,46 Euro nach § 15 Abs. 2 AGG zuerkannt worden, weil

  • bei der Ausübung der ausgeschriebenen Stelle der jeweilige Stelleninhaber in den das Ethos des Arbeitgebers betreffenden Fragen nicht unabhängig handeln konnte und

aufgrund dessen eine unterschiedliche Behandlung wegen der Religion nicht zulässig war (Quelle: Pressemitteilung des BAG vom 25.10.2018).

Anspruch auf Schadensersatz nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz haben nur „echte Stellenbewerber“

…. und keine sogenannten „AGG-Hopper“.

Mit Urteil vom 24.11.2016 – 173 C 8860/16 – hat das Amtsgericht (AG) München darauf hingewiesen, dass,

  • wer sich nicht ernsthaft um eine Stelle bewirbt,
  • sondern von vornherein nur die Zahlung einer Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) anstrebt,

auch dann keinen Anspruch auf Schadensersatz nach § 15 AGG hat,

  • wenn der Arbeitgeber gegen die Vorgaben des AGG verstoßen hat.

Der Entscheidung zugrunde lag ein Fall, in dem sich der Kläger

  • erfolglos auf eine Stellenanzeige, nach der eine „nette weibliche Telefonstimme“ gesucht worden war, beworben hatte,

nach Überzeugung des AG

Was Schwerbehinderte die sich auf eine von einem öffentlichen Arbeitgeber ausgeschriebene Stelle bewerben wissen sollten

Eine Stadt muss einem, mit einem Grad der Behinderung von 50, Schwerbehinderten, der sich auf eine von ihr ausgeschriebene Stelle mit Bewerbungsschreiben und ausführlichem Lebenslauf beworben hatte,

  • nach § 15 Abs. 2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) eine Entschädigung i.H.v. einem Bruttomonatsverdienst zahlen,

weil er von der Stadt, obwohl diese aufgrund der Angaben des Schwerbehinderten in seiner Bewerbung nicht davon ausgehen durfte, dass ihm die erforderliche fachliche Eignung offensichtlich fehlt,

  • nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden und die Stelle mit einem anderen Bewerber besetzt worden war.

Das hat der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) mit Urteil vom 11.08.2016 – 8 AZR 375/15 – entschieden.

Danach begründet die Nichteinladung eines schwerbehinderten Bewerbers auf eine von einem öffentlichen Arbeitgeber ausgeschriebene Stelle zu einem Vorstellungsgespräch

  • dann die Vermutung, dass der Bewerber wegen seiner Schwerbehinderung aus dem Auswahlverfahren vorzeitig ausgeschieden und dadurch benachteiligt (diskriminiert) worden ist,
  • wenn der öffentliche Arbeitgeber von der Verpflichtung zu einer Einladung nicht nach § 82 Satz 3 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) befreit war, also nicht davon ausgehen konnte, dass dem Stellenbewerber die erforderliche fachliche Eignung offensichtlich fehlt (Quelle: Pressemitteilung Nr. 42/16 des BAG vom 11.08.2016).