Tag strafbar

LG Hanau entscheidet: Wer mit seinem Smartphone einen Polizeieinsatz filmt und dabei den Ton mit aufnimmt, macht sich jedenfalls dann 

…. nicht strafbar, wenn (auch) die Bodycam eines Polizeibeamten eingeschaltet ist. 

Die 1. Große Strafkammer des Landgerichts (LG) Hanau hat in einem Fall, in dem, als Polizeibeamte nachts ein 

  • mit drei Männern besetztes 

Auto kontrollierten, sich über die Notwendigkeit der Kontrolle zwischen 

  • den Polizeibeamten und 
  • den drei Fahrzeuginsassen 

eine

Read More

Wer Tonaufnahmen bei einem Polizeieinsatz macht kann sich nach Ansicht des OLG Zweibrücken strafbar machen

…. wegen Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes nach § 201 Abs. 1 Nr. 1 Strafgesetzbuch (StGB).

Mit Beschluss vom 30.06.2022 – 1 OLG 2 Ss 62/21 – hat das Pfälzische Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken in einem Fall, in dem eine junge Frau bei einem Polizeieinsatz 

  • um kurz nach 3 Uhr am Morgen, 

bei dem die Polizisten 

  • Verstöße gegen die damals geltenden Corona-Regeln überprüften, 
  • Hinweisen auf Drogenkonsum nachgehen wollten sowie 

bei einer Gruppe von rund 20 Personen, die sich

Read More

Wann liegt eine strafbare Beihilfe zu einer vorsätzlichen Straftat eines anderen vor und wann kann das Dabeisein

…. bei einer vorsätzlichen Straftat eines anderen als strafbare Beihilfe gewertet werden?

Als Gehilfe,

  • also wegen Beihilfe,

wird bestraft, wer 

  • vorsätzlich

einem anderen 

  • zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe leistet, 

wobei die Strafe für den Gehilfen 

  • sich richtet nach der Strafandrohung für den Täter und
  • nach § 49 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) zu mildern ist (§ 27 Abs. 1 und 2 StGB). 

Als Hilfeleistung ist dabei grundsätzlich 

  • jede Handlung 

anzusehen, welche die 

  • Herbeiführung des Taterfolgs 

des Haupttäters 

  • zwischen Versuchsbeginn und Beendigung 
  • objektiv in irgend einer Weise fördert oder erleichtert, 
  • ohne dass diese Handlung für den Erfolg selbst ursächlich sein muss. 

Dabei setzt die Beihilfe 

  • durch positives Tun (physische Beihilfe) 

einen durch 

  • eine bestimmte Handlung erbrachten Tatbeitrag des Gehilfen 

voraus.

  • Allein das Wissen um die Begehung der Haupttat genügt den Anforderungen an die Beihilfe durch aktives Tun daher nicht.

Ein „Dabeisein“ kann die Tatbegehung im Sinne eines aktiven Tuns jedoch fördern oder erleichtern, wenn 

  • die „Billigung der Tat“ gegenüber dem Täter zum Ausdruck gebracht wird, 
  • dieser dadurch in seinem Tatentschluss bestärkt wird und 
  • der Gehilfe sich dessen bewusst ist (psychische Beihilfe).

Darauf hat der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 28.07.2020 – 2 StR 64/20 – hingewiesen.

Unterstützung von Selbsttötungen sowie Unterlassen von Maßnahmen zur Rettung der bewusstlosen Suizidenten

…. sind – jedenfalls bei nicht geschäftsmäßigem Handeln – dann nicht strafbar, wenn der Suizid

  • auf einem freiverantwortlich gebildeten Selbsttötungswillen beruht und
  • sich als Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechts des Sterbewilligen darstellt.

Mit Urteil vom 03.07.2019 – 5 StR 132/18 und 5 StR 393/18 – hat der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) in einem Fall,

  • in dem ein Arzt auf Verlangen und ausdrücklichem Wunsch von zwei 85 und 81 Jahre alten, an mehreren nicht lebensbedrohlichen, aber ihre Lebensqualität und persönlichen Handlungsmöglichkeiten zunehmend einschränkenden Krankheiten leidenden, suizidwilligen Frauen mit dabei war,
    • als diese tödlich wirkende Medikamente einnahmen und
    • das Einleiten von Rettungsmaßnahmen nach Eintritt ihrer Bewusstlosigkeit unterlassen hatte

sowie in einem zweiten Fall,

  • in dem ein Hausarzt seiner, an einer nicht lebensbedrohlichen, aber starke krampfartige Schmerzen verursachenden Erkrankung leidende, suizidwilligen 44-jährigen Patientin auf deren ausdrücklichen Wunsch
    • Zugang zu einem in hoher Dosierung tödlich wirkenden Medikament verschafft,
    • die nach Einnahme des Medikaments bewusstlose Frau – wie von ihr zuvor gewünscht – während ihres zweieinhalb Tage dauernden Sterbens betreut und
    • keine Hilfe zur Rettung ihres Lebens geleistet hatte,

die beiden Ärzte von den Vorwürfen

  • des Totschlags durch Unterlassen nach §§ 212 Abs. 1, 13 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) und
  • der unterlassenen Hilfeleistung nach § 323c Abs. 1 StGB

freigesprochen,

  • ohne allerdings – da der Straftatbestand des § 217 StGB in den obigen beiden Fällen noch nicht in Kraft war – zu prüfen, ob danach eine Strafbarkeit wegen geschäftsmäßiger Förderung der Selbsttötung vorgelegen hat.

Begründet hat der Senat die Freisprüche damit,

  • dass die Sterbewünsche der Frauen jeweils auf einem freiverantwortlich gebildeten Selbsttötungswillen beruhten und nicht Ergebnis von psychischen Störungen waren, so dass
    • die im Vorfeld geleisteten Beiträge dazu, also die Beihilfen zu den (nicht strafbaren) Suiziden der Frauen (ebenfalls) straffrei sind,
  • dass in solchen Fällen nach Eintritt der Bewusstlosigkeit von Suizidenten dann keine Verpflichtung zur Lebensrettung besteht, wenn,
    • wie im obigen Fall 1, eine Sterbebegleitung vereinbart war oder,
    • wie im Fall 2, eine Person, die auf Grund ihrer Stellung, wie ein behandelnder Hausarzt, zur Rettung des Lebens seiner Patienten verpflichtet ist, von dieser Pflicht durch die Ausübung des Selbstbestimmungsrechts der Suizidentin entbunden wurde

und

  • dass bei Suiziden, die sich als Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechts der sterbewilligen Personen darstellen, Rettungsmaßnahmen entgegen deren Willen nicht geboten sind, so dass
    • auch eine Strafbarkeit wegen unterlassener Hilfeleistung nach § 323c StGB ausscheidet (Quelle: Pressemittelung des BGH).

OLG Hamm entscheidet: Auch Vermummen erst nach dem Ende eines Fußballspiels und dem Verlassen des Stadioninneren kann strafbar sein, wenn

…. es noch auf dem Stadiongelände erfolgt.

Mit Beschluss vom 07.09.2017 – 4 RVs 97/17 – hat der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm entschieden, dass, wer sich nach dem Ende eines Fußballspiels noch auf dem Stadiongelände vermummt,

  • sich also nach dem Abpfiff und dem Verlassen des Stadions erst auf einem noch zum Stadiongelände gehörenden Parkplatz, beim Warten auf die Abfahrt seines Busses, maskiert, um die Feststellung seiner Identität dort zu beeinträchtigen,
  • indem er beispielsweise sein Gesicht hinter einem roten Schal bzw. einer Sturmhaube verbirgt, so dass nur noch die Augenpartie zu erkennen ist und die Kapuze seines Sweatshirts tief ins Gesicht zieht,

kann nach §§ 27 Abs. 2 Nr. 2, 17a Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes über Versammlungen und Aufzüge (Versammlungsgesetz – VersammlG) wegen Verstoßes gegen das im Versammlungsgesetz angeordnete Vermummungsverbot

  • mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe

bestraft werden.

Denn, so der Senat, bei Fußballspielen handelt es sich um, unter die einschlägigen Vorschriften des Versammlungsgesetzes fallende, öffentliche Veranstaltungen unter freiem Himmel, an denen Besucher teilnehmen,

  • solange sie sich im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem zuvor besuchten Spiel noch auf dem Stadiongelände selbst befinden,
  • um ein ihnen dort zur Verfügung stehendes Mittel zum Abtransport zu nutzen, wie etwas einen Pkw oder einen Bus (Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm vom 05.10.2017).