Tag Übergabe

Was Käufer, die wegen eines Mangels der Kaufsache vom Kaufvertrag zurücktreten möchten, wissen müssen

Der Käufer einer Sache, der 

  • nach der Übergabe der Kaufsache 

feststellt, dass diese einen 

  • bei der Übergabe bereits vorhanden gewesenen 

Mangel (§ 434 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) aufweist 

und deshalb vom Kaufvertrag 

  • nach § 437 Nr. 2, § 323 Abs. 1, §§ 346 ff. BGB 

zurücktreten will, kann dies nur, wenn

  • das Rücktrittsrecht nicht nach § 442 Abs. 1 BGB ausgeschlossen, 
  • kein wirksamer Haftungsausschluss nach § 444 BGB wegen des Mangels vereinbart worden sowie 
  • der Mangel nicht als nur unerheblich bzw. geringfügig im Sinne von § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB einzustufen ist

und in der Regel auch erst, wenn dem Verkäufer

  • zur Nacherfüllung (Nachbesserung oder Nachlieferung) nach §§ 437 Nr.1, 439 Abs. 1 BGB

gemäß §§ 323 Abs. 1, 281 Abs. 1 Satz 1 BGB eine angemessene Frist gesetzt worden ist, d.h.,

  • der Mangel gerügt,
  • dem Verkäufer die Kaufsache am Erfüllungsort der Nacherfüllung zur Nacherfüllung zur Verfügung gestellt worden (BGH, Urteile vom 10.03.2010 – VIII ZR 310/08 – und vom 19.12.2012 – VIII ZR 96/12 –),
  • die dem Verkäufer gesetzte Frist so bemessen ist, dass bei ordnungsgemäßem Vorgehen vor Fristablauf voraussichtlich vom Verkäufer nicht nur die Leistungshandlung vorgenommen, sondern auch der Leistungserfolg herbeigeführt werden kann sowie 
  • verlangt worden ist – was der Käufer frei wählen kann, solange der Verkäufer nicht nachweisen kann, dass er die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung nach § 439 Abs. 4 BGB verweigern kann (vgl. hierzu auch § 475 Abs. 4 BGB) – binnen der gesetzten Frist
    • entweder den gerügten Mangel zu beseitigen
    • oder eine mangelfreie Sache zu liefern 

und der Verkäufer dem Verlangten innerhalb der Frist nicht nachgekommen ist, d.h., im Fall einer verlangten Mangelbeseitigung, innerhalb der Frist 

  • den Mangel nicht vollständig beseitigt und 
  • die erfolgte Mängelbeseitigung nicht fachgerecht ausgeführt hat (vgl. BGH, Urteil vom 26.08.2020 – VIII ZR 351/19 – auch dazu, dass ein zweimaliges Fehlschlagen der Nachbesserung nur dann Rücktrittsvoraussetzung ist, wenn das Nachbesserungsverlangen nicht mit einer Fristsetzung verbunden war).

Entbehrlich ist das Setzen einer Frist zur Nacherfüllung dann, wenn – wofür der Käufer darlegungs- und beweisbelastet ist –

  • vom Verkäufer eine Nacherfüllung ernsthaft und endgültig verweigert worden ist,
  • eine Nacherfüllung für den Käufer unzumutbar wäre (§ 440 Satz 1 Alt. 3 BGB)

 oder 

  • besondere Umstände unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigen (§ 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB). 

Danach ist beispielsweise eine Fristsetzung entbehrlich, wenn der Verkäufer dem Käufer einen 

  • ihm bekannten Mangel 

bei Abschluss des Kaufvertrags 

  • arglistig verschwiegen 

hat, weil hierdurch regelmäßig die 

  • auf Seiten des Käufers zur Nacherfüllung 

erforderliche Vertrauensgrundlage entfällt.

In den Fällen, in denen Käufer ein vom sog. Dieselskandal betroffenes,

  • also aufgrund einer unzulässigen Abschalteinrichtung mangelhaftes 

Neufahrzeug von einem Händler erworben haben,

  • dem dieser Mangel bei Vertragsabschluss selbst nicht bekannt war,  

ist allerdings zu beachten, dass sich dieser das arglistige Handeln des Fahrzeugherstellers 

  • nicht zurechnen 

lassen muss, so dass eine dem Verkäufer vor Ausübung eines mangelbedingten Rücktrittsrechts vom Käufer einzuräumende Frist zur Nacherfüllung nicht allein deshalb entbehrlich ist, weil 

  • das betreffende Fahrzeug vom Hersteller mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung in Verkehr gebracht worden ist oder 
  • der (bloße) Verdacht besteht, dass ein zur Mangelbeseitigung angebotenes Software-Update zu anderen Nachteilen am Fahrzeug führen könnte (BGH, Urteil vom 29.09.2021 – VIII ZR 111/20 –).

Gegenüber einem Verkäufer

  • der sich bei Vertragsabschluss ordnungsgemäß verhalten hat und 
  • eine Nachbesserung allein in Form eines von eben diesem Hersteller entwickelten und der zuständigen Behörde freigegebenes Software-Updates anbietet,

werden Käufer deshalb zum sofortigen Rücktritt nur dann berechtigt sein, wenn 

  • sie, beispielsweise durch Sachverständigengutachten beweisen können, dass 

das vom Verkäufer angebotene Software-Update zu Nachteilen bzw. Folgeschäden am Fahrzeug führt.

Übrigens:
Mängelansprüche gegen den Verkäufer beim Kauf einer Sache verjähren, 

gemäß § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB in zwei Jahren ab Lieferung des Kaufsache.  

Nur wenn der Verkäufer dem Käufer den Mangel arglistig verschwiegen hat, gilt gemäß §§ 438 Abs. 1 Abs. 3 Satz 1, 195 BGB eine dreijährige Verjährungsfrist.

Sind die Mängelansprüche verjährt, können sie möglicherweise nicht mehr durchgesetzt werden, weil der Verkäufer, 

  • sofern er vor Eintritt der Verjährung nicht hierauf verzichtet hat, 

dann 

  • die Einrede der Verjährung erheben und 
  • die Leistung verweigern kann (§ 214 Abs. 1 BGB). 

Was, wer ein (älteres) gebrauchtes Kraftfahrzeug kauft oder verkauft, wissen sollte

Mit Urteil vom 09.09.2020 – VIII ZR 150/18 – hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) in einem Fall, in dem 

  • von dem Käufer eines gebrauchten, neun Jahre alten PKWs, nach der Übergabe des Fahrzeugs gegenüber dem Verkäufer Mängel des Fahrzeugs – u.a in Form von erheblichen Korrosionsspuren am Auspuff – geltend gemacht worden waren,

darauf hingewiesen, dass 

  • soweit nicht gemäß § 434 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) eine diesbezügliche Beschaffenheit ausdrücklich oder stillschweigend vereinbart worden ist (die vom Verkäufer dann auch geschuldet wird),  

ein bei Gefahrübergang vorliegender, 

entsprechender, gewöhnlicher, 

  • die Verkehrssicherheit nicht beeinträchtigender

Verschleiß von Teilen eines für den Straßenverkehr zugelassenen Kraftfahrzeugs,

  • also ein nicht atypischer oder ungewöhnlicher, 
  • sondern ein „normaler“ (üblicher) durch kontinuierliche Abnutzung eingetretener Verschleiß von Kraftfahrzeugteilen, beispielsweise in Form von Rosterscheinungen,
    • sofern dieser nicht sicherheitsrelevante Teile – wie etwa die Bremsanlage – betrifft,

einen Sachmangel

  • wegen Nichteignung bzw. nur eingeschränkter Eignung für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung bzw. für die gewöhnliche Verwendung (d.h. für die Verwendung als Fahrzeug im Straßenverkehr) nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 2 BGB 

nicht begründet und zwar auch dann nicht, wenn 

Übrigens:
Die Vermutung des § 477 Halbs. 1 BGB (früher bis zum 31.12.2017 § 476 Halbs. 1 BGB), 

  • dass das gekaufte Fahrzeug bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, wenn sich innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang ein Sachmangel zeigt bzw.
  • dass der binnen sechs Monaten nach Übergabe zu Tage getretene mangelhafte Zustand zumindest im Ansatz (latent) schon bei Gefahrübergang vorgelegen hat, 

entbindet den Fahrzeugkäufer nicht davon 

  • darzulegen und 
  • erforderlichenfalls zu beweisen, 

dass sich an der Kaufsache 

Wichtige BGH-Entscheidung, die, sollte sich eine gekaufte Sache nach der Übergabe als mangelhaft erweisen

…. sowohl Käufer als auch Verkäufer kennen sollten.

Mit Urteil vom 26.08.2020 – VIII ZR 351/19 – hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass, wenn ein Käufer, 

  • der nach der Übergabe der Kaufsache feststellt, dass diese einen bei der Übergabe bereits vorhanden gewesenen Mangel (§ 434 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) aufweist und weil 
    • dieses Recht nicht nach § 442 Abs. 1 BGB ausgeschlossen ist, 
    • kein wirksamer Haftungsausschluss nach § 444 BGB vereinbart wurde und 
    • die Gewährleistungsansprüche noch nicht verjährt sind (vgl. § 438 BGB),, 

dem Verkäufer zur Nacherfüllung nach §§ 437 Nr.1, 439 Abs. 1 BGB

  • eine angemessene Frist nach §§ 323 Abs. 1, 281 Abs. 1 Satz 1 BGB

setzt, d.h.,

  • einen Mangel rügt und 
  • binnen einer dafür angemessenen Frist,
    • entweder (was der Käufer frei wählen kann, solange der Verkäufer nicht nachweisen kann, dass er die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung nach § 439 Abs. 4 BGB verweigern kann) die Beseitigung des gerügten Mangels
    • oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangt,

die Nacherfüllungsfrist vom Verkäufer  

  • nicht bereits dann gewahrt ist, wenn dieser innerhalb der Frist die Leistungshandlung erbracht hat,
  • sondern nur, wenn auch der Leistungserfolg eingetreten ist,
    • also bei dem Verlangen einen Mangel zu beseitigen, dieser Mangel innerhalb der Frist auch vollständig beseitigt und die erfolgte Mangelbeseitigung fachgerecht ausgeführt worden ist.  

Ist die Nacherfüllungsfrist so bemessen, dass der Verkäufer 

  • bei ordnungsgemäßem Vorgehen vor Fristablauf voraussichtlich nicht nur die Leistungshandlung vornehmen, 
  • sondern auch den Leistungserfolg herbeiführen kann, 

kann der Käufer 

  • nach erfolglosem Fristablauf 

sekundäre Gewährleistungsrechte (Rücktritt, Minderung, Schadens- oder Aufwendungsersatz) geltend machen, also beispielsweise

  • nach § 437 Nr. 2, § 434 Abs. 1, § 323 Abs. 1, §§ 346 ff. BGB 

vom Kaufvertrag zurücktreten, 

  • sofern der verbliebene Mangel nicht als unerheblich bzw. geringfügig im Sinne von § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB einzustufen ist,

ohne dass er gehalten ist, 

  • zuvor dem Verkäufer eine zweite Gelegenheit zur Nachbesserung einzuräumen.

Allerdings kann ein Käufer, der eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt hatte, dann, wenn er

  • die Frist nach erfolglosem Ablauf verlängert oder
  • sein Einverständnis damit erklärt hat, dass die Mangelbeseitigung erst später vorgenommen wird,

den Rücktritt vom Vertrag nachfolgend nicht mehr darauf stützen, dass der Mangel nicht innerhalb der ursprünglich vorgesehenen Frist beseitigt worden ist.

Fazit:
Ein 

  • zweimaliges

Fehlschlagen der Nachbesserung, 

  • wie es § 440 Satz 2 BGB vorsieht,

ist danach  

  • nur (noch) Rücktrittvoraussetzung, 

wenn der Käufer 

  • sein Nachbesserungsverlangen nicht mit einer Fristsetzung verbunden hatte (beispielsweise weil ihm zunächst allein an einer Nacherfüllung gelegen war) und
  • er sich auch nicht mit Erfolg auf die Entbehrlichkeit einer Fristsetzung nach §§ 323 Abs. 2, 281 Abs. 2 BGB berufen kann.