Tag Verkehrsrecht

Allgemeine Unkostenpauschale bei der Abwicklung von Verkehrsunfallschäden

Typischerweise entstehen durch Unfallereignisse Auslagen wie Telefon-, Porto- und Fahrkosten kleineren Umfangs.
Soweit solche Aufwendungen nicht im Einzelnen belegt werden können, dürfen sie im Rahmen einer Unfallkostenpauschale beansprucht werden.
Dazu, wie hoch diese allgemeine Unkostenpauschale ist, die ein Geschädigter ohne Darlegung der getätigten Aufwendungen beanspruchen, werden in der Rechtsprechung unterschiedliche Auffassungen vertreten.

 

Pro Unfallereignis kann nur eine Pauschale erstattet werden, ohne dass es auf die Anzahl der bei dem Unfall beschädigten Gegenstände ankommt, da auch in Fällen, wo mehrere Schadensgruppen betroffen sind, keine gesonderten Unkostenpauschalen erstattet werden.

Sofern tatsächlich höhere Kosten entstanden sein sollten, ist es dem Geschädigten unbenommen, seine Unkosten konkret zu belegen und abzurechnen (vgl. hierzu OLG Frankfurt/Main, Urteil vom 08.02.2011 – 22 U 162/08 –; AG Brandenburg, Urteil vom 08. Januar 2016 – 31 C 111/15 – und allgemein zur Zuerkennung von Unkostenpauschalen Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 08.05.2012 – VI ZR 37/11 –).

 

Berufung auf ein, das Absehen von einem Regelfahrverbot rechtfertigendes Augenblicksversagen nach Geschwindigkeitsüberschreitung?

Von einem ein Absehen von einem an sich verwirkten Regelfahrverbot rechtfertigenden sog. Augenblicksversagen kann nur für den Fall

 

Für den Begriff des Augenblicksversagens ist deshalb kennzeichnend,

  • dass es sich um eine gleichsam spontane Fehlreaktion innerhalb eines Verkehrsgeschehens handeln muss.
  • Dies ist aber dann nicht der Fall, wenn das fragliche Fehlverhalten des Betroffenen jener Fehlreaktion bereits vorgelagert war.

 

Darauf hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts (OLG) Bamberg mit Beschluss vom 04.01.2016 – 3 Ss OWi 1490/15 – hingewiesen und in einem Fall, in dem

  • ein Betroffener, der als Führer eines Pkw’s mit Anhänger die nach § 3 Abs. 3 Nr. 2a Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) außerhalb geschlossener Ortschaften zulässige Höchstgeschwindigkeit von lediglich 80 km/h um 40 km/h überschritten und
  • sich im gerichtlichen Verfahren gegen das mit Bußgeldbescheid gegen ihn, neben einer Geldbuße, gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Verordnung über die Erteilung einer Verwarnung, Regelsätze für Geldbußen und die Anordnung eines Fahrverbotes wegen Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr (BKatV) i.V.m. lfd. Nr. 11.1.7 der Anlage zu § 1 Abs. 1 BKatV sowie § 4 Abs. 2 Satz 2 BKatV wegen grober und beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers verhängte einmonatige Regelfahrverbot damit verteidigt hatte, geglaubt zu haben, mit dem von ihm ausgeliehenen Anhänger 100 km/h fahren zu dürfen, weil an diesem ein entsprechendes Schild angebracht gewesen sei,

 

entschieden, dass dieser Irrtum des Betroffenen über die erlaubte Höchstgeschwindigkeit bei der Übernahme des Anhängers deshalb kein so genanntes Augenblicksversagen darstellte, welches ein Absehen von dem Regelfahrverbot unter gleichzeitiger Erhöhung des als Regelsatz vorgesehenen Bußgeldes rechtfertigen kann, weil

  • in der Zulassungsbescheinigung eine Eintragung der 100-km/h-Zulassung nicht erfolgt war, der Betroffene die insoweit gebotene Überprüfung der Fahrzeugpapiere unterlassen hatte und
  • das Fehlverhalten des Betroffenen somit bereits bei Übernahme des Anhängers gegeben war.

 

Auch wer ein Handy zum Laden während der Fahrt anschließt handelt ordnungswidrig nach § 23 Abs. 1a StVO

Weil ein Lkw-Fahrer während der Fahrt ein Handy in der Hand hielt, um es zum Laden anzuschließen, muss er wegen vorsätzlichen Benutzens eines Mobiltelefons als Führer eines Kraftfahrzeugs eine Geldbuße von 60 Euro zahlen.

Das hat der für Bußgeldsachen zuständige Senat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg mit Beschluss vom 07.12.2015 – 2 Ss (OWi) 290/15 – entschieden.

Wie der Senat ausgeführt hat, verbietet § 23 Abs. 1a Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) die Nutzung eines Mobil- oder Autotelefons für denjenigen, der ein Fahrzeug führt, wenn er das Gerät hierfür aufnehmen oder halten muss.
Der Begriff des Benutzens im Sinne dieser Vorschrift umfasse sämtliche Bedienfunktionen (z.B. Versendung von Kurznachrichten) und auch Tätigkeiten zur Vorbereitung der Nutzung, wie das Anschließen zum Laden, weil durch § 23 Abs. 1a StVO gewährleistet werden solle, dass der Fahrzeugführer beide Hände für die Bewältigung der Fahraufgabe frei habe.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Oldenburg am 13.01.2016 mitgeteilt.

 

Die rechtliche Bedeutung des Verkehrszeichens „Ende der Autobahn“

Durch das Verkehrszeichen „Ende der Autobahn“ (Zeichen 330.2 der Anlage 3 zu § 42 Abs. 2 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO)) wird

  • lediglich angezeigt, dass die besonderen Regeln für die Autobahn fortan nicht mehr gelten,
  • aber keine Geschwindigkeitsbeschränkung angeordnet.

 

Darauf hat der 5. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Beschluss vom 24.11.2015 – 5 RBs 34/15 – hingewiesen.

Nach Passieren des Verkehrsschildes „Ende der Autobahn“ beträgt die zulässige Höchstgeschwindigkeit demzufolge, sofern diese nicht durch Zeichen 274 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO beschränkt ist,

  • außerhalb geschlossener Ortschaften nach § 3 Abs. 3 Nr. 2c StVO für Pkws 100 km/h sowie für die unter § 3 Abs. 3 Nr. 2a und b StVO für die dort genannten Fahrzeuge 80 km/h bzw. 60 km/h und
  • innerhalb geschlossener Ortschaften nach § 3 Abs. 3 Nr. 1 StVO für alle Kraftfahrzeuge 50 km/h.

 

Die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h innerhalb geschlossener Ortschaften gilt

  • ab Passieren eines Ortseingangsschildes (Zeichen 310 der Anlage 3 zu § 42 Abs. 2 der StVO) und
  • wenn eine Ortstafel fehlt, beginnt die geschlossene Ortschaft da, wo die eindeutig geschlossene Bauweise erkennbar anfängt.

 

Trotz drohender beruflicher Nachteile kein Absehen vom Regelfahrverbot?

Legt ein Betroffener im gerichtlichen Bußgeldverfahren eine Bescheinigung seines Arbeitgebers vor, aus der hervorgeht,

  • dass er seit fast 20 Jahren im Betrieb des Arbeitgebers als Kfz-Mechaniker beschäftigt, dort für das Abschleppen bzw. Bergen von Kundenfahrzeugen verantwortlich ist, sowie nach der Reparatur auch Überführungsfahrten bzw. Probefahrten durchführen muss und der Arbeitgeber seine Kündigung in Erwägung ziehen würde, wenn ihm ein Fahrverbot auferlegt werden sollte,

 

reicht dies zur Feststellung eines Härtefalles und somit als Grund für das Absehen von einem verwirkten Regelfahrverbot nicht aus.

Das hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 30.07.2015 – 943 OWi 417 Js 204821/14 – entschieden und gegen einen Betroffenen,

  • der mit seinem PKW auf der Autobahn bei einer Geschwindigkeit von 115 Stundenkilometern nicht den erforderlichen Sicherheitsabstand von 57,5 Metern zum vorausfahrenden Fahrzeug, sondern nur einen Abstand von 15 Metern eingehalten hatte, also weniger als 3/10 des normalen Tachowertes,

 

wegen Nichteinhaltens des Sicherheitsabstandes die Regelgeldbuße von 160 Euro und das Regelfahrverbot von einem Monat nach Ziffer 12.6.3 Bußgeldkatalog verhängt,

  • obwohl von dem Betroffenen eine Bescheinigung seines Arbeitgebers mit dem obigen Inhalt vorgelegt worden war.

 

Dass es trotz Vorlage dieser Bescheinigung seines Arbeitgebers von der Verhängung des Regelfahrverbots gegen den Betroffenen nicht absah, hat das AG damit begründet,

  • dass eine erhebliche, eine Ausnahme vom Regelfahrverbot rechtfertigende Härte nicht schon dann vorliege, wenn mit einem Fahrverbot berufliche oder auch private Nachteile verbunden oder der Betroffene beruflich in besonderem Maß auf die Fahrerlaubnis angewiesen sei, da berufliche Nachteile, auch schwerwiegender Art, mit einem Fahrverbot nicht nur in Ausnahmefällen, sondern sehr häufig verbunden seien und
  • hier davon auszugehen sei, dass eine Kündigung arbeitsrechtlich keinen Bestand haben würde, weil selbst bei einem Berufskraftfahrer bei Verhängung eines einmonatigen Fahrverbots eine Kündigung nur dann möglich wäre, wenn es ohne diesen zu einer existenzgefährdenden Notlage des Arbeitgebers käme, so dass eine Kündigung des seit fast zwanzig Jahren im Betrieb des Arbeitgebers beschäftigten Betroffenen wegen des Fahrverbots arbeitsrechtlich völlig ausgeschlossen erscheine.

 

Abgesehen davon erachtete das AG das Schreiben auch als Gefälligkeitsbescheinigung des Arbeitgebers, nachdem es dort hieß, dass eine Kündigung in „Erwägung“ gezogen würde.

Das hat die Pressestelle des Amtsgerichts München am 04.01.2016 – 1/16 – mitgeteilt.

 

Welches Maß an Sicherheit schuldet ein Motorradhelm?

Mit dieser Frage hat sich der 1. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (OLG) in seinem Urteil vom 14.12.2015 – 1 U 8/13 – befasst, weil der Käufer eines Motorradhelmes den Verkäufer wegen der bei einem Sturz mit seinem Moped erlittenen Kopfverletzungen mit der Begründung auf Zahlung von Schadenersatz und Schmerzensgeld verklagt hatte,

  • dass der Motorradhelm mangelhaft gewesen sei,
  • da er ihm nicht den nach Vertrag und Verwendungszweck vorauszusetzenden Schutz vor den Kopfverletzung geboten habe, sondern bei dem Sturz gebrochen sei.

 

Welches Maß an Sicherheit von einem Produkt geschuldet wird, hängt, wie der Senat in seiner Entscheidung ausgeführt hat, grundsätzlich davon ab, welche Normen und Standards für ein Sicherheitsprodukt generell festgelegt sind und ob das konkrete Produkt diese Normen und Standards auch erfüllt hat.
Die generelle Eigenschaft, dass ein Motoradhelm bei jedem beliebigen Aufprall unter keinen Umständen brechen darf, wird dabei nicht geschuldet.
Geschuldet wird insoweit, wenn ein Mehr dem Käufer im Rahmen des Vertragsabschlusses nicht versprochen wurde, dass das konkrete Produkt die allgemeinen Normen und Standards erfüllt.
Fehlerhaft i.S.v. § 434 Abs. 1 BGB ist ein Motorradhelm danach nur, wenn er die entsprechenden allgemeinen Produktsicherheitsstandards der EU-Norm nicht erfüllt oder sonst einen Mangel aufweist.

 

Vorzeitige Aufhebung einer strafrichterlich festgesetzten Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis?

Ist einem Angeklagten nach § 69 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) die Fahrerlaubnis entzogen und gemäß § 69a Abs. 1 Satz 1 StGB bestimmt worden, dass ihm für eine bestimmte Dauer, die von sechs Monaten bis zu fünf Jahren betragen kann, keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf (Sperre), kann das Gericht nach § 69a Abs. 7 StGB die Sperre vorzeitig aufheben, wenn

  • diese mindestens drei Monate bzw. bei Verurteilten, gegen die in den letzten drei Jahren vor der Tat bereits einmal eine Sperre angeordnet worden ist, ein Jahr betragen hat und
  • sich Grund zu der Annahme ergibt, dass der Verurteilte zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht mehr ungeeignet ist, d. h. eine auf neuen Tatsachen gestützte hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass sich der Verurteilte im Straßenverkehr nicht mehr als gefährlich erweisen wird.

 

Die Beurteilung dieser Wahrscheinlichkeit

 

Hat ein Verurteilter einen Kurs zur Wiedererlangung der Fahreignung absolviert, kann das zu einer vorzeitigen Aufhebung der Sperre führen.
Entscheidend ist dabei, welchen Inhalt der vom Verurteilten besuchte Kurs hat und ob die von ihm durchgeführte Maßnahme den notwendigen Erfolg hinsichtlich seiner Fahreignung verspricht.

Darauf hat das AG Kehl mit Beschluss vom 22.12.2015 – 2 Cs 206 Js 4523/15 – hingewiesen und in einem Fall,

  • in dem einem bisher strafrechtlich noch nicht in Erscheinung getretenen, wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr Verurteilten die Fahrerlaubnis entzogen, sein Führerschein eingezogen und eine Sperrfrist für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis von neun Monaten festgesetzt worden war,
  • auf dessen Antrag hin, sieben Monate nach Rechtskraft der Entscheidung, die verhängte Sperre für die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis vorzeitig aufgehoben,

 

weil

  • der Verurteilte erfolgreich an einem vom TÜV Süd angebotenen Kurs „Plus 70” für alkoholauffällige Kraftfahrer zur Wiederherstellung der Fahreignung teilgenommen hatte und
  • ihm nicht nur bescheinigt worden war, dass er regelmäßig und pünktlich für insgesamt zwölf Stunden an allen Terminen teilgenommen hatte, alle im Kursprogramm vorgesehenen Themen mit dem Verurteilten aktiv in und mit der Gruppe bearbeitet, die Kursaufgaben in und zwischen den Sitzungen erfüllt worden sind und die Teilnahme des Verurteilten am Gruppengeschehen aktiv gewesen ist,
  • sondern auch die Erwartung geäußert wurde, dass die anlassgebende Thematik individuell aufgearbeitet habe werden können und dass beim Verurteilten eine hohe Motivation gegeben sei, das im Kurs Erlernte nunmehr in der Praxis umzusetzen und deshalb davon auszugehen sei, dass durch die erfolgreiche Kursteilnahme die Wahrscheinlichkeit, erneut durch ein Trunkenheitsdelikt aufzufallen, deutlich reduziert sei.

 

In dem der Entscheidung des AG Kehl zugrunde liegendem Fall hatte die Alkoholisierung des bisher strafrechtlich noch nicht in Erscheinung getretenen Verurteilten bei der Tat 1,41 Promille betragen.

Hinweis:
Ist eine gerichtlich festgesetzte Sperre abgelaufen oder wird sie, wie im obigen Fall vorzeitig aufgehoben, bedeutet dies nicht, dass der Verurteilte seine Fahrerlaubnis damit (schon) wieder hat.
Vielmehr muss der Verurteilte, weil ihm die Fahrerlaubnis ja entzogen worden ist, die (Wieder)Erteilung der Fahrerlaubnis bei der zuständigen Fahrerlaubnisbehörde beantragen. Die Fahrerlaubnisbehörde entscheidet dann ob bzw. unter welchen Voraussetzungen ihm eine Fahrerlaubnis wieder erteilt wird (vgl. hierzu § 20 Abs. 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (FeV) und Verwaltungsgericht (VG) Berlin, Beschluss vom 22.12.2014 – 4 L 298.14 –).

 

Luftverkehrsrechtliche Gefährdungshaftung nach § 45 LuftVG gilt auch für nicht gewerblich tätige Privatpiloten

Ein nicht gewerblich tätiger „Privatpilot“, der vereinbarungsgemäß Passagiere befördert, haftet als Luftfrachtführer gemäß § 45 Luftverkehrsgesetz (LuftVG) für Schäden, die die Passagiere beim Absturz des Flugzeuges erleiden.

Darauf hat der 27. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Beschluss vom 19.11.2015 – 27 U 47/15 – hingewiesen und in einem Fall,

  • in dem der Inhaber einer Privatpilotenlizenz für eine Kostenbeteiligung von 600 Euro vier Personen mit einem Flugzeug von Langeoog nach Menden bringen sollte, das von dem Piloten hierfür gecharterte Flugzeug vom Typ Piper unterwegs aus ungeklärter Ursache abgestürzt war und dabei sämtliche Insassen ums Leben gekommen waren,

 

der Klage der Erbin der Passagiere gegen den Erben des Piloten auf Erstattung von Beerdigungskosten in Höhe von ca. 7.600 Euro stattgegeben.

Wie der Senat, der nach dem Vortrag der Parteien von einem haftungsbegründenden Unfallereignis im Sinne des LuftVG ausgegangen ist, u. a. ausgeführt hat,

  • habe der Beklagte als Erbe des Piloten die Schadensersatzpflicht des verstorbenen Piloten nach § 45 LuftVG zu erfüllen.

 

Der Pilot

  • habe nicht lediglich – rechtsunverbindlich – aus Gefälligkeit gehandelt,
  • sondern sei aufgrund des ihm erteilten Auftrages verpflichtet gewesen, die Passagiere zu einem Pauschalpreis von 600 Euro zu fliegen und
  • deshalb als Luftfrachtführer im Sinne des LuftVG anzusehen.

 

Dass § 45 LuftVG im Rahmen der dort festgelegten Haftungsgrenzen eine Gefährdungshaftung auch für nicht gewerblich tätige Privatpiloten begründet, hat der Senat als rechtlich unbedenklich erachtet.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Hamm am 16.12.2015 mitgeteilt.

 

 

Haftungsverteilung nach Auffahrunfall bei Grünlicht einer Ampel

Der durch Grün bevorrechtigte Fahrzeugführer ist gehalten, die Grünphase einer Ampel auszunutzen, um einen ungehinderten Verkehrsfluss zu gewährleisten.
Bremst er während der Grünphase ohne zwingenden Grund vor dem Kreuzungsbereich stark ab und fährt das nachfolgende Fahrzeug auf, ist der gegenüber dem Auffahrenden sprechende Anscheinsbeweis erschüttert.

Darauf hat die 13. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Saarbrücken mit Urteil vom 20.11.2015 – 13 S 67/15 – hingewiesen und in einem Schadensersatzprozess nach einem Verkehrsunfall,

  • in dem der zunächst an vierter Stelle in einer Reihe von Fahrzeugen vor einer roten Ampel stehende Kläger auf das Fahrzeug des Beklagten vor ihm deshalb aufgefahren war,
  • weil der Beklagte, nach dem Umschalten der Ampel von Rot auf Grün zwar normal angefahren war, aber, nachdem die ersten beiden Fahrzeuge bereits in die Kreuzung eingefahren waren, sein Fahrzeug noch vor dem Kreuzungsbereich, wegen einer sich von rechts auf dem dortigen Fuß- und Radweg langsam nähernden Radfahrerin, deutlich über das Maß eines normalen Bremsvorgangs hinaus gebremst hatte,

 

gemäß § 17 Abs. 1, 2 Straßenverkehrsgesetz (StVG) auf eine Haftungsverteilung von 1/3 zu 2/3 zulasten des Beklagten erkannt.

Maßgebend für die Kammer war dabei zum einen, dass der Beklagte gegen § 4 Abs. 1 Satz 2 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) verstoßen hat, 

  • weil er deutlich über das Maß eines normalen Bremsvorgangs hinaus gebremst hatte,
  • ohne dass bei objektiver Betrachtung für ein solches Bremsmanöver ein zwingender Grund, d. h. eine plötzlich drohende ernste Gefahr für Rechtsgüter und Interessen, die dem Schutzobjekt der Vorschrift (Sachen und Personen) mindestens gleichwertig sind, vorlag (vgl. Oberlandesgericht (OLG) München, Urteil vom 22.02.2008 – 10 U 4455/07 –)

 

und durch diesen nachgewiesenen Verstoß des Beklagten gegen § 4 Abs. 1 Satz 2 StVO der gegen den Kläger als Auffahrenden sprechende Anscheinsbeweis erschüttert war (LG Saarbrücken, Beschluss vom 21.05.2013 – 13 S 72/13 –).

Wie die Kammer ausgeführt hat, hat an einer Kreuzung, an der der Verkehr für alle, also auch für die dortigen Fußgänger und Radfahrer, durch Lichtzeichen geregelt ist, ein durch Grün bevorrechtigte Verkehrsteilnehmer allein aufgrund einer Annäherung eines anderen, wartepflichtigen Verkehrsteilnehmers an die Kreuzung keine Veranlassung zu einem starken Bremsen.
Denn die Regelung des Kraftfahrzeug-, Fußgänger- und Radverkehrs durch eine Lichtzeichenanlage ist gerade dazu bestimmt, die Verkehrsverhältnisse zu ordnen und den Fahrzeugverkehr vom Fußgänger- und Radverkehr sicher auseinander zu halten.

Der durch Grün Bevorrechtigte

  • darf deshalb grundsätzlich darauf vertrauen, dass der Querverkehr stillsteht und
  • ist deshalb umgekehrt auch gehalten, die Grünphase auszunutzen, um einen ungehinderten Verkehrsfluss zu gewährleisten.

 

Allerdings traf den Kläger,

  • auch wenn der gegen ihn als den Auffahrenden sprechende Anscheinsbeweis durch den nachgewiesenen Verstoß des Beklagten gegen § 4 Abs. 1 Satz 2 StVO erschüttert war,

 

nach Ansicht der Kammer wegen nachweislichen Verstoßes gegen die Pflichten aus §§ 3 Abs. 1, Satz 4, 4 Abs. 1 Satz 1, 1 StVO ein Mitverschulden an dem Unfall,

  • weil beim Anfahren bei Grün die Pflicht zur Einhaltung des Mindestabstands nach § 4 Abs. 1 Satz 1 StVO zwar außer Kraft gesetzt ist,
  • dies allerdings einhergeht mit der Pflicht zu besonderer Aufmerksamkeit und erhöhter Bremsbereitschaft (vgl. Kammergericht (KG), Beschluss vom 28.06.2012 – 22 U 56/12 –) und
  • hiergegen vom Kläger verstoßen worden war.

 

Die erkannte Haftungsverteilung von 1/3 zu 2/3 zulasten des Beklagten hat die Kammer damit begründet, dass

  • bei einem Auffahrunfall zwar in der Regel den Auffahrenden die überwiegende Haftung trifft,
  • dies allerdings nicht gilt, wenn dem Vorausfahrenden ein Verstoß gegen § 4 Abs. 1 Satz 2 StVO zur Last fällt,
  • die Mithaftung des Vorausfahrenden in einem solchen Fall umso größer ist, je unwahrscheinlicher nach der Verkehrssituation ein starkes Abbremsen ist und
  • hier der Beklagte mit seinem überraschenden und verkehrswidrigen Abbremsen die maßgebliche Ursache für den Unfall gesetzt hat, da, nachdem bereits die ersten beiden Fahrzeuge über die Ampel gefahren waren und auch der Beklagte beim Umschalten der Ampel auf Grün „normal“ angefahren war, der Kläger davon ausgehen durfte, dass der Beklagte während der Grünphase der Ampel zügig weiterfahren würde.

 

Wenn ein Insasse eines Autos beim Öffnen der Beifahrertür einen Unfallschaden verursacht

Der Kfz-Haftpflichtversicherer haftet grundsätzlich auch für einen Unfallschaden, den ein Insasse des versicherten Fahrzeugs durch das Öffnen der Beifahrertür verursacht.

Darauf hat die 13. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Saarbrücken mit Urteil vom 20.11.2015 – 13 S 117/15 – in einem Fall hingewiesen, in dem der Bruder des Fahrzeughalters und Versicherungsnehmers beim Aussteigen aus dessen Fahrzeug mit der Beifahrertür gegen das ordnungsgemäß geparkte Fahrzeug der Klägerin gestoßen war.

Wie die Kammer ausgeführt hat, deckt die Kfz-Haftpflichtversicherung nach § 115 Abs. 1 Nr. 1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) in Verbindung mit § 1 Pflichtversicherungsgesetz (PflVG) den durch den Gebrauch des Fahrzeugs verursachten Schaden ab und der „Gebrauch des Kraftfahrzeugs“ in diesem Sinne schließt

 

In einem solchen Fall steht dem Geschädigten ein Anspruch aus § 7 Abs. 1 StVG gegen den Fahrzeughalter zu (so auch LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 20.03.1991 – 8 S 10140/90 –), dessen Risiko wiederum durch den Kfz-Haftpflichtversicherer gedeckt ist (vgl. Allgemeine Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB) 2008 A.1.2).
Das gilt auch dann, wenn der Aussteigevorgang auf einer privaten Fläche stattgefunden hat.