Tag Verwertung

Wer in Brasilien gepflanzte Nutzbäume zur späteren Verwertung in Deutschland erwerben möchte, sollte wissen, dass

…. das Eigentum an solchen Bäumen nach brasilianischem Recht, 

  • anders als im deutschen Recht, 

isoliert, d.h. auch ohne das Eigentum an dem Grundstücks übertragen und erworben werden kann.

Mit Urteil vom 08.10.2020 – 6 U 1582/19 – hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz in einem Fall, in dem von einem Verkäufer in Brasilien einem Kaufinteressierten in Deutschland der Kauf von 

  • in Brasilien gepflanzter 

Teakbäume zur späteren Verwertung angeboten, es daraufhin zum Vertragsschluss 

  • über den Erwerb von 265 auf einer Plantage in Brasilien gepflanzten Teakbäumen 

gekommen und dem Käufer 

  • zur Bescheinigung des persönlichen Baumeigentums 

eine „Baumurkunde“ übersandt worden war, entschieden, dass es möglich ist, einen reinen Baumkaufvertrag 

  • über Nutzbäume in Brasilien 

zu schließen. 

Nach brasilianischem Recht, das, so der Senat,

  • da sich die Bäume in Brasilien befinden, gemäß § 43 Abs. 1 Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) 

anzuwenden ist, handelt es sich bei zur Abholzung und anschließenden Verwertung bestimmten Bäumen nämlich um „antizipierte Mobiliargüter“,

  • worunter Güter zu verstehen sind, die natürlicherweise oder künstlich mit dem Grund und Boden verbunden und daher zwar grundsätzlich unbeweglich aber zur Trennung von Grund und Boden bestimmt sind,

zählen zu den antizipierten Mobiliargütern insbesondere 

  • zur Rodung bestimmte Bäume, 

erfolgt die Übertragung des Eigentums 

  • an antizipierten Mobiliargütern im brasilianischen Recht 

nach denselben Vorschriften, die für 

  • die Übertragung von beweglichen Sachen 

gelten und genügt daher hierfür 

  • ein (nicht notariell beurkundeter) Vertragsschluss und 
  • die Übergabe der Sache bzw. eine die Übergabe ersetzende Vereinbarung, 

Was Zahnärzte und Patienten wissen sollten, wenn eine zahnärztliche Leistung fehlerhaft erfolgt ist

…. beispielsweise Implantate fehlerhaft eingesetzt wurden.

Mit Urteil vom 13.09.2018 – III ZR 294/16 – hat der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass ein Zahnarzt,

  • der seinem Patienten Implantate eingesetzt hat,

dann keinen Anspruch auf Honorarzahlung (Vergütungsanspruch)

  • gemäß § 611 Abs. 1, § 612 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) oder
  • gemäß § 628 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 BGB

hat, wenn

  • die Implantate (behandlungs-)fehlerhaft eingesetzt (d.h. unter Verletzung des geschuldeten Facharztstandards fehlerhaft positioniert) wurden und
  • auf Grund dessen eine Korrektur ihrer Position durch Nachbehandlung nicht möglich ist.

Zwar handelt es sich, so der Senat, bei einem Behandlungsvertrag zwischen Patient und Zahnarzt, um einen,

  • jederzeit gemäß § 627 BGB ohne Gründe kündbaren,

Dienstvertrag über Dienste höherer Art, mit dem der Zahnarzt

  • regelmäßig nur eine den allgemeinen Grundsätzen der zahnärztlichen Wissenschaft entsprechende Behandlung verspricht,
  • nicht aber ihr – immer auch von der körperlichen und seelischen Verfassung des Patienten abhängiges – Gelingen,

so dass der Vergütungsanspruch,

  • da das Dienstvertragsrecht keine Gewährleistungsregeln kennt,

bei einer unzureichenden oder pflichtwidrigen Leistung grundsätzlich nicht gekürzt werden oder in Fortfall geraten kann.

Allerdings können sich,

  • wenn ein Behandlungsfehler vorliegt,

Rechte und (Gegen-)Ansprüche des Patienten aus § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB beziehungsweise § 280 Abs. 1 BGB (auf Befreiung von der Vergütungspflicht) ergeben.

So besteht für einen Patienten gemäß § 628 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 BGB keine Vergütungspflicht, wenn

  • der behandelnde Zahnarzt durch schuldhaft vertragswidriges Verhalten den Patienten zur (konkludenten) Kündigung des Behandlungsvertrags durch (vorzeitigen) Abbruch der Behandlung veranlasst hat und
  • für den Patienten die erbrachten (behandlungsfehlerhaften) zahnärztlichen Leistungen infolge der Kündigung für den Patienten nutzlos sind, d.h. für ihn wegen fehlender wirtschaftlicher Verwertung oder Verwertbarkeit kein Interesse mehr haben, weil
    • ein nachbehandelnder Zahnarzt nicht in mit den Regeln der zahnärztlichen Kunst vereinbarer Weise auf Leistungen des Erstbehandlers aufbauen oder durch eine Nachbesserung des gefertigten Zahnersatzes Arbeit gegenüber einer Neuherstellung ersparen kann (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 13.09.2018).

BGH entscheidet: Bürge kann sich stets auch auf ein zwischen dem Hauptschuldner und dem Gläubiger geschlossenes Stillhalteabkommen berufen

Mit Urteil vom 28.11.2017 – XI ZR 211/16 – hat der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass ein Bürge sich nach § 768 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

  • auf ein Leistungsverweigerungsrecht des Hauptschuldners aus einem zwischen diesem und dem Gläubiger geschlossenen Stillhalteabkommen

auch dann berufen kann, wenn

  • sich der Gläubiger in dem Stillhalteabkommen die Geltendmachung der Ansprüche aus der Bürgschaft ausdrücklich vorbehalten hat.

Begründet hat der Senat dies damit, dass

  • nach § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB ein Bürge die Einreden des Hauptschuldners wie eigene geltend machen kann,
  • dieses Recht auch dem selbstschuldnerisch haftenden Bürgen zusteht,
  • der Bürge dabei nicht auf Gegenrechte beschränkt ist, die dem Hauptschuldner gegen die verbürgte Forderung zustehen, sondern dass er, weil die Bürgschaft als akzessorisches Sicherungsmittel dem Gläubiger gegen den Bürgen im Allgemeinen keine besseren Rechte gewähren soll als gegen den Hauptschuldner, auch Einreden des Hauptschuldners gegen die Verwertung der Bürgschaft geltend machen kann,
  • sich der Bürge deshalb nach § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB auf sämtliche Einreden des Hauptschuldners berufen kann, soweit der Sicherungszweck der Bürgschaft dem nicht entgegensteht,
  • demzufolge der Bürge nach § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB auch ein – vorübergehendes oder dauerhaftes – Leistungsverweigerungsrecht des Hauptschuldners aus einem Stillhalteabkommen mit dem Gläubiger geltend machen kann und

diese Einrede des Bürgen nicht dadurch entfällt, dass sich der Gläubiger in der Stillhaltevereinbarung die Inanspruchnahme des Bürgen vorbehalten hat.

Kann ein Wohnungsvermieter wegen beabsichtigter wirtschaftlicher Verwertung des Grundstücks einem Mieter kündigen?

Nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) kann einem Wohnungsmieter von seinem Vermieter

  • wegen eines berechtigtes Interesses an der Beendigung des Wohnraummietverhältnisses

dann gekündigt werden, wenn

  • der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert

und

  • der Vermieter selbst (nicht ein Dritter) dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde,
    • wobei die Möglichkeit, durch eine anderweitige Vermietung als Wohnraum eine höhere Miete zu erzielen, außer Betracht bleibt und
    • der Vermieter sich auch nicht darauf berufen kann, dass er die Mieträume im Zusammenhang mit einer beabsichtigten oder nach Überlassung an den Mieter erfolgten Begründung von Wohnungseigentum veräußern will.

Drohen dem Vermieter – aufgrund der von ihm in dem Kündigungsschreiben aufgeführten Gründe (vgl. hierzu § 573 Abs. 3 BGB) – bei Fortbestand des Mietverhältnisses

  • keine erheblichen Nachteile im Sinne von § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB

ist eine Verwertungskündigung unwirksam.

Bei der Beurteilung der Frage, ob dem Eigentümer durch den Fortbestand des Mietverhältnisses andernfalls ein „erheblicher Nachteil“ entstehen würde, ist zu beachten, dass

  • nicht nur die Rechtsposition des Vermieters,
  • sondern auch das vom Vermieter abgeleitete Besitzrecht des Mieters

von der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie geschützt ist.

Das bedeutet einerseits,

  • dass sein Eigentum dem Vermieter keinen uneingeschränkten Anspruch auf Gewinnoptimierung oder Einräumung gerade der Nutzungsmöglichkeit gewährt, die den größtmöglichen wirtschaftlichen Vorteil verspricht

und andererseits,

  • dass die dem Vermieter bei Fortbestand des Mietverhältnisses entstehenden Nachteile keinen Umfang annehmen müssen, welcher die Nachteile weit übersteigt, die dem Mieter im Falle des Verlustes der Wohnung erwachsen,
    • also das Kündigungsrecht des Eigentümers bei einer Verwertungskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB insbesondere nicht auf Fälle andernfalls drohenden Existenzverlusts reduziert werden darf.

Darauf hat der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 27.09.2017 – VIII ZR 243/16 – hingewiesen (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 27.09.2017 – Nr. 152 /2017 –).

Was Zeugen, die aus persönlichen Gründen ein Zeugnisverweigerungsrecht haben, wissen sollten

In einem strafrechtlichen (Ermittlungs-)Verfahren sind nach § 52 Abs. 1 Strafprozessordnung (StPO) zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigt,

  • die/der Verlobte der/des Beschuldigten oder die Person, mit der die/der Beschuldigte ein Versprechen eingegangen ist, eine Lebenspartnerschaft zu begründen,
  • der Ehegatte der/des Beschuldigten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht,
  • die Lebenspartnerin der Beschuldigten bzw. der Lebenspartner des Beschuldigten, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht und
  • wer mit der/dem Beschuldigten
    • in gerader Linie verwandt oder verschwägert,
    • in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert ist oder war.

Die Vorschrift trägt der besonderen Lage eines Zeugen Rechnung, der als Angehöriger des Beschuldigten der Zwangslage ausgesetzt sein kann, seinen Angehörigen zu belasten oder die Unwahrheit sagen zu müssen. Die Norm soll in erster Linie den Zeugen vor Konflikten schützen, die aus den Besonderheiten der Vernehmungssituation entstehen,

  • insbesondere einerseits durch die Wahrheitspflicht bei der Zeugenvernehmung und
  • andererseits durch die sozialen Pflichten, die aus der persönlichen Bindung gegenüber dem Beschuldigten bzw. Angeklagten erwachsen.

Ein nach § 52 Abs. 1 StPO zeugnisberechtigter Zeuge ist vor jeder Vernehmung über sein Recht zur Verweigerung des Zeugnisses zu belehren (vgl. § 52 Abs. 3 Satz 1 StPO, gegebenenfalls i.V.m. § 163 Abs. 3 Satz 1, wenn die Vernehmung durch die Polizei bzw. i.V.m. § 161a Abs. 1 Satz 2 StPO, wenn die Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft erfolgt).

Nach der Belehrung über sein Zeugnisverweigerungsrecht muss der Zeuge entscheiden, ob er von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch macht oder zur Sache aussagt.

Wichtig zu wissen für den nach § 52 Abs. 1 StPO zeugnisberechtigten Zeugen ist, dass, wenn er im Ermittlungsverfahren

  • von der Polizei oder
  • von der Staatsanwaltschaft

vernommen wird und bei dieser Vernehmung von seinem Zeugnisverweigerungsverweigerungsrecht keinen Gebrauch macht, sondern zur Sache aussagt,

  • dass der Inhalt dieser Aussage im Verfahren gegen den Beschuldigten dann nicht verwertbar ist,
  • wenn er in der nachfolgenden Hauptverhandlung von seinem Zeugnisverweigerungsrecht nach § 52 Abs. 1 StPO Gebrauch macht.

Die frühere bei der Polizei oder der Staatsanwaltschaft gemachte Aussage darf dann auch nicht durch eine Vernehmung der Verhörsperson, also des Polizeibeamten bzw. des Staatsanwalts der den Zeugen vernommen hat, in die Hauptverhandlung eingeführt werden.

Anders ist es, wenn der Zeuge

  • von einem Richter

vernommen wird.

Denn Bekundungen, die ein nach § 52 Abs. 1 StPO zeugnisberechtigter Zeuge nach Belehrung über sein Zeugnisverweigerungsrecht

  • vor einem Richter gemacht hat

sind vom Verwertungsverbot ausgenommen,

  • so dass eine frühere bei einer (ermittlungs)richterlichen Vernehmung gemachte Aussage durch Vernehmung des Richters, der den Zeugen vernommen hat, in die Hauptverhandlung eingeführt und bei der Urteilsfindung verwertet werden kann.

Hierauf hingewiesen muss der Zeuge von dem Richter bei der Vernehmung nicht (BGH, Beschluss vom 15.07.2016 – GSSt 1/16 –).