Tag Vollmacht

OLG Karlsruhe entscheidet, wann eine Bank einem Kunden die Auszahlung eines gekündigten Sparguthabens bei Vorlage  

…. des nicht entwerteten Sparbuchs verweigern darf und wann nicht.

Mit Urteil vom 20.12.2022 – 17 U 151/21 – hat der 17. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe in einem Fall, in dem eine Frau 1992 bei einer Bank ein 

  • Sparkonto

eröffnet, 2020 das Sparguthaben 

  • gekündigt

und unter Vorlage des nicht entwerteten Sparbuchs von der Bank die Auszahlung der

Read More

Erben sollten wissen, dass sie, nach Eintritt des Erbfalls, Auskunft verlangen können

…. nach § 2027 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) 

  • von jedem, der etwas aus der Erbschaft erlangt hat und sich fälschlicherweise ein nicht vorhandenes Alleinerbrecht daran anmaßt (also von jedem Erbschaftsbesitzer i.S.v. § 2018 BGB),
    • über den gegenwärtigen Aktivbestand der Erbschaft (gegenwärtiges Barvermögen, persönliche Gegenstände, Immobilien, ggf. der Haushaltsgegenstände, die dem gemeinsamen Haushalt dienten (vgl. § 1932 BGB)) einschließlich der seit dem Erbfall angefallenen Surrogate und Früchte sowie
    • über den Verbleib nicht mehr vorhandener oder nicht mehr auffindbarer Gegenstände; 

…. nach § 2027 Abs. 2 BGB 

  • von jedem, der, ohne Erbschaftsbesitzer zu sein, eine Sache aus dem Nachlass in Besitz genommen hat, bevor der Erbe den Besitz daran tatsächlich ergriffen hat,
    • über den Verbleib des Erbschaftsgegenstandes;

…. nach § 2028 Abs. 1 BGB 

  • von jedem, der sich zur Zeit des Erbfalls mit dem Erblasser in häuslicher Gemeinschaft befunden hat, darüber,
    • welche erbschaftlichen Geschäfte dieser (seit dem Erbfall) für den Erblasser geführt hat und
    • was ihm über den Verbleib der Erbschaftsgegenstände bekannt ist;

…. nach § 2057 Satz 1 BGB 

  • von Miterben 
    • über die Zuwendungen, die diese nach den §§ 2050 bis 2053 BGB zur Ausgleichung zu bringen haben,
    • also Informationen über eine vom Erblasser erhaltene Ausstattung, wie z.B. 
      • eine Aussteuer (§ 2050 Abs. 1 BGB) oder 
      • Zuschüsse zum Einkommen und Aufwendungen zur Berufsvorbereitung (§ 2050 Abs. 2 BGB) sowie
      • sonstige Zuwendungen, bei denen vom Erblasser bei der Zuwendung die Ausgleichung angeordnet worden ist (§ 2050 Abs. 3 BGB);

…. nach § 2362 Abs. 2 BGB 

  • von jedem, dem ein unrichtiger Erbschein wurde,
    • über den Bestand der Erbschaft und 
    • den Verbleib der Erbschaftsgegenstände;

…. nach § 666 BGB 

…. nach §§ 675, 666 BGB 

  • von dem Geldinstitut bei dem der Erblasser Konten hatte,
    • über Kontostände und
    • kontobezogene Vorgänge aus der Vergangenheit.

Übrigens:
Abgesehen von den Auskünften, die Erben von Miterben 

  • nach § 2057 Abs. 1 BGB, 
  • im Falle des § 2027 BGB oder 
  • wenn ein Miterbe vom Erblasser zur Besorgung von Vermögensangelegenheiten bevollmächtigt und beauftragt bzw. für die Erbengemeinschaft tätig geworden war, nach § 666 BGB 

verlangen können, besteht keine allgemeine Auskunftspflicht von Miterben untereinander, sondern kann 

  • im Einzelfall 

lediglich ein Auskunftsanspruch nach § 242 BGB in Betracht kommen (OLG Koblenz, Urteil vom 20.08.2012 – 5 U 821/12 –).  

Was ist eigentlich, wenn die Wirksamkeit einer erteilten Vorsorgevollmacht von Dritten in Zweifel gezogen wird?

…. Muss dann ein Betreuer bestellt werden?

Liegt eine Vorsorgevollmacht vor, ist 

  • gemäß § 1896 Abs. 2 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) 

eine Betreuung grundsätzlich nicht erforderlich. 

Das gilt auch, wenn Zweifel an der Wirksamkeit der Erteilung der Vorsorgevollmacht bestehen.

  • Kann die Unwirksamkeit einer Vorsorgevollmacht vom Betreuungsgericht nicht positiv festgestellt werden, bleibt es somit bei der wirksamen Bevollmächtigung. 

Ob eine bestehende Vollmacht 

  • dann, wenn sie in Zweifel gezogen wird, 

dem Bevollmächtigten ermöglicht, 

  • die Angelegenheiten des Betroffenen ebenso gut wie durch einen Betreuer zu besorgen, 

ist eine nachgeordnete Frage, die sich erst stellt, wenn 

  • die Frage der Wirksamkeit der Vollmacht ausermittelt ist und 

nicht positiv festgestellt werden kann, ob sie 

  • wirksam oder 
  • unwirksam

ist. 

Bleiben Bedenken, kommt es darauf an, ob die 

  • Akzeptanz der Vollmacht im Rechtsverkehr 

eingeschränkt ist, 

  • entweder weil Dritte die Vollmacht unter Berufung auf diese Bedenken zurückgewiesen haben 
  • oder weil entsprechendes konkret zu besorgen ist.

Unabhängig davon kann 

  • trotz erteilter Vorsorgevollmacht 

eine Betreuung dann erforderlich sein, wenn der Bevollmächtigte 

  • ungeeignet ist, 

die Angelegenheiten des Betroffenen zu besorgen, insbesondere weil 

Übrigens:
Infos nicht nur über die Vorsorgevollmacht, sondern auch über die Patientenverfügung findet man hier

Was Vor- und Nacherben eines Erblassers wissen sollten, wenn der Erblasser (auch) eine über seinen Tod hinaus

…. wirkende Vollmacht erteilt hat(te).

Mit Beschluss vom 29.05.2019 – 8 W 160/19 – hat das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart entschieden, dass, wenn ein Erblasser

  • einem anderen eine über den Tod hinaus wirkende Vollmacht erteilt und
  • den Bevollmächtigten als nicht befreiten Vorerben eingesetzt hat,

der trans- oder postmortal bevollmächtigte Vorerbe,

  • bis zum Widerruf der Vollmacht durch den Nacherben,

auch den Nacherben wirksam vertreten,

  • also durch ein vor Eintritt der Nacherbfolge gleichzeitig im Namen des Vor- und des Nacherben vorgenommenes Rechtsgeschäft,

sämtliche Erben einschließlich der Nacherben,

  • soweit diese selbst vor Eintritt der Nacherbfolge in ihrer Eigenschaft als Nacherben handeln können,

berechtigen und verpflichten kann und dabei

  • nicht den Verfügungsbeschränkungen der §§ 2112, 2113 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) unterworfen ist,
  • sondern in seiner vom Erblasser abgeleiteten Verfügungsmacht nur den Beschränkungen unterliegt, die ihm vom Erblasser selbst direkt auferlegt wurden.

Allerdings kann sich aus einer Verfügung des Bevollmächtigten,

  • sofern sich diese für den Nacherben als nachteilig erweist,

ein Anspruch des Nacherben gegen den Bevollmächtigten erwachsen,

  • ohne dass deswegen aber die Gültigkeit der Verfügung des Bevollmächtigten in Frage gestellt wird.

Eltern sollten wissen wann und wie das Familiengericht in ihr Elternrecht eingreifen darf und wann ihr Recht

…. vorrangig ist, frei von staatlichen Einflüssen und Eingriffen nach eigenen Vorstellungen darüber zu entscheiden,

  • wie sie die Pflege und Erziehung ihrer Kinder gestalten und
  • damit ihrer Elternverantwortung gerecht werden wollen.

Das Familiengericht hat gemäß § 1666 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dann, wenn

  • das körperliche, geistige oder seelische Wohl eines Kindes (konkret) gefährdet ist und
  • die Eltern nicht gewillt oder in der Lage sind, die Gefahr abzuwenden

die zur Abwendung der Gefahr erforderlichen Maßnahmen zu treffen, zu denen gemäß § 1666 Abs. 3 BGB insbesondere gehören,

  • Gebote, öffentliche Hilfen wie zum Beispiel Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und der Gesundheitsfürsorge in Anspruch zu nehmen,
  • Gebote, für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen,
  • Verbote, vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Familienwohnung oder eine andere Wohnung zu nutzen, sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung aufzuhalten oder zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich das Kind regelmäßig aufhält,
  • Verbote, Verbindung zum Kind aufzunehmen oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen,
  • die Ersetzung von Erklärungen des Inhabers der elterlichen Sorge sowie
  • die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge und
  • in Angelegenheiten der Personensorge gemäß § 1666 Abs. 4 BGB auch zu treffende Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten.

Eine konkrete Gefährdung des Kindeswohls besteht bei einer

  • gegenwärtigen,
  • in einem solchen Maß vorhandenen Gefahr,

dass bei der weiteren Entwicklung der Dinge,

  • mit (auf konkreten Verdachtsmomenten beruhender) hinreichender Wahrscheinlichkeit

eine

  • erhebliche

Schädigung des geistigen oder leiblichen Wohls des Kindes zu erwarten ist, wobei

  • an die Wahrscheinlichkeit des erheblichen Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen sind,
  • je schwerer der drohende Schaden wiegt.

Nicht gerechtfertigt sind gerichtliche Maßnahmen nach § 1666 BGB selbst bei hoher Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines

  • nicht erheblichen

Schadens.

Aber auch dann, wenn eine Kindeswohlgefährdung besteht,

  • also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine erhebliche Schädigung des geistigen oder leiblichen Wohls eines Kindes zu erwarten ist,

muss der Eingriff in das Elternrecht,

  • der zur Abwehr der Gefahr für das Kind zu erfolgen hat,

dem – für den Fall der Trennung des Kindes von der elterlichen Familie in § 1666 a BGB ausdrücklich geregelten – Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen.

Das heißt,

  • Art und Ausmaß des staatlichen Eingriffs müssen sich bestimmen,
    • nach dem Grund des Versagens der Eltern und
    • danach, was im Interesse des Kindes geboten ist,
  • die anzuordnende Maßnahme muss zur Abwehr der Kindeswohlgefährdung
    • geeignet,
    • erforderlich und
    • auch im engeren Sinne verhältnismäßig sein, nämlich unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere auch
      • des Verhältnisses zwischen der Schwere des Eingriffs und seiner Folgen, dem Gewicht des dem Kind drohenden Schadens und dem Grad der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts für das Kind.

Die – auch teilweise – Entziehung der elterlichen Sorge als besonders schwerer Eingriff kann daher nur bei einer nachhaltigen Gefährdung des Kindes mit einer höheren – einer ebenfalls im Einzelfall durch Abwägung aller Umstände zu bestimmenden ziemlichen – Sicherheit eines Schadenseintritts verhältnismäßig sein.
Dagegen kann die Anordnung weniger einschneidender Maßnahmen bereits bei geringerer Wahrscheinlichkeit verhältnismäßig sein (Bundesgerichtshofs (BGH) Beschluss vom 06.02.2019 – XII ZB 408/18 –).

Übrigens:
Eine das Elternrecht schonende Maßnahme,

  • die gerichtliche Maßnahmen nach § 1666 Abs. 3 BGB erübrigen können,

kann beispielsweise die Beauftragung und Bevollmächtigung des Jugendamtes durch die Eltern zur Ausübung der elterlichen Sorge bzw. Teilbereichen der elterlichen Sorge sein.

Durch eine solche Auftrags- und Vollmachtserteilung,

  • die angesichts der Regelung des § 18 Sozialgesetzbuch Achtes Buch (SGB VIII) das Jugendamt anzunehmen verpflichtet sein kann,

werden die Eltern als Inhaber der rechtlichen Sorge für ihr Kind aber nicht aus ihrer Elternverantwortung entlassen, sondern sind weiterhin,

  • um eine dem Kindeswohl entsprechende Sorgerechtsausübung zu gewährleisten,

zur fortdauernden Kommunikation und Kooperation mit dem bevollmächtigen Jugendamt verpflichtet.

Erfüllen die Eltern die Verpflichtung zur Zusammenarbeit mit dem bevollmächtigten Jugendamt nicht, kommen – trotz Vollmachterteilung – (wieder) Maßnahmen nach § 1666 Abs. 3 BGB in Betracht (Hanseatisches Oberlandesgericht (OLG) in Bremen, Beschluss vom 05.01.2018 – 4 UF 134/17 –).

Welche Auskünfte können Erben nach dem Tod des Erblassers von wem verlangen und wer muss Erben auf Verlangen

…. welche Auskünfte erteilen?

Erben können nach Eintritt des Erbfalls Auskunft verlangen,

  • nach § 2027 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) von jedem, der etwasaus der Erbschaft erlangt hat und sichfälschlicherweise ein nicht vorhandenes Alleinerbrecht daran anmaßt(also von jedem Erbschaftsbesitzer i.S.v. § 2018 BGB),
    • über den gegenwärtigen Aktivbestand der Erbschaft (gegenwärtiges Barvermögen, persönliche Gegenstände, Immobilien, ggf. der Haushaltsgegenstände, die dem gemeinsamen Haushalt dienten (vgl. § 1932 BGB)) einschließlich der seit dem Erbfall angefallenen Surrogate und Früchte sowie
    • über den Verbleib nicht mehr vorhandener oder nicht mehr auffindbarer Gegenstände;
  • nach § 2027 Abs. 2 BGB von jedem, der, ohne Erbschaftsbesitzer zu sein, eine Sache aus dem Nachlass in Besitz genommen hat, bevor der Erbe den Besitz daran tatsächlich ergriffen hat,
    • über den Verbleib von Erbschaftsgegenständen;
  • nach § 2028 Abs. 1 BGB von jedem, der sich zur Zeit des Erbfalls mit dem Erblasser in häuslicher Gemeinschaft befunden hat, darüber,
    • welche erbschaftlichen Geschäfte dieser (seit dem Erbfall) für den Erblasser geführt hat und
    • was ihm über den Verbleib der Erbschaftsgegenstände bekannt ist;
  • nach § 2057 Satz 1 BGB von Miterben
    • über die Zuwendungen, die diese nach den §§ 2050 bis 2053 BGB zur Ausgleichung zu bringen haben,
    • also Informationen über eine vom Erblasser erhaltene Ausstattung, wie z.B. eine Aussteuer (§ 2050 Abs. 1 BGB) oder Zuschüsse zum Einkommen und Aufwendungen zur Berufsvorbereitung (§ 2050 Abs. 2 BGB) sowie sonstige Zuwendungen, bei denen vom Erblasser bei der Zuwendung die Ausgleichung angeordnet worden ist (§ 2050 Abs. 3 BGB);
  • nach § 2362 Abs. 2 BGB von jedem, dem ein unrichtiger Erbschein wurde,
    • über den Bestand der Erbschaft und
    • den Verbleib der Erbschaftsgegenstände;
  • nach § 666 BGB von jedem, den der Erblasser zur Besorgung seiner Vermögensangelegenheiten Vollmacht (Kontovollmacht) erteilt hatte,
    • über den Stand der Rechtsgeschäfte, die der Bevollmächtigte in Ausübung der Vollmacht getätigt hat und
    • Rechenschaftslegung durch eine übersichtliche, in sich verständliche Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben, die die Entwicklung zum Stichtag aufzeigen,
  • nach §§ 675, 666 BGB von dem Geldinstitut bei dem der Erblasser Konten hatte,
    • über Kontostände und
    • kontobezogene Vorgänge aus der Vergangenheit.

Übrigens:
Abgesehen von der Auskunft, die Erben von Miterben nach § 2057 Abs. 1 BGB, im Falle des § 2027 BGB oder nach § 666 BGB verlangen können, wenn ein Miterbe vom Erblasser zur Besorgung von Vermögensangelegenheiten bevollmächtigt und beauftragt bzw. für die Erbengemeinschaft tätig geworden war,

  • besteht keine allgemeine Auskunftspflicht von Miterben untereinander,
  • sondern kann im Einzelfall lediglich ein Auskunftsanspruch nach § 242 BGB in Betracht kommen (OLG Koblenz, Urteil vom 20.08.2012 – 5 U 821/12 –).

Warum die Erstellung einer Patientenverfügung sinnvoll ist

…. wenn man in bestimmten, künftig möglicherweise eintretenden Lebens- bzw. Behandlungssituationen eine bestimmte ärztliche Behandlung wünscht oder nicht (mehr) wünscht, wie etwa (weitere) lebenserhaltende Maßnahmen.

Wenn ein Volljähriger,

  • beispielsweise weil er sich nach einem Unfall oder Schlaganfall in einem komatösen Zustand befindet,

selbst nämlich keine Entscheidungen (mehr) treffen kann,

  • er also in ärztliche Behandlungen selbst auch nicht mehr einwilligen kann,

der Betroffene aber vorher schon einen entsprechenden eigenen Willen

  • in einer schriftlichen Patientenverfügung (§ 1901 a Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) niedergelegt hat,

sind die von ihm in der Patientenverfügung getroffenen Entscheidungen,

  • also, ob eine ärztliche, auch eine lebensverlängernde Maßnahme – wie etwa eine künstliche Ernährung über eine Magensonde (PEG) – unterbleiben, durchgeführt, fortgesetzt oder abgebrochen werden soll,

für alle, auch für die behandelnden Ärzte, bindend,

  • sofern die von dem Betroffenen in der Patientenverfügung beschriebene Lebens- und Behandlungssituation auf die bei ihm konkret eingetretene zutrifft.

Dagegen müssen, wenn

  • ein Betroffener keine Patientenverfügung errichtet hat,
  • aber auch dann, falls sie auf die konkret eingetretene Lebens- und Behandlungssituation nicht zutrifft bzw. sie nicht ausreichend bestimmt ist,

die Entscheidungen darüber, ob bzw. welche in Betracht kommenden ärztlichen Maßnahmen durchgeführt oder nicht (länger) durchgeführt werden sollen,

  • sofern für diesen Fall der Betroffene einer Person ausdrücklich schriftlich Vollmacht auch für die Entscheidung über die Beendigung lebenserhaltender Maßnahmen erteilt hat, von dieser Person,
  • ansonsten von einem vom Amtsgericht zu bestellenden Betreuer

getroffen werden.

Diesem Bevollmächtigten bzw. diesem Betreuer obliegt es zuvor den (mutmaßlichen) Behandlungswunsch des Betroffenen zu ermitteln, was, wenn keine Patientenverfügung vorliegt, äußerst schwierig sein kann.

Will in einem solchen Fall der Bevollmächtigte bzw. der Betreuer,

  • weil er überzeugt ist, dass dies dem (mutmaßlichen) Willen des Betroffenen entspricht,

dass (weitere) lebenserhaltende Maßnahmen unterbleiben oder abgebrochen werden, bedarf diese Maßnahme dann keiner gerichtlichen Genehmigung nach § 1904 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Abs. 4 und Abs. 5 Satz 1 BGB, wenn

  • zwischen dem Bevollmächtigten bzw. dem Betreuer und dem behandelnden Arzt des Betroffenen Einvernehmen darüber besteht, dass diese Vorgehensweise dem Willen des Betroffenen entspricht.

Besteht darüber dagegen kein Einvernehmen zwischen dem Bevollmächtigten bzw. dem Betreuer und dem behandelnden Arzt des Betroffenen greift das Genehmigungserfordernis gemäß § 1904 Abs. 2 BGB ein, d.h., dass

  • lebenserhaltende Maßnahmen nur mit Genehmigung des Betreuungsgerichts abgebrochen bzw. beendet werden dürfen und
  • dazu das Gericht erst prüfen muss, ob diese Maßnahme dem (mutmaßlichen) Willen des Betroffenen entspricht oder nicht.

Übrigens:
Eine Patientenverfügung bedarf keiner notariellen Beurkundung sondern lediglich der Schriftform. Der Ersteller kann sie auch jederzeit schriftlich ändern und formlos widerrufen.

Um unmittelbare Bindungswirkung (auch) gegenüber den behandelnden Ärzten zu entfalten muss eine Patientenverfügung ausreichend bestimmt sein, d.h.,

  • in ihr muss der Ersteller umschreibend festlegen, was er in einer bestimmten Lebens- und Behandlungssituation bzw. bei bestimmten spezifizierten Krankheiten will und was nicht,
  • möglichst durch Bezeichnung der ärztlichen Maßnahmen in die der Ersteller einwilligt oder die er untersagt,

etwa durch Angaben zur

  • Schmerz- und Symptombehandlung,
  • künstlichen Ernährung und Flüssigkeitszufuhr,
  • Wiederbelebung,
  • künstlichen Beatmung,
  • Antibiotikagabe oder Dialyse usw..

Nicht ausreichend sind

  • ausschließlich allgemeine Anweisungen, wie die Aufforderung, „ein würdevolles Sterben zu ermöglichen oder zuzulassen, wenn ein Therapieerfolg nicht mehr zu erwarten ist“ oder
  • lediglich die Äußerung, „keine lebenserhalten- den Maßnahmen“ zu wünschen, da diese Äußerung jedenfalls für sich genommen keine hinreichend konkrete Behandlungsentscheidung enthält (Bundesgerichtshofs (BGH), Beschluss vom 08.02.2017 – XII ZB 604/15 –).

Was Betroffene, die festlegen wollen, dass in bestimmten Fällen keine lebenserhaltenden Maßnahmen erfolgen, wissen sollten

Wer in bestimmten Lebens- und Behandlungssituationen, falls sie eintreten, keine lebenserhaltenden Maßnahmen wünscht, sollte, solange er einwilligungsfähig ist,

  • das in einer Patientenverfügung (vgl. § 1901a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – die übrigens jederzeit formlos wieder widerrufen werden kann – schriftlich festlegen und
  • gleichzeitig einer Person seines Vertrauens schriftlich Vollmacht zur Geltendverschaffung seines in der Patientenverfügung festgelegten Willens erteilen.

Wissen sollte man dazu Folgendes:

  • Unmittelbare Bindungswirkung für den behandelnden Arzt entfaltet eine Patientenverfügung nur dann, wenn der Patientenverfügung konkrete Entscheidungen des Betroffenen entnommen werden können
    • über die Einwilligung oder
    • Nichteinwilligung in bestimmte, noch nicht unmittelbar bevorstehende ärztliche Maßnahmen.
      Nicht ausreichend sind allgemeine Anweisungen, wie die Aufforderung, ein würdevolles Sterben zu ermöglichen bzw. zuzulassen, wenn ein Therapieerfolg nicht mehr zu erwarten ist oder die alleinige, keine konkrete Behandlungsentscheidung enhaltende Äußerung „keine lebenserhaltenden Maßnahmen“ zu wünschen.
      Vielmehr muss zumindest umschreibend festgelegt werden, was in einer bestimmten Lebens- und Behandlungssituation gewollt wird und was nicht, wobei die insoweit erforderliche Konkretisierung durch die Benennung bestimmter ärztlicher Maßnahmen oder die Bezugnahme auf ausreichend spezifizierte Krankheiten oder Behandlungssituationen erfolgen kann (vgl. hierzu Bundesgerichtshofs (BGH), Beschluss vom 06.07.2016 – XII ZB 61/16 –).
  • Ferner muss die dem Bevollmächtigten erteilte Vollmacht ausdrücklich (auch) die Berechtigung zur Entscheidung über die Beendigung lebenserhaltenden Maßnahmen umfassen und die Vollmacht dazu vom Betroffenen schriftlich erteilt worden sein, weil nur dann ein Bevollmächtigter auch eine Entscheidung über die Beendigung lebenserhaltenden Maßnahmen treffen kann (§ 1904 Abs. 1 und Abs. 5 BGB).

Ist von einem Betroffenen eine Patientenverfügung errichtet und eine Person seines Vertrauens dazu bevollmächtigt worden seinem Willen Geltung zu verschaffen, obliegt es,

  • wenn nachfolgend ein Fall eintritt, in dem eine Entscheidung darüber getroffen werden muss, ob bzw. wie der Betroffene (weiter) ärztlich behandelt werden soll und
  • der Betroffene diese Entscheidung, wegen zwischenzeitlich bei ihm eingetretener Einwilligungsunfähigkeit, nicht mehr unmittelbar selbst treffen kann,

dem Bevollmächtigten, zu prüfen, ob die Festlegungen des Betroffenen in seiner Patientenverfügung auf seine aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutrifft.

Ist dies der Fall hat der Betroffene die Entscheidung in seiner Patientenverfügung (schon) selbst getroffen.
Der Bevollmächtigte hat dann,

  • gegenüber dem behandelnden Arzt bei der Erörterung über die zu treffenden Maßnahmen,

dem in der Patientenverfügung niedergelegten Willen des Betroffenen Ausdruck und Geltung zu verschaffen, d.h., hinsichtlich der (weiteren) ärztlichen Behandlung bzw. Nichtbehandlung so zu entscheiden, wie der Betroffene es in seiner Patientenverfügung bestimmt hat.

Für den Fall, dass von dem Betroffenen in seiner Patientenverfügung festgelegt worden ist, in bestimmten Lebens- und Behandlungssituationen keine lebenserhaltenden Maßnahmen zu wünschen, bedeutet das:

  • Sind der Bevollmächtigte und der behandelnde Arzt übereinstimmend der Überzeugung, dass eine Situation vorliegt bzw. eingetreten ist, in der das Unterbleiben bzw. die Beendigung lebenserhaltender Maßnahmen dem in der Patientenverfügung niedergelegten Willen des Betroffenen entspricht, dürfen, ohne dass es einer Genehmigung des Betreuungsgerichts hierzu bedarf, lebenserhaltende Maßnahmen unterbleiben bzw. beendet werden (§ 1904 Abs. 4 BGB).
  • Ist der behandelnde Arzt dagegen der Auffassung, dass die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation des Betroffenen nicht auf die vom Betroffenen in seiner Patientenverfügung festgelegte Lebens- und Behandlungssituation zutrifft und die weitere Behandlung des Betroffenen medizinisch angezeigt ist, muss der Bevollmächtigte, wenn er auf seinem Standpunkt beharrt, beim Betreuungsgericht einen Antrag auf Genehmigung der Einstellung der lebenserhaltenden Maßnahmen stellen.
    Dann trifft die Entscheidung, ob die Einstellung der lebenserhaltenden Maßnahmen in der bei dem Betroffenen vorliegenden Lebens- und Behandlungssituation dem Willen des Betroffenen entspricht, das Betreuungsgericht, indem es entweder die Genehmigung zur Einstellung der lebenserhaltenden Maßnahmen erteilt oder versagt.

Was Jeder bedenken sollte, der einem anderen eine im Außenverhältnis unbeschränkte Vollmacht erteilt

Wird einem anderen, durch Erklärung gegenüber diesem, Vollmacht erteilt (vgl. § 167 Abs. 1 Halbsatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGH)), kann dieser im Namen des Vollmachtgebers Willenserklärungen abgeben, Geschäfte tätigen und Verträge abschließen, die unmittelbar für und gegen den Vollmachtgeber wirken (vgl. § 164 BGB).

Das Risiko eines Missbrauchs einer solchen Vertretungsmacht,

  • dass also der Bevollmächtigte seine im Innenverhältnis beschränkten Befugnisse bei dem Abschluss von Verträgen im Namen des Vollmachtgebers überschreitet,

trägt dabei grundsätzlich der Vertretene (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteile vom 29.06.1999 – XI ZR 277/98 –; vom 01.06.2010 – XI ZR 389/09 – und vom 09.05.2014 – V ZR 305/12 –).

Den Vertragspartner trifft keine Prüfungspflicht, ob und inwieweit der Vertreter im Innenverhältnis gebunden ist, von seiner nach außen unbeschränkten Vertretungsmacht nur begrenzten Gebrauch zu machen.

  • Etwas anderes gilt zum einen nur in dem Fall, dass der Vertreter kollusiv mit dem Vertragsgegner zum Nachteil des Vertretenen ein Geschäft abschließt.

Ein solches Geschäft verstößt gegen die guten Sitten und ist nichtig (§ 138 BGB; vgl. nur BGH, Urteile vom 17.05.1988 – VI ZR 233/87 –; vom 14.06.2000 – VIII ZR 218/99 – und vom 28.01.2014 – II ZR 371/12 –).

  • Zum anderen ist der Vertretene gegen einen erkennbaren Missbrauch der Vertretungsmacht im Verhältnis zum Vertragspartner dann geschützt,
    • wenn der Vertreter von seiner Vertretungsmacht in ersichtlich verdächtiger Weise Gebrauch gemacht hat,
    • so dass beim Vertragspartner begründete Zweifel bestehen mussten, ob nicht ein Treueverstoß des Vertreters gegenüber dem Vertretenen vorliegt.

Notwendig ist dabei eine massive Verdachtsmomente voraussetzende objektive Evidenz des Missbrauchs (vgl. BGH, Urteile vom 25.10.1994 – XI ZR 239/93 –; vom 29.06.1999 – XI ZR 277/98 –; vom 01.02.2012 – VIII ZR 307/10 – und vom 09.05.2014 – V ZR 305/12 –).
Die objektive Evidenz ist insbesondere dann gegeben, wenn sich nach den gegebenen Umständen die Notwendigkeit einer Rückfrage des Geschäftsgegners bei dem Vertretenen geradezu aufdrängt.

Darauf hat der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes (BGH) im Urteil vom 14.06.2016 – XI ZR 483/14 – hingewiesen.