Tag Vorsatz

Wichtig zu wissen für Kunden eines Autovermieters, die an dem angemieteten Auto einen Schaden verursacht haben

Mit Urteil vom 15.01.2019 – 159 C 15364/18 – hat das Amtsgericht (AG) München in einem Fall, in dem

  • von Kunden eines Autovermieters nach Abschluss entsprechender Rahmenverträge auf öffentlichen Parkplätzen stehende Fahrzeuge bargeldlos angemietet werden konnten und

ein Kunde, mit einem,

  • unter vertraglicher Haftungsfreistellung, die nach den AVB allerdings
    • bei vorsätzlich herbeigeführtem Schaden entfallen und
    • bei grob fahrlässig herbeigeführtem Schaden den Vermieter berechtigen sollte, die Haftungsfreistellung in einem dem Verschuldensgrad entsprechenden Verhältnis zu kürzen,

gemieteten BMW 218 beim Wenden aus Unachtsamkeit,

  • da er seine Aufmerksamkeit – wenn auch nur kurzzeitig – einem verkehrsfremden Vorgang, gewidmet hatte,
  • nämlich seiner vom Armaturenbrett herabfallenden Mütze,

gegen einen auf der anderen Straßenseite geparkten Pkw gestoßen war und dabei an dem Mietwagen einen Schaden

  • in Höhe von 7.028,15 Euro

verursacht hatte, entschieden, dass

  • der Vermieter von dem Kunden (lediglich) 25 % des an dem Mietwagen entstandenen Schadens ersetzt verlangen kann.

Begründet hat das AG dies damit, dass

  • das zu dem Schaden an dem Mietwagen führende Verhalten zwar grob fahrlässig gewesen sei,

es sich allerdings bei diesem Versagen,

  • da nicht feststehe, dass der Kunde sich (auch) nach der herabgefallenen Mütze gebückt habe,

wegen der sehr kurzen Dauer, um eine

  • nur leichte grobe Fahrlässigkeit

gehandelt habe (Quelle: Pressemitteilung des AG München).

Wie ist das bei einem Grenzüberbau? Wann muss er beseitigt und wann muss er geduldet werden?

Ob derjenige, der ein Gebäude über die Grenze gebaut hat, ohne dass ihm dies vom Nachbarn gestattet worden war, den Überbau beseitigen muss oder nicht, ist in § 912 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geregelt.

In dieser Vorschrift ist bestimmt, dass,

  • wenn dem Überbauenden weder Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden kann,
  • der Nachbar den zwar Überbau dulden muss, er aber durch eine Geldrente zu entschädigen ist,
    • die in aller Regel deutlich geringer ist als eine Pacht oder eine Nutzungsentschädigung und
    • für deren Höhe die Zeit der Grenzüberschreitung maßgebend ist.

Das gilt nicht nur,

  • wenn die Grundstücksgrenze bei Errichtung eines Gebäudes überschritten wird,
  • sondern auch, wenn dies bei einem späteren Um- oder Ausbau geschieht.

Handelt es bei dem „Überbau“ um einen

  • teilweise oder vollständig auf dem Nachbargrundstück stehenden Gebäudeanbau, beispielsweise eine Veranda,

hängt die entsprechende Anwendung von § 912 BGB ab,

  • von den mit dem Abbruch des Anbaus verbundenen Folgen für das auf dem Grundstück des Überbauenden stehende Gebäude, also davon, welche Folgen ein Abbruch des Anbaus für das Gebäude des Überbauenden hätte und
  • ob er vorsätzlich oder grob fahrlässig über die Grenze gebaut hat.

Übrigens:
Hat der Nachbar solche Anbauten auf seinen Grundstück widerruflich gestattet ist er zu deren Duldung nur bis zu einem Widerruf verpflichtet.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 15.07.2016 – V ZR 195/15 – hingewiesen (Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 124/2016 vom 15.07.2016)

Was GmbH-Geschäftsführer wissen sollten, die wegen Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen in Anspruch genommen werden

Der Sozialversicherungsträger, der einen Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) wegen Vorenthaltung von Sozialversicherungsbeiträgen aus § 823 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), § 266a Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) in Anspruch nimmt,

  • trägt für den zumindest bedingten Vorsatz des Geschäftsführers die Darlegungs- und Beweislast auch dann,
  • wenn die objektive Pflichtwidrigkeit des beanstandeten Verhaltens feststeht.

Den in Anspruch genommenen Geschäftsführer trifft lediglich eine sekundäre Darlegungslast (Bundesgerichtshof (BGH), Urteile vom 18.12.2012 – II ZR 220/10 – und vom 11.12.2001 – VI ZR 350/00 –).

  • Die Beweislastverteilung, dass bei objektiv feststehender Verletzung eines Schutzgesetzes im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB der das Schutzgesetz Übertretende in aller Regel Umstände darlegen und beweisen müsse, die geeignet seien, die daraus folgende Annahme seines Verschuldens auszuräumen, gilt nicht, wenn der Schadensersatzanspruch Vorsatz voraussetzt (vgl. BGH, Urteile vom 18.12.2012 – II ZR 220/10 –; vom 01.07.2008 – XI ZR 411/06 – und vom 23.03.2010 – VI ZR 57/09 –).

Allerdings handelt der wegen Nichtabführung der Sozialversicherungsbeiträge in Anspruch genommene Geschäftsführer mit bedingtem Vorsatz, wenn

  • er eine für möglich gehaltene Beitragsvorenthaltung billigt und
  • nicht auf die Erfüllung der Ansprüche der Sozialversicherungsträger hinwirkt (BGH, Urteil vom 18.12.2012 – II ZR 220/10 –).

Überlässt es der Geschäftsführer anderen für das Unternehmen tätigen Personen, für die Zahlung der Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung zu sorgen,

  • muss er (jedenfalls) im Rahmen der ihm verbliebenen Überwachungspflicht tätig werden,
  • sobald Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Erfüllung der Aufgaben durch die intern damit betrauten Personen nicht mehr gewährleistet ist.
  • Er muss dann durch geeignete Maßnahmen die Abführung der Sozialversicherungsbeiträge sicherstellen.

Anlass für konkrete Überwachungsmaßnahmen bieten insbesondere

  • eine finanzielle Krisensituation oder
  • ungeordnete Verhältnisse im Geschäftsablauf innerhalb der Gesellschaft (vgl. BGH, Urteile vom 02.06.2008 – II ZR 27/07 –; vom 18.12.2012 – II ZR 220/10 – und vom 09.01.2001 – VI ZR 407/99 –).

Eine vorsätzliche Verletzung derartiger Überwachungspflichten setzt indes voraus, dass der Geschäftsführer von seiner Bestellung Kenntnis hatte.
Weiß er nichts von seiner Bestellung, entfällt auch sein Wissen um die tatsächliche Grundlage der aus der Stellung als Geschäftsführer folgenden Pflichten.

Darauf hat der II. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 03.05.2016 – II ZR 311/14 – hingewiesen.

Wann droht eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Geschwindigkeitsüberschreitung?

Steht fest, dass

  • einem Fahrzeugführer die zulässige Höchstgeschwindigkeit bekannt war und
  • er diese um mehr als 40 % überschritten hat,

kann der Bußgeldrichter – ohne weitere Feststellungen zum Wissen und Wollen des Fahrzeugführers –

  • von einer vorsätzlichen Geschwindigkeitsüberschreitung ausgehen,
  • also davon, dass der Fahrzeugführer nicht nur aus Unachtsamkeit fahrlässig, sondern wissentlich und willentlich zu schnell gefahren ist und diesen demzufolge wegen vorsätzlicher Geschwindigkeitsüberschreitung verurteilen.

Das hat der 4. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Beschluss vom 10.05.2016 – 4 RBs 91/16 – entschieden und in einem Fall,

  • in dem ein Betroffener, der mit seinem Pkw, wie die Polizei mittels Lasermessung festgestellt hatte, innerorts statt 50 km/h, 78 km/h schnell gefahren und vom Amtsgericht deshalb wegen vorsätzlicher Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit verurteilt worden war,
  • die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen dieses Urteil verworfen.

Begründet hat der Senat die Entscheidung, dass eine vorsätzliche Überschreitung der innerorts zulässigen Höchstgeschwindigkeit vorgelegen hat, damit, dass

  • vorsätzlich eine Geschwindigkeitsüberschreitung begeht, wer die Geschwindigkeitsbeschränkung kennt und bewusst dagegen verstößt,
  • jeder Autofahrer weiß, dass innerhalb einer geschlossenen Ortschaft man mit dem Pkw regelmäßig nur 50 km/h fahren darf,
  • für ein vorsätzliches Handeln der Grad der Überschreitung ein starkes Indiz sein kann, wobei es auf das Verhältnis zwischen der gefahrenen und der vorgeschriebenen Geschwindigkeit ankommt und
  • der Erfahrungssatz besteht, dass einem Fahrzeugführer die erhebliche Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit aufgrund der Fahrgeräusche und der vorüberziehenden Umgebung jedenfalls dann nicht verborgen bleibt, wenn die zulässige Höchstgeschwindigkeit um mehr als 40 % überschritten wird (Quelle Pressemitteilung des OLG Hamm vom 06.06.2016).

Da bei einer Verurteilung wegen vorsätzlicher Geschwindigkeitsüberschreitung

  • nicht nur ein höheres Bußgeld verhängt werden kann als im Bußgeldkatalog vorgesehen ist, dessen Bußgeldsätze von fahrlässiger Begehungsweise ausgehen,
  • sondern es auch Probleme mit der Verkehrs-Rechtschutzversicherung hinsichtlich der Kostenübernahme geben kann,

ist in solchen Fällen, nach Erhalt des Bußgeldbescheides, die Zuziehung eines Rechtsanwalts, insbesondere eines Fachanwalts für Verkehrsrecht, dringend zu empfehlen.