Erwirbt ein Versicherungsnehmer, der eine Wohngebäudeversicherung zum gleitenden Neuwert abgeschlossen hat, falls sein Haus abbrennt, nach den Allgemeinen Bedingungen für die Wohngebäudeversicherung (VGB)
- einen Anspruch auf Zahlung des Teils der Entschädigung, der den Zeitwertschaden übersteigt (Neuwertanteil), nur,
- soweit und sobald er innerhalb von drei Jahren nach Eintritt des Versicherungsfalls sicherstellt, dass er die Entschädigung verwenden wird, um versicherte Sachen in gleicher Art und Zweckbestimmung an der bisherigen Stelle wiederherzustellen oder wiederzubeschaffen,
ist Voraussetzung für den Anspruch auf den Neuwertanteil
- nicht nur, dass mit der geforderten Neuwertentschädigung keine (objektive) Bereicherung des Versicherungsnehmers verbunden ist,
- sondern auch, dass das Neubauvorhaben des Versicherungsnehmer von gleicher Art (Größe) und Zweckbestimmung ist, wie das durch den Brand zerstörte Haus.
Darauf hat der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 20.04.2016 – IV ZR 415/14 – hingewiesen.
Begründet hat der Senat dies damit, dass eine solche, so genannte strenge Wiederherstellungsklausel sich orientiert an dem für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer erkennbaren Zweck der Neuwertversicherung,
- den Schaden auszugleichen, der dem Versicherungsnehmer dadurch entsteht, dass er einen höheren Betrag als den Zeitwert aufwenden muss, wenn er das zerstörte Gebäude wiederherstellt,
- wobei auf diesen tatsächlichen Schaden der Umfang des Ersatzanspruchs allerdings auch beschränkt ist.
Die Neuwertversicherung soll grundsätzlich nicht auch solche Aufwendungen abdecken, die durch wesentliche Verbesserungen des Gebäudes bei seiner Wiedererrichtung verursacht wurden.
Eine derartige Bereicherung des Versicherungsnehmers aus Anlass des Schadenfalles ist zu vermeiden, auch um das Interesse am Abbrennen des versicherten Gebäudes nicht zu fördern.
- Zweck der Wiederherstellungsklausel ist es deshalb zum einen,
- die Bereicherung durch die Neuwertentschädigung auf den Teil zu beschränken,
- der das Bedürfnis für die Neuwertversicherung begründet, also auf die ungeplanten, dem Versicherungsnehmer erst durch den Versicherungsfall aufgezwungenen Ausgaben (BGH, Urteile vom 20.07.2011 – IV ZR 148/10 –; vom 21.02.1990 – IV ZR 298/88 – und vom 08.06.1988 – IVa ZR 100/87 –).
- Zum anderen zielt die Bestimmung ersichtlich für den Versicherungsnehmer aber auch auf
- die Begrenzung des subjektiven Risikos des Versicherers,
- der davor geschützt werden soll, dass der Versicherungsnehmer – wie bei freier Verwendbarkeit der Versicherungsleistung – in Versuchung geraten könnte, sich durch Vortäuschen eines Versicherungsfalles Vermögensvorteile zu verschaffen (BGH, Urteile vom 20.07.2011 – IV ZR 148/10 – und vom 18.02.2004 – IV ZR 94/03 –).
Solche unerwünschten Vermögensvorteile können auch darin bestehen, dass
- der Versicherungsnehmer zwar bereit ist, die durch eine Erweiterung oder wesentliche Veränderung des Neubaus gegenüber dem Vorgängergebäude entstehenden Mehrkosten selbst zu tragen,
- im Übrigen aber auf die Neuwertentschädigung für das abgebrannte Gebäude bei der Finanzierung des neuen Bauvorhabens zurückgreifen kann.
Wollte man dem Versicherungsnehmer diesen Zugriff auf die Neuwertentschädigung für das abgebrannte Haus ungeachtet der Art und Zweckbestimmung des neu errichteten Gebäudes zur freien Verwendung gestatten, wäre auch dadurch das subjektive Risiko erhöht, weil Versicherungsnehmer dann ebenfalls versucht sein könnten, zur Teilfinanzierung eines Neubauvorhabens den Versicherungsfall vorsätzlich herbeizuführen.