Tag Abgaswerte

Dieselgate – LG Augsburg entscheidet: VW AG muss, ohne Nutzungsentschädigung verlangen zu können, vom Abgasskandal

…. betroffenes Fahrzeug zurücknehmen und dem Käufer den kompletten Kaufpreis zuzüglich Zinsen erstatten.

Das Landgericht (LG) Augsburg hat mit (allerdings noch nicht rechtskräftigem) Urteil vom 14.11.2018 – 21 O 4310/16 –  die VW AG

  • im Fall eines abgasmanipulierten sechs Jahre alten Golf Diesel

verurteilt,

  • das Fahrzeug zurückzunehmen und
  • dem Käufer als Schadensersatz den vollen an den Verkäufer gezahlten Kaufpreis zuzüglich Zinsen zu erstatten,
    • ohne dass der Käufer für die Zeit der Nutzung des Autos eine Entschädigung zahlen muss.

Nach dieser Entscheidung

  • hat die VW AG, die sich das diesbezügliche Verhalten ihrer Mitarbeiter zurechnen lassen muss, durch den Einbau einer unzulässigen Software, die zur Manipulation der Abgaswerte führte, die Käufer dieser Fahrzeuge nach § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) vorsätzlich sittenwidrig geschädigt

und

  • würde es der Wertung dieses „massenhaft sittenwidrigen Verhaltens“ widersprechen, wenn Käufer der manipulierten Fahrzeuge für die Dauer der Fahrzeugnutzung eine Entschädigung an die VW AG zahlen müssten (Quelle: Legal Tribune Online vom 23.11.2018).

Dieselgate: LG Augsburg erachtet Kaufverträge über vom Abgasskandal betroffene Neufahrzeuge wegen Verstoßes gegen EU-Recht für nichtig

Mit Urteil vom 07.05.2018 – 82 O 4497/16 – hat das Landgericht (LG) Augsburg entschieden, dass, wenn Händler Neufahrzeuge mit Dieselmotor verkaufen,

  • in denen eine unzulässige Abschalteinrichtung eingebaut ist,
    • die erkennt, ob sich ein Auto auf einem Prüfstand befindet,
    • nur dort den Stickoxidausstoß reguliert,
    • während die Abgaswerte im Fahrbetrieb auf der Straße sehr viel höher sind,

die mit den jeweiligen Käufern geschlossenen Kaufverträge nach § 134 Bürgerliches Gesetz (BGB)

  • wegen Verstoßes gegen das Verbot von § 27 Abs. 1 der EG-Fahrzeuggenehmigungsverordnung (EG-FGV)

(von Anfang an) nichtig sind.

Nach dieser Ansicht

  • bedürfte es in diesen Fällen keines Rücktritts der Käufer gegenüber dem Verkäufer mehr (ggf. nach vorheriger erfolgloser Fristsetzung zur Nachbesserung) und
  • könnten sich die Verkäufer auch nicht mehr auf die zweijährige kaufrechtliche Verjährungsvorschrift berufen.

Vielmehr könnten betroffene Fahrzeugkäufer verlangen,

  • vom Fahrzeugverkäufer nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB die Herausgabe des gezahlten Kaufpreises, ggf. abzüglich einer Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer, Zug um Zug gegen Rückübereignung des gekauften Fahrzeugs und/oder
  • vom Hersteller nach § 823 Abs. 2 BGB Schadensersatz wegen Verstoßes gegen § 27 Abs. 1 EG-FGV.

Dass Kaufverträge über Dieselfahrzeuge mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung wegen Verstoßes gegen § 27 Abs. 1 EG-FGV nichtig sind, hat das LG damit begründet, dass

  • nach § 27 Abs. 1 EG-FGV neue Fahrzeuge, für die eine Übereinstimmungsbescheinigung nach Anhang IX der Richtlinie 2007/46/EG vorgeschrieben ist, nur feilgeboten, veräußert oder in den Verkehr gebracht werden dürfen, wenn sie mit einer gültigen Übereinstimmungsbescheinigung versehen sind,
  • eine Übereinstimmungsbescheinigung nur dann gültig ist, wenn das Fahrzeug, für das sie ausgestellt ist, tatsächlich dem genehmigten Typ entspricht und
  • dies bei Fahrzeugen mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung nicht der Fall sei (Quelle: beck-aktuell Nachrichten).

Dieselgate – LG Nürnberg-Fürth entscheidet: Rücktritt des Fahrzeugkäufers vom Kaufvertrag war berechtigt

…. Händler muss manipuliertes Dieselfahrzeug zurücknehmen und dem Käufer Kaufpreis zurückzahlen.

Die 9. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Nürnberg-Fürth hat mit Urteil vom 26.02.2018 – 9 O 3638/17 – in einem Fall, in dem der von Rechtsanwalt Ingo-Julian Rösch (dem Inhaber der Kanzlei Rechtsanwälte Härlein) vertretene Kläger von dem beklagten Autohändler einen PKW VW Tiguan erworben hatte,

  • in den vom Hersteller, der VW AG, ohne Kenntnis des Händlers, ein Motor eingebaut worden war,
    • der eine gesetzlich unzulässige Abschalteinrichtung (Art. 3 Nr. 10 und Art. 5 Absatz 2 Satz 1 VO/EG 715/2007) aufwies,
    • mittels derer, zur Umgehung der geltenden Abgaswerte, die Stickoxidwerte im Prüfstandlauf optimiert wurden,

entschieden, dass

  • aufgrund dessen das Fahrzeug mit einem Mangel behaftet war,
  • der Käufer, nach Ablauf der dem beklagten Verkäufer gesetzten Frist von vier Wochen zur Behebung des gesetzwidrig gesteuerten Abgasausstoßes, vom Kaufvertrag zurücktreten konnte

und den beklagten Autohändler verurteilt, dem Kläger

  • den Fahrzeugkaufpreis, abzüglich der aus dem Gebrauch des Fahrzeugs gezogenen Nutzungen, zurückzuzahlen sowie
  • die Kosten für die notwendigen Aufwendungen zu erstatten,
  • Zug um Zug gegen Rückgabe des PKW VW Tiguan.

Keine Entscheidung des OLG Hamm über Klage eines vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeugkäufers

Am 21.02. 2017 wollte der 28. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm über die Berufung eines Autokäufers und die Anschlussberufung eines Autohauses gegen das Urteil des Landgerichts (LG) Münster vom 14.03.2016 – 11 O 341/15 – entscheiden, mit dem,

  • weil in den von dem Autokäufer bei dem beklagten Autohaus erworbenen Pkw vom Hersteller eine Software eingebaut worden ist, die die Abgaswerte des Motors in unzulässiger Weise so beeinflusst,
  • dass der Motor die gesetzlich vorgegebenen und im technischen Datenblatt aufgenommenen Abgaswerte zwar am Prüfstand, nicht aber auf der Straße einhält,

das Autohaus verurteilt worden war,

  • das Abgassystem einschließlich der dazugehörigen Software an dem erworbenen Fahrzeug so nachzubessern,
  • dass es den gesetzlichen Abgasvorgaben zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses entspricht.

Ziel der Berufung des Autokäufers war, was er schon beim LG in erster Linie beantragt hatte,

  • die Rückgabe des Fahrzeugs zu erreichen,

während das Autohaus mit der Anschlussberufung

Weil beide Parteien dem Senat mitgeteilt haben, dass sie Vergleichsverhandlungen führen, hat der Vorsitzende des Senats den Verhandlungstermin vom 21.02.2017 aufgehoben.

Ob in dem Rechtsstreit (28 U 64/16) noch eine Entscheidung ergehen wird oder ob sich die Parteien außergerichtlich einigen ist derzeit offen (Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm vom 20.02.2017).

Klage eines vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeugkäufers gegen den Verkäufer wird demnächst vom OLG Hamm entschieden

Am 21.02. 2017 verhandelt der 28. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm über die Berufung eines Autokäufers und die Anschlussberufung eines Autohauses gegen das Urteil des Landgerichts (LG) Münster vom 14.03.2016 – 11 O 341/15 – mit dem,

  • weil in den von dem Autokäufer bei dem beklagten Autohaus erworbenen Pkw vom Hersteller eine Software eingebaut war, die die Abgaswerte des Motors in unzulässiger Weise so beeinflusste,
  • dass der Motor die gesetzlich vorgegebenen und im technischen Datenblatt aufgenommenen Abgaswerte zwar am Prüfstand, nicht aber auf der Straße einhielt,

das Autohaus verurteilt worden war,

  • das Abgassystem einschließlich der dazugehörigen Software an dem erworbenen Fahrzeug so nachzubessern,
  • dass es den gesetzlichen Abgasvorgaben zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses entspricht.

Der Autokäufer will mit der Berufung, was er schon beim LG in erster Linie beantragt hatte,

  • die Rückgabe des Fahrzeugs,

das Autohaus mit der Anschlussberufung

Den vom Kläger in erster Linie geltend gemachten Rückabwicklungsanspruch hatte das LG u.a. mit der Begründung abgelehnt, dass ein Rücktritt vom Kaufvertrag, da

  • der Fahrzeugmangel die Fahrtauglichkeit des Fahrzeugs nicht einschränke und
  • der Mangel mit geringem finanziellem Aufwand beseitigt werden könne,

nach § 323 Abs. 5 S. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wegen Unerheblichkeit der Pflichtverletzung ausgeschlossen sei.