Tag Bank- und Kapitalmarktrecht

Wenn zuteilungsreifes Bausparkassendarlehen nicht in Anspruch genommen wird

Eine Bausparkasse kann einen Bausparvertrag mit einem festen Zinssatz,

  • der seit 10 Jahren zuteilungsreif ist,
  • vom Bausparer aber weiter bespart wird,

 

gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) kündigen und so der Verpflichtung zur Zahlung der im Bausparvertrag vereinbarten Zinsen entgehen.

Darauf hat der 31. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Beschluss vom 30.12.2015 – 31 U 191/15 – in einem Fall hingewiesen, in dem ein 1991 abgeschlossener Bausparvertrag,

  • den die Bausparkasse nach den Vertragsbedingungen nicht kündigen durfte, solange der Bausparer seine vertraglichen Pflichten erfüllt,
  • bei dem das Bausparguthaben jährlich mit 3 % zu verzinsen war sowie
  • seit Ende des Jahre 1997 die im Vertrag vereinbarten Zuteilungsvoraussetzungen vorlagen,

 

von der Bausparkasse Ende des Jahres 2014 zum 30.06.2015 unter Hinweis auf § 489 BGB gekündigt worden war, da der Bausparer das Bauspardarlehen bis dahin noch nicht in Anspruch genommen hatte.

Wie der Senat ausgeführt hat, lagen die Voraussetzungen des auch einer Bausparkasse gemäß § 489 BGB zustehenden und nicht abdingbaren Kündigungsrechts,

  • wonach der Darlehensnehmer einen Darlehensvertrag mit gebundenen Sollzins in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten kündigen kann,

 

vor, weil

  • ein Bausparvertrag ein Darlehnsvertrag mit der Besonderheit ist, dass die Bausparkasse und der Bausparer mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehns ihre jeweiligen Rollen als Darlehnsgeber und Darlehnsnehmer tauschen,
  • in der Ansparphase die Bausparkasse Darlehnsnehmerin ist,
  • der Bausparvertrag einen gebundenen Sollzins vorgesehen hat und
  • der von § 489 BGB vorausgesetzte vollständige Empfang der Darlehnsvaluta in einem Bausparfall der eingetretenen Zuteilungsreife gleichsteht,

 

so dass die unter Einhaltung der gesetzlichen Frist erfolgte Kündigung des Bausparvertrags wirksam war. 

 

Beweisgrundsätzen bei streitigen Zahlungsaufträgen im Online-Banking

§ 675w Satz 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) verbietet die Anwendung der Grundsätze des Anscheinsbeweises im Online-Banking bei Erteilung eines Zahlungsauftrags unter Einsatz der zutreffenden PIN und TAN dann nicht, wenn feststeht, dass das eingesetzte Sicherungssystem im Zeitpunkt der Vornahme des strittigen Zahlungsvorgangs

  • im Allgemeinen praktisch unüberwindbar war und
  • im konkreten Einzelfall ordnungsgemäß angewendet worden ist und
  • fehlerfrei funktioniert hat.

 

Das hat der für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 26.01.2016 – XI ZR 91/14 – entschieden.

Das bedeutet, ist zwischen einer Bank (Zahlungsdienstleister) und einem Bankkunden, der bei der Bank eine Girokonto unterhält und

  • der beispielsweise das von der Bank angebotene Online Banking System in Form des mTan-Verfahrens nutzt,
  • bei dem der Kunde von der Bank zur Freigabe seines Bankauftrags eine SMS an sein Mobiltelefon erhält, mittels derer er sich am PC als Berechtigter legitimieren kann (Zahlungsauthentifizierungsinstrument),

 

streitig, ob Überweisungen mit oder ohne Zustimmung (Autorisierung) des Kontoinhabers erfolgt sind, hat die Bank nach § 675w Satz 2 BGB nachzuweisen,

  • dass das Online-Banking-Verfahren einschließlich seiner personalisierten Sicherheitsmerkmale (hier: unter Einsatz der zutreffenden PIN und smsTAN) genutzt und
  • dies mithilfe eines Verfahrens überprüft worden ist.    

 

Hat die Bank diesen Nachweis geführt, genügt dies nach § 675w Satz 3 BGB „nicht notwendigerweise“, um den dem Zahlungsdienstleister obliegenden Beweis der Autorisierung des Zahlungsvorganges durch den Zahlungsdienstnutzer (hier: Kontoinhaber) zu führen.

  • Das schließt, wie der Senat ausgeführt hat, allerdings nicht aus, dass sich der Zahlungsdienstleister auf einen Anscheinsbeweis berufen kann.
     

Dem Wortlaut des § 675w Satz 3 BGB ist nämlich genügt, da die Grundsätze des Anscheinsbeweises weder eine zwingende Beweisregel noch eine Beweisvermutung begründen.
Es muss aber geklärt sein, dass das eingesetzte Sicherungssystem im Zeitpunkt der Vornahme des strittigen Zahlungsvorgangs

  • im Allgemeinen praktisch unüberwindbar war und
  • im konkreten Einzelfall ordnungsgemäß angewendet worden ist und
  • fehlerfrei funktioniert hat.

 

War dies der Fall und finden die Grundsätze des Anscheinsbeweises zulasten des Kontoinhabers Anwendung, bedarf die Erschütterung des Anscheinsbeweises nicht zwingend der Behauptung und ggf. des Nachweises technischer Fehler des dokumentierten Authentifizierungsverfahrens durch den Kontoinhaber.

Hingewiesen hat der Senat in seiner Entscheidung ferner, dass im Falle des Missbrauchs des Online-Bankings angesichts der zahlreichen Authentifizierungsverfahren, Sicherungskonzepte, Angriffe und daran anknüpfender denkbarer Pflichtverletzungen des Nutzers

  • kein Erfahrungssatz besteht, der auf ein bestimmtes typisches Fehlverhalten des Zahlungsdienstnutzers hindeutet,

 

so dass bei einem Missbrauchs des Online-Bankings

  • auch ein Anscheinsbeweis für eine grob fahrlässige Verletzung einer Pflicht aus § 675l BGB durch den Kontoinhaber ausscheidet und
  • damit auch kein Anspruch der Bank aus § 675v Abs. 2 BGB auf Ersatz der infolge eines nicht autorisierten Zahlungsvorgangs entstandenen Schadens besteht.

 

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 26.01.2016 – Nr. 23/2016 – mitgeteilt.

 

Wenn Nutzer des Online-Banking-Verfahrens aufgrund einer Phising-Attacke Schaden erleiden

Kommt es zu unberechtigten Überweisungen vom Konto eines Bankkunden, der das von der Bank angebotene Online Banking System in Form des mTan-Verfahrens nutzt, bei dem der Kunde von der Bank zur Freigabe seines Bankauftrags eine SMS an sein Mobiltelefon erhält, mittels derer er sich am PC als Berechtigter legitimieren kann und verlangt der Kontoinhaber von der Bank Ersatz des aufgrund dieser Phising-Attacke erlittenen Schadens,

  • muss nicht der Kontoinhaber beweisen, dass er Opfer einer Phising-Attacke wurde und somit die Zahlungsvorgänge durch unberechtigte Dritte erfolgten,
  • sondern die Bank nachweisen, dass es sich bei den streitgegenständlichen Zahlungsvorgängen um solche gehandelt hat, die der Kontoinhaber autorisiert hat.

 

Dass die Bank die Zahlungsvorgänge elektronisch aufzeichnet, ist dafür nicht ausreichend und auch spricht kein Anscheinsbeweis für eine autorisierte Zahlung, wenn die Legitimation unter Verwendung der dem Kunden zur Verfügung gestellten Benutzernamen, PIN und TAN erfolgt.

Darauf hat die 8. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Oldenburg mit (noch nicht rechtskräftigem) Urteil vom 15.01.2016 – 8 O 1454/15 – hingewiesen und eine Bank zum Ersatz des Schadens verurteilt, den einer ihrer Kunden, von dem das Online Banking System in Form des mTan-Verfahrens genutzt worden war, dadurch erlitten hatte, dass es von seinem Konto in der Zeit vom 09.03.2015 bis 13.03.2015 zu 44 unberechtigten Überweisungen in Höhe von insgesamt 11.244,62 € gekommen war.

Das hat die Pressestelle des Landgerichts Oldenburg am 18.01.2016 mitgeteilt.

 

Bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung müssen vereinbarte zukünftige Sondertilgungsrechte von Darlehensnehmern berücksichtigt werden

Die Klausel in einem Darlehensvertrag zwischen einem Kreditinstitut und einem Verbraucher, nach der

  • im Falle vorzeitiger Vollrückzahlung des Darlehens
  • zukünftige Sondertilgungsrechte des Kunden bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung unberücksichtigt bleiben,

 

ist unwirksam.

Darauf hat der unter anderem für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 19.01.2016 – XI ZR 388/14 – hingewiesen und in einem Fall,

  • in dem von einer Sparkasse grundpfandrechtlich abgesicherte Darlehen an Verbraucher vergeben und den Kreditnehmern hierbei Sondertilgungsrechte innerhalb des Zinsfestschreibungszeitraums eingeräumt worden waren,

 

entschieden, dass die in den „Besonderen Vereinbarungen“ dieser Darlehensverträge enthaltene Bestimmung 

  • „Zukünftige Sondertilgungsrechte werden im Rahmen vorzeitiger Darlehensvollrückzahlung bei der Berechnung von Vorfälligkeitszinsen nicht berücksichtigt“,

 

der gerichtlichen Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nicht standhält.

Begründet hat der Senat dies u.a. damit, dass

  • die Auslegung einer solchen umfassend formulierten Regelung ergibt, dass sie aus der maßgeblichen Sicht eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden jedenfalls auch bei der Berechnung einer Vorfälligkeitsentschädigung nach § 490 Abs. 2 Satz 3 BGB aufgrund einer außerordentlichen Kündigung des Darlehensvertrages durch den Darlehensnehmer infolge der Ausübung seiner berechtigten Interessen nach § 490 Abs. 2 Satz 1 BGB Anwendung findet,
  • die Klausel auf der Grundlage dieser Auslegung von der gesetzlichen Regelung des § 490 Abs. 2 Satz 3 BGB zum Nachteil des Darlehensnehmers abweicht, weil danach ersatzfähig nur die durch vereinbarte Sondertilgungsrechte begrenzte rechtlich geschützte Zinserwartung ist, die generelle Nichtberücksichtigung vereinbarter künftiger Sondertilgungsrechte bei der Berechnung einer Vorfälligkeitsentschädigung damit zu einer von der Schadensberechnung nicht gedeckten Überkompensation des Kreditinstituts führt und die Klausel den Kreditnehmer aufgrund dessen entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.

 

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 19.01.2016 – Nr. 14/2016 – mitgeteilt.

 

Kreditbearbeitungsgebühren für Unternehmenskredite in AGB zulässig?

Bei einer Kreditgewährung gegenüber Unternehmern ist die Vereinbarung laufzeitunabhängiger Kreditbearbeitungsgebühren in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Kreditinstituts, anders als bei einer Verbraucherkreditgewährung, wirksam.

Darauf hat das Landgericht (LG) Itzehohe mit Urteil vom 08.12.2015 – 7 O 37/15 – hingewiesen und die Klage einer Ärztegemeinschaft gegen eine Bank auf Rückzahlung einer Kreditbearbeitungsgebühr in Höhe von 16.000 Euro abgewiesen.

Begründet hat das LG seine Entscheidung damit, dass

  • bei der Unternehmerkreditgewährung die Interessenlage eine andere sei als bei einer Verbraucherkreditgewährung, für die der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteilen vom 13.05.2014 – XI ZR 405/ 12 und XI ZR 170/13 – die Unwirksamkeit von formularmäßig vereinbarten Bearbeitungsgebühren festgestellt hat und
  • deshalb auch die Abweichung vom gesetzlichen Leitbild – wonach die Gegenleistung des Darlehensnehmers allein in der Zahlung des vereinbarten Zinses besteht – bei genereller Betrachtung nicht per se zu einer Benachteiligung der unternehmerisch tätigen Darlehensnehmer wider Treu und Glauben führt.

 

Die Vereinbarung von Bearbeitungsgebühren könne nämlich, wie das LG weiter ausgeführt hat, im Vergleich zu einem gleichbleibend höheren Kreditzins steuerliche Vorteile bringen, wenn diese Bearbeitungsgebühr bereits am Anfang der Laufzeit steuerlich geltend gemacht werde. Dadurch stehe dem Unternehmer zusätzliche Liquidität zur Verfügung.
In wirtschaftlicher Hinsicht sei die Erhebung von Kreditbearbeitungsgebühren damit einem Disagio vergleichbar, das zweifelsohne rechtlich wirksam vereinbart werden kann.

Das hat die Pressestelle des Landgerichts Itzehoe mitgeteilt.

 

Keine Bearbeitungsgebühren für Verbraucherkredite

Der BGH stellte in zwei Entscheidungen (Az. XI ZR 405/12 und XI ZR 170/13) fest, dass Banken keine Bearbeitungsgebühren für Verbraucherkredite verlangen dürfen.

Erst anfang des Jahres hatten wir in einem ähnlich gelagerten Fall erfolgreich Klage gegen eine Nürnberger Bank erhoben. Während außergerichtlich keine Einigung zu erzielen war, konnte die Angelegenheit vor Gericht dann zügig erledigt werden.

Der BGH argumentiert, dass laut Gesetz lediglich Zinsen erhoben werden dürfen, die Bearbeitung des Kredits jedoch allein im Interesse der Bank liegt.

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Zur Beratungspflicht einer Bank die als Kaufkommissionärin einem Kunden empfohlene Wertpapiere beschafft.

Eine beratende Bank, die als Kaufkommissionärin dem Kunden für die Beschaffung eines empfohlenen Wertpapiers eine Provision in Rechnung stellt, hat den Kunden über eine Vertriebsvergütung von Seiten der Emittentin des Wertpapiers aufzuklären.
Kommt die Bank dieser Aufklärungspflicht nicht nach kann sie sich nach § 280 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) wegen Verletzung ihrer Pflichten aus dem mit dem Kunden zustande gekommenen Beratungsvertrag schadensersatzpflichtig machen.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 24.09.2013 – XI ZR 204/12 – hingewiesen.

Eine beratende Bank ist zu einer anleger- und objektgerechten Beratung verpflichtet. 
Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen dabei von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgeblich sind einerseits der Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden und andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarktes, sowie die speziellen Risiken, die sich aus den Besonderheiten des Anlageobjekts ergeben. In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich die Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. 
Während die Bank über diese Umstände richtig, sorgfältig, zeitnah, vollständig und für den Kunden verständlich zu unterrichten hat, muss die Bewertung und Empfehlung des Anlageobjekts unter Berücksichtigung der genannten Gegebenheiten lediglich ex ante betrachtet vertretbar sein. 
Das Risiko, dass eine aufgrund anleger- und objektgerechter Beratung getroffene Anlageentscheidung sich im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Anleger.

Im Falle der Vereinbarung eines Kommissionsgeschäfts mit dem Kunden besteht eine beratungsvertragliche Aufklärungspflicht der Bank über eine unmittelbar vom Emittenten des Wertpapiers erhaltene und der Bank im Zeitpunkt der Beratung bereits dem Grunde nach bekannte Provision, wenn der Kunde seinerseits eine Provision an die Bank zahlt.

Zwar begründet allein das generelle, für jeden Anbieter wirtschaftlicher Leistungen am Markt typische Gewinnerzielungsinteresse einer Bank als solches noch keine beratungsvertragliche Verpflichtung zur Aufklärung über die von der Emittentin an die Bank gezahlte Provision. Das ändert sich jedoch durch das Hinzutreten besonderer Umstände, die so schwer wiegen, dass sie dem Anleger zu offenbaren sind. 
Diese Voraussetzung kann erfüllt sein,

  • wenn die Bank bei einer Zinswette durch die Gestaltung der Zinsformel einen negativen Marktwert einpreist, der ihr die Erzielung eines Gewinns ermöglicht, mit dem der Kunde nicht rechnen muss, oder 
  • wenn – wie im Falle von Rückvergütungen – der Anleger über den Interessenkonflikt der Bank dadurch bewusst getäuscht wird, dass sie als Empfängerin offen ausgewiesener Provisionen ungenannt bleibt.

Ein derart schwerwiegender und damit im Rahmen des Beratungsvertrages aufklärungsbedürftiger Interessenkonflikt über diese Fälle hinaus besteht auch dann,

  • wenn die als Kaufkommissionärin des Kunden auftretende Bank von diesem eine Provision für sich vereinnahmt und 
  • gleichzeitig von der Emittentin des empfohlenen Produkts eine Vertriebsvergütung erhält.

Berechnet die Bank dem Kunden in einem solchen Fall für die Beschaffung der von ihr empfohlenen Wertpapiere eine Provision, geht der Anleger nämlich bei der gebotenen normativ-objektiven Betrachtungsweise davon aus, das – schon von Gesetzes wegen offenkundige (vgl. §§ 354, 396 Handelsgesetzbuch (HGB )) – Gewinnerzielungsinteresse der Bank werde durch das von ihm geleistete Entgelt befriedigt. 
Er rechnet damit, dass der Kommissionär seinen gesetzlichen Pflichten nachkommt, insbesondere allein seine Interessen als Kommittent wahrnimmt (§ 384 Abs. 1 Halbsatz 2 HGB ) und sich bei seinen Ratschlägen ausschließlich von sachlichen Gesichtspunkten leiten lässt. 
Bezieht jedoch die Bank vom Emittenten des empfohlenen Produkts ebenfalls eine Vertriebsvergütung, lässt sie sich also gewissermaßen von beiden Seiten bezahlen, so befindet sie sich hierdurch in einem von ihr geschaffenen schwerwiegenden Interessenkonflikt. 
Dem Kunden, der von der doppelten Vergütung nichts weiß, bleibt nämlich das zusätzliche Umsatzinteresse der Bank verborgen. Er kann daher als Kommittent nicht beurteilen, ob die Bank ihm ein bestimmtes Papier nur deswegen empfiehlt, weil sie selbst auch noch von dritter Seite dafür vergütet wird. Es besteht die konkrete Gefahr, dass die Bank Anlageempfehlungen nicht allein im Kundeninteresse nach den Kriterien anleger- und objektgerechter Beratung abgibt, sondern zumindest auch in ihrem eigenen (Provisions-) Interesse.

Der beim Kunden hervorgerufenen Fehlvorstellung über die Neutralität der Beratungsleistung der Bank kann nur dadurch begegnet werden, dass die Bank ihre Doppelrolle offenbart und im Rahmen des Beratungsvertrages sowohl über den – geplanten oder bereits erfolgten – Erhalt der Vertriebsprovision als auch über deren Höhe aufklärt.

Diese Offenbarungspflicht besteht schon dann, wenn das Provisionsangebot der Emittentin noch nicht angenommen wurde.

Behauptet die Bank, der Kunde hätte die Zertifikate auch bei gehöriger Aufklärung über die Vertriebsvergütung erworben, trägt sie hierfür die Darlegungs- und Beweislast.
Denn nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist derjenige, der vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt hat, beweispflichtig dafür, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte, der Geschädigte den Rat oder Hinweis also unbeachtet gelassen hätte. 
Diese sogenannte „Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens“ gilt für alle Aufklärungs- und Beratungsfehler eines Anlageberaters. 
Hierbei handelt es sich nicht lediglich um eine Beweiserleichterung im Sinne eines Anscheinsbeweises, sondern um eine zur Beweislastumkehr führende widerlegliche Vermutung.
Relevante Indizien für die fehlende Kausalität können sich sowohl aus dem vorangegangenen als auch aus dem nachfolgenden Anlageverhalten des Anlegers ergeben. 
Insbesondere die Kenntnis des Anlegers von Provisionen oder Rückvergütungen, die die beratende Bank bei vergleichbaren früheren Anlagegeschäften erhalten hat, kann ein Indiz dafür sein, dass der Anleger die empfohlene Kapitalanlage auch in Kenntnis der Rückvergütung erworben hätte.

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.

Zur Auskunftspflicht von Bankinstituten über Kontodaten bei Markenfälschungen – Bundesgerichtshof legt die Frage dem Europäischem Gerichtshof vor.

Der unter anderem für das Markenrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat mit Beschluss vom 17.10.2013 – I ZR 51/12 – dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) die Frage vorgelegt, ob ein Bankinstitut eine Auskunft über Namen und Anschrift eines Kontoinhabers unter Hinweis auf das Bankgeheimnis verweigern darf, wenn über das Konto die Zahlung des Kaufpreises für ein gefälschtes Markenprodukt abgewickelt worden ist.

In dem diesem Verfahren zu Grunde liegenden Fall ist die Klägerin Lizenznehmerin für die Herstellung und den Vertrieb von Davidoff-Parfüms. 
Im Januar 2011 bot ein Verkäufer auf der Internetplattform eBay ein Parfüm unter der Marke „Davidoff Hot Water“ an, bei dem es sich um eine Produktfälschung handelte. Als Konto, auf das die Zahlung des Kaufpreises erfolgen sollte, war bei eBay ein bei der beklagten Sparkasse geführtes Konto angegeben. Die Klägerin ersteigerte das Parfüm und zahlte den Kaufpreis auf das angegebene Konto. 
Nach Darstellung der Klägerin konnte sie nicht in Erfahrung bringen, wer Verkäufer des gefälschten Parfüms war. Sie hat deshalb die beklagte Sparkasse nach § 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 des Gesetzes über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen (MarkenG) auf Auskunft über Namen und Anschrift des Inhabers des Kontos in Anspruch genommen.

§ 19 MarkenG lautet:

(1)…

(2)In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung oder in Fällen, in denen der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung gegen den Verletzer Klage erhoben hat, besteht der Anspruch unbeschadet von Abs. 1 auch gegen eine Person, die in gewerblichem Ausmaß

1.…

2.…

3.für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbrachte

4.…

es sei denn, die Person wäre nach den §§ 383 bis 385 der Zivilprozessordnung im Prozess gegen den Verletzer zur Zeugnisverweigerung berechtigt.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.

Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat angenommen, die beklagte Sparkasse sei aufgrund des Bankgeheimnisses zur Verweigerung der Auskunft berechtigt.

Der BGH hat das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH vorgelegt. 
Nach Ansicht des BGH stellt der Vertrieb des gefälschten Parfüms eine offensichtliche Rechtsverletzung dar. 
Die beklagte Sparkasse hat durch die Führung des Girokontos, über das der Verkäufer den Zahlungsverkehr abgewickelt hat, auch eine für die rechtsverletzende Tätigkeit genutzte Dienstleistung in gewerblichem Ausmaß erbracht. Damit liegen die Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 MarkenG an sich vor. 
Die beklagte Sparkasse braucht die begehrte Auskunft aber nicht zu erteilen, wenn sie nach § 383 Abs. 1 Nr. 6 Zivilprozessordnung (ZPO) zur Verweigerung des Zeugnisses im Prozess berechtigt ist. 
Da § 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 MarkenG Art. 8 Abs. 3 Buchst. c der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums umsetzt, muss das Recht zur Verweigerung der Auskunft durch die Richtlinie gedeckt sein. 
In Betracht kommt insoweit Art. 8 Abs. 3 Buchst. e der Richtlinie, der den Schutz der Vertraulichkeit von Informationsquellen und die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Gegenstand hat. 
Im Streitfall stellt sich die Frage,

  • ob die Kontodaten, über die die Klägerin von der Sparkasse Auskunft verlangt, Art. 8 Abs. 3 Buchst. e der Richtlinie unterfallen und – wenn dies der Fall sein sollte – 
  • ob gleichwohl im Interesse der effektiven Verfolgung von Markenverletzungen die Beklagte Auskunft über die Kontodaten geben muss. 

Da die Frage die Auslegung von Unionsrecht betrifft, hat der BGH sie dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Der BGH hat in dem Vorlagebeschluss erkennen lassen, dass aus seiner Sicht das Interesse an einer effektiven Verfolgung einer Schutzrechtsverletzung den Vorrang vor dem Interesse der Bank haben sollte, die Identität des Kontoinhabers geheimzuhalten.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 17.10.2013 – Nr. 173/2013 – mitgeteilt.

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.

Streit um Swap-Geschäfte – Banken sind auch einer Kommune gegenüber zu objektgerechter Beratung verpflichtet.

Im Falle sogenannter Swap-Geschäfte (Zinswetten) muss die Bank insbesondere darüber aufklären, dass das Verlustrisiko der Kommune höher als das der Bank eingeschätzt wird.

Das hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf mit Urteil vom 07.10.2013 – I-9 U 101/12 – entschieden und damit ein Urteil des Landgerichts bestätigt, das festgestellt hatte, dass die Stadt keine weiteren Zahlungen auf Swap-Geschäfte erbringen muss, welche sie 2007 und 2008 mit der Bank abgeschlossen hatte.

Der Senat bemängelte, die Bank habe nicht offengelegt, dass nach den finanzmathematischen Simulationsmodellen zum Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses ein Verlust zu Lasten der Stadt als wahrscheinlicher galt.
Nur dieser Umstand habe das Geschäft für die Bank überhaupt wirtschaftlich attraktiv gemacht und es ihr ermöglicht, die eigenen, somit besser eingeschätzten Chancen und Risiken alsbald gewinnbringend an andere Marktteilnehmer weiterzugeben.
Die Bank habe sich folglich in einem gravierenden Interessengegensatz zu ihrem eigenen Kunden befunden und sei verpflichtet gewesen, die Stadt auf den für diese negativen Marktwert des Geschäftes hinzuweisen.

Die Grundsätze, die der Bundesgerichtshof (BGH) zur Beratungs- und Aufklärungspflicht bei Swap-Geschäften aufgestellt habe, seien dabei uneingeschränkt auch auf Geschäfte mit Kommunen anwendbar, so das Oberlandesgericht.
Städte und Gemeinden seien nicht weniger schutzbedürftig als mittelständische Unternehmen. Vertiefte Kenntnisse der Funktionsweise und Bewertung von Swap-Geschäften könnten auch bei ihnen nicht vorausgesetzt werden.

Das hat der Pressedezernent des Oberlandesgerichts Düsseldorf am 07.10.203 – Nr. 24/2013 – mitgeteilt.

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.

Bundesgerichtshof (BGH) entscheidet erneut zu Schadensersatzklagen von Lehman-Anlegern

Der u. a. für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat sich in einem Urteil vom 17.09.2013 – XI ZR 332/12 – erneut mit der Schadensersatzklage eines Anlegers im Zusammenhang mit dem Erwerb von Zertifikaten der niederländischen Tochtergesellschaft der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers Holdings Inc. befasst.

In dem dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Fall hatte der Kläger im Dezember 2007 von der beklagten Bank für einen Anlagebetrag in Höhe von 102.000 € 100 Stück „Bonus Express Defensiv Zertifikate II“ zum Nennwert von je 1.000 € zuzüglich eines Ausgabeaufschlags von 2% erworben.
Hierbei handelte es sich um Inhaberschuldverschreibungen der niederländischen Lehman Brothers Treasury Co. B.V., deren Rückzahlung von der US-amerikanischen Lehman Brothers Holdings Inc. garantiert wurde. Zeitpunkt und Höhe der Rückzahlung der Zertifikate sowie mögliche Bonuszahlungen an die Anleger sollten nach näherer Maßgabe der Zertifikatbedingungen von der Wertentwicklung des Dow Jones EuroSTOXX 50 Index abhängig sein, mit denen das Zertifikat unterlegt war.
Die Beklagte erwarb die Zertifikate von der Emittentin zum Stückpreis von 972,50 €; ob sie den Kläger in dem Beratungsgespräch über diesen – von ihr vereinnahmten – Einkaufsrabatt von 27,50 € je Zertifikat aufgeklärt hat, ist zwischen den Parteien streitig.
Daneben erhielt sie den Ausgabeaufschlag, worauf in der vom Kläger unterschriebenen Kauforder hingewiesen wurde.

Mit der Insolvenz der Emittentin (Lehman Brothers Treasury Co. B.V.) und der Garantin (Lehman Brothers Holdings Inc.) im September 2008 wurden die erworbenen Zertifikate weitgehend wertlos.

Die im Wesentlichen auf Rückzahlung des Anlagebetrages gerichtete Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg.
Die hiergegen gerichtete Revision des Klägers hat der Bundesgerichtshof zurückgewiesen.

Für den Fall eines Festpreisgeschäfts hat der XI. Zivilsenat durch seine Urteile vom 27.09.2011 – XI ZR 178/10 – und XI ZR 182/10 – und vom 26.06.2012 – XI ZR 316/11 – entschieden, dass die beratende Bank den Kunden auf der Grundlage der insoweit gebotenen typisierenden Betrachtungsweise weder über ihre Gewinnmarge noch darüber aufklären muss, dass der Zertifikaterwerb im Wege eines Eigengeschäfts (Kaufvertrag) erfolgt.
An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest.
Daran hat sich auch durch die zum 01.11.2007 in Kraft getretene und damit für den vorliegenden Fall maßgebliche Neufassung der §§ 31 ff. des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) durch das Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz (FRUG) vom 16.07.2007 (BGBl. I S. 1330) nichts geändert. Durch dieses Gesetz wurden die Richtlinien 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 (Finanzmarktrichtlinie) und 2006/73/EG der Kommission vom 10. August 2006 (Durchführungsrichtlinie) in nationales Recht umgesetzt, die jedoch nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (Urteil vom 30. Mai 2013 – C-604/11, ZIP 2013, 1417) bei Verstößen gegen die gemäß diesen Richtlinien erlassenen Vorschriften lediglich Verwaltungsmaßnahmen oder Verwaltungssanktionen gegen die verantwortlichen Personen fordern, die Festlegung etwaiger vertraglicher Folgen aber den innerstaatlichen Rechtsordnungen überlassen.
Ob die Richtlinien oder §§ 31 ff. WpHG, insbesondere § 31d WpHG, den Banken in aufsichtsrechtlicher Hinsicht eine Pflicht zur Offenlegung von Gewinnmargen oder Einkaufsrabatten auferlegen, hat der Senat offengelassen. Denn dies würde auch unter Beachtung der europarechtlich geprägten Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität keine zivilrechtliche Haftung der Banken begründen.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 17.09.2013 – Nr. 149/2013 – mitgeteilt.

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.