Beweisgrundsätzen bei streitigen Zahlungsaufträgen im Online-Banking

Beweisgrundsätzen bei streitigen Zahlungsaufträgen im Online-Banking

§ 675w Satz 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) verbietet die Anwendung der Grundsätze des Anscheinsbeweises im Online-Banking bei Erteilung eines Zahlungsauftrags unter Einsatz der zutreffenden PIN und TAN dann nicht, wenn feststeht, dass das eingesetzte Sicherungssystem im Zeitpunkt der Vornahme des strittigen Zahlungsvorgangs

  • im Allgemeinen praktisch unüberwindbar war und
  • im konkreten Einzelfall ordnungsgemäß angewendet worden ist und
  • fehlerfrei funktioniert hat.

 

Das hat der für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 26.01.2016 – XI ZR 91/14 – entschieden.

Das bedeutet, ist zwischen einer Bank (Zahlungsdienstleister) und einem Bankkunden, der bei der Bank eine Girokonto unterhält und

  • der beispielsweise das von der Bank angebotene Online Banking System in Form des mTan-Verfahrens nutzt,
  • bei dem der Kunde von der Bank zur Freigabe seines Bankauftrags eine SMS an sein Mobiltelefon erhält, mittels derer er sich am PC als Berechtigter legitimieren kann (Zahlungsauthentifizierungsinstrument),

 

streitig, ob Überweisungen mit oder ohne Zustimmung (Autorisierung) des Kontoinhabers erfolgt sind, hat die Bank nach § 675w Satz 2 BGB nachzuweisen,

  • dass das Online-Banking-Verfahren einschließlich seiner personalisierten Sicherheitsmerkmale (hier: unter Einsatz der zutreffenden PIN und smsTAN) genutzt und
  • dies mithilfe eines Verfahrens überprüft worden ist.    

 

Hat die Bank diesen Nachweis geführt, genügt dies nach § 675w Satz 3 BGB „nicht notwendigerweise“, um den dem Zahlungsdienstleister obliegenden Beweis der Autorisierung des Zahlungsvorganges durch den Zahlungsdienstnutzer (hier: Kontoinhaber) zu führen.

  • Das schließt, wie der Senat ausgeführt hat, allerdings nicht aus, dass sich der Zahlungsdienstleister auf einen Anscheinsbeweis berufen kann.
     

Dem Wortlaut des § 675w Satz 3 BGB ist nämlich genügt, da die Grundsätze des Anscheinsbeweises weder eine zwingende Beweisregel noch eine Beweisvermutung begründen.
Es muss aber geklärt sein, dass das eingesetzte Sicherungssystem im Zeitpunkt der Vornahme des strittigen Zahlungsvorgangs

  • im Allgemeinen praktisch unüberwindbar war und
  • im konkreten Einzelfall ordnungsgemäß angewendet worden ist und
  • fehlerfrei funktioniert hat.

 

War dies der Fall und finden die Grundsätze des Anscheinsbeweises zulasten des Kontoinhabers Anwendung, bedarf die Erschütterung des Anscheinsbeweises nicht zwingend der Behauptung und ggf. des Nachweises technischer Fehler des dokumentierten Authentifizierungsverfahrens durch den Kontoinhaber.

Hingewiesen hat der Senat in seiner Entscheidung ferner, dass im Falle des Missbrauchs des Online-Bankings angesichts der zahlreichen Authentifizierungsverfahren, Sicherungskonzepte, Angriffe und daran anknüpfender denkbarer Pflichtverletzungen des Nutzers

  • kein Erfahrungssatz besteht, der auf ein bestimmtes typisches Fehlverhalten des Zahlungsdienstnutzers hindeutet,

 

so dass bei einem Missbrauchs des Online-Bankings

  • auch ein Anscheinsbeweis für eine grob fahrlässige Verletzung einer Pflicht aus § 675l BGB durch den Kontoinhaber ausscheidet und
  • damit auch kein Anspruch der Bank aus § 675v Abs. 2 BGB auf Ersatz der infolge eines nicht autorisierten Zahlungsvorgangs entstandenen Schadens besteht.

 

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 26.01.2016 – Nr. 23/2016 – mitgeteilt.

 


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