Tag Fahrzeug

Wenn die Ausfahrspur aus einer Tiefgarage schmäler als das Auto breit ist

Mit (noch nicht rechtskräftigem) Urteil vom 16.05.2017 – 8 O 5368/16 – hat das LG Nürnberg-Fürth in einem Fall, in dem

  • eine Frau mit einem Porsche Cayenne in die Tiefgarage eines Hotels problemlos eingefahren,
  • bei der Ausfahrt aber, da die Ausfahrspur schmäler war als die Einfahrspur, aufgrund der Abmessungen ihres Fahrzeuges, trotz vorsichtiger Fahrweise, eine Kollision mit der hochgezogenen Bordsteinkante und eine Beschädigung der Felgen des Porsches hinten links und vorne rechts dadurch nicht hatte vermeiden können,

die Klage des Fahrzeugeigentümers abgewiesen, der von der Hotelbetreibergesellschaft

  • mit der Begründung, dass diese durch Hinweisschilder auf die engen Verhältnisse in der Tiefgarage hätte aufmerksam machen müssen,

Ersatz des ihm entstandenen Schadens verlangt hatte.

Begründet hat das LG die Klageabweisung damit, dass

  • Fahrer großer Automobile selbst beurteilen müssen, ob eine Tiefgarage von den Abmessungen her für ihr Fahrzeug geeignet ist sowie welche Gefahren aufgrund dessen zu erwarten sind und
  • sich hiervon die Fahrerin, der die Abmessungen ihres Fahrzeugs bewusst waren, vorher hätte überzeugen müssen.

Nach Ansicht des LG sollen,

  • da eine Verkehrssicherung, welche jegliche Schädigung ausschließt, nicht erreichbar sei,

Nutzer von Tiefgaragen nämlich nur vor solchen Gefahren zu schützen sein, die sie bei Anwendung der jeweils zu erwartenden Sorgfalt nicht erkennen und vermeiden können.

Abgesehen davon, so das LG weiter, wäre es der Fahrerin auch möglich gewesen, über die Gegensprechanlage jemanden von der Rezeption zu verständigen, der ihr eine Ausfahrt über die Einfahrspur ermöglicht (Quelle: Pressemitteilung des Oberlandesgerichts (OLG) Nürnberg vom 05.07.2017 – 24/17 –).

Fahrzeugeigentümer und SB-Autowaschanlagenbetreiber sollten wissen, wann

…. wegen behaupteter Beschädigung eines Fahrzeugs beim Waschen Anspruch auf Schadensersatz besteht und wann nicht.

Behauptet ein Fahrzeugeigentümer, dass sein PKW bei der Nutzung einer Autowaschanlage beschädigt worden ist, muss er beweisen, dass der Schaden

  • nur während des Waschvorgangs eingetreten sein kann,
  • also aus dem Verantwortungsbereich des Waschanlagenbetreibers herrührt,

weil der Schaden

  • zuvor nicht vorhanden gewesen und
  • auch bis zu seiner Feststellung nicht durch einen Unfall entstanden ist.

Erbringt der Fahrzeugeigentümer diesen Beweis, wird aus der Schädigung geschlossen, dass der Anlagenbetreiber

  • seine Pflicht aus dem Waschvertrag verletzt hat,
    • das Fahrzeug ohne Beschädigung zu waschen bzw.
    • es vor jeglicher Beschädigung im Zusammenhang mit der Nutzung der Anlage zu bewahren.

Dass diese Pflichtverletzung von dem Anlagenbetreiber zu vertreten ist, wird in einem solchen Fall vermutet.

Will der Waschanlagenbetreiber seine Haftung abwenden, muss er dieses gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu vermutende Vertretenmüssen der Pflichtverletzung widerlegen.

Die Vermutung des Vertretenmüssens kann, sofern nicht besondere Umstände gegeben sind, vom Anlagenbetreiber durch den Nachweis widerlegt werden, dass

  • die von ihm betriebene Anlage den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprochen,
  • keinen Defekt aufgewiesen hat und
  • von ihm alle zumutbaren Sicherheitsvorkehrungen getroffen sowie erforderlichen (Warn)Hinweise erteilt worden waren, um die Nutzer der Anlage vor Schäden zu bewahren.

Denn der Vorwurf der Fahrlässigkeit kann gegen den Betreiber einer Autowaschanlage nur dann erhoben werden, wenn er nicht das beachtet hat, was der Verkehr von ihm berechtigterweise erwarten kann.

Darauf hat das Landgericht LG München I mit Urteil vom 12.06.2017 – 31 S 2137/17 – hingewiesen.

Was Privatpersonen die ihren Gebrauchtwagen verkaufen wissen sollten

….. und zwar insbesondere dann, wenn sie nicht Ersthalter des Fahrzeugs sind und Käufer ein gewerblicher Kfz-Händler ist.

Enthält der Kaufvertrag beim Verkauf eines Gebrauchtwagens die

  • uneingeschränkte und
  • nicht auf die Besitzzeit des Verkäufers beschränkte

Angabe, dass das Fahrzeug

  • unfallfrei und
  • nachlackierungsfrei

ist, wird damit zum Ausdruck gebracht, dass die Kaufvertragsparteien einverständlich davon ausgehen, dass

  • das Fahrzeug bis dahin, also auch vor der Besitzzeit des Verkäufers, wenn es mehrere Vorbesitzer hatte, keinen Unfallschaden erlitten hat, der über eine bloße Bagatellbeschädigung hinausgegangen ist und
  • das Fahrzeug noch die Originallackierung hat,

mit der Folge, dass der Verkäufer diese damit vertraglich vereinbarte Beschaffenheit des Fahrzeugs schuldet.

Entspricht das Fahrzeug nicht der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit,

  • sondern war beispielsweise bei der Übergabe ein unfachmännisch reparierter, über eine bloße Bagatellbeschädigung hinausgehender, Unfallschaden mit Nachlackierungen vorhanden,

ist es mangelhaft im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

Der Käufer kann dann die Rückabwicklung des Kaufvertrages gemäß den §§ 346, 323, 437 Nr. 2, 434 BGB verlangen und

  • zwar auch dann, wenn im Vertrag ein pauschaler Gewährleistungsausschluss enthalten ist,
  • weil dieser nicht für Mängel gilt, die in Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit der Kaufsache bestehen.

Das kann auch dann gelten, wenn ein gewerblicher Kfz-Händler Käufer des Fahrzeugs ist und dieser Gelegenheit hatte vor Vertragsschluss das Fahrzeug in seiner Werkstatt auf (Unfall)Vorschäden, Nachlackierungen und sonstige Mängel zu untersuchen.

Denn dass Käufer des Fahrzeugs ein Kfz-Händler ist und dieser das Fahrzeug vor Vertragsschluss untersuchen wollte und untersucht hat, bedeutet

  • weder, dass damit der Verkäufer aus seiner Gewähr entlassen ist,
  • noch, dass der Händler
    • die Mängel gekannt hat oder
    • ihm diese aus grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben sind (vgl. § 442 Abs. 1 BGB).

Auch ein Kfz-Händler

  • hat nämlich grundsätzlich keine Obliegenheit, das zu erwerbende Fahrzeug gründlich auf Unfallschäden, sonstige Beschädigungen oder Mängel zu untersuchen,
  • sondern darf sich normalerweise auf die Angaben des Verkäufers z.B. zur Unfallfreiheit verlassen und sich auf eine Sichtprüfung beschränken.

Nur dann, wenn

  • die Mängel bei einer Sichtprüfung durch einen Fachmann nicht hätten übersehen werden können oder
  • er, obwohl er nach der Sichtprüfung oder aufgrund sonstiger Erkenntnisse konkrete Anhaltspunkte dafür hatte, dass die entsprechenden Angaben des Verkäufers falsch oder zweifelhaft sind, es unterlassen hat, das Fahrzeug daraufhin genauer zu untersuchen,

kann einem Händler vorgeworfen werden, dass ihm grob fahrlässig Mängel unbekannt geblieben sind.

Übrigens:
Da der Mangel der fehlenden Unfall- und Nachlackierungsfreiheit einer Nachbesserung nicht zugänglich ist, setzt der Vertragsrücktritt in einem solchen Fall keine vergeblich gesetzte Frist zur Nacherfüllung gemäß § 323 Abs. 1 BGB voraus.

Darauf hat der 28. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 16.05.2017 – 28 U 101/16 – hingewiesen.

Benutzer und Betreiber einer Wagenwaschanlage sollten wissen wer wann haftet

…. wenn ein PKW beim Einfahren in Querrichtung falsch positioniert worden und es deshalb zu einem Schaden am Fahrzeug gekommen ist.

Mit Urteil vom 18.05.2017 – 2 O 8988/16 – hat das Landgericht (LG) Nürnberg-Fürth entschieden, dass Betreiber von SB-Portalwaschanlagen

  • mit einem falschen Positionieren eines Fahrzeugs durch einen Benutzer rechnen,
  • dem durch entsprechende Ausgestaltung des Anlagenbetriebes Rechnung tragen müssen

und dass,

  • wenn kein klarer Hinweis auf das Fehlen einer Kontrolleinrichtung für die richtige Querausrichtung des Fahrzeugs vorhanden ist und
  • dieses beim Inbetriebsetzen der Waschanlage beschädigt wird, weil es vom Benutzer in Querrichtung durch den Benutzer nicht korrekt mittig positioniert wurde,

den Betreiber – unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens des Benutzers – eine Haftung von 1/3 treffen kann,

  • aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
    • wegen (vermuteter) schuldhafter Verletzung der sich aus dem „Waschvertrag“ ergebenden Nebenpflicht, beim Benutzen der Anlage Fahrzeuge vor Schaden zu bewahren
  • sowie ggf. auch aus § 823 Abs. 1 BGB.

Danach ist ein Waschanlagenbetreiber gehalten, durch geeignete – sei es technische oder personelle (Abstellen von Aufsichtspersonal) – Maßnahmen nicht nur sicherzustellen,

  • dass die Anlage, wie das üblicherweise der Fall ist, erst dann in Betrieb geht, wenn eingefahrene Fahrzeuge in Längsrichtung korrekt positioniert sind,

sondern auch,

  • dass die Waschanlage ebenfalls dann nicht in Betrieb geht, wenn durch eine in Querrichtung nicht korrekt mittige Positionierung ein Schaden am eingefahrenen PKW entstehen kann.

Jedenfalls müssen die Nutzer der Anlage zumindest aber vorab darauf hingewiesen werden, dass

  • eine Kontrolleinrichtung, ob das Fahrzeug in Querrichtung richtig steht, fehlt und
  • deshalb bei in Querrichtung falsch positionierten Fahrzeugen die Möglichkeit eines Schadenseintritts besteht.

Was Fahrzeugeigentümer, die ihr Auto zur Inspektion geben, aber auch Inhaber von Fachwerkstätten die Inspektionen durchführen, wissen sollten

Mit (noch nicht rechtskräftigem) Urteil vom 08.02.2017 – 12 U 101/16 – hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm entschieden, dass

  • eine Werkstatt, die sich als Fachwerkstatt für Fahrzeuge einer bestimmten Marke bezeichnet,

auch dann,

  • wenn sie von einem Kunden nur mit Wartungsarbeiten im Umfang einer „kleinen Inspektion“ beauftragt ist,

die Pflicht trifft,

  • sich, unter Ausnutzen zumutbarer Informationsquellen, wie etwa der Internetseite des Fahrzeugstellers, zu informieren,
  • ob das Fahrzeug von einer Rückrufaktion des Fahrzeugherstellers wegen sicherheitsrelevanter Mängel betroffen ist,

weil bei Inspektionen, auch bei sog. „kleinen“,

  • bei denen es sich um Werkverträge handelt,
  • gerichtet darauf, das Kraftfahrzeug für die nächste Zeit gebrauchs- und fahrbereit zu machen,

eine umfassende Prüfung der Verkehrssicherheit des Fahrzeugs zu erfolgen hat.

Unterlasse die Fachwerkstatt dies, sei sie schadensersatzpflichtig nach § 280 Abs. 1, § 634 Nr. 4, § 633 Abs. 2 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), wenn es

  • infolge der Nichtdurchführung der von dem Fahrzeughersteller mit der Rückrufaktion angewiesenen Instandsetzungsarbeiten

zu einem Fahrzeugschaden kommt,

  • der bei Durchführung der empfohlenen Instandsetzungsarbeiten nicht entstanden wäre.

Handelt es sich bei den zur Inspektion gegebenen Fahrzeugen um sog. „Grauimporte“, deren Eigentümer vom Fahrzeughersteller nicht über Rückrufaktionen informiert werden, gelte, so der Senat weiter, nichts anderes.

OLG München entscheidet wann bei einem mit einer „Schummelsoftware“ ausgestatteten

…. bzw. wann einem Käufer ein weiteres Zuwarten auf die Mängelbeseitigung nicht mehr zumutbar ist und der Verkäufer den Rücktritt des Käufers vom Kaufvertrag (spätestens) hinnehmen muss.

Mit Beschluss vom 23.03.2017 – 3 U 4316/16 – hat das Oberlandesgericht (OLG) München darauf hingewiesen,

  • dass ein Pkw, der mit einer Software ausgestattet ist, die ausschließlich auf dem Rollenprüfstand einen anderen – niedrigeren – Schadstoffausstoß generiert als er im Echtbetrieb zu erwarten wäre, mangelhaft im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist und zwar unbeschadet der Frage des tatsächlichen Schadstoffausstoßes des Fahrzeugs im Echtbetrieb einfach deshalb, weil das Kraftfahrtbundesamt, wie auch die entsprechenden Behörden im benachbarten Ausland – aufgrund des „…-Skandals“ allgemein bekannt – prüfen muss, ob eine Entziehung der Betriebserlaubnis geboten ist, wenn der Hersteller innerhalb einer angemessenen Frist nicht für Abhilfe sorgt,
  • dass der Käufer eines mit einer solchen „Schummelsoftware“ ausgestatteten Fahrzeugs – unbeschadet der Ankündigung des Herstellers kostenlos die entsprechenden Maßnahmen an den mit der „Schummelsoftware“ ausgestatteten Fahrzeugen vorzunehmen – vom Verkäufer nach § 439 Abs. 1 BGB Beseitigung des Mangels oder Lieferung einer mangelfreien Pkws verlangen und dem Verkäufer nach § 323 Abs. 1 BGB hierfür eine angemessene Frist setzen kann,
  • dass eine zur Mängelbeseitigung gesetzte Frist von ca. 6 Wochen in einem solchen Fall zu kurz ist,
  • dass die Setzung einer (solchen) zu kurzen Frist zur Nacherfüllung allerdings nicht ins Leere läuft, sondern die angemessene Frist in Gang setzt und

ein Käufer zum Rücktritt vom Kaufvertrag jedenfalls dann berechtigt ist, wenn der Mangel nach einem Jahr (noch) nicht beseitigt ist, weil

  • die Frist zur Nacherfüllung beim Erwerb eines PKW nicht länger als ein Jahr sein kann,
  • also einem Käufer danach ein weiteres Zuwarten auf die Mängelbeseitigung nicht zumutbar ist.

Denn, so das OLG, Sinn der Bestimmungen über die Nacherfüllung ist es, dem Vorrang der Vertragserfüllung vor anderen Gewährleistungsrechten Ausdruck zu verleihen und eine Bindung des Käufers an den Kaufvertrag über einen Zeitraum von 12 Monaten hinaus ist damit nicht mehr zu rechtfertigen,

  • zumal sich faktisch durch die Pflicht des Käufers, bei einem Rücktritt vom Kaufvertrag Nutzungsentschädigung an den Verkäufer zu entrichten,
  • bei einer Bindung von mehr als einem Jahr trotz nicht vertragskonformer Leistung des Verkäufers ein zusätzliches Rücktrittshindernis für den Käufer ergibt und der Verkäufer insoweit einen unbilligen Vorteil erlangen würde.

BGH entscheidet: Wann kann bei fiktiver Abrechnung eines Unfallschadens der Schädiger den Geschädigten auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit verweisen?

Ein Geschädigter, der nach einem Verkehrsunfall, bei dem sein Fahrzeug beschädigt wurde, von dem Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung

  • auf Gutachtenbasis Ersatz der fiktiven Reparaturkosten begehrt,

darf der fiktive Schadensberechnung,

  • sofern die Voraussetzungen hierfür vorliegen,

grundsätzlich

  • die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legen,

die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat.

In der Regel besteht ein Anspruch des Geschädigten auf Ersatz der in einer markengebundenen Fachwerkstatt anfallenden Reparaturkosten unabhängig davon, ob der Geschädigte das Fahrzeug

  • tatsächlich voll,
  • minderwertig oder
  • überhaupt nicht

reparieren lässt.

Allerdings kann der Schädiger den Geschädigten unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit

  • in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen „freien“ Fachwerkstatt

verweisen,

  • wenn er darlegt und ggf. beweist, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht, und
  • wenn er gegebenenfalls vom Geschädigten aufgezeigte Umstände widerlegt, die diesem eine Reparatur außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt unzumutbar machen.

Unzumutbar ist eine Reparatur in einer „freien“ Fachwerkstatt für den Geschädigten im Allgemeinen dann, wenn

  • das beschädigte Fahrzeug im Unfallzeitpunkt nicht älter als drei Jahre war.

Aber auch bei Fahrzeugen,

  • die älter sind als drei Jahre,

kann es für den Geschädigten insbesondere dann unzumutbar sein,

  • sich auf eine günstigere gleichwertige und ohne Weiteres zugängliche Reparaturmöglichkeit in einer freien Fachwerkstatt verweisen zu lassen,

wenn er – zum Beispiel unter Vorlage des „Scheckheftes“, der Rechnungen oder durch Mitteilung der Reparatur- bzw. Wartungstermine – konkret darlegt,

  • dass er sein Fahrzeug bisher stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt hat warten und reparieren lassen und
  • dies vom Schädiger nicht widerlegt wird.

Abgestellt werden muss bei der Frage der Unzumutbarkeit, ob es

  • für einen ordentlichen und verständigen Menschen an der Stelle des Geschädigten unzumutbar ist,

einen … Jahre alten Pkw der Marke … mit einer Laufleistung vom … km und einen Schaden … in die Fachwerkstatt … zur Vornahme einer Reparatur zu geben, die vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht, so dass beispielsweise bei einem

  • über neun Jahre alten und
  • bei dem Unfall verhältnismäßig leicht beschädigten Fahrzeug,

das zwar stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt repariert, dort aber in den letzten Jahren vor dem Unfall nicht mehr gewartet worden ist,

  • der Verweis auf eine „freie“ Fachwerkstatt nicht unzumutbar ist.

Darauf hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 07.02.2017 – VI ZR 182/16 – hingewiesen.

Was Unfallbeteiligte bei einer Kollision zwischen einem fahrenden PKW und der geöffneten Tür eines geparkten Fahrzeugs wissen sollten

Nach § 14 Abs. 1 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) muss, wer aus- oder einsteigt, sich so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist.
Damit verlangt § 14 Abs. 1 StVO das höchste Maß an Vorsicht für das Ein- oder Aussteigen.

Diese Sorgfaltsanforderung gilt für die gesamte Dauer eines Ein- oder Aussteigevorgangs,

  • also für alle Vorgänge, die in einem unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang damit stehen,
  • folglich auch für Situationen, in denen der Insasse eines Kraftfahrzeugs sich im unmittelbaren Zusammenhang mit einem Ein- oder Aussteigevorgang bei geöffneter Tür in das Kraftfahrzeug beugt, um beispielsweise Gegenstände ein- oder auszuladen oder einem Kind beim Ein- oder Aussteigen zu helfen, wobei

Wird bei einem Einsteige – oder Aussteigevorgang ein anderer Verkehrsteilnehmer geschädigt, spricht der Beweis des ersten Anscheins für eine fahrlässige Sorgfaltspflichtverletzung des Ein- oder Aussteigenden.

Steht fest, dass ein anderer Verkehrsteilnehmer bei einem Einsteige – oder Aussteigevorgang geschädigt worden ist, muss somit der, gegen den der Anscheinsbeweis spricht,

  • den Beweises des ersten Anscheins durch den Nachweis einer ernsthaften Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs entweder erschüttern oder
  • den Vollbeweis eines anderen Geschehensablaufs erbringen.

Gelingt ihm dies nicht, fällt ihm im Rahmen der Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensbeiträge, von der der Haftungsumfang der Unfallbeteiligten abhängt, ein Verstoß gegen § 14 Abs. 1 StVO zur Last.

Andererseits kann aber auch dem Fahrer eines Fahrzeugs, der beim Vorbeifahren an einem rechts auf dem Parkstreifen geparkten PKW mit der geöffneten Fahrertür dieses PKWs kollidiert ist,

  • wenn er nachweislich keinen ausreichenden Sicherheitsabstand eingehalten hat,

im Rahmen der beim Haftungsumfang vorzunehmenden Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensbeiträge ein Verstoß gegen § 1 Abs. 2 StVO zu Last fallen.

Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main mit Urteil vom 25.10.2016 – 16 U 167/15 – hingewiesen.

Was ein bei einem Verkehrsunfall Geschädigter, der vom Schädiger die Kosten des Schadensgutachtens erstattet haben will, wissen sollte

Wer nach einem von einem anderen verursachten Verkehrsunfall bei dem sein PKW beschädigt wurde

  • über die Schadenshöhe ein Sachverständigengutachten anfertigen lässt und
  • vom Schädiger bzw. von dessen Haftpflichtversicherung die Kosten für das von ihm in Auftrag gegebene Sachverständigengutachten erstattet haben möchte,

muss wissen, dass ihm,

  • weil er nur solche Kosten eines Schadensgutachtens erstattet verlangen kann, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in seiner Lage zur Behebung des Schadens zweckmäßig sowie notwendig erscheinen und
  • er im Rahmen des ihm Zumutbaren gehalten ist den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann,

im Rahmen des Wirtschaftlichkeitsgebots grundsätzlich eine gewisse Plausibilitätskontrolle der vom Sachverständigen bei Vertragsabschluss geforderten (bzw. später berechneten) Preise obliegt.

  • Zwar ist ein Geschädigter grundsätzlich berechtigt, einen qualifizierten Gutachter seiner Wahl mit der Erstellung des Schadensgutachtens zu beauftragen und auch nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Markts verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen.
  • Allerdings verbleibt für ihn dabei dann das Risiko, dass er ohne nähere Erkundigungen einen Sachverständigen beauftragt, der sich später im Prozess als zu teuer erweist.

Verlangt der Sachverständige bei Vertragsabschluss Preise, die – für den Geschädigten erkennbar – deutlich überhöht sind, kann sich die Beauftragung dieses Sachverständigen nämlich als nicht erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) erweisen, mit der Folge, dass der Geschädigte dann

  • nur Ersatz der für die Erstattung des Gutachtens tatsächlich erforderlichen Kosten verlangen kann,
  • deren Höhe im Streitfall das Gericht gemäß § 287 Zivilprozessordnung (ZPO) zu bemessen hat.

Die Plausibilitätskontrolle entsprechend den vorstehenden Grundsätzen durch den Geschädigten schließt auch eine gesonderte Überprüfbarkeit

  • einzelner Positionen von neben dem Grundhonorar geltend gemachten Nebenkosten (wie Fahrtkosten, Kosten für Fotografien und Kopien, Schreibgebühren sowie Porto- und Telefonkosten)

aus der Sachverständigenrechnung mit ein.

Eine solche Plausibilitätskontrolle hinsichtlich der Nebenkosten ist einem Geschädigten zumutbar, weil

für jeden Geschädigter somit unschwer erkennbar ist, ob die von seinem Sachverständigen berechnete Nebenkosten den tatsächlich erforderlichen Aufwand deutlich überschreiten oder nicht (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 26.04.2016 – VI ZR 50/15 – und Landgericht (LG) Bremen, Urteil vom 02.09.2016 – 3 S 289/15 –).

Zur Vermeidung des Risikos, möglicherweise einen Teil der Sachverständigenkosten nicht erstattet zu bekommen, empfiehlt es sich daher,

  • sich vor der Beauftragung eines Sachverständigen über die Kosten zu informieren und
  • gegebenenfalls einen Sachverständigen zu wählen,
    • der auch Gerichtsgutachten erstellt oder
    • einer großen Sachverständigenorganisation (z.B. DEKRA, TÜV) angehört.

Was Käufer eines Neufahrzeugs wissen sollten

Ein Fahrzeug ist nach der Rechtsprechung fabrikneu,

  • wenn es aus neuen Materialien zusammengesetzt und unbenutzt ist,
  • wenn und solange das Modell unverändert weitergebaut wird,
  • wenn das verkaufte Fahrzeug keine durch längere Standzeiten bedingten Mängel aufweist und nach der Herstellung keine Beschädigungen eingetreten sind sowie
  • wenn zwischen Herstellung und Abschluss des Kaufvertrages nicht mehr als zwölf Monate liegen.

Dass diese Voraussetzungen bei dem von ihm bei einem Händler als Neufahrzeug gekauften PKW nicht erfüllt gewesen sind,

  • muss der Käufer beweisen,
  • wenn er einen PKW-Kauf mit der Begründung rückabwickeln will, das ihm verkaufte Fahrzeug sei kein Neufahrzeug mehr gewesen.

Darauf und dass demzufolge ein im Jahre 2015 produzierter PKW vor Ablauf der Jahresfrist im Jahre 2016 noch als Neufahrzeug verkauft werden kann,

  • wenn auch die weiteren obigen Voraussetzungen erfüllt sind und
  • bei dem gekauften Fahrzeug nicht ausdrücklich als Produktionsjahr 2016 vereinbart war,

hat der 28. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 16.08.2016 – 28 U 140/15 – hingewiesen (Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm vom 16.09.2016).