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LG Krefeld entscheidet: Vertragshändler muss verkaufte Fahrzeuge mit manipulierter Abgassoftware zurücknehmen

Weil in ihren jeweils bei einem Vertragshändler erworbenen zwei PKWs

  • vom Hersteller eine manipulierten Abgassoftware verbaut war, durch die die Stickoxidwerte im Prüfstandlauf in gesetzlich unzulässiger Weise optimiert wurden und
  • die beiden Käufer deswegen, zu einem Zeitpunkt, als noch nicht klar war, ob die zur Behebung dieses Mangels vom Hersteller vorgesehene geänderte Software vom Kraftfahrt-Bundesamt genehmigt werden wird und wann eine Nachrüstung der Fahrzeuge erfolgt, den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt hatten,

hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Krefeld mit Urteilen vom 14.09.2016 – 2 O 72/16 und 2 O 83/16 – den Rücktritt der Käufer vom Kaufvertrag für berechtigt erklärt und entschieden, dass

  • der Vertragshändler die Fahrzeuge zurücknehmen und im Gegenzug den Kaufpreis abzüglich einer Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer an die jeweiligen Käufer zurückzahlen muss.

Begründet hat die Kammer die Berechtigung der Käufer zum Rücktritt vom Kaufvertrag u.a. damit, dass zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung der beiden Käufer, auf den es insoweit entscheidend ankomme, es den Käufern im Hinblick darauf, dass unklar war, ob und ggf. wann eine Behebung des Mangels erfolgen kann, nicht zuzumuten gewesen sei, dem Vertragshändler die in solchen Fällen im Gesetz grundsätzlich vorgeschriebene Möglichkeit einer Nacherfüllung einzuräumen.

Abgesehen davon sei, so die Kammer weiter, jedenfalls zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung auch der Verdacht der Käufer berechtigt gewesen, dass, wegen des bekanntermaßen bestehenden Zielkonflikts zwischen günstigen Stickoxidwerten und günstigen Kohlendioxidwerten, eine Verbesserung der Stickoxidwerte nur unter Inkaufnahme anderer Mängel bzw. Nachteile möglich sein werde.

Letztlich sei für die Käufer eine Nachbesserung durch den Vertragshändler aber auch deshalb unzumutbar, weil sie es nicht hinnehmen müssten, dass faktisch der Hersteller, der die arglistige Täuschung begangen habe, als Erfüllungsgehilfe des Verkäufers den Mangel beseitige. Denn auch wenn der Vertragshändler die Software aufspiele, werde die wesentliche Arbeit zur Nachbesserung vom Hersteller geleistet, der die neue Software zur Motorsteuerung entwickle.

Eine Minderung des Kaufpreises als Alternative zum Rücktritt scheide aus, weil die betroffenen Fahrzeuge ohne eine Nachrüstung von den Zulassungsämtern stillgelegt würden und demzufolge sei der Mangel der Fahrzeuge trotz möglicherweise nur geringer Nachbesserungskosten auch nicht als unerheblich anzusehen (Quelle: Pressemitteilung des LG Krefeld vom 14.09.2016).

Was Dauerparker wissen sollten, wenn sie ihr Auto abstellen und länger stehen lassen wollen

Der 5. Senat des Oberverwaltungsgerichts (OVG) für das Land Nordrhein-Westfalen hat im Verfahren 5 A 470/14 entschieden, dass in Fällen, in denen

  • ein PKW rechtmäßig abgestellt,
  • danach dort durch Aufstellen von mobilen Halteverbotsschildern eine Halteverbotszone errichtet und
  • aufgrund dessen nachfolgend das weiterhin dort parkende Fahrzeug abgeschleppt worden ist,

dem Fahrzeugverantwortlichen die Kosten für das Abschleppen des PKWs dann in Rechnung gestellt werden können, wenn

  • zwischen dem Aufstellen der Halteverbotsschilder und dem Abschleppen des Fahrzeugs 48 Stunden verstrichen sind.

In dem dieser Entscheidung zugrunde liegendem Fall, in dem, so das OVG, der Fahrzeugverantwortliche mit den Abschleppkosten belastet werden durfte, war

  • das Fahrzeug am 19. August rechtmäßig in einer Straße geparkt,
  • am 20. August dort durch Aufstellen von mobilen Halteverbotsschildern eine Halteverbotszone beginnend ab dem 23. August 2013, 7:00 Uhr, eingerichtet und
  • das Fahrzeug am Nachmittag des 23. August abgeschleppt worden.

Nach Auffassung des Senats steht der Umstand, dass Halteverbotsschilder erst nach dem rechtmäßigen Abstellen eines Fahrzeugs angebracht worden sind, der Verhältnismäßigkeit der Kostenbelastung des Fahrzeugverantwortlichen im Regelfall nicht entgegen, wenn zwischen dem Aufstellen der Halteverbotsschilder und dem Abschleppen eine Frist von 48 Stunden verstrichen ist.

Diese Auffassung ist nicht unbestritten.

Andere Obergerichte halten eine Belastung des Fahrzeugverantwortlichen mit den Kosten der Abschleppmaßnahme in solchen Fällen

Warum man sein Auto nicht auf einem Gelände abstellen sollte auf dem trockenes Gras liegt

Wer einen PKW auf einem Wiesenbrachgelände abstellt, kann nämlich,

  • wenn beispielsweise dort liegender, abgemähter Aufwuchs durch die Wärmestrahlung der Abgasanlage seines Fahrzeugs in Brand gesetzt wird,
  • durch das Löschwasser bei dem anschließenden Löschversuch der Feuerwehr und/oder Brandrückstände der Boden verunreinigt worden ist und
  • die dafür zuständige Behörde deswegen das verunreinigte Erdreich entsorgen bzw. den Boden sanieren muss,

auf Erstattung der hierfür erforderlichen Kosten in Anspruch genommen werden.

Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Neustadt a.d. Weinstraße mit Urteil vom 12.09.2016 – 3 K 832/15.NW – entschieden.

Begründet hat das VG dies damit, dass zu den Kosten einer Bodensanierung, ohne dass es auf ein Verschulden ankommt, jeder Verursacher der Bodenverunreinigung herangezogen werden kann,

  • also Jeder der an der Bodenkontamination – zumindest als Teilverantwortlicher – mitgewirkt hat und
  • dass derjenige, der ein Fahrzeug auf einem Grundstück abstellt dann als (Mit-)Verursacher einer durch einen Brand verursachten schädlichen Bodenveränderung und somit als Handlungsstörer anzusehen ist, wenn sich das Abstellen des Fahrzeugs als kausal für den Brand erweist.

Auch wenn als Kostenschuldner neben ihm weitere verantwortliche Störer herangezogen werden könnten, kann, so das VG, sich der in Anspruch genommene Fahrzeugführer darauf nicht berufen, sondern in einem solchen Fall lediglich versuchen gegen diese im Innenverhältnis einen Ausgleichsanspruch geltend zu machen.

Der vom VG entschiedene Fall, bei dem die Kosten der Entsorgung das verunreinigte Erdreich übrigens 86.613,20 € betrugen, zeigt auch, dass man Hinweise von Fahrzeugherstellern in der Betriebsanleitung

  • darauf zu achten, dass die Abgasanlage keinesfalls mit leicht brennbaren Materialien in Berührung kommt, z.B. mit trockenem Gras oder Benzin, da sich sonst das brennbare Material entzünden und das Fahrzeug in Brand setzen könnte,

ernst nehmen sollte (Quelle: Pressemitteilung des VG Neustadt a.d. Weinstraße Nr. 37/16 vom 12.09.2016).

Weist ein bei einem Händler gekauftes Fahrzeug einen Sachmangel auf muss es der Käufer zur Reparatur zum Verkäufer bringen

Bleibt ein bei einem Händler gekaufter, gebrauchter Motorroller wegen eines Defekts liegen, der auf einen bereits bei Gefahrübergang vorhandenen Grundmangel zurückzuführen ist, ist der Verkäufer,

  • auch wenn der Käufer aufgrund dessen nach § 439 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) einen Anspruch auf Mangelbeseitigung hat,

grundsätzlich nicht verpflichtet, den liegengebliebenen Roller für die Reparatur abzuholen.

Darauf hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 29.02.2016 – 274 C 24594/15 – hingewiesen und in einem Fall,

  • in dem der Käufer der Firma, bei der er den Motorroller für 1.800 Euro gekauft hatte, den Standort des liegengebliebenes Motorrollers mitgeteilt und
  • den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt hatte, als der Roller nach längerer Zeit nicht zur Reparatur abgeholt worden war,

die Klage des Käufers gegen den Verkäufer auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Motorrollers abgewiesen.

Begründet hat das AG die klageabweisende Entscheidung damit, dass,

Was ein bei einem Verkehrsunfall Geschädigter, der einen Sachverständigen mit der Erstellung eines Schadensgutachtens beauftragt, wissen sollte

Beauftragt ein bei einem Verkehrsunfall Geschädigter einen Sachverständigen seiner Wahl mit der Erstellung eines Schadensgutachtens schuldet er aufgrund des dem Sachverständigen erteilten Auftrags diesem die vereinbarte Vergütung bzw. das vereinbarte Honorar.

Diese zwischen dem Geschädigten und dem Sachverständigen für die Erstellung des Schadensgutachtens vereinbarte Vergütung bzw. das insoweit vereinbarte Honorar das der Geschädigte dem Sachverständigen schuldet, kann der Geschädigte

  • nicht stets (in vollem Umfang) vom Schädiger gem. § 249 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) erstattet verlangen und
  • zwar auch dann nicht immer, wenn die vollständige Haftung des Schädigers unstreitig ist.

Die Kosten, die der Geschädigte dem Sachverständigen schuldet sind nach § 249 BGB nämlich nur erstattungsfähig, soweit sie in der geltend gemachten Höhe auch erforderlich waren.
Denn der Geschädigte kann vom Schädiger nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen,

dieser Betrag kann geringer sein als das zwischen Geschädigtem und Sachverständigen bei der Beauftragung vereinbarte und dem Geschädigten von dem Sachverständigen in Rechnung gestellte Honorar (BGH, Urteil vom 21.06.2016 – VI ZR 475/15 –).

Da für Geschädigte somit,

  • wenn es nach Erstellung des Gutachtens zum Streit mit dem Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherung darüber kommt, ob die von dem Sachverständigen dem Geschädigten in Rechnung gestellten Kosten angemessen oder überhöht sind,

das Risiko verbleibt, einen Sachverständigen beauftragt zu haben, der sich im Prozess als zu teuer erweist (vgl. BGH, Urteil vom 26.04.2016 – VI ZR 50/15 –), empfiehlt es sich für Geschädigte daher,

Nochmals zu den Möglichkeiten die Käufer von vom Dieselgate betroffenen Fahrzeugen haben

Wer einen vom sogenannten Abgasskandal betroffenen Pkw gekauft hat,

  • in den vom Hersteller eine manipulierte Abgassoftware verbaut worden ist,
  • die Stickoxidwerte im Prüfstandlauf in gesetzlich unzulässiger Weise optimiert,

hat ein mit einem Sachmangel behaftetes Fahrzeug erworben (vgl. § 434 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

Der Käufer kann deshalb,

  • sofern seine diesbezüglichen Gewährleistungsansprüche noch nicht verjährt sind (vgl. hierzu §§ 438 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 Satz 1, 195 BGB und die dem Kaufvertrag zugrunde liegenden AGBs), bzw.
  • sofern bereits Verjährung eingetreten ist, der Verkäufer die Einrede der Verjährung nicht erhebt oder vor Eintritt der Verjährung auf die Erhebung der Einrede der Verjährung verzichtet hat,

gemäß § 439 Abs. 1 BGB Nacherfüllung binnen einer angemessenen Frist verlangen.

Ein Rücktritt vom Kaufvertrag, ohne ein solches vorheriges erfolgloses Nacherfüllungsverlangen, setzt voraus,

  • dass der Mangel an der Abgassoftware beispielsweise mittels eines Software-Updates nicht folgenlos beseitigt werden kann,
  • sondern eine technische und/oder merkantile Wertminderung des Fahrzeugs zurückbleibt.

Ein sofortiges Rücktrittsbegehren ohne vorheriges erfolgloses Nacherfüllungsverlangen

  • hat demzufolge nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn die Überprüfung durch einen Sachverständigen ergibt, dass eine Nachbesserung wegen des Verbleibs nachteiliger Folgen für das Fahrzeug objektiv unmöglich ist und
  • wird, falls der Mangel folgenlos behoben werden kann, erfolglos bleiben.

Darauf hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Celle mit Beschluss im Verfahren 7 W 26/16 hingewiesen (Quelle: Pressemitteilung des OLG vom 08.08.2016).

Wann spricht der Anscheinsbeweis gegen einen nach rechts in eine bevorrechtigte Straße einfahrenden Wartepflichtigen?

Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) darf ein Wartepflichtiger nur in eine vorfahrtsberechtigte Straße einfahren,

  • wenn dadurch Vorfahrtsberechtigte weder gefährdet noch wesentlich behindert werden,
  • wobei sich die Pflichten nach § 8 Abs. 2 StVO nicht nur auf das sog. Einmündungsviereck erstecken, sondern darüber hinaus
    • auch auf den Bereich, in dem sich die Fahrlinien der Fahrzeuge kreuzen, berühren oder bedrohlich nähern und
    • Vorfahrtsberechtigte dadurch in ihrer Weiterfahrt behindert werden können.

Kein Anscheinsbeweis spricht gegen einen Wartepflichtigen, der aus einer untergeordneten Straße nach rechts in eine bevorrechtigte Straße einbiegt und in dem durch die Vorfahrt geschützten Bereich mit einem (von rechts kommenden) vorfahrtsberechtigten Fahrzeug zusammenstößt dann,

  • wenn die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass der Wartepflichtige den Bevorrechtigten auch bei der nach § 8 Abs. 2 Satz 2 StVO gebotenen größten Sorgfalt nicht hätte wahrnehmen können,

da die bloße Möglichkeit, dass auf der Vorfahrtstraße ein anderes Kraftfahrzeug herannahen könnte, noch keine Wartepflicht auslöst und demzufolge ein Wartepflichtiger das Vorfahrtsrecht eines herannahenden Verkehrsteilnehmers nur dann zu beachten hat,

  • wenn das bevorrechtigte Fahrzeug in dem Augenblick, in dem er mit dem Einfahren beginnt, bereits sichtbar ist,

Ebenfalls kein Raum für einen Anscheinsbeweis nach § 8 StVO ist, wenn für den nach rechts in die Vorfahrtsstraße einbiegenden Wartepflichtigen,

  • beim Beginn des Einbiegens sich nicht nur von links keine Fahrzeuge näherten,
  • sondern auch die für ihn rechte Straßenseite frei war und
  • keine Anzeichen dafür sprachen, dass eines der sich auf der bevorrechtigten Straße von rechts nähernden Fahrzeuge die Fahrbahnseite wechseln wird,

weil ein Wartepflichtiger in einem solchen Fall grundsätzlich davon ausgehen darf, dass er keinen der vorfahrtberechtigten Fahrer in der Weiterfahrt behindern wird.

Allerdings spricht der Anscheinsbeweis nach § 8 StVO gegen einen nach rechts in die Vorfahrtsstraße einbiegenden Wartepflichtigen dann,

  • wenn im Hinblick auf bestehende Örtlichkeiten – etwa der relativ geringen Straßenbreite, dem Fehlen einer Mittellinie, von beidseits geparkten Fahrzeugen usw. –

der Wartepflichtige nicht darauf vertrauen konnte, dass die Fahrspur der bevorrechtigten Straße, auf die er einzufahren beabsichtigt, frei ist sowie auch frei bleibt,

  • weil er in einem solchen Fall nicht darauf vertrauen darf, dass er, ohne den Gegenverkehr zu behindern oder zu gefährden, in die vorfahrtsberechtigte Straße wird einfahren können.

Darauf hat die 13. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Saarbrücken mit Urteil vom 29.04.2016 – 13 S 3/16 – hingewiesen.

Was vom Dieselgate betroffene Autobesitzer wissen sollten

Dieselfahrzeuge in die der Hersteller eine manipulierte Abgassoftware verbaut hat, die Stickoxidwerte im Prüfstandlauf in gesetzlich unzulässiger Weise optimieren, sind im Sinne des § 434 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) mangelbehaftet.

Wer ein solches Fahrzeug gekauft hat, kann

  • vom Käufer gemäß § 439 Abs. 1 BGB Nacherfüllung verlangen und
  • wenn die Nacherfüllungsphase erfolglos verlaufen ist, d.h.,
    • dem Verkäufer erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gemäß § 439 Abs. 1 BGB gesetzt,
    • ihm das Fahrzeug am Erfüllungsort der Nacherfüllung zur Nacherfüllung zur Verfügung gestellt worden ist (Bundesgerichtshof (BGH), Urteile vom 10.03.2010 – VIII ZR 310/08 – und vom 19.12.2012 – VIII ZR 96/12 –; Hanseatisches Oberlandesgericht (OLG) Bremen, Urteil vom 27.03.2015 – 2 U 12/15 –; Landgericht (LG) Heidelberg, Urteil vom 05.02.2015 – 2 O 75/14 –) und
    • sich eine Nachbesserung als objektiv unmöglich erwiesen hat, weil der Mangel als solcher einschließlich seiner Ursache (mittels eines Software-Updates) nur unter Zurückbleiben einer technischen und/oder merkantilen Wertminderung beseitigt werden konnte,
  • entweder nach §§ 437 Nr. 2, 440, 323, 346 Abs. 1 BGB gegenüber dem Verkäufer den Rücktritt vom Kaufvertrag erklären und vom Verkäufer die Rückzahlung des Kaufpreises, abzüglich des Nutzungswertersatzes für jeden gefahrenen Kilometer, Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs verlangen (vgl. hierzu Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 09.12.2014 – VIII ZR 196/14 – und Urteil vom 09.04.2014 – VIII ZR 215/13 –) oder
  • wenn er das Fahrzeug behalten will, nach §§ 437 Nr. 2, 441 BGB gegenüber dem Verkäufer die Minderung des Kaufpreises erklären und vom Verkäufer einen Teil des bezahlten Kaupreises, nämlich den Minderwert zurückfordern.

Will ein Käufer ohne vorheriges Nacherfüllungsverlangen, also ohne die Nacherfüllungsphase zu durchlaufen, sofort vom Kaufvertrag zurücktreten oder den Kaufpreis mindern, muss er folglich in einem Rechtsstreit darlegen und beweisen können,

  • dass eine Behebung des Mangels ohne das Auftreten von Folgeproblemen nicht möglich ist und/oder es trotz angedachter bzw. angebotener Nachbesserungsmaßnahmen bei dem Fahrzeug zu einer dauerhaften Wertminderung kommen wird,
  • was grundsätzlich nur mittels eines Sachverständigengutachtens möglich sein wird.

Nicht in Betracht kommt gewöhnlich eine Anfechtung des Kaufvertrages wegen einer möglichen arglistiger Täuschung nach § 123 BGB und zwar auch dann nicht, wenn das Fahrzeug bei einem Vertragshändler gekauft worden ist, weil auch ein Vertragshändler sich das Wissen des Pkw-Herstellers normalerweise nicht zurechnen lassen muss.

Darauf hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Celle mit Beschluss vom 30.06.2016 – 7 W 26/16 – hingewiesen.

Schadensersatz gemäß § 437 Nr. 3 BGB vom Verkäufer verlangt werden kann nur dann, wenn dem Verkäufer

  • die Manipulation bekannt war oder
  • er diese zumindest für möglich gehalten hat,

weil der Schadensersatzanspruch voraussetzt, dass den Verkäufer ein Verschulden trifft.

Übrigens:
Gewährleistungsansprüchen wegen manipulierter Abgassoftware können nur geltend gemacht werden, wenn die Sachmängelhaftung im Kaufvertrag nicht wirksam ausgeschlossen worden ist.

Abgesehen davon muss bedacht werden, dass,

  • wenn die Gewährleistungsansprüche bereits verjährt sein sollten,

der Käufer diese möglicherweise nicht mehr wird durchsetzen können, weil der Verkäufer,

  • sofern er vor Eintritt der Verjährung nicht hierauf verzichtet hat,
  • dann die Einrede der Verjährung erheben kann.

Gewährleistungsansprüche gegen den Verkäufer verjähren,

  • sofern im Kaufvertrag nicht wirksam etwas anderes vereinbart worden ist (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 29.05.2013 – VIII ZR 174/12 –),
  • gemäß § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB in zwei Jahren ab Lieferung des Kaufsache.

Nur wenn der Verkäufer dem Käufer den Mangel arglistig verschwiegen hat gilt gemäß §§ 438 Abs. 1 Abs. 3 Satz 1, 195 BGB eine dreijährige Verjährungsfrist.

Nicht alle Kosten, die ein vom Unfallgegner mit der Schadensbegutachtung beauftragter Sachverständiger in Rechnung stellt, muss der Schädiger auch zahlen

Beauftragt nach einem Verkehrsunfall der Geschädigte einen Sachverständigen seiner Wahl mit der Begutachtung seines beschädigten Fahrzeugs gehören die Sachverständigenkosten zwar zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs

  • erforderlich und
  • zweckmäßig ist.

Für den Geschädigten verbleibt dabei allerdings,

  • wenn es nach Erstellung des Gutachtens zum Streit mit dem Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherung darüber kommt,
  • ob die von dem Sachverständigen in Rechnung gestellten Kosten angemessen oder überhöht sind,

das Risiko,

  • dass er ohne nähere Erkundigungen einen Sachverständigen beauftragt hat, der sich später im Prozess als zu teuer erweist (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteile vom 12.07.2005 – VI ZR 132/04 –; vom 23.01.2007 – VI ZR 67/06 – und vom 22.07.2014 – VI ZR 357/13 –).

Denn gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB kann der Geschädigte vom Schädiger als erforderlichen Herstellungsaufwand

  • nur die Kosten erstattet verlangen,
  • die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und notwendig erscheinen.

Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann.

  • Im Rahmen des Wirtschaftlichkeitsgebots obliegt dem Geschädigten grundsätzlich eine gewisse Plausibilitätskontrolle der vom Sachverständigen bei Vertragsabschluss geforderten oder später berechneten Preise.
  • Verlangt der Sachverständige bei Vertragsabschluss nämlich Preise, die – für den Geschädigten erkennbar – deutlich überhöht sind, kann sich die Beauftragung dieses Sachverständigen als nicht erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB erweisen.
    Der Geschädigte kann dann nur Ersatz der für die Erstattung des Gutachtens tatsächlich erforderlichen Kosten verlangen.

Ob bzw. welche Kosten für die Erstattung des Gutachtens tatsächlich erforderlich waren, hat der Tatrichter gemäß § 287 ZPO zu bemessen (vgl. BGH, Urteile vom 09.12.2014 – VI ZR 138/14 – und vom 22.07.2014 – VI ZR 357/13 –).

Der von dem Sachverständigen erstellten Rechnung kann bei dieser richterlichen Schadensschätzung eine Indizwirkung für die Erforderlichkeit der geltend gemachten Kosten

  • nur beigemessen werden, wenn der Geschädigte die Rechnung des Sachverständigen bezahlt hat,
  • nicht dagegen, wenn die Rechnung des Sachverständigen vom Geschädigten nicht bezahlt wurde, sondern der Sachverständige Bezahlung seiner Rechnung aus abgetretenem Recht vom Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherung verlangt, weil dem Geschädigten in diesem Fall insoweit kein Kostenaufwand entstanden ist.

Zur Schätzung der bei der Begutachtung angefallenen und erforderlichen Nebenkosten können als Orientierungshilfe die Bestimmungen des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) herangezogen werden.

Darauf hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 26.04.2016 – VI ZR 50/15 – hingewiesen.

Danach ist dem Geschädigten somit eine Plausibilitätskontrolle hinsichtlich der Nebenkosten zumutbar.
Denn, so der Senat, sowohl bei den Aufwendungen für Fahrten mit dem Auto als auch denen für Fotos, Kopien und Druck handelt es sich – auch wenn sie im Rahmen eines Geschäftsbetriebs angefallen sind – um Kosten des täglichen Lebens, mit denen ein Erwachsener üblicherweise im Alltag konfrontiert ist und deren Höhe er typischerweise auch ohne besondere Sachkunde abschätzen kann.
Er kann deshalb erkennen, dass beispielweise berechnete Nebenkosten für Fahrten von 1,05 € pro Kilometer, für Fotos von 2,05 € pro Foto und für Kopien von 1 € pro Seite den tatsächlich erforderlichen Aufwand deutlich überschreiten.

Zur Vermeidung des Risikos, möglicherweise einen Teil der Sachverständigenkosten nicht erstattet zu bekommen, empfiehlt es sich daher, sich vor der Beauftragung eines Sachverständigen über die Kosten zu informieren und gegebenenfalls einen Sachverständigen zu wählen, der auch Gerichtsgutachten erstellt oder einer großen Sachverständigenorganisation (z.B. DEKRA, TÜV) angehört.

Nicht immer muss bei einem Halte- oder Parkverstoß der Fahrzeughalter die Verfahrenskosten tragen

Das Amtsgericht (AG) Tiergarten hat mit Beschluss vom 27.04.2016 – 290 OWi 389/16 – entschieden, dass die Überbürdung der Kosten und Auslagen nach § 25a Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG) in einem Bußgeldverfahren wegen eines Halt- oder Parkverstoßes auf den Fahrzeughalter,

  • falls der Führer des Kraftfahrzeugs, der den Verstoß begangen hat, nicht vor Eintritt der Verfolgungsverjährung ermittelt werden kann oder
  • seine Ermittlung einen unangemessenen Aufwand erfordern würde,

dessen rechtzeitige Befragung voraussetzt, die grundsätzlich innerhalb von zwei Wochen zu erfolgen hat.

Nach Auffassung des AG kann nach Ablauf von zwei Wochen nach Begehung der ihm zur Last gelegten Zuwiderhandlung gegen die StVO von einem Fahrzeughalter nämlich nicht mehr verlangt werden, der Verwaltungsbehörde den Fahrer seines Kraftfahrzeugs zum Tatzeitpunkt mitzuteilen (so bereits AG Tiergarten mit Beschluss vom 04.08.2015 – 290 Owi 675/15 –).

Auf eine etwaige schriftliche Verwarnung am Fahrzeug könne nicht abgestellt werden. Voraussetzung für die Kostenfolge des § 25 a StVG sei vielmehr die rechtzeitige Zusendung des Anhörungsbogens, d.h. dessen Zugang innerhalb von zwei Wochen.