Tag Feststellung

OLG Oldenburg entscheidet: Bei einem schuldrechtlichen Wohnrecht kann der Wohnberechtigte, wenn das Haus verkauft wird, an

…. einer Klage auf Feststellung des Bestehens eines Wohnrechts ein sog. Feststellungsinteresse haben.

Mit Beschlüssen vom 27.04.2023 und 22.06.2023 – 8 U 174/22 – hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg in einem Fall, in dem die Ehefrau und ihre beiden Töchter, 

  • die gemeinsam Erben ihres verstorbenen Ehemannes und Vaters waren, 

sich mit dem Enkel des Verstorbenen über den Verkauf des Hauses,

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OLG Celle konkretisiert welche Mindestnachforschungspflicht das Nachlassgericht zur Erbenermittlung trifft

…. bevor es das Erbrecht des Staates feststellen darf.

Hat ein Verstorbener 

  • keinen Ehe- oder Lebenspartner und 
  • keine Verwandten und 
  • hat er auch nicht durch ein Testament oder eine andere letztwillige Verfügung einen Erben eingesetzt, 

so erbt sein Vermögen der Staat (§ 1936 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB)). 

Dieses sog. Erbrecht des Fiskus stellt das Nachlassgericht nach § 1964 BGB fest, wenn ein Erbe nicht 

  • innerhalb einer den Umständen entsprechenden Frist 

zu ermitteln ist. 

Mit Beschluss vom 20.04.2021 hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Celle zum einen darauf hingewiesen, dass 

  • Reichweite und Umfang der Erbenermittlungen zwar im pflichtgemäßen Ermessen des Nachlassgerichts stehen und 
  • das Nachlassgericht auch beispielweise nach § 1965 BGB von einer öffentlichen Aufforderung zur Anmeldung von Erbrechten absehen darf, wenn die dafür erforderlichen Kosten im Hinblick auf das Vermögen des Erblassers unverhältnismäßig hoch wären, 

zum anderen aber gleichzeitig auch hervorgehoben, dass 

  • die Anforderungen an die Erbenermittlungspflicht des Nachlassgerichts dabei nicht zu niedrig angesetzt werden dürfen

und in dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall, in dem

  • die Erblasserin in der von ihr gemieteten Wohnung tot aufgefunden worden war, 
  • das für die Bestattung zuständige Ordnungsamt keine Informationen zu Angehörigen hatte, 
  • das Zentrale Testamentsregister zwar auf eine namentlich benannte Tochter der Erblasserin hinwies, 
  • von dem Standes- und Einwohnermeldeamt an dem angegebenen Geburtsort dieser Tochter aber mitgeteilt worden war, dass diese dort nicht gemeldet sei,

entschieden, dass, 

  • bevor das Erbrechts des Staates festgestellt werden darf, 

regelmäßig mindestens Anfragen an 

  • Sterbe-, Ehe- und Geburtenregister der feststellbaren Lebensmittelpunkte eines Erblassers

gerichtet und wenn, wie hier,  

  • zudem der Name, das Geburtsdatum und der Geburtsort einer möglichen Tochter bekannt sind, auch ausgehend von diesen Informationen weitere Ermittlungen 

durchgeführt werden müssen (Quelle: Pressemitteilung des OLG Celle).

Übrigens:
Der Staat wird auch dann Erbe. wenn alle vorhandenen Verwandte und Ehegatten des Erblassers das Erbe ausschlagen.
Eine ihm als gesetzlichem Erbe angefallene Erbschaft kann der Fiskus nicht ausschlagen (1942 Abs. 2 BGB).

Was Fahrzeughalter wissen sollten, wenn sie, nachdem mit ihrem Fahrzeug eine Ordnungswidrigkeit begangen wurde, die

…. Mitwirkung an der Feststellung des Täters (erkennbar) ablehnen.

Mit Beschluss vom 02.02.2020 – 3 M 16/20 – hat der 3. Senat des Oberverwaltungsgerichts (OVG) des Landes Sachsen-Anhalt in einem Fall, in dem ein Fahrzeug 

  • einer Halterin eines größeren Fuhrparks 

mit 34 Stundenkilometern zu viel innerorts geblitzt, der Halterin deswegen ein Zeugenfragebogen 

  • – mit einem Messfoto des Fahrers versehen – 

übersandt und die Unterlagen nicht ausgefüllt und auch nicht zurückgeschickt worden waren, entschieden, dass die 

  • daraufhin direkt von der zuständigen Behörde 

gegen die Fahrzeughalterin,

  • auf der Grundlage § 31a Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO), 

angeordnete Führung eines Fahrtenbuchs rechtmäßig war.

Danach 

  • ist bei einer unterbliebenen Rücksendung eines dem Fahrzeughalter übersandten Anhörungs- oder Zeugenfragebogens zur Ermittlung des Fahrzeugführers, die zuständige Behörde regelmäßig nicht gehalten, weitere aufwendige und zeitraubende Ermittlungsmaßnahmen einzuleiten und durchzuführen,
  • steht, weil dies die Mitwirkungspflicht eines Fahrzeughalters an der Aufklärung des Sachverhalts nicht entfallen lässt, ein Aussage- oder Zeugnisverweigerungsrecht des Fahrzeughalters in einem Ordnungswidrigkeiten- oder Strafverfahren der Anordnung zur Führung eines Fahrtenbuchs nicht entgegen und

muss somit ein Fahrzeughalter, 

  • der sich in einem Ordnungswidrigkeiten- oder Strafverfahren nicht zur Sache äußert,

mit einer Fahrtenbuchauflage,

  • auch bei einem erst- oder einmaligen Verkehrsverstoß von erheblichem Gewicht,

rechnen.

Verbraucher, die im Internet eine Matratze kaufen, können auch nach Entfernung der Schutzfolie den

…. Kaufvertrag noch nach §§ 312g Abs. 1, 355 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) widerrufen.

Das hat die Sechste Kammer des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) mit Urteil vom 27.03.2019 in der Rechtssache C-681/17 entschieden.

Danach handelt es sich bei einer Matratze

  • nicht um eine versiegelte Ware, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet ist, wenn die Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde,

so dass das Widerrufsrecht der Verbraucher im Fall eines Onlinekaufs nicht nach § 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB ausgeschlossen ist.

Dass eine Matratze, deren Schutzfolie vom Verbraucher nach der Lieferung entfernt wurde, nicht nach § 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB vom Widerrufsrecht ausgenommen ist, hat die Kammer damit begründet, dass,

  • wie bei Kleidungsstücken,

auch Matratzen mittels einer Reinigung oder Desinfektion wieder so verkehrsfähig gemacht werden können, dass sie den Erfordernissen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene genügen.

Beachten sollten Verbraucher allerdings, dass sie dadurch,

  • dass sie die Ware in einem größeren Maß genutzt haben, als zur Feststellung ihrer Beschaffenheit, ihrer Eigenschaften und ihrer Funktionsweise nötig gewesen wäre,

zwar das Widerrufsrecht nicht verlieren, aber für einen etwaigen Wertverlust der Ware haften.

Arbeitsunfähigkeit zur Aufrechterhaltung des gesetzlichen Krankengeldanspruchs kann durch jeden Arzt festgestellt werden

Mit Urteil vom 20.03.2017 – S 15 KR 3635/15 – hat das Sozialgericht (SG) Stuttgart entschieden, dass Arbeitsunfähigkeit

  • durch jeden Arzt festgestellt werden kann,
  • auch durch einen Arzt des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) und
  • es sich nicht notwendig um den behandelnden Arzt oder um einen Vertragsarzt handeln muss.

Danach liegt auch dann, wenn beispielsweise

  • der behandelnde Arzt Arbeitsunfähigkeit bis zum 13.03.2017 bescheinigt hatte,
  • am 13.03.2017 eine persönliche Untersuchung durch Gutachter des MDK erfolgt war, der ausführte, dass der Untersuchte nachvollziehbar nicht leistungsfähig sei, um einer Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt oder in der Bezugstätigkeit nachzugehen und
  • erst am 15.03.2017 vom behandelnde Arzt eine weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt wurde,

eine lückenlos ärztlich festgestellt Arbeitsunfähigkeit vor,

  • die den Versicherungsschutz mit Krankengeldberechtigung über den 13.03.2017 hinaus aufrechterhält und
  • zum fortlaufenden Bezug von Krankengeld über den 13.03.2017 hinaus berechtigt.

Quelle: Pressemitteilung des SG Stuttgart vom 16.08.2017

Was, wer eine Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen hat oder abschließen will, wissen sollte

Wer eine Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen hat, nach der bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit

  • vorliegt, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung oder mehr als altersentsprechenden Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich auf Dauer (mindestens sechs Monate) außer Stande ist, ihren zuletzt ausgeübten Beruf, so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war, auszuüben

oder

  • dann vermutet wird, wenn die versicherte Person sechs Monate ununterbrochen infolge Krankheit, Körperverletzung oder mehr als altersentsprechenden Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, vollständig oder teilweise außer Stande gewesen ist, ihren zuletzt ausgeübten Beruf, so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war, auszuüben und in dieser Zeit auch keine andere Tätigkeit ausgeübt hat, die ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht

und wegen geltend gemachter Berufsunfähigkeit Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung begehrt, muss im Streitfall nachweisen, dass er bedingungsgemäß berufsunfähig ist.

In Fällen, in denen ein Versicherungsnehmer

  • an Schmerzen leidet,
  • deren Ursache sich nicht klären lässt,

kann zwar eine Krankheit im Sinne der Berufsunfähigkeitsversicherung in Betracht kommen.

In prozessualer Hinsicht stellt sich in einem solchen Fall für den Versicherungsnehmer

  • jedoch das Problem der Beweisbarkeit,
  • da es sich bei Schmerzen und deren Ausmaß um subjektive Empfindungen handelt (Oberlandesgericht (OLG) Koblenz, Urteil vom 11.01.2002 – 10 U 786/01 –; Landgericht (LG) Nürnberg-Fürth, Urteil vom 12.12.2005 – 2 O 1626/05 –).

Zusätzlich ist dabei zu berücksichtigen, dass,

  • wenn die versicherte Person nicht sechs Monate ununterbrochen außerstande war, ihren bisherigen Beruf auszuüben, also keine vermutete Berufsunfähigkeit in Betracht kommt,

die Feststellung bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit

Den Nachweis, dass

  • subjektiv empfundene Schmerzen
  • objektiv die Annahme der Berufsunfähigkeit rechtfertigen,

kann der Versicherungsnehmer im Wesentlichen auf zwei Wegen führen, nämlich

  • entweder durch den Nachweis körperlicher Ursachen
  • oder durch den Nachweis psychischer bzw. psychosomatischer Bedingtheit, die ihrerseits Krankheitswert aufweisen kann, wie insbesondere eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung.

Der Nachweis körperlicher Ursachen setzt voraus, dass

  • der Versicherungsnehmer unter Schmerzen leidet bzw. litt und
  • was entscheidend ist, sich zur Überzeugung des Gerichts objektiv feststellen lässt, dass diese Schmerzen – insbesondere nach ihrem Ausmaß – die Annahme der Berufsunfähigkeit rechtfertigen, wozu nicht nur erforderlich ist,
    • dass die Beeinträchtigungen des Versicherungsnehmers über „normale“, mit der von ihm verrichteten körperlichen Arbeit typischerweise verbundene Belastungsschmerzen hinausgingen,
    • sondern auch, dass die Schmerzen nach ihrem Ausmaß einer Berufsausübung entgegenstehen und
      • entweder prognostisch eine dauerhafte Berufsunfähigkeit zu erwarten ist oder
      • dieser Zustand zumindest für einen Zeitraum von sechs Monaten ununterbrochen andauerte.

Darauf hat der 12. Senat des OLG Karlsruhe mit Urteil vom 06.09.2016 – 12 U 79/16 – hingewiesen.