Tag Konzentration

AG Dortmund spricht Pkw-Fahrer frei, der Cannabis gekifft hatte und bei dem im Blut eine THC-Konzentration von 3,1 ng/ml nachweisbar war

Mit Urteil vom 11.04.2024 – 729 OWi-251 Js 287/24 – 27/24 hat das Amtsgericht (AG) Dortmund einen Autofahrer, der mit einem Pkw öffentliche Straßen befahren hatte, obwohl 

  • er unter der Wirkung berauschender Mittel, nämlich Cannabis, stand und 
  • in dessen Blut eine Tetrahydrocannabinol-Konzentration (THC-Konzentration) von 3,1 ng/ml nachgewiesen worden war,   

vom Vorwurf, eine 

  • Verkehrsordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 und 3 Straßenverkehrsgesetz (StVG) 

begangen zu haben,

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OVG des Landes Sachsen-Anhalt entscheidet, dass ab einer Konzentration des THC-Metaboliten THC-COOH von 150 ng/ml im Blutserum ein, die Entziehung

…. der Fahrerlaubnis rechtfertigender, regelmäßiger Cannabiskonsum angenommen werden kann. 

Mit Beschluss vom 17.08.2023 – 3 M 57/23 – hat der 3. Senat des Oberverwaltungsgerichts (OVG) des Landes Sachsen-Anhalt in einem Fall, in dem anlässlich einer Verkehrskontrolle einem 

  • Fahrzeugführer

eine Blutprobe entnommen, im Blutserum ein

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Wer auf der Autobahn 200 km/h schnell fährt, sollte beachten, dass er grob fahrlässig handelt, wenn er sich dabei

…. auch nur kurzzeitig ablenken lässt.

Mit Urteil vom 02.05.2019 – 13 U 1296/17 – hat das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg darauf hingewiesen, dass Fahrzeugführer, die auf einer Autobahn mit einem weit über der Richtgeschwindigkeit liegenden Tempo fahren, beispielsweise mit 200 km/h,

  • ihre volle Konzentration ständig auf das Verkehrsgeschehen richten müssen und

schon eine kurzzeitige Ablenkung durch Bedienung des sog. Infotainmentsystems (Navigationssystem)

  • bei einem Verunfallen durch Abkommen von der Fahrbahn,

den Vorwurf grober Fahrlässigkeit begründet, mit der Folge, dass

  • ein bestehender Kaskoversicherungsschutz für die Schäden am gefahrenen Fahrzeug ganz oder teilweise entfällt.

Dass ein Fahrzeugführer, der entgegen § 1 Nr. 1 Autobahn-Richtgeschwindigkeits-Verordnung mit höheren Geschwindigkeiten als 130 km/h fährt,

  • seine volle Konzentration umso stärker auf das Führen des Fahrzeugs aufwenden muss, je weiter er die Richtgeschwindigkeit überschreitet,

ergibt sich danach daraus, dass

  • ein Fahrzeug etwa bei einer Geschwindigkeit von 200 km/h mehr als 55 Meter pro Sekunde zurücklegt, mit entsprechend starkem Versatz selbst bei geringen Lenkbewegungen,
  • der Anhalteweg selbst bei optimaler Reaktion des Fahrers und günstigen Bedingungen (trockene Fahrbahn) rund 275 Meter (gegenüber 125 Metern bei 130 km/h) beträgt und
  • die kinetische Energie bei einer Kollision bei 200 km/h mehr als das 2,3-fache gegenüber einer Kollision bei 130 km/h beträgt,

was zusammengefasst bedeutet, dass

  • bei derartig hohen Geschwindigkeiten schon minimale Fahrfehler nicht mehr korrigierbare verheerende Folgen haben können und
  • selbst bei einer Ablenkung von nur drei Sekunden durch die Bedienung des Infotainmentsystem das Fahrzeug eine Strecke von rund 167 Meter fährt, ohne dass der Fahrzeugführer dabei die Fahrbahn im Blick hat.

Verfügt ein Fahrzeug über einen sog. Spurhalteassistenten, reduziert dies, so das OLG, bei derartig hohen Geschwindigkeiten, den Schuldvorwurf nicht.

Was eine THC-Konzentration von 1,0 ng/ml oder mehr im Blut eines Kraftfahrzeugführers für Folgen haben kann

…. und zwar schon dann, wenn cannabisbedingte Ausfallerscheinungen nicht vorliegen.

Führt ein Kraftfahrzeugführer ein Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr,

  • obwohl er eine Konzentration des Wirkstoffes Tetrahydrocannabinol (THC) von mindestens 1,0 ng/ml im Blut aufweist,

kann aus einer solchen THC-Konzentration,

  • wenn gegenläufige Beweisanzeichen fehlen,

auf ein objektives und subjektives sorgfaltswidriges Verhalten im Sinne des § 24a Abs. 2 und 3 Straßenverkehrsgesetz (StVG) geschlossen werden und

  • zwar auch dann, wenn die Fahrt mit dem Kraftfahrzeug nicht in zeitlichem Zusammenhang mit einem vorangegangenen Cannabiskonsum erfolgt ist.

Das hat der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 14.02.2017 – 4 StR 422/15 – entschieden, so dass ein Betroffener in solchen Fällen künftig immer mit einer Verurteilung

  • wegen fahrlässigen Führens eines Kraftfahrzeugs unter der Wirkung berauschender Mittel nach § 24a Abs. 2 und 3 StVG

rechnen muss.

Darüberhinaus droht in einem solchen Fall aber auch der Entzug der Fahrerlaubnis durch die Fahrerlubnisbehörde, wenn

  • bei dem Betroffenen von einem jedenfalls gelegentlichem, also mehr als einmaligem Cannabiskonsum ausgegangen werden kann.

Denn wird ein Kraftfahrzeug mit einem THC-Wert von 1,0 ng/ml oder mehr im Serum geführt, ist,

von einem fehlenden Trennen zwischen dem Konsum des Betäubungsmittels und dem Führen von Kraftfahrzeugen auszugehen und

  • nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (FeV) ist nicht (mehr) fahrgeeignet unter anderem,
  • wer zumindest gelegentlich Cannabis konsumiert hat und nicht zwischen diesem Konsum und dem Führen von Kraftfahrzeugen trennt (Quelle: Pressemitteilung des OVG für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16.03.2017).

Wann wird einem Fahrerlaubnisinhaber wegen gelegentlichen Cannabiskonsums die Fahrerlaubnis entzogen?

Nach § 3 Abs. 1 S. 1 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) i. V. m. § 46 Abs. 1 S. 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV), ist die Fahrerlaubnis von der Fahrerlaubnisbehörde zu entziehen, wenn sich deren Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist.

Dieses gilt nach § 46 Abs. 1 S. 2 FeV insbesondere,

  • wenn Erkrankungen oder Mängel u. a. nach der Anlage 4 (zu den §§ 11, 13, 14 FeV) vorliegen und
  • wenn dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist.

Unter welchen Umständen

  • die Einnahme von Cannabis zur Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen führt,

wird unter Ziffer 9.2 der Anlage 4 näher bestimmt:

  • Danach lässt eine lediglich gelegentliche Einnahme von Cannabis die Eignung nur dann unberührt,
    • wenn der Fahrerlaubnisinhaber zwischen dem Konsum der Droge und dem Fahren trennen kann,
    • wenn kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psycho-aktiv wirkenden Stoffen stattfindet und
    • wenn weder eine Persönlichkeitsstörung vorliegt noch ein Kontrollverlust eingetreten ist (Nr. 9.2.2).

Von einer

  • gelegentlichen Einnahme von Cannabis im Sinne der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 FeV

ist auszugehen, wenn

  • der Betroffene mindestens zweimal Cannabis
  • in voneinander unabhängigen Konsumakten eingenommen hat,
  • sofern diese Konsumakte einen gewissen, auch zeitlichen Zusammenhang aufweisen (Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 23.10.2014 – 3 C 3/13 –).

Eine gelegentliche Einnahme von Cannabis

  • ist nachgewiesen bei einem im Blutserum des Betroffenen festgestellten Wert von mindestens 75 ng/ml THC-Carbonsäure (THC-COOH),
  • kann aber, wenn dieser Wert nicht erreicht ist, auch nachgewiesen werden, durch Erklärungen des Betroffenen, wenn
    • dieser entweder einen gelegentlichen Cannabiskonsum selbst einräumt oder
    • seine Erklärungen es rechtfertigen, auf eine mehrmalige Cannabisaufnahme zu schließen.

Der Schluss, dass ein gelegentlicher Cannabiskonsument deshalb ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist,

  • weil er nicht hinreichend zuverlässig zwischen einem seine Fahrtüchtigkeit beeinträchtigenden Konsum von Cannabis und
  • dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennen kann,

ist gerechtfertigt,

  • wenn er mit einer THC-Konzentration von mindestens 1,0 ng/ml im Blutserum, ab der ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Zustand vorliegt, ein Fahrzeug führt.

Darauf hat die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts (VG) Cottbus mit Beschluss vom 29.07.2016 – 1 L 256/16 – hingewiesen.