Tag Verschweigen

OLG Oldenburg weist darauf hin, dass, wenn bei einem Hausverkauf nicht auf einen Marderbefall hingewiesen wurde, kein 

…. arglistiges Verschweigen vorliegen muss, da Marder im Dachstuhl auch unbemerkt bleiben können.  

Mit Beschluss vom 07.03.2023 – 12 U 130/22 – hat das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg in einem Fall, in dem ein 

  • zwei Jahre lang in seinem Besitz befindliches und von ihm bewohntes 

Haus vom Eigentümer verkauft worden war, die Kaufvertragsparteien im notariellen Vertrag die Haftung des Verkäufers

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Wichtig zu wissen, wenn Streit zwischen Kaufvertragsparteien darüber besteht, ob ein Sachmangel vom Verkäufer arglistig

…. verschwiegen wurde.

Ein konkreter Mangel ist von einem Verkäufer dann arglistig verschwiegen worden, wenn 

  • er den Mangel 
    • gekannt oder 
    • mindestens für möglich gehalten hat, 
  • er verpflichtet gewesen wäre, den Käufer ungefragt auf den Mangel hinzuweisen, weil 
    • der verschwiegene Mangel für den (Kauf)Entschluss eines verständigen Käufers von wesentlicher Bedeutung war und dieser deswegen nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung redlicherweise eine Aufklärung erwarten durfte,

der Verkäufer gleichzeitig auch 

  • gewusst oder 
  • damit gerechnet und billigend in Kauf genommen 

hat, dass der Käufer den Mangel 

  • nicht kennt 

und bei Offenbarung bzw. Aufklärung 

  • den Vertrag nicht oder 
  • nicht mit dem vereinbarten Inhalt 

geschlossen hätte.

  • Das gilt auch dann, wenn der Arglistvorwurf darauf gestützt wird, der Verkäufer habe sein Wissen über eine in der Vergangenheit unzureichend vorgenommene Mangelbeseitigung nicht offenbart. 

Aufklären muss ein Verkäufer den Käufer beispielsweise

  • bei einem Kraftfahrverkauf über (nicht nur ganz geringfügige, äußere Lack-) Unfallschäden und deren Umfang 

sowie 

  • bei dem Verkauf eines Gebäudegrundstückes über
    • verborgene Mängel oder 
    • Umstände, die nach der Erfahrung auf die Entstehung und Entwicklung bestimmter Mängel schließen lassen, die beabsichtigte Nutzung erheblich zu mindern geeignet sind. 

Keine Offenbarungspflicht besteht dagegen bei den Mängeln, 

  • die einer Besichtigung zugänglich und 
  • damit ohne weiteres erkennbar sind, 

weil 

  • der Käufer diese bei der im eigenen Interesse gebotenen Sorgfalt selbst wahrnehmen und 
  • deswegen insoweit eine Aufklärung nicht erwarten kann. 

Beruft sich ein Käufer darauf, 

  • von dem Verkäufer arglistig getäuscht worden zu sein, 

ist er darlegungs- und im Streitfall auch beweispflichtig für

  • das Vorliegen sämtlicher Umstände, die den Arglisttatbestand ausfüllen, 

also bei einer Täuschung durch Verschweigen auch für 

  • die unterbliebene Aufklärung über offenbarungspflichtige Umstände bzw. Mängel. 

Allerdings kommen dem Käufer insoweit, da es sich bei einer behaupteten 

  • unterbliebenen Offenbarung 

um eine negative Tatsache handelt, 

  • Erleichterungen nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast 

zugute. 

Danach obliegt es 

  • dem Verkäufer 

nicht nur pauschal, sondern in räumlicher, zeitlicher und inhaltlicher Weise substantiiert darzulegen, dass und wie er seiner Aufklärungs- bzw. Offenbarungspflicht nachgekommen ist, während

  • der Käufer

diese vom Verkäufer dargelegte Aufklärung bzw. Offenbarung ausräumen, d.h. widerlegen muss.

  • Gelingt dem Käufer dies, ist der Beweis der negativen Tatsache (dass die Aufklärung bzw. Offenbarung nicht erfolgt ist) erbracht, mit der Folge, dass 
    • es dann wiederum Sache des Verkäufers ist, den Beweis dafür zu erbringen dass das arglistige Verschweigen des Mangels für den Kaufentschluss des Käufers nicht ursächlich gewesen ist.

Übrigens:
Steht ein arglistiges Handeln oder Verschweigen fest, 

  • kann sich der Verkäufer nicht auf einen vertraglich vereinbarten Ausschluss der Sachmängelhaftung berufen (§ 444 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) und
  • ist der Vertrag anfechtbar nach § 123 Abs. 1 BGB mit der Rechtsfolge, dass ein Anspruch des Käufers 
    • auf Rückabwicklung des Vertrages (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB) und 

Was Käufer und Verkäufer einer (gebrauchten) Immobilie wissen sollten, wenn in dem notariellen Kaufvertrag

…. ein allgemeiner Haftungsausschluss für Sachmängel vereinbart ist.

Auf einen solchen, in einem notariellen Kaufvertrag vereinbarten allgemeinen Haftungsausschluss, kann sich der Verkäufer dann nicht berufen, wenn

  • der Immobilie eine vertraglich (ausdrücklich oder stillschweigend) vereinbarte Beschaffenheit im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) fehlt

oder

  • der Käufer beweisen kann, dass der Verkäufer einen vorhandenen Sachmangel nach § 434 Abs. 1 Sätze 2 und 3 BGB arglistig verschwiegen hat (§ 444 BGB).

Beachtet werden muss hierbei aber,

  • dass eine Beschreibung von Eigenschaften eines Grundstücks oder Gebäudes durch den Verkäufer vor Vertragsschluss, etwa in einem Internetexposé, die in dem notariellen Kaufvertrag keinen Niederschlag findet, in aller Regel nicht zu einer Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB führt,

sowie,

  • dass ein arglistiges Verschweigen im Sinne von § 444 BGB eine Aufklärungspflicht des Verkäufers über den Sachmangel nach § 434 Abs. 1 Sätze 2 und 3 BGB voraussetzt,
    • der Verkäufer Umstände, die für den Kaufentschluss des Käufers erheblich sind, von sich aus nur offenbaren muss, wenn er sie selbst kennt oder sie zumindest für möglich hält und
    • eine Offenbarungspflicht für Sachmängel dann nicht besteht, wenn diese einer Besichtigung zugänglich und damit ohne weiteres erkennbar sind.

Übrigens:
Auch dann, wenn

  • ein Sachmangel nicht vorhanden ist,
  • ein Verkäufer aber vorsätzlich falsche Angaben über Eigenschaften der Kaufsache gemacht hat,

kann er wegen Verletzung vorvertraglicher Pflichten aus § 311 Abs. 2 Nr. 1, § 280 Abs. 1 BGB (culpa in contrahendo) ebenso auf Schadensersatz haften, wie bei einem vorsätzlichen Verschweigen von Mängeln.

Darauf hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 09.02.2018 – V ZR 274/16 – hingewiesen.

Dieselgate – LG Düsseldorf entscheidet: Vor Rücktritt vom Kaufvertrag muss Frist zur Nachbesserung gesetzt werden

Mit Urteil vom 23.08.2016 hat die 6. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Düsseldorf – 6 O 413/15 – entschieden, dass,

  • wer bei einem Autohaus, das Vertragshändler ist, einen vom Abgasskandal betroffenen PKW gekauft hat, in den eine manipulierte Abgassoftware verbaut ist, die Stickoxidwerte im Prüfstandlauf in gesetzlich unzulässiger Weise optimiert,

dem Autohaus,

  • erfolglos eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt haben muss,
  • bevor er vom Kaufvertrag zurücktreten kann.

Eine solche Fristsetzung zur Nachbesserung eines Mangels sei, so das LG, nur ganz ausnahmsweise entbehrlich, wenn etwa das Autohaus eine Nachbesserung endgültig verweigert.

Da sich das Autohaus das mögliche Wissen des Autoherstellers auch nicht zurechnen lassen müsse, so das LG weiter, sei das Recht zur Nacherfüllung auch nicht wegen arglistigen Verschweigens eines Mangels ausgeschlossen (Quelle: Pressemitteilung des LG Düsseldorf vom 23.08.2016).

Was Verkäufer und Käufer von alten Immobilien wissen sollten

Der Verkäufer eines Hauses muss einen Käufer,

  • wenn in der Vergangenheit bei starken Regenfällen regelmäßig breitflächig Wasser in flüssiger Form in den Keller eingedrungen ist,

darüber vor Abschluss des Kaufvertrages (ungefragt und erst Recht aber auf entsprechende Frage des Kaufinteressenten hin) aufklären und zwar auch dann, wenn

  • es sich um ein schon sehr altes Haus mit einem noch älteren Keller handelt und
  • bei der Besichtigung des Hauses durch den Käufer Farb- und Putzabplatzungen an den Kellerwänden auf Feuchtigkeitsschäden hingewiesen haben.

Offenbart dies der Verkäufer dem Kaufinteressenten nicht,

  • handelt der Verkäufer arglistig,
  • mit der Folge,
    • dass er sich nach § 444 BGB auf einen von den Parteien im notariellen Kaufvertrag vereinbarten Gewährleistungsausschluss für Mängel nicht berufen kann und
    • der Käufer zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt ist.

Darauf hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 18.07.2016 – 22 U 161/15 – hingewiesen und dies damit begründet, dass

  • ein verkauftes Hausgrundstück einen Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) aufweist, wenn die Nutzbarkeit des Kellers als Lagerraum, wie sie auch bei älteren Immobilien zumindest üblich sei und von Durchschnittskäufern berechtigterweise erwartet werden darf, wegen des bei starken Regenfällen regelmäßig eindringenden Wassers in flüssiger Form nicht möglich ist und
  • ein Käufer, selbst wenn es sich um einen sehr alten Keller handle und er bei der Besichtigung des Hauses habe sehen können, dass die Kellermauern Feuchtigkeitsspuren aufweisen, nicht damit rechnen müsse, dass bei starken Regenfällen Wasser auch in flüssiger Form breitflächig in den Keller eindringt (Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm vom 19.08.2016).

Was Verkäufer und Käufer von Gebäudegrundstücken wissen sollten

Bei einem Verkauf eines Gebäudegrundstücks ist der Verkäufer zur Offenbarung

  • verborgener Mängel oder von Umständen verpflichtet, die nach der Erfahrung auf die Entstehung und Entwicklung bestimmter Mängel schließen lassen,

wenn es sich um Umstände handelt,

  • die für den Entschluss des Käufers von Bedeutung sind, insbesondere die beabsichtigte Nutzung erheblich zu mindern geeignet sind.

Ein arglistiges Verschweigen eines Mangels liegt vor, wenn der Verkäufer

  • einen vorhandenen Fehler kennt oder ihn zumindest für möglich hält und
  • zugleich weiß oder doch damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass
    • der Vertragspartner den Fehler nicht kennt und
    • bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt abgeschlossen hätte (Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 08.12.2006 – V ZR 249/05 –).

Dass der Verkäufer die den Fehler begründenden Umstände kennt (oder für möglich hält) genügt.
Ob er sie rechtlich zutreffend als Fehler im Sinne des Gesetzes einordnet, ist demgegenüber ohne Belang (BGH, Urteile vom 07.03.2003 – V ZR 437/01 – und vom 12.04.2013 – V ZR 266/11 –).

  • Für einen arglistig verschwiegenen Mangel muss der Verkäufer nach § 444 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auch dann einstehen, wenn im notariellen Kaufvertrag ein Gewährleistungsausschluss vereinbart worden ist.

Ein arglistiges Handeln bzw. die Verletzung vertraglicher Pflichten kann

  • nicht nur unter dem Gesichtspunkt des arglistigen Verschweigens eines Sachmangels in Betracht kommen,
  • sondern auch durch aktives Tun, nämlich durch falsche Angaben zu dem Verkaufsobjekt (im Rahmen der Besichtigung) des Grundstücks.

Darlegungs- und beweispflichtig dafür, von dem Verkäufer vor Abschluss des Kaufvertrages arglistig getäuscht worden zu sein, ist der Käufer.
Macht der Käufer geltend, über etwas Offenbarungspflichtiges vom Verkäufer nicht informiert worden zu sein, obliegt es ihm, soweit der Verkäufer konkrete Information gegeben zu haben behauptet, dies zu widerlegen (Brandenburgisches Oberlandesgericht (OLG), Urteil vom 16.06.2016 – 5 U 5/14 –).

Was ist die Folge, wenn ein Sachmängelhaftungsausschluss vereinbart wurde und einer von mehreren Verkäufern einen Mangel arglistig verschwiegen hat?

Verschweigt einer von mehreren Verkäufern einen Mangel der Kaufsache arglistig, können sich sämtliche Verkäufer gemäß § 444 Alt. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nicht auf den vertraglich vereinbarten Ausschluss der Sachmängelhaftung berufen.

Das hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 08.04.2016 – V ZR 150/15 – entschieden.

Danach ist es bei einer solchen Fallgestaltung allen Verkäufern, also auch einem nicht arglistig handelnden Mitverkäufer verwehrt, sich auf den vertraglich vereinbarten Haftungsausschluss zu berufen.

Allerdings ist ein nicht arglistig handelnder Mitverkäufer schadensersatzpflichtig gemäß §§ 437 Nr. 3, 280 BGB nur dann, wenn das für die Schadensersatzpflicht erforderliche und auf den Verkauf der mangelhaften Sache bezogene Verschulden im Sinne von § 276 BGB (auch bei ihm) vorliegt, wobei

  • dieses Verschulden gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB zunächst vermutet wird und
  • der nicht arglistig handelnde Mitverkäufer die Vermutung, zumindest fahrlässig gehandelt zu haben, entkräften muss.