Tag Vertragsschluss

Dieselgate: Jetzt hat auch das OLG Oldenburg entschieden, dass VW wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung

…. der Käuferin eines mit dem Dieselmotor EA 189 ausgestatteten, vom Abgasskandal betroffenen, Fahrzeuges den Kaufpreis,

  • zuzüglich Zinsen für die Zeit ab Vertragsschluss,

erstatten muss,

  • allerdings unter Vornahme eines Abzugs pro gefahrenen Kilometer.

Mit Urteil vom 02.10.2019 – 5 U 47/19 – hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg in einem Fall, in dem eine Käuferin 2014 zum Preis von rund 16.000 Euro einen gebrauchten Pkw Golf VI Diesel erworben hatte, in dem

  • der von der VW AG hergestellte Dieselmotor EA 189 verbaut

und

  • nachdem das Kraftfahrtbundesamt (KBA) die Programmierung des Motors als unzulässige Abschalteinrichtung gerügt hatte, im Jahr 2017 ein von der VW AG entwickeltes Software-Update aufgespielt

worden war, entschieden, dass der Fahrzeugkäuferin gegen die VW AG

  • aus § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung

ein Schadensersatzanspruch zusteht.

Die Käuferin hat danach,

  • gegen Rückgabe des Fahrzeugs,

Anspruch auf

  • Erstattung des Kaufpreises,

zuzüglich

  • Zinsen auf den Kaufpreis für die Zeit ab Vertragsschluss (§ 849 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)),
    • da die Käuferin ihr für das Auto ausgegebene Geld nicht habe anderweitig nutzen können,

allerdings muss sie sich

  • die bereits gezogenen Nutzungen anrechnen lassen, d.h.,
    • es wird, da die Käuferin das Fahrzeug tatsächlich genutzt und davon profitiert hat, für jeden gefahrenen Kilometer ein Abzug vorgenommen (Quelle: Pressemitteilung des OLG Oldenburg).

Übrigens:
Der Ansicht, dass die Käufer der vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge von den Fahrzeugherstellern vorsätzlich sittenwidrig geschädigt worden und die Fahrzeughersteller deswegen nach § 826 BGB schadensersatzpflichtig sind, sind auch,

Was, wer einen Verbraucherdarlehensvertrag geschlossen und diesen später widerrufen hat, wissen und

…. beachten sollte.

Mit Beschluss vom 27.11.2018 – 4 U 40/18 – hat der 4. Zivilsenat des Kammergerichts (KG) in Berlin darauf hingewiesen, dass Verbraucher,

  • die einen Darlehensvertrag geschlossen und
  • später der Bank gegenüber den Widerruf hinsichtlich ihrer auf den Vertragsschluss gerichteten Willenserklärungen erklärt haben,

sich dann nicht (mehr) auf ihren erklärten Widerruf berufen können, wenn

  • sie sich nach dem Widerruf – trotz Zweifeln an der Wirksamkeit des Darlehensvertrages – auf eine Konditionenanpassungsvereinbarung einlassen
    • – die die Fortführung des Darlehens zu geänderten Bedingungen unter Fortbestand von nicht abgeänderten weiteren Bestimmungen beinhaltet –
  • ohne sich gleichzeitig ihre Rechte aus dem bereits zuvor erklärten Widerruf ausdrücklich vorzubehalten.

Behalten sich Verbraucher die Rechte aus ihrem bereits zuvor erklärten Widerruf nämlich nicht vor, kann der nachträgliche Abschluss eines Konditionenanpassungsvertrages,

  • im Hinblick auf den darin zum Ausdruck gebrachten Wunsch nach einer Fortführung der Darlehensverträge zu geänderten Konditionen,

als ein bestätigendes Festhalten an der Wirksamkeit des Darlehensvertrages angesehen werden, mit der Folge, dass

  • die Verbraucher nunmehr daran gehindert sind, sich darauf zu berufen, dass der ursprüngliche Darlehensvertrag sich durch ihre Widerrufserklärung in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt habe.

Wichtig für Auftragnehmer und Auftraggeber einer Bauleistung zu wissen, wenn die Geltung der VOB Teil B vereinbart worden ist

Mit Urteil vom 14.11.2017 – VII ZR 65/14 – hat der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass, wenn zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer bei Vertragsschluss über eine auszuführende Bauleistung die Geltung der Allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen Teil B (VOB/B) vereinbart worden ist,

  • der Auftragnehmer nach § 13 Abs. 1 VOB/B zum Zeitpunkt der Abnahme eine Leistung schuldet, die frei von Sachmängeln ist und den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht,
  • das im Regelfall auch bei einer Änderung der allgemein anerkannten Regeln der Technik zwischen Vertragsschluss und Abnahme gilt,
  • im Fall einer Änderung der allgemein anerkannten Regeln der Technik zwischen Vertragsschluss und Abnahme, der Auftragnehmer den Auftraggeber regelmäßig über die Änderung und die damit verbundenen Konsequenzen und Risiken für die Bauausführung informieren muss,
    • es sei denn, diese sind dem Auftraggeber bekannt oder ergeben sich ohne Weiteres aus den Umständen und
  • in einem solchen Fall der Auftraggeber im Regelfall
    • entweder die Einhaltung der neuen allgemein anerkannten Regeln der Technik verlangen kann, mit der Folge,
      • dass ein aufwändigeres Verfahren zur Herstellung erforderlich werden kann, als im Zeitpunkt des Vertragsschlusses von den Parteien vorgesehen, oder
      • dass ein bereits erstelltes Bauwerk für die Abnahme noch ertüchtigt werden muss und
      • der Auftragnehmer, soweit hierfür nicht von der Vergütungsvereinbarung erfasste Leistungen erforderlich werden, im Regelfall eine Vergütungsanpassung nach § 1 Abs. 3 oder 4, § 2 Abs. 5 oder 6 VOB/B verlangen
    • oder von einer Einhaltung der neuen allgemein anerkannten Regeln der Technik und damit von einer etwaigen Verteuerung des Bauvorhabens absehen kann.

Bei oder nach Vertragsschluss kann von den Parteien aber auch, worauf der Senat ebenfalls hingewiesen hat, eine Vereinbarung getroffen werden, nach der die Bauausführung hinter den aktuellen oder den künftigen allgemein anerkannten Regeln der Technik,

  • soweit deren Einführung bereits absehbar ist,

zurückbleibt.
Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass der Auftragnehmer den Auftraggeber

  • auf die Bedeutung der allgemein anerkannten Regeln der Technik und
  • die mit der Nichteinhaltung verbundenen Konsequenzen und Risiken

hingewiesen hat,

  • außer, diese sind dem Auftraggeber bekannt oder ergeben sich ohne Weiteres aus den Umständen.

Ohne eine entsprechende Kenntnis kommt eine rechtsgeschäftliche Zustimmung des Auftraggebers zu einer hinter den allgemein anerkannten Regeln der Technik zurückbleibenden Ausführung regelmäßig nicht in Betracht.

Warum Verkäufer, die bei eBay-Auktionen den Auktionsverlauf durch Eigengebote manipulieren, böse auf die Nase fallen können

Bei eBay-Auktionen beurteilt sich der Vertragsschluss

  • nicht nach § 156 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB (Versteigerung),
  • sondern nach den allgemeinen Regeln des Vertragsschlusses (Angebot und Annahme, §§ 145 ff. BGB), die auch dem in den eBay-AGB vorgesehenen Vertragsschlussmechanismus zugrunde liegen.

Danach richtet sich das Angebot desjenigen, der auf der Internetplattform eBay einen Gegenstand im Wege einer Internetauktion mit einem bestimmten Startpreis zum Verkauf anbietet,

  • nur an „einen anderen“,
  • mithin an einen von ihm personenverschiedenen Bieter.

Deshalb kann ein Anbieter, der über ein zweites Benutzerkonto Eigengebote abgibt und Fremdangebote immer wieder überbietet, um auf diese Weise den Auktionsverlauf zu seinen Gunsten zu manipulieren, durch solche Eigengebote von vornherein keinen Vertragsschluss zustande bringen.
Der Inhalt solcher Eigengebote, mit denen keine auf das jeweilige Maximalgebot bezifferte und auf den Abschluss eines entsprechenden Kaufvertrages gerichteten Annahmeerklärungen abgegeben wird, erschöpft sich vielmehr darin, das im Vergleich zu den bereits bestehenden Geboten regulärer Mitbieter jeweils nächsthöhere Gebot abzugeben, um diese Gebote um den von eBay jeweils vorgegebenen Bietschritt zu übertreffen und auf diese Weise bis zum Erreichen des von ihm vorgegebenen Maximalbetrages Höchstbietender zu werden oder zu bleiben.

Darauf hat der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 24.08.2016 – VIII ZR 100/15 – hingewiesen und in einem Fall, in dem

  • von einem Anbieter auf der Internetplattform eBay ein gebrauchter PKW Golf 6 im Wege einer Internetauktion mit einem Startpreis von 1 € zum Verkauf angeboten, dieser Betrag zunächst von einem unbekannt gebliebenen Fremdbieter geboten worden war und
  • der Anbieter den einzigen weiteren anderen, an der Auktion teilnehmenden Fremdbieter danach durch über ein zweites Benutzerkonto abgegebene Eigenangebote immer wieder überboten hatte, bis bei Auktionsschluss schließlich ein „Höchstgebot“ von ihm selbst über 17.000 € vorlag, so dass der Fremdbieter anschließend mit seinem in gleicher Höhe abgegebenen Gebot nicht mehr zum Zuge kam,

entschieden,

  • dass der zweite Fremdanbieter den auf der Internetplattform eBay zum Verkauf angebotenen gebrauchten PKW Golf 6 zum Preis von 1,50 € ersteigert hat.

Begründet hat der Senat dies damit,

  • dass von dem Anbieter dadurch, dass er die Auktion des von ihm zum Verkauf gestellten Fahrzeugs mit einem Anfangspreis von 1 € startete, ein verbindliches Verkaufsangebot im Sinne von § 145 BGB abgegeben worden ist, welches an denjenigen Bieter gerichtet war, der zum Ablauf der Auktionslaufzeit das Höchstgebot abgegeben haben würde und
  • da der Anbieter mit seinen über das zusätzliche Benutzerkonto abgegebenen Eigengeboten von vornherein keinen wirksamen Vertragsschluss habe herbeiführen können sowie außer diesen unwirksamen Eigengeboten des Anbieters nur ein einziges reguläres Gebot in Höhe von 1 € auf den Gebrauchtwagen abgegeben worden war, der einzige weitere andere Fremdbieter mit dem nächsthöheren Gebot von 1,50 € Höchstbietender war.

Dass der Auktionsgegenstand zu einem weit unter dem Verkehrswert liegenden Betrag hat ersteigert werden können, begründete deshalb keine Sittenwidrigkeit des Kaufvertrages, so der Senat weiter,

  • da der Reiz einer Internetauktion gerade darin liege, den Auktionsgegenstand zu einem „Schnäppchenpreis“ erwerben zu können und
  • es allein auf den erfolglosen Versuch des Anbieters, den Auktionsverlauf in unlauterer Weise zu seinen Gunsten zu manipulieren, zurückzuführen war, dass nach dem Auktionsergebnis die Lieferung des Fahrzeugs für einen eher symbolischen Kaufpreis von 1,50 € beansprucht werden konnte (Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 144/2016 vom 24.08.2016).

Wenn man ein Angebot auf Abschluss eines Vertrages erhält

Wie lange ist ein Anbietender an ein Angebot gebunden bzw. wann erlischt sein Angebot und kann demzufolge nicht mehr wirksam angenommen werden und wer muss, wenn die Annahme erklärt wird, aber die Rechtzeitigkeit der Annahme streitig ist, beweisen, dass die Annahme des Vertragsangebots rechtzeitig erfolgt ist?

§ 147 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bestimmt dazu,

  • dass ein einem Anwesenden oder ein mittels Fernsprechers oder einer sonstigen technischen Einrichtung von Person zu Person gemachter Antrag nur sofort (= Abs. 1),
  • während ein einem Abwesenden gemachter Antrag (nur) bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden kann, in welchem der Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf (= Abs. 2).

Zu der Frage, bis wann bei einem gegenüber einem Abwesenden abgegebenen Antrag auf Abschluss eines Vertrags der Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf,

  • hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 24.02.2016 – XII ZR 5/15 – darauf hingewiesen,

dass diese nach objektiven Maßstäben zu bestimmende Frist im Sinne des § 147 Abs. 2 BGB sich zusammen setzt aus

  • der Zeit für die Übermittlung des Antrages an den Empfänger,
  • dessen Bearbeitungs- und Überlegungszeit sowie
  • der Zeit der Übermittlung der Antwort an den Antragenden und

die Annahmefrist daher schon beginnt

  • mit der Abgabe der Erklärung und
  • nicht erst mit deren Zugang bei dem Empfänger (BGH, Urteile vom 27.09.2013 – V ZR 52/12 – und vom 11.06.2010 – V ZR 85/09 –).

Die Überlegungszeit bestimmt sich vor allem nach der Art des Angebots, wobei nach seinem Inhalt zu beurteilen ist, ob der Antragende die Behandlung des Angebots als eilbedürftig erwarten darf.

  • Zu den regelmäßigen Umständen gehören auch verzögernde Umstände, die der Antragende kannte oder kennen musste (BGH Urteile vom 11.06.2010 – V ZR 85/09 – und vom 19.12.2007 – XII ZR 13/06 –),
  • wobei als solche etwa in Betracht kommen,
    • die Organisationsstruktur großer Unternehmen,
    • die Erfordernisse der internen Willensbildung bei Gesellschaften oder juristischen Personen (BGH, Urteil vom 04.04.2000 – XI ZR 152/99 –) oder
    • auch absehbare Urlaubszeiten (vgl. BGH Urteil vom 04.04.2000 – XI ZR 152/99 –), sofern von einem verzögernden Einfluss auf die Bearbeitungsdauer auszugehen ist.

Geht es beispielsweise

  • um den Abschluss eines Mietvertrages wird der Antragende – selbst bei einem solchen über Gewerberaum mit hoher Miete – regelmäßig binnen zwei bis drei Wochen erwarten können, dass sein in Aussicht genommener Vertragspartner die Annahme des Angebots erklärt (vgl. etwa Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg Urteil vom 14.02.2008 – 8 U 165/07 –),
  • während bei anderen Vertragsarten und selbst bei finanzierten Bauträgerverträgen oder dem finanzierten Kauf einer Eigentumswohnung, dessen Abschluss eine Bonitätsprüfung vorausgeht, die Annahmefrist in der Regel vier Wochen betragen wird (BGH, Urteile vom 11.06.2010 – V ZR 85/09 – und vom 27.09.2013 – V ZR 52/12 –).

Die Beweislast für die Rechtzeitigkeit der Annahme

  • hat grundsätzlich der, der den Vertragsschluss behauptet und daraus Rechtsfolgen ableitet.
    Er hat das Zustandekommen des Vertrags und damit auch die Rechtzeitigkeit der Annahme zu beweisen.
  • Den anderen Vertragspartner kann insoweit allenfalls eine sekundäre Darlegungslast treffen.
    Beruft sich der das Vertragsangebot Annehmende darauf, dass der Vertrag wirksam sei, hat er mithin darzulegen und zu beweisen, dass seine unter Abwesenden erfolgte Annahmeerklärung rechtzeitig im Sinne des § 147 Abs. 2 BGB zugegangen ist.

An dieser Verteilung der Darlegungs- und Beweislast ändert auch die Umkehr der prozessualen Parteirollen nichts, die mit einer negativen Feststellungsklage verbunden ist (BGH, Beschluss vom 22.01.2013 – XI ZR 471/11 –).

Etwas anderes gilt nur im Sonderfall der ungerechtfertigten Bereicherung. Da hat der Bereicherungsgläubiger die Anspruchsvoraussetzung des Fehlens eines rechtlichen Grundes und damit gegebenenfalls auch die Unwirksamkeit des Vertrags mangels rechtzeitiger Annahmeerklärung zu beweisen (BGH, Urteil vom 11.06.2010 – V ZR 85/09 –).

Übrigens:
Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen die einen Kunden an sein Angebot wesentlich über den in § 147 Abs. 2 BGB bestimmten Zeitraum hinaus, also beispielsweise für sechs Wochen, binden, sind mit § 308 Nr. 1 BGB unvereinbar und demzufolge in der Regel unwirksam (vgl. BGH, Urteile vom 17.01.2014 – V ZR 5/12 – und vom 26.02.2016 – V ZR 208/14 –).
Nur dann, wenn der Klauselverwender für die längere Bindungswirkung ein schutzwürdiges Interesse geltend machen kann, hinter welchem das Interesse des Kunden an dem baldigen Wegfall seiner Bindung zurück stehen muss, ist eine solche Klausel nicht unangemessen (BGH, Urteile vom 11.06.2010 – V ZR 85/09 –; vom 27.09.2013 – V ZR 52/12 – und vom 17.01.2014 – V ZR 5/12 –).