Tag Verzinsung

BGH entscheidet: Zinsanpassungsklauseln in (flexiblen) Prämiensparverträgen von Sparkassen und Banken sind unwirksam

…. Sparern können aufgrund dessen Zinsnachzahlungen zustehen.

Mit Urteil vom 06.10.2021 – XI ZR 234/20 – hat der u.a. für das Bank- und Kapitalmarktrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass bei den von Sparkassen mit Sparern seit dem Jahr 1994 abgeschlossenen sogenannten 

  • Prämiensparverträgen,

bei denen eine

  • variable Verzinsung der Spareinlage und 
  • ab dem dritten Sparjahr eine der Höhe nach – bis zu 50% der jährlichen Spareinlage ab dem 15. Sparjahr – 

gestaffelte verzinsliche Prämie vorgesehen ist und bei denen es heißt, in den Vertragsformularen u.a.: 

  • „Die Spareinlage wird variabel, z.Zt. mit .. % p.a. verzinst“ 

sowie weiter in den in die Sparverträge einbezogenen „Bedingungen für den Sparverkehr“:

  • „Soweit nichts anderes vereinbart ist, vergütet die Sparkasse dem Kunden den von ihr jeweils durch Aushang im Kassenraum bekannt gegebenen Zinssatz. 
    Für bestehende Spareinlagen tritt eine Änderung des Zinssatzes, unabhängig von einer Kündigungsfrist, mit der Änderung des Aushangs in Kraft, sofern nichts anderes vereinbart ist.“

die Zinsänderungsklausel,

  • da sie nicht das erforderliche Mindestmaß an Kalkulierbarkeit möglicher Zinsänderungen aufweist,

wegen Verstoßes gegen § 308 Nr. 4 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) 

  • in Bezug auf die Ausgestaltung der Variabilität der Verzinsung der Spareinlagen 

unwirksam ist, die in den Prämiensparverträgen insoweit entstandene Regelungslücke durch 

  • eine ergänzende Vertragsauslegung nach §§ 133, 157 BGB 

geschlossen werden muss durch 

  • monatliche und 
  • unter Beibehaltung des anfänglichen relativen Abstands des Vertragszinssatzes zu einen Zinssatz für langfristige Spareinlagen als Referenz (Verhältnismethode) 

vorzunehmende Zinsanpassungen, weil nur so gewährleistet wird, 

  • dass das Grundgefüge der Vertragskonditionen über die gesamte Laufzeit der Sparverträge erhalten bleibt, 
  • so dass günstige Zinskonditionen günstig und ungünstige Zinskonditionen ungünstig bleiben

und dass Ansprüche von Sparern auf 

  • Zahlung von weiteren Zinsbeträgen aus dem Sparvertrag 

frühestens mit Beendigung der Sparverträge fällig werden,

  • also die in einem Sparguthaben enthaltenen Zinsen derselben Verjährung unterliegen wie das angesparte Kapital (Quelle: Pressemitteilung des BGH). 

Dieselgate: OLG Koblenz entscheidet, dass Einbau einer unzulässigen Abschalteinrichtung den Wert des Fahrzeugs mindert

…. und schätzt die Höhe dieser Wertminderung auf etwa 10% des für das Fahrzeug gezahlten Kaufpreises.

Mit Urteil vom 16.09.2019 – 12 U 61/19 – hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz in einem Fall, in dem ein Käufer

  • zum Preis von 25.700 Euro

einen gebrauchten VW Golf erworben hatte und nach Bekanntwerden, dass das Fahrzeug

  • von der VW AG mit einem von ihr hergestellten und mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen

Dieselmotor aus der Baureihe EA 189 ausgestattet worden war, die VW AG

  • wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

u.a. auf Rückzahlung des Kaufpreises, Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs, in Anspruch genommen hatte, entschieden, dass

  • der Einbau einer unzulässigen Abschalteinrichtung den Wert des Fahrzeugs mindert

und deswegen dem Käufer nicht nur

  • der – um den Nutzungsvorteil gekürzten – Kaufpreis zu erstatten ist,

sondern der Käufer auch Anspruch hat, auf

  • Verzinsung des Wertminderungsbetrags – den der Senat auf etwa 10% des für das Fahrzeug gezahlten Kaufpreises schätzt – ab Zahlung des Kaufpreises.

Begründet hat der Senat dies damit, dass

  • die VW AG den Fahrzeugkäufer vorsätzlich sittenwidrig geschädigt habe,
  • der Schaden des Fahrzeugkäufers im Kauf eines nicht ordnungsgemäß ausgerüsteten Pkws liege, dem, wegen des Einbaus der unzulässigen Abschalteinrichtung das Risiko der Stilllegung anhaftete,
  • deswegen der Fahrzeugkäufer von der VW AG die faktische Rückabwicklung des Vertrages verlangen könne

und dies neben

nach § 849 BGB auch

  • die Verzinsung des gezahlten Kaufpreises in Höhe des manipulationsbedingten Minderwerts des Fahrzeugs ab Datum der Kaufpreiszahlung umfasse (Quelle: Pressemitteilung des OLG Koblenz).