Tag Arbeitgeber

LArbG Berlin-Brandenburg entscheidet, wann schwerbehinderte Personen, die sich auf die Stellenausschreibung eines

…. öffentlichen Arbeitgebers bewerben, zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden müssen und wann sie,

  • wenn sie nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden sind,

bei Nichtberücksichtigung ihrer Bewerbung Entschädigungsansprüche nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) geltend machen können.

Mit Urteil vom 01.11.2018 – 21 Sa 1643/17 – hat das Landesarbeitsgericht (LArbG) Berlin-Brandenburg entschieden, dass öffentliche Arbeitgeber,

  • die nach einer Stellenausschreibung Auswahlgespräche durchführen,

schwerbehinderte Stellenbewerber nach § 165 Satz 3 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) auch dann zu einem Bewerbungsgespräch einzuladen haben, wenn

  • die Stelle nur intern ausgeschrieben wird,

dass, wenn schwerbehinderte Stellenbewerber, sich auf mehrere ausgeschriebene Stellen mit identischem Anforderungsprofil bewerben,

  • mit ihnen grundsätzlich für jede Bewerbung ein gesondertes Vorstellungsgespräch zu führen ist

und dass die Einladung zu nur einem Gespräch nur dann ausreichend ist, wenn

  • das Auswahlverfahren identisch ist,
  • die Auswahlkommissionen sich aus denselben Personen zusammensetzt und
  • zwischen den jeweiligen Auswahlentscheidungen nur wenige Wochen liegen.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall, in dem sich ein schwerbehinderter Bewerber erfolglos um zwei

  • von einem öffentlichen Arbeitgeber intern ausgeschriebene

Stellen mit identischem Anforderungsprofil in Berlin und Cottbus beworben hatte und nur wegen der in Berlin zu besetzenden Stelle,

  • nicht dagegen wegen der Stelle in Cottbus,

zu einem Auswahlgespräch eingeladen worden war, hat das LArbG den öffentlichen Arbeitgeber,

  • wegen Benachteiligung des Bewerbers aufgrund seiner Behinderung,

zur Zahlung einer Entschädigung an den schwerbehinderten Stellenbewerber verurteilt (Quelle: Pressemitteilung des LArbG vom 12.02.2019).

Was Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die einen das Arbeitsverhältnis beendenden Aufhebungsvertrag schließen

…. wollen oder geschlossen haben, wissen sollten.

Mit Urteil vom 07.02.2019 – 6 AZR 75/18 – hat der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) entschieden, dass arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge

  • nicht in den Anwendungsbereich der §§ 312 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) einzubeziehen sind,

also ein das Arbeitsverhältnis beendender Aufhebungsvertrag auch dann nicht nach § 312 Abs. 1 i.V.m. § 312g BGB widerrufen werden kann, wenn

  • der Aufhebungsvertrag in der Privatwohnung des Arbeitnehmers abgeschlossen wurde.

Unwirksam kann ein Aufhebungsvertrag jedoch dann sein,

  • falls er unter Missachtung des Gebots fairen Verhandelns zustande gekommen ist,
  • d.h. das Gebot fairen Verhandelns vor Abschluss des Aufhebungsvertrags nicht beachtet worden ist.

Dieses Gebot ist eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht, die verletzt wird, wenn

  • eine Seite eine psychische Drucksituation schafft,
  • die eine freie und überlegte Entscheidung des Vertragspartners über den Abschluss eines Aufhebungsvertrags erheblich erschwert.

In einem solchen Fall,

  • beispielsweise wenn eine krankheitsbedingte Schwäche des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber bewusst ausgenutzt würde,

hätte der Arbeitgeber Schadensersatz zu leisten, d.h. der Arbeitgeber

  • müsste den Zustand herstellen, der ohne die Pflichtverletzung bestünde (sog. Naturalrestitution, § 249 Abs. 1 BGB),
  • also den Arbeitnehmer so stellen, als hätte dieser den Aufhebungsvertrag nicht geschlossen,

was zum Fortbestehen des Arbeitsverhältnis führen würde (Quelle: Pressemitteilung des BAG vom 07.02.2019).

Arbeitnehmer die an einem Betriebssport- oder anderen betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung teilnehmen

…. sollten wissen, wann es sich dabei um eine in der Unfallversicherung versicherte Tätigkeit handelt und wann nicht.

Mit Urteil vom 04.10.2018 – S 5 U 47/18 – hat die 5. Kammer des Sozialgerichts (SG) Dresden darauf hingewiesen, dass, wenn Arbeitnehmer

  • an Sportveranstaltungen oder ähnlichen betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen teilnehmen,

es sich dabei dann um eine in der Unfallversicherung versicherte Tätigkeit handeln kann, wenn

  • der Arbeitgeber die Veranstaltung als eigene betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung zur Förderung der Zusammengehörigkeit der Beschäftigten untereinander und mit ihnen durchführen will,
  • er deswegen alle Betriebsangehörigen eingeladen hat und damit der Wunsch des Arbeitgebers deutlich wird, dass möglichst alle Beschäftigten sich freiwillig zu einer Teilnahme entschließen

und

  • die Teilnahme vorab erkennbar grundsätzlich allen Beschäftigten des Unternehmens oder der betroffenen Abteilung offen steht und objektiv möglich ist.

Keine in der Unfallversicherung versicherte Tätigkeit liegt dagegen vor, wenn die vom Arbeitgeber ausgerichtete Veranstaltung beispielsweise

  • am Wochenende und
  • unter nicht unerheblichem finanziellen Eigenaufwand der Teilnehmer stattfindet und
  • auch Betriebsfremden offensteht,

so dass,

  • wenn bei einer solchen Veranstaltung ein teilnehmender Arbeitnehmer verunfallt,

es sich auch um keinen Arbeitsunfall handelt.

Elternteile, die ab der Geburt des Kindes Elternzeit für zwei Jahre von ihrem Arbeitgeber verlangt haben, sollten

…. wissen, dass sie im Anschluss daran, Elternzeit auch (noch) für das dritte Lebensjahr des Kindes in Anspruch nehmen können und

  • diese Verlängerung der Elternzeit nicht von der Zustimmung des Arbeitgebers abhängig ist.

Mit Urteil vom 20.09.2018 – 21 Sa 390/18 – hat das Landesarbeitsgericht (LArbG) Berlin-Brandenburg entschieden, dass Arbeitnehmerinnen oder Arbeitgeber,

  • die Elternzeit für zwei Jahre ab der Geburt ihres Kindes von ihrem Arbeitgeber verlangt haben und
  • sich bereits in Elternzeit befinden,

die Elternzeit um ein drittes, sich direkt anschließendes Jahr verlängern können,

  • ohne dass es hierzu der Zustimmung ihres Arbeitgebers bedarf und
  • sie sich bei der Verlängerungsanzeige lediglich an die Anzeigefristen in § 16 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zum Elterngeld und zur Elternzeit (Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz – BEEG) halten müssen.

Danach ist

  • innerhalb der ersten drei Lebensjahre eines Kindes

nicht nur die erstmalige Inanspruchnahme von Elternzeit zustimmungsfrei, sondern können beschäftigte Elternteile, im Anschluss an die auf zwei Jahre beschränkte Bindungsfrist in § 16 Abs. 1 Satz 2 BEEG,

  • nach der bei beanspruchter Elternzeit für den Zeitraum bis zum vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes von beschäftigten Elternteilen gleichzeitig erklärt werden muss,
  • für welche Zeiten innerhalb von zwei Jahren Elternzeit genommen werden soll,

im Anschluss an diese Bindungsfrist wieder frei disponieren und müssen sich dann lediglich an die Anzeigefristen in § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG halten (Quelle: Pressemitteilung des LArbG Berlin-Brandenburg vom 19.12.2018).

Wichtig für Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu wissen: Home-Office-Arbeitsplatz darf Arbeitnehmern vom Arbeitgeber nicht einseitig

…. zugewiesen werden.

Mit Urteil vom 10.10.2018 – 17 Sa 562/18 – hat das Landesarbeitsgericht (LArbG) Berlin-Brandenburg entschieden, dass Arbeitnehmern,

  • deren Arbeitsvertrag keine Regelungen zu einer Änderung des Arbeitsorts enthält,

vom Arbeitgeber aufgrund seines arbeitsvertraglichen Weisungsrechts (§ 106 Gewerbeordnung (GewO)) nicht einseitig Telearbeit zugewiesen werden kann, so dass,

  • wenn Arbeitgeber Arbeitnehmern anbieten, ihre Tätigkeit im „Home-Office“ zu verrichten,

eine arbeitsvertragliche Verpflichtung der Arbeitnehmer zur Verrichtung der angebotenen Telearbeit nicht besteht und deswegen zu der Telearbeit nicht bereiten Arbeitnehmern

  • auch nicht wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung außerordentlich gekündigt werden kann,
  • sondern eine aus diesem Grund ausgesprochene Kündigung unwirksam ist.

Begründet hat das LArbG dies damit,

  • dass die Umstände der Telearbeit sich in erheblicher Weise von einer Tätigkeit unterscheiden, die in einer Betriebsstätte zu verrichten seien und
  • es nicht zu einer Erweiterung des Weisungsrechts des Arbeitgebers führe, dass Arbeitnehmer, z.B. zur besseren Vereinbarung von Familie und Beruf, an einer Telearbeit interessiert sein könnten (Quelle: Pressemitteilung des LArbG Berlin-Brandenburg vom 18.12.2018).

Wichtig zu wissen für – wegen mangels entsprechender Konfession – abgelehnte Bewerber auf eine von einem kirchlichen Arbeitgeber

…. ausgeschriebene Stelle.

Mit Urteil vom 25.10.2018 – 8 AZR 501/14 – hat der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) entschieden, dass bei von kirchlichen Arbeitgebern ausgeschriebenen Stellen,

  • gemäß § 9 Abs. 1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) – in unionsrechtskonformer Auslegung –

eine unterschiedliche Behandlung der Stellenbewerber wegen der Religion nur dann ausnahmsweise zulässig ist, wenn die Religion

  • nach der Art der Tätigkeiten oder
  • den Umständen ihrer Ausübung

eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung angesichts des Ethos der Religionsgemeinschaft bzw. Einrichtung darstellt und dass, wenn dies nach (der Stellenausschreibung) nicht der Fall ist,

  • beispielsweise weil bei Ausübung der ausgeschriebenen Stelle keine wahrscheinliche und erhebliche Gefahr besteht, dass das Ethos des kirchlichen Arbeitgebers beeinträchtigt wird,

Stellenbewerber aber trotzdem nach der Religionszugehörigkeit gefragt und danach abgelehnt werden, eine ungerechtfertigte Benachteiligung

  • wegen der Religion

vorliegen kann, die einen Anspruch auf eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG begründet.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall ist einer konfessionslosen Frau,

  • nachdem deren Bewerbung auf eine von einem kirchlichen Arbeitgeber ausgeschriebene Referentenstelle abgelehnt und
  • die Stelle mit einem Kirchenmitglied besetzt worden war,

eine Entschädigung i.H.v. 3.915,46 Euro nach § 15 Abs. 2 AGG zuerkannt worden, weil

  • bei der Ausübung der ausgeschriebenen Stelle der jeweilige Stelleninhaber in den das Ethos des Arbeitgebers betreffenden Fragen nicht unabhängig handeln konnte und

aufgrund dessen eine unterschiedliche Behandlung wegen der Religion nicht zulässig war (Quelle: Pressemitteilung des BAG vom 25.10.2018).

Wichtig zu wissen für Arbeitnehmer, die der Arbeitgeber vorübergehend zur Arbeit ins Ausland entsendet

Mit Urteil vom 17.10.2018 – 5 AZR 553/17 – hat der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) entschieden, dass,

  • wenn Arbeitgeber Arbeitnehmer vorübergehend zur Arbeit ins Ausland entsenden,
  • beispielsweise auf eine Baustelle ins Ausland,

die Reisen des Arbeitnehmers

  • zur auswärtigen Arbeitsstelle und
  • von dort zurück

ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers erfolgen und deshalb in der Regel

  • die für Hin- und Rückreise erforderlichen Zeiten

wie Arbeit zu vergüten sind.

Als die für Hin- und Rückreise erforderliche Zeit,

  • für die der Arbeitgeber danach die arbeitsvertraglich vereinbarte Vergütung zahlen muss,

ist dabei die Reisezeit anzusehen, die bei einem Flug in der Economy-Class anfällt (Quelle: Pressemitteilung des BAG vom 17.10.2018).

Wichtig zu wissen für Arbeitnehmer in deren Arbeitsvertrag bestimmt ist, dass sie Nebentätigkeiten nur mit

…. Genehmigung des Arbeitgebers ausüben dürfen.

Mit Urteil vom 24.08.2018 – 4 Ca 3038/18 – hat das Arbeitsgericht (ArbG) Düsseldorf darauf hingewiesen, dass Arbeitsvertragsklauseln,

  • die vorsehen, dass Arbeitnehmer nur mit Genehmigung des Arbeitgebers eine Nebentätigkeit ausüben dürfen,

wirksam sind,

  • da durch die Aufnahme der Nebentätigkeit Interessen des Arbeitgebers betroffen sein können.

Arbeitnehmer, deren Arbeitsvertrag einen solchen Erlaubnisvorbehalt vorsieht, müssen deshalb, wenn sie eine Nebentätigkeit aufnehmen möchten,

  • sich vor der Aufnahme der Nebentätigkeit um die Einwilligung ihres Arbeitgebers bemühen und
  • falls dieser die Einwilligung verweigert, den Klageweg beschreiten, mit dem Ziel den Arbeitgeber zur Erteilung der Einwilligung zu verpflichten.

Sehen Arbeitnehmer hiervon ab und wird ihnen, wegen Aufnahme einer Nebentätigkeit,

  • ohne zuvor die Einwilligung ihres Arbeitgebers eingeholt zu haben,
  • obwohl der Arbeitsvertrag einen solchen Erlaubnisvorbehalt vorsieht,

eine Abmahnung erteilt, hat eine Klage

  • auf Entfernung der erteilten Abmahnung

keinen Erfolg

BAG entscheidet: Erkenntnisse aus einer rechtmäßigen Videoüberwachung, die vorsätzliche Handlungen eines Arbeitnehmers

…. zulasten des Eigentums des Arbeitgebers zeigen, dürfen,

  • solange die Ahndung der Pflichtverletzung durch den Arbeitgeber arbeitsrechtlich möglich ist,

im Kündigungsschutzprozess verwertet werden.

Darauf hat der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) mit Urteil vom 23.08.2018 – 2 AZR 133/18 – in einem Fall hingewiesen, in dem der Betreiber eines Tabak- und Zeitschriftenhandels

  • zum Schutz seines Eigentums vor Straftaten sowohl von Kunden als auch von eigenen Arbeitnehmern eine offene Videoüberwachung installiert und

einem seiner Arbeitnehmer fristlos gekündigt hatte, weil

  • die, wegen eines aufgetretenen Fehlbestands bei den Tabakwaren erfolgte Auswertung der Videoaufzeichnungen gezeigt hatten, dass

von dem Arbeitnehmer an zwei Tagen vereinnahmte Gelder nicht in die Registrierkasse gelegt worden waren.

Danach ist,

  • wenn es sich um eine rechtmäßige offene Videoüberwachung handelt,

die Verarbeitung und Nutzung der einschlägigen Bildsequenzen zu Beweiszwecken in gerichtlichen Verfahren zulässig und

  • muss das Bildmaterial auch nicht sofort ausgewertet werden,
  • sondern darf der Arbeitgeber damit solange warten, bis er dafür einen berechtigten Anlass sieht (Quelle: Pressemitteilung des BAG vom 23.08.2018).

BAG entscheidet: Streikabbruchprämie zu zahlen ist für bestreikte Arbeitgeber ein zulässiges Kampfmittel

Mit Urteil vom 14.08.2018 – 1 AZR 287/17 – hat der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) entschieden, dass Arbeitgeber,

  • deren Betrieb bestreikt werden soll bzw. wird,

grundsätzlich berechtigt sind, den zum Streik aufgerufenen Arbeitnehmern,

  • die sich nicht am Streik beteiligen und ihrer regulären Tätigkeit nachgehen,

die Zahlung einer Prämie (Streikbruchprämie) zuzusagen,

  • um sie von einer Streikbeteiligung abzuhalten und
  • damit betrieblichen Ablaufstörungen zu begegnen.

Danach handelt es sich bei einer solchen Ungleichbehandlung der streikenden und der nicht streikenden Beschäftigten,

  • vor dem Hintergrund der für beide soziale Gegenspieler geltenden Kampfmittelfreiheit,

um eine grundsätzlich zulässige Maßnahme des Arbeitgebers,

  • für die das Verhältnismäßigkeitsprinzip gilt.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall hat das BAG eine den Tagesverdienst Streikender um ein Mehrfaches übersteigende Streikbruchprämie,

  • nämlich zunächst in Höhe von 200 Euro brutto (bei einer Teilzeitbeschäftigung entsprechend anteilig) pro Streiktag und
  • später in Höhe von 100 Euro brutto,

als nicht unangemessen angesehen (Quelle: Pressemitteilung des BAG vom 14.08.2018).