Tag Baustelle

LG Frankenthal entscheidet: Baufirma muss einer Autofahrerin, die wegen unzureichender Absicherung der Straßenbaustelle, bei 

…. Ausfahrt aus Tiefgarage in ausgehobenen Leitungsgraben gelandet war, den dadurch an ihrem Fahrzeug entstandenen Schaden ersetzen. 

Mit Urteil vom 25.03.2022 – 9 O 32/21 – hat die 9. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Frankenthal in einem Fall, in dem ein Bauunternehmen im Rahmen von Straßenbauarbeiten vor einem Wohnhaus einen 

  • Graben zwischen Bürgersteig und Straße 

ausgehoben hatte und eine

Read More

Wichtig für Wohnungsmieter und -vermieter zu wissen, wenn über die Berechtigung einer Mietminderung wegen

…. vom Nachbargrundstück ausgehenden Lärms gestritten wird.

Mit Urteil vom 29.04.2020 – VIII ZR 31/18 – hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) darauf hingewiesen, dass 

  • nach Abschluss des Mietvertrags 

eintretende erhöhte Geräusch- und Schmutzimmissionen, 

  • auch wenn sie von einer auf einem Nachbargrundstück eines Dritten betriebenen Baustelle herrühren,

bei Fehlen anderslautender Beschaffenheitsvereinbarungen einen 

  • gemäß § 536 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) 

zur Mietminderung berechtigenden Mangel der Mietwohnung 

  • grundsätzlich nicht begründen können, wenn 
    • auch der Vermieter die Immissionen ohne eigene Abwehr- oder Entschädigungsmöglichkeit nach § 906 BGB hinnehmen muss,
  • sondern nur dann, wenn auch 
    • Abwehr- oder Entschädigungsansprüche des Vermieters gegen den Dritten nach § 906 BGB bestehen.

Das bedeutet:
Möchte ein Mieter

  • wegen von nach Mietbeginn von einem Nachbargrundstück über einen längeren Zeitraum ausgehender erhöhter Geräusch- oder/und Schmutzimmissionen 

die Miete nach § 536 Abs. 1 BGB mindern muss er, sofern 

  • weder eine Beschaffenheitsvereinbarung hinsichtlich der Freiheit der Wohnung von solchen Geräusch- oder/und Schmutzimmissionen ausdrücklich oder konkludent getroffen worden, 
  • noch eine solche dem Mietvertrag zu entnehmen ist,

zunächst 

  • darlegen und
  • im Streitfall auch beweisen,

dass 

  • die von ihm angemietete Wohnung Immissionen der vorbezeichneten Art ausgesetzt ist, die die Gebrauchstauglichkeit der Wohnung unmittelbar beeinträchtigen und 
  • es sich hierbei um eine wesentliche Beeinträchtigung im Sinne des § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB handelt.

Ist dies vom Mieter durch eine Beschreibung, 

  • aus der sich ergibt, 
    • um welche Art von Beeinträchtigungen es geht, 
    • zu welchen Tageszeiten, 
    • über welche Zeitdauer sowie 
    • in welcher Frequenz diese ungefähr auftreten 
  • und die zudem darauf schließen lässt, 
    • dass es sich bei den geltend gemachten Immissionen um wesentliche Beeinträchtigungen im Sinne des § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB handelt,

dargelegt sowie

  • der diesbezügliche Tatsachenvortrag im Bestreitensfall durch den Vermieter vom Mieter auch 

bewiesen worden, kann der Vermieter sich gegenüber dem Mieter darauf berufen,  

  • wegen des festgestellten Sachverhalts weder Abwehr- noch Entschädigungsansprüche nach § 906 BGB gegen den Verursacher der Immissionen zu haben und deswegen

für die Abwendung der festgestellten Immissionen auch nicht einstehen müsse.

Wendet der Vermieter dies ein, hängt die Frage, 

  • ob ein zur Mietminderung berechtigender Wohnungsmangel vorliegt, 

davon ab, ob der Vermieter die entsprechenden Tatsachen dafür, 

darlegen und im Fall des Bestreitens durch den Mieter auch beweisen kann.

Übrigens:
Dazu, wann

  • bei von einer Baustelle ausgehendem Baulärm 

Nachbarn von der 

  • Immissionsschutzbehörde

die Anordnung geeigneter Maßnahmen zur Begrenzung des Baulärms verlangen können, vergleiche den Blogeintrag 

Reisende sollten wissen, welche Minderungen des Reisepreises bei Reisemängeln gegebenenfalls

…. in Betracht kommen können.

Das Landgericht (LG) Frankfurt am Main hat beispielsweise entschieden,

mit Urteil vom 27.02.2019 – 2-24 S 32/18 – in einem Fall, in dem ein Reisender über ein Onlineportal eine Unterkunft in einem „Fährhaus“ auf Sylt gebucht,

  • die Reisebestätigung des beklagten Reiseveranstalters die Angabe „Fährhaus“ und den Zusatz „Norddeich“ enthalten,
  • das „Fährhaus“ sich tatsächlich aber, entgegen der Erwartung des Reisenden nicht auf Sylt, sondern in dem Stadtteil „Norddeich“ der Stadt Norden in Ostfriesland befunden

hatte, dass der Reisende

  • Anspruch auf Minderung des vollen Reisepreises hat, weil
    • der Reisende, aufgrund der als Reisebestätigung erhaltenen Antwort, die aus Sicht eines objektiven Empfängers auszulegen ist, davon ausgehen konnte,
      • dass der Zusatz „Norddeich“ lediglich die örtliche Lage des Hotels beschreibt, nämlich gelegen „am“ Norddeich von Sylt und
      • er, entsprechend seinem Buchungswunsch, ein Hotelzimmer auf Sylt erhalten hat,

mit Urteil vom 03.04.2019 – 2-24 S 162/18 – in einem Fall, in dem ein Reisender in einem Reisebüro für einen Strandurlaub in einem Hotel eine Juniorsuite gebucht hatte, die

  • entgegen dem von dem Reisenden gegenüber geäußerten Wunsch, dass er eine Trennung von Wohn- und Schlafraum möchte und
  • ohne, dass er von dem Reiseveranstalter darauf hingewiesen worden war, dass dieser Sonderwunsch nicht erfüllt werden könne,

über keine separate Wohn- bzw. Schlafräume verfügte, dass

  • aufgrund dessen ein Reisemangel vorliegt,
  • der eine Reisepreisminderung von 15% rechtfertigt,

mit Urteil vom 22.05.2019 – 2-24 O 106/17 – in einem Fall, in dem ein Reisender einen Hotelaufenthalt gebucht hatte und

  • sein Zimmer rund 15m Luftlinie von einer Großbaustelle entfernt war, auf der Baufahrzeuge und Baumaschinen eingesetzt wurden (u.a. Bagger, Raupen, Presslufthämmer und Kipplader) und mit Ausnahme der Sonntage die Arbeiten ab 6:30/7:00 Uhr begannen und nicht vor 22:00 Uhr endeten sowie
  • während der ersten vier Reisetage wegen eines Wasserrohrbruchs im Hotel das Leitungswasser verunreinigt und nicht nutzbar war,

dass der Reisende einen Anspruch hat

  • auf eine Minderung von 50% des Reisepreises
    • wegen des Baulärms,
  • auf weitere Minderungen
    • von 5%
      • wegen des teilweise verunreinigten Leitungswassers
    • sowie von 10%,
      • weil der Reisende von dem Reiseveranstalter nicht über die Großbaustelle informiert und dieser deswegen nicht hatte entscheiden können, ob er unter den gegebenen Umständen die Reise antreten will oder nicht und
    • auf eine Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit,
      • nachdem infolge des massiven Baulärms die Reise, für welche der Reisende seine Urlaubszeit aufgewendet hatte, erheblich beeinträchtigt war,

mit Urteil vom 22.05.2019 – 2-24 O 149/18 – in einem Fall, in dem ein Reisender eine Pauschalreise auf den Malediven in einem „5-Sterne-Luxus-Resort“ gebucht hatte und

  • auf dem Strandabschnitt vor der von ihm bewohnten Strandvilla zwischen 6:00 Uhr und 17:00/18:00 Uhr Wasserflugzeuge, mit den Hotelgäste zur Hotelanlage befördert wurden, starteten und landeten,
  • der betreffende Strandabschnitt deswegen nicht zum Baden und Verweilen genutzt werden konnte sowie
  • das WLAN, dessen freier Zugang in der Hotelbeschreibung angepriesen worden war, nicht durchgehend funktionierte, sondern Verbindungen bereits nach wenigen Minuten endeten, E-Mails nicht heruntergeladen und Internetseiten nicht aufgebaut werden konnten,

dass der Reisende einen Anspruch hat

  • auf eine Minderung von 50% des Reisepreises,
    • wegen der Lärmemissionen durch die Wasserflugzeuge, weil, auch wenn ein Luxus-Resort laut Hotelbeschreibung mit Wasserflugzeugen erreichbar ist,
      • weder damit gerechnet werden müsse, dass der dadurch verursachten Lärm eine Ruhe und Erholung und ein schlafen länger als 6.00 Uhr unmöglich mache,
      • noch, dass der Strandabschnitt vor seiner Strandvilla nicht nutzbar sein würde,
    • auf eine weitere Minderung von 15% des Reisepreises
      • wegen der eingeschränkten WLAN-Nutzung, weil in einer als besonders hochwertig beschriebenen Hotelkategorie erwartet werden könne, zumindest solchen Internetaktivitäten nachgehen zu können, die im Urlaub typisch seien (Aufrufen von Internetseiten, uneingeschränktem E-Mail-Zugang, Nutzung von Messengerdiensten etc.) sowie
    • auf eine Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit

und dass,

  • falls der Reiseveranstalter auf eine entsprechende Rüge hin, dem Reisenden anheimstellt, sich eine alternative Unterkunft zu suchen, aber nur gegen eine Stornogebühr von 100% und
  • der Reisende sich daraufhin selbst eine andere Unterkunft organisiert,

darüber hinaus ein Anspruch besteht,

  • auf die Mehrkosten für die von ihm selbst organisierte Alternativunterbringung und
  • auf eine 100%ige Minderung des Reisepreises für den Tag des Umzuges in die andere Unterkunft,

sowie mit Urteil vom 19.06.2019 – 2-24 O 20/19 – in einem Fall, in dem einer Reisenden am Zielort der von ihr gebuchten Rundreise ein Koffer,

  • in dem u.a. Teile ihrer Fotoausrüstung, insbesondere das Ladegerät für die Akkus sowie Ersatzakkus waren,

fehlte und den sie erst nach sechs Tagen erhalten hatte, dass der Reisenden

  • ein Anspruch auf Minderung von 25% des Reisepreises
    • für die Tage ohne Koffer zusteht
    • und zwar unabhängig davon, dass sich in dem Koffer Teile der Fotoausrüstung befanden (Quelle: Pressemitteilung des LG Frankfurt vom 01.07.2019).

AG München entscheidet: Bauunternehmer, die zur Sicherung einer Baustelle einen Bauzaun aufstellen, haften

…. in der Regel von der Aufstellung des Bauzaunes an bis zu seiner Entfernung für dessen Standsicherheit und demzufolge für Schäden, die ein umstürzender Bauzaun verursacht.

In einem Fall, in dem von einem Bauunternehmer,

  • der im Auftrag eines Bauherrn auf einem Grundstück einen Rohbau errichtet hatte,

ein von ihm bei Beginn der Bauarbeiten zur Sicherung der Baustelle aufgestellter Bauzaun

  • nach Beendigung seiner Bauarbeiten

umgestürzt und auf einen ordnungsgemäß geparkten Pkw gefallen war, ist der Bauunternehmer

  • mit Urteil des Amtsgerichts (AG) München vom 19.12.2016 – 251 C 15396/16 –

verurteilt worden, dem Fahrzeugeigentümer den entstandenen Schaden zu ersetzen.

Begründet hat das AG die Entscheidung damit, dass die Verkehrssicherungspflicht des Bauunternehmers

  • durch die Gefahreröffnung, d.h. das Aufstellen des Bauzauns, entstanden ist und
  • grundsätzlich fortbesteht – auch nach Fertigstellen seiner Arbeiten, also hier des Rohbaus – bis seine Verkehrssicherungspflicht in tatsächlicher Hinsicht von einem Dritten übernommen wird,
    • was eine klare und auch für Dritte erkennbare Absprache voraussetzt.

Zwar sei, so das AG, auf einer Baustelle zunächst der Bauherr

  • als Veranlasser der gefährlichen Aktivitäten

sicherungspflichtig.

Allerdings haften nach allgemeinen Grundsätzen auch

  • Architekten und Bauunternehmer
  • im Rahmen der ihnen übertragenen und auch tatsächlich wahrgenommenen Aufgabenkreise,

wobei deren Sicherungspflichten den Zeitpunkt der Fertigstellung und Abnahme des Bauwerks überdauern,