Tag Dritte

LG Frankenthal entscheidet: Hundehalterin haftet nicht für die durch eine – in einem Aufzug verhakte – Hundeleine verursachten Verletzungen eines Dritten

Mit Urteil vom 13.07.2023 – 7 O 4/23 – hat die 7. Zivilkammer des Landgerichts (LG) Frankenthal (Pfalz) in einem Fall, in dem sich ein 

  • an einer dünnen Nylon-Leine angeleinter 

Hund einer Halterin, als diese mit ihm, 

  • von ihrer im 2. Obergeschoss gelegenen Wohnung 

ins Erdgeschoss fahren wollte, beim 

  • Schließen der Aufzugstüren, 

noch

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LG Köln entscheidet: Wer gesundheitsschädliche Flüssigkeiten in einer unauffälligen Flasche für Dritte zugänglich lagert

…. kann sich wegen Verletzung der ihm obliegenden Verkehrssicherungspflicht schadensersatz- und schmerzensgeldzahlungspflichtig machen.  

Mit Urteil vom 13.05.2022 – 12 O 459/19 – hat das Landgericht (LG) Köln in einem Fall, in dem der Kläger von dem mit ihm befreundeten Beklagten 

  • Schmerzensgeld

verlangt, weil er, als er bei dem Beklagten in dessen Geschäft war und Durst verspürte, sich aus einer bereits geöffneten Limonadenflasche,

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Was ist eigentlich, wenn die Wirksamkeit einer erteilten Vorsorgevollmacht von Dritten in Zweifel gezogen wird?

…. Muss dann ein Betreuer bestellt werden?

Liegt eine Vorsorgevollmacht vor, ist 

  • gemäß § 1896 Abs. 2 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) 

eine Betreuung grundsätzlich nicht erforderlich. 

Das gilt auch, wenn Zweifel an der Wirksamkeit der Erteilung der Vorsorgevollmacht bestehen.

  • Kann die Unwirksamkeit einer Vorsorgevollmacht vom Betreuungsgericht nicht positiv festgestellt werden, bleibt es somit bei der wirksamen Bevollmächtigung. 

Ob eine bestehende Vollmacht 

  • dann, wenn sie in Zweifel gezogen wird, 

dem Bevollmächtigten ermöglicht, 

  • die Angelegenheiten des Betroffenen ebenso gut wie durch einen Betreuer zu besorgen, 

ist eine nachgeordnete Frage, die sich erst stellt, wenn 

  • die Frage der Wirksamkeit der Vollmacht ausermittelt ist und 

nicht positiv festgestellt werden kann, ob sie 

  • wirksam oder 
  • unwirksam

ist. 

Bleiben Bedenken, kommt es darauf an, ob die 

  • Akzeptanz der Vollmacht im Rechtsverkehr 

eingeschränkt ist, 

  • entweder weil Dritte die Vollmacht unter Berufung auf diese Bedenken zurückgewiesen haben 
  • oder weil entsprechendes konkret zu besorgen ist.

Unabhängig davon kann 

  • trotz erteilter Vorsorgevollmacht 

eine Betreuung dann erforderlich sein, wenn der Bevollmächtigte 

  • ungeeignet ist, 

die Angelegenheiten des Betroffenen zu besorgen, insbesondere weil 

Übrigens:
Infos nicht nur über die Vorsorgevollmacht, sondern auch über die Patientenverfügung findet man hier

VG Koblenz entscheidet, dass auf die Änderung einer bestandskräftigen Platzrundenführung eines Flugplatzes Dritte keinen Anspruch haben

Mit Gerichtsbescheid vom 30.04.2020 – 4 K 1139/19.KO – hat die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts (VG) Koblenz in einem Fall, in dem ein Unternehmen der Windenergiebranche, um 

  • für die beabsichtigte Errichtung von drei Windenergieanlagen auf in der Nähe eines Flugplatzes gelegenen Grundstücken 

die dazu erforderliche luftverkehrsrechtliche Zustimmung 

  • nach § 14 Abs. 1 Luftverkehrsgesetz (LuftVG) 

zu erhalten, bei der hierfür zuständigen Behörde beantragt hatte, den derzeitigen,

  • der Errichtung der Windenergieanlagen entgegenstehenden 

Verlauf der Platzrunde des Flugplatzes entsprechend anzupassen, entschieden, dass das Unternehmen keinen Anspruch auf Änderung der 

  • zur Abwehr von Gefahren für den Luftverkehr 

bestandskräftig festgesetzten Platzrunde hat. 

Begründet hat die Kammer dies damit, dass 

  • Rechtsgrundlage für die Festlegung von Platzrunden § 22 Abs. 1 Luftverkehrs-Ordnung (LuftVO) ist,
  • diese Vorschrift ausschließlich der Abwehr von Gefahren für den Luftverkehr dient und keine diesbezüglichen subjektiv- öffentlichen Rechte Dritter eröffnet und somit 

Dritte jedenfalls grundsätzlich eine (bestandskräftige) Platzrundenführung hinzunehmen haben. 

Abgesehen davon, so die Kammer weiter, werde 

  • die Platzrunde seit Jahren unfallfrei und sicher geflogen

und durch die bestandskräftig festgelegte Platzrundenführung,

  • da durch diese die Grundstücke auf denen die Windenergieanlagen errichtet werden sollen, von vornherein vorbelastet gewesen seien,

auch nicht in rechtswidriger Weise in die durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Eigentumsfreiheit des Unternehmens eingegriffen, so dass auch unter diesen Aspekten 

  • kein Anlass für eine Änderung der Platzrunde bestehe.

Hundehalter, die Dritten erlauben mit ihrem Hund Ball zu spielen bzw. dies dulden, sollten wissen, dass, wenn

…. sich ihr Hund dabei verletzt, die Dritten nicht haften.

Mit Beschluss vom 25.03.2019 – 6 U 166/18 – hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main in einem Fall,

  • in dem ein Hundehalter einen Dritten erlaubt hatte, mit seinem ein Jahre alten Retriever mit einem fußballgroßen Ball zu spielen und
  • der Hund beim Zurückholen des geworfenes Balles so in die Luft gesprungen war, dass er sich beim Aufkommen auf den Boden am linken Hinterbein verletzt hatte,

entschieden, dass der Hundehalter von dem Dritten

  • keinen Ersatz des ihm durch die Verletzung des Hundes entstandenen Schadens (tierärztliche Behandlungskosten usw.) verlangen kann.

Begründet hat das OLG dies damit, dass die Verletzung des Hundes nicht adäquat-kausal auf das Werfen des Balles zurückzuführen sei, weil

  • es zum natürlichen Verhalten von (insbesondere jungen) Hunden gehöre, dass diese ihrem Spieltrieb nachgeben, hierbei auch springen und
  • es gänzlich unwahrscheinlich sei, dass Hunde sich bei derartigen tiertypischen Handlungen verletzen.

Abgesehen davon, so das OLG weiter, sei,

  • durch die Entscheidung des Hundehalters den Hund mit einem Dritten spielen zu lassen,

der Eintritt der Verletzung bei dem Hund dem allgemeinen Lebensrisiko und damit der Risikosphäre des Hundehalters zuzuordnen (Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt vom 03.04.2019).

Freilaufende Katzen – Dürfen Dritte sie füttern und ihren Aufenthalt dulden oder können die Eigentümer verlangen

…. dass dies unterlassen wird?

Durch die die Befugnisse von Eigentümern regelnde Vorschrift des § 903 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), die bestimmt, dass

  • Eigentümer von Sachen, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit den Sachen nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen können,
  • Eigentümer von Tieren bei der Ausübung ihrer Befugnisse jedoch die besonderen Vorschriften zum Schutz der Tiere zu beachten haben,

werden

  • die positiven Befugnissen von Eigentümern von Tieren eingeschränkt – insbesondere die Normen des Tierschutzgesetzes gestatten dem Eigentümer nämlich gerade nicht, mit dem Tier „nach Belieben“ zu verfahren –
  • die negativen (Ausschließungs-)Befugnisse des Eigentümers eines Tieres dagegen nicht angetastet.

Sofern sich dies nicht als tierschutzwidrig darstellt,

  • wie z.B., wenn der selbst nicht für eine bedürfnisgerechte Verpflegung i.S.d. § 2 Nr. 1 Tierschutzgesetz (TierschG) sorgende Eigentümer einer unter Nahrungs- oder Flüssigkeitsentzug leidenden Katze dem mitfühlenden Nachbarn das Füttern/Tränken des Tieres verbieten würde,

sind Eigentümer eines Tieres daher befugt, Dritte von Einwirkungen auf das Tier auszuschließen,

  • d.h. aktive Einwirkungen Dritter auf das Tier, auch auf ihre freilaufende Katze, zu unterbinden,
  • wie beispielsweise das gezielte Anlocken ebenso wie das Füttern gegen ihren Willen,

Allerdings wird, solange der Eigentümer eines Tieres von dieser Eigentümerbefugnis keinen Gebrauch gemacht hat,

  • also die Fütterung oder das aktive Anlocken seines Tieres nicht (ausdrücklich) untersagt hat,

von dessen stillschweigender bzw. mutmaßlicher Gestattung sozialadäquaten Umgangs mit seinem freilaufenden Tier auszugehen sein, so dass, solange sich ein Tiereigentümer nicht anderweitig geäußert hat,

  • ein freundliches Locken, Streicheln etc. praktisch stets und
  • auch das gelegentliche Füttern einer „besuchsweise“ vorbeischauenden Freigängerkatze (zumindest im Normalfall, d.h. insbesondere wenn die Katze „normalgewichtig“ und augenscheinlich gesund – mithin nicht auf Spezialnahrung o.ä. angewiesen – ist) abhängig von Häufigkeit und Menge

keine unzulässige Einwirkung darstellt.

Schon keine Einwirkung i.S.v. § 903 BGB liegt dagegen vor, wenn Dritte

  • lediglich passiv der Aufenthalt eines fremden freilaufenden Tieres dulden oder
  • sie dieses lediglich passiv gewähren lassen,
    • beispielsweise wenn eine freilaufende Katze auf eigene Initiative einen Aufenthalt im Machtbereich eines Dritten gewählt hat,

so dass der Eigentümer des Tieres auch nicht befugt ist, den Dritten zum Vertreiben, Vergrämen oder zu sonstigen aktiven Vorkehrungen „anzuweisen“, die einen Aufenthalt des Tieres beim Dritten verhindern oder beenden sollen.

Darauf hat das Landgericht (LG) München I mit Urteil vom 25.01.2019 – 30 S 7016/18 – hingewiesen.

Wichtig zu wissen, wenn wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht Schadensersatzansprüche

…. geltend gemacht werden.

Aus § 823 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ergibt sich grundsätzlich für jeden,

  • der in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenlage schafft oder
  • der in seinem Verantwortungsbereich eine eingetretene Gefahrenlage andauern lässt,

die Verpflichtung, die

  • notwendigen und
  • zumutbaren

Maßnahmen zu treffen, um andere vor Schäden zu bewahren (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 13.06.2017 – VI ZR 395/16 –).

  • Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasst diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren. (BGH, Urteil vom 02.10.2012 – VI ZR 311/11 –).

Zu berücksichtigen ist jedoch, dass nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden kann.
Ein allgemeines Verbot, andere nicht zu gefährden, wäre utopisch. Eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, ist im praktischen Leben nicht erreichbar.

  • Haftungsbegründend wird eine Gefahr deswegen erst dann, wenn sich für ein sachkundiges Urteil
    • die nahe liegende Möglichkeit ergibt,
    • dass Rechtsgüter anderer verletzt werden (könnten).

Somit muss nicht für alle denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden.
Vielmehr sind nur die Vorkehrungen zu treffen, die geeignet sind, die Schädigung anderer tunlichst abzuwenden.

  • Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt ist dabei genügt, wenn im Ergebnis derjenige Sicherheitsgrad erreicht ist, den die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält.

Daher reicht es anerkanntermaßen aus, diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen,

  • die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise für ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren, und
  • die den Umständen nach zuzumuten sind.

Kommt es in Fällen, in denen hiernach keine Schutzmaßnahmen getroffen werden mussten,

  • weil eine Gefährdung anderer zwar nicht völlig ausgeschlossen,
  • aber nur unter besonders eigenartigen und entfernter liegenden Umständen zu befürchten war,

ausnahmsweise doch einmal zu einem Schaden, so muss der Geschädigte – so hart dies im Einzelfall sein mag – den Schaden selbst tragen (BGH, Urteil vom 09.09.2008 – VI ZR 279/06 –).

Eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht desjenigen,

  • der in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenstelle geschaffen oder
  • hat andauern lassen,

liegt somit vor, wenn nach den obigen Grundsätzen Sicherungsmaßnahmen hätten getroffen werden müssen,

  • aber nicht getroffen worden sind
  • oder die getroffenen Sicherungsmaßnahmen nicht ausreichend bzw. ungenügend waren.

Steht eine solche objektive Pflichtverletzung fest,

  • spricht der Anscheinsbeweis dafür, dass die Pflichtverletzung ursächlich für das Schadensereignis war und
  • wird ein Verschulden des Verkehrssicherungspflichtigen vermutet.

Übrigens:
Wird die Verkehrssicherungspflicht

  • von dem Verkehrssicherungspflichtigen auf einen Dritten delegiert oder
  • von einem Dritten faktisch übernommen,

mit der Folge, dass dann der Dritte verantwortlich ist,

  • führt dies nicht zum völligen Wegfall der Verkehrssicherungspflicht des ursprünglich Verkehrssicherungspflichtigen,
  • sondern bleibt dieser zur Überwachung und Instruktion des Dritten verpflichtet (BGH, Urteil vom 13.06.2017 – VI ZR 395/16 –).

Im Falle des Bestehens eines Schadensersatzanspruchs wird,

  • wenn dem Geschädigten ein unfallursächliches Mitverschulden zur Last fällt,

der Anspruch des Geschädigten nach § 254 BGB gekürzt.

  • Voraussetzung für ein solches haftungsminderndes Mitverschulden ist, dass der Geschädigte an der Entstehung des Schadens zurechenbar mitgewirkt hat im Sinne eines Verstoßes gegen die gebotene Eigenvorsorge.

Wer diejenige Sorgfalt außer acht lässt, die nach Lage der Dinge erforderlich erscheint, um sich selbst vor Schaden zu bewahren, muss nach Treu und Glauben eine Kürzung seines Anspruchs hinnehmen und dies ist dann anzunehmen, wenn der Verletzte diejenige Sorgfalt außer acht lässt, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Vermeidung eigener Schäden anzuwenden pflegt (Oberlandesgericht (OLG) München, Urteil vom 26.09.2018 – 7 U 3118/17 –).

BGH bestätigt: Betreiber von offenen WLANs haften bei Missbrauch ihres Anschlusses für illegale Uploads nicht, können

…. aber unter Umständen zur Sperrung von bestimmten Inhalten und Seiten verpflichtet werden.

Mit Urteil vom 26.07.2018 – I ZR 64/17 – hat der unter anderem für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) darauf hingewiesen, dass Betreiber von öffentlich zugänglichen Internetzugängen über WLAN und von Tor-Exit-Nodes,

  • wenn Dritte über ihren Internetanschluss im Wege des Filesharings Urheberrechtsverletzungen begehen,

zwar

  • nach § 8 Abs. 1 Satz 2 des Telemediengesetzes (TMG) nicht als Störer auf Unterlassung haften,

allerdings

  • gemäß § 7 Abs. 4 TMG ein Anspruch des Rechtsinhabers auf Sperrmaßnahmen in Betracht kommen kann.

Dieser Sperranspruch,

  • der nach der Entscheidung des Senats auch gegenüber den Anbietern drahtgebundener Internetzugänge geltend gemacht werden kann,

ist nicht auf bestimmte Sperrmaßnahmen beschränkt und kann auch die Pflicht zur Registrierung von Nutzern, zur Verschlüsselung des Zugangs mit einem Passwort oder – im äußersten Fall – zur vollständigen Sperrung des Zugangs umfassen (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 26.07.2018).