Tag Familienrecht

Wenn einem Minderjährigen unentgeltlich Grundbesitz übertragen und seinen Eltern von ihm ein Nießbrauchrecht eingeräumt werden soll – Wann ist Bestellung eines Ergänzungspflegers erforderlich?

Die Bestellung eines Ergänzungspflegers zur Genehmigung eines unentgeltlichen Übertragungsvertrags ist notwendig, wenn die Eltern eines minderjährigen Übernehmers ein lebenslanges Nießbrauchrecht an dem übertragenen Grundbesitz erhalten sollen und eine Pflicht der Eltern zur Übernahme von Kosten jeglicher Art nicht vereinbart ist.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Celle mit Beschluss vom 07.11.2013 – 4 W 186/13 – in einem Fall entschieden,

  • in dem einer minderjährigen Enkelin von der Großmutter Grundbesitz nebst Anteilen an einer Forstinteressentenschaft im Wege vorweggenommener Erbfolge übertragen worden war, 
  • die minderjährige Übernehmerin ihren Eltern ein lebenslängliches Nießbrauchrecht eingeräumt hatte, 
  • die Vertragsurkunde hinsichtlich des Nießbrauchrechts weitere Regelungen nicht enthielt 

und das Begehren, die Eigentumsumschreibung und das Nießbrauchrecht einzutragen vom Grundbuchamt mit der Begründung, der Übertragungsvertrag mit der Bestellung des Nießbrauchrechts sei für die Minderjährige nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, von der Genehmigung eines die Minderjährige vertretenden Ergänzungspflegers abhängig gemacht worden war.

Nach Auffassung des 4. Senat des OLG Celle hat das Grundbuchamt zu Recht die Übertragung des Grundbesitzes auf die Minderjährige von der Genehmigung eines Ergänzungspflegers abhängig gemacht.

Ein Minderjähriger bedarf gem. den §§ 107, 108 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) der Einwilligung seiner gesetzlichen Vertreter, wenn es sich um den Abschluss eines nicht lediglich rechtlich vorteilhaften Geschäfts handelt bzw. der Minderjährige durch einen Vertrag nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt.

Können die Eltern ihr Kind nicht vertreten, weil auch ein Vormund von der Vertretung ausgeschlossen wäre, § 1629 Abs. 2 Satz 1 BGB i. V. m. § 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB, ist gem. § 1909 BGB ein Ergänzungspfleger zu bestellen.

Ein auf den Erwerb einer Sache gerichtetes Rechtsgeschäft ist für einen Minderjährigem nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, wenn er in dessen Folge mit Verpflichtungen belastet wird, für die er nicht nur dinglich mit der erworbenen Sache, sondern auch persönlich mit seinem sonstigen Vermögen haftet.
Die Beurteilung ist unabhängig davon, ob die weitergehenden Verpflichtungen von dem Beteiligten des Rechtsgeschäfts angestrebt worden sind; es genügt, wenn sie die gesetzliche Folge des angestrebten Rechtsgeschäfts sind. 
Erforderlich ist hierfür eine isolierte Betrachtung allein des dinglichen Erwerbsgeschäfts. Haftet der Minderjährige nicht nur dinglich mit dem erworbenen Grundstück, sondern auch persönlich mit dem eigenen Vermögen, ist das Geschäft nicht lediglich rechtlich vorteilhaft.
Dies ist hier der Fall. 
Eine Beschränkung der Haftung der Minderjährigen auf den Grundbesitz ist nicht gegeben. 
Zwar ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) der Erwerb eines Grundstücks unter gleichzeitiger Bestellung eines Nießbrauchrechts nicht von der Genehmigung eines Ergänzungspflegers abhängig, wenn der Nießbraucher gleichzeitig über die sich aus §§ 1041, 1047 BGB ergebenden Belastungen hinaus auch die Kosten außergewöhnlicher Ausbesserungen und Erneuerungen sowie die außergewöhnlichen Grundstückslasten zu tragen hat. 
Hiervon ist der vorliegende Sachverhalt jedoch zu unterscheiden. 
Die Vertragsbeteiligten haben gerade keine derartige Abrede getroffen, dass die Nießbrauchberechtigten sämtliche Kosten pp. zu tragen hätten. 
Ihr Einwand, bei dem übertragenen Grundbesitz handele es sich um eine Ackerfläche und Kosten, außergewöhnliche Ausbesserungen und Erneuerungen sowie außergewöhnliche Grundstückslasten würden nicht anfallen, ist unerheblich. Denn der Anfall entsprechender Kosten kann nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden. 
Abgesehen davon bleibt die Möglichkeit, dass die Minderjährige gem. § 1049 BGB i. V. m. den §§ 677 ff. BGB den Nießbrauchern Ersatz der Kosten für auf die Sache gemachten Verwendungen schuldet.

 

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Familienrecht – BAföG-Leistungen sind unterhaltsrechtliches Einkommen, das die Bedürftigkeit mindert.

Ein Kind kann von seinen Eltern keinen Unterhalt verlangen, soweit es seinen Unterhaltsbedarf durch BAföG-Leistungen decken kann, auch wenn diese zum Teil als Darlehen gewährt werden.

Das hat der 2. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Beschluss vom 26.09.2013 – 2 WF 161/13 – entschieden.

In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall studierte die in Dortmund bei ihrer Mutter wohnhafte, 21 Jahre alte Antragstellerin an der Universität Duisburg-Essen.
Ihr in Bottrop wohnhafter Vater, der Antragsgegner, zahlt monatlich ca. 210 € Kindesunterhalt.
Unter Hinweis auf ihr Studium hat die Antragstellerin vom Antragsgegner eine Erhöhung der monatlichen Unterhaltsleistungen auf ca. 380 € verlangt.
Einen Antrag auf BAföG-Leistungen, die regelmäßig zu 50% als Zuschuss und zu 50% als zinsloses Darlehn gewährt werden, hat sie nicht gestellt, u.a. um sich nicht schon zu Beginn ihres Berufslebens zu verschulden.

Die von der Antragstellerin für ihr Unterhaltsbegehren beantragte Verfahrenskostenhilfe hat der 2. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm versagt.

Die Antragstellerin habe ihre Unterhaltsbedürftigkeit nicht dargetan. BAföG-Leistungen seien unterhaltsrechtliches Einkommen, das die Bedürftigkeit mindere.
Im Unterhaltsrecht obliege es ggf. dem Verpflichteten, ein Darlehen aufzunehmen, um seine Leistungsfähigkeit zu erhalten.
Entsprechendes gelte aber auch für den Unterhaltsberechtigten, der – im Rahmen des Zumutbaren – eine Möglichkeit zur Kreditaufnahme ausnutzen müsse, um nicht selbst unterhaltsbedürftig zu werden.
Im vorliegenden Fall sei es der Antragstellerin zuzumuten, BAföG-Leistungen in Anspruch zu nehmen. Diese würden zur Hälfte als Zuschuss und zur anderen Hälfte als unverzinsliches Darlehen gewährt. Das Darlehen sei erst fünf Jahre nach dem Ende der Förderung in monatlichen Raten – bis zu einem Höchstbetrag von 10.000 € – zu tilgen, wobei bei guten Leistungen ein Teil des Darlehens erlassen werde.
Wegen dieser günstigen Darlehensbedingungen sei es einem Studierenden in der Regel zuzumuten, BAföG in Anspruch zu nehmen.
Für einen von ihr vorzutragenden und nachzuweisenden Ausnahmefall habe die Antragstellerin nichts dargetan. Allein aus der Motivation heraus, nicht bereits zu Beginn des Berufslebens mit einer Darlehensverbindlichkeit aus BAföG-Leistungen belastet zu sein, sei die Inanspruchnahme von BAföG nicht unzumutbar.
Da es die Antragstellerin bewusst unterlassen habe, einen BAföG-Antrag zu stellen, sei ihr in Höhe der BAföG-Leistungen ein fiktives, ihren Unterhaltsanspruch minderndes Einkommen zu unterstellen. Dass sie mit diesem und mit den vom Antragsgegner monatlich gezahlten Unterhalt ihren monatlichen Mindestbedarf nicht decken könne, sei nicht ersichtlich.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Hamm am 15.11.2013 mitgeteilt.

 

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Bedrohungen über Facebook rechtfertigen Anordnungen nach dem Gewaltschutzgesetz.

Mittels Facebook übermittelte Drohungen können ein Verbot der Kontaktaufnahme und Näherung nach dem Gewaltschutzgesetz (GewSchG) rechtfertigen.

Das hat der 2. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Beschluss vom 23.04.2013 – 2 UF 254/12 – entschieden und damit die erstinstanzliche Entscheidung des Amtsgerichts – Familiengerichts – bestätigt.

In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall waren die Antragsteller, eine Mutter und ihr 7jähriger Sohn, von der Antragsgegnerin, weil diese annahm, vom einem Bruder der Antragstellerin betrogen worden zu sein, im Dezember 2011 über Facebook als „Mongotochter“ bzw. als „dreckiger“ Junge bezeichnet worden.
Die Antragsgegnerin kündigte dabei an, den Jungen bzw. ein Mitglied der Familie der Antragstellerin „kalt zu machen“, den Antragstellern „aufzulauern“ und dem Jungen „einen Stein an den Kopf zu werfen“.

Aufgrund dieser Facebookeinträge hat das Familiengericht der Antragsgegnerin verboten, sich der Wohnung der Antragsteller näher als 100 m zu nähern, sich der Antragstellerin und ihrem Sohn näher als 30 m zu nähern und mit den Antragstellern Kontakt aufzunehmen, ins- besondere über Email oder Facebook.

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin hat der 2. Senat für Familiensachen des OLG Hamm die Anordnungen des Familiengerichts bestätigt, sie aber aus Gründen der Verhältnismäßigkeit bis zum November 2014 befristet.
Die von der Antragsgegnerin unter ihrem Facebookprofil an die Antragstellerin übermittelten Nachrichten seien rechtswidrige Drohungen. Sie kündigten eine Verletzung des Lebens des Antragstellers in der Weise an, dass die Antragsgegnerin auf den Eintritt der Rechtsgutverletzung Einfluss zu haben vorgebe.
Die Antragsteller hätten die angekündigte Rechtsgutverletzung ernst genommen.
Die Drohungen seien rechtswidrig, eine von einem Dritten gegen die Antragsgegnerin verübte Straftat legalisiere sie nicht.
Die Drohungen rechtfertigten das nach § 1 GewSchG ausgesprochene Näherungs- und Kontaktverbot, das notwendig sei, um die angekündigten Rechtsgutverletzungen zu verhindern.
Die Anordnungen seien zu befristen, nachdem nicht feststellbar sei, dass die Antragsgegnerin nach Dezember 2011 noch Drohungen ausgestoßen habe.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Hamm am 04.11.2013 mitgeteilt.

 

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Familienrecht – Fünfzehnjährige darf gegen den Willen der Eltern im Kindesschutzverfahren begutachtet werden.

Eltern kann im Wege der einstweiligen Anordnung das Aufenthaltsbestimmungsrecht und das Recht zur Gesundheitsfürsorge für eine Fünfzehnjährige zu entziehen sein, damit die verhaltensauffällige Jugendliche im Kindesschutzverfahren ordnungsgemäß begutachtet werden kann.

Das hat der 8. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Beschluss vom 31.07.2013 – 8 UF 17/13 – entschieden.

In dem dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Fall hatte das zuständige Jugendamt ein Kindesschutzverfahren angeregt, nachdem eine Fünfzehnjährige im Jahre 2012 durch häufige Fehlzeiten in der Schule aufgefallen war und ihre Eltern weder auf Schreiben der Schule noch auf Einladungen zu einer Schulunfähigkeitsuntersuchung reagiert hatten.
Im Einvernehmen mit ihren Eltern wurde die Jugendliche zunächst in einer Kinder- und Jugendklinik stationär behandelt. Dabei zeigte sie ein behandlungsbedürftiges Selbstbild und gestörte persönliche Verarbeitungsmechanismen.
Nach zwei Monaten brachen die Eltern die Behandlung entgegen der ärztlichen Empfehlung ab und holten ihre Tochter nach Hause, ohne in der Folgezeit Kontakt zum Jugendamt zu halten.

Das Familiengericht hat den Eltern sodann – vorläufig – im Wege der einstweiligen Anordnung das Aufenthaltsbestimmungsrecht und das Recht zur Gesundheitsfürsorge entzogen, um eine Begutachtung der Jugendlichen im anhängigen familiengerichtlichen Verfahren zu ermöglichen.

Die gegen die familiengerichtliche Entscheidung gerichtete sofortige Beschwerde der Eltern hat der 8. Senat für Familiensachen zurückgewiesen.
Das Kindeswohl der Tochter sei gefährdet. Das ergebe sich aus dem Umstand, dass die Jugendliche in erheblichem Umfang in der Schule gefehlt habe, die Eltern dem nicht abgeholfen hätten und gewichtige Anhaltspunkte für massive psychosoziale Schwierigkeiten der Jugendlichen und innerfamiliäre Konflikte vorlägen.
Die vom Familiengericht im Kindesschutzverfahren für erforderlich erachtete Begutachtung der Jugendlichen halte auch der Senat für dringend geboten.
Um die hierfür notwendigen Maßnahmen und Untersuchungen sicherzustellen, ggfls. sogar die Herausnahme der Jugendlichen aus der Familie und ihre Fremdunterbringung, sei die getroffene Anordnung erforderlich, nachdem sich die Eltern in der Vergangenheit wenig einsichtig und nicht kooperativ gezeigt hätten. Sie trachteten offenbar danach, das Kindesschutzverfahren zu unterlaufen.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Hamm am 16.10.2013 mitgeteilt.

 

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Familienrecht – Lottogewinn eines Ehegatten – Zugewinnausgleich bei Scheidung?

Der u.a. für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat mit Beschluss vom 16.10.2013 – XII ZB 277/12 – entschieden, dass

  • ein von einem Ehegatten in dem Zeitraum zwischen Trennung und Zustellung des Scheidungsantrags gemachter Lottogewinn im Rahmen des Zugewinnausgleichs zu berücksichtigen ist und
  • allein eine längere Trennungszeit der Ehegatten im Zeitpunkt eines solchen Vermögenserwerbs noch keine unbillige Härte der Ausgleichspflicht begründet. 

In dem dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Fall schlossen die Beteiligten im Juli 1971 die Ehe, aus der drei mittlerweile erwachsene Kinder hervorgegangen sind. 
Sie trennten sich im August 2000. 
Spätestens seit dem Jahr 2001 lebt der Antragsgegner mit seiner jetzigen Partnerin zusammen. 
Im November 2008 erzielte er zusammen mit seiner Lebensgefährtin einen Lottogewinn von insgesamt 956.333,10 €. 
Auf den der Antragstellerin am 31. Januar 2009 zugestellten Scheidungsantrag wurde die Ehe durch Verbundurteil vom 23. Oktober 2009 rechtskräftig geschieden, der Versorgungsausgleich geregelt und der Antragsgegner zur Unterhaltsleistung an die Antragstellerin bis März 2014 verpflichtet.

Im vorliegenden Verfahren verlangte die Antragstellerin Zugewinnausgleich in Höhe von insgesamt 242.500 € unter Berücksichtigung der Hälfte des auf den Antragsgegner entfallenden Anteils an dem Lottogewinn.

Das Amtsgericht hat den Lottogewinn bei der Berechnung des Endvermögens des Antragsgegners berücksichtigt und dem Antrag der Antragstellerin in vollem Umfang stattgegeben.

Auf die Beschwerde des Antragsgegners hat das Oberlandesgericht die erstinstanzliche Entscheidung abgeändert, den Antragsgegner lediglich zur Zahlung von knapp 8.000 € verurteilt und den Antrag im Übrigen zurückgewiesen.

Der BGH hat auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin den Beschluss des Oberlandesgerichts aufgehoben und die Entscheidung des Amtsgerichts wiederhergestellt.

Für den von der Antragstellerin geltend gemachten Anspruch auf Zugewinnausgleich war im vorliegenden Fall zum einen von Bedeutung, ob der vom Antragsgegner erzielte Lottogewinn als privilegiertes Anfangsvermögen entsprechend § 1374 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) bei der Berechnung des Zugewinns unberücksichtigt bleibt.

Der BGH hat im Anschluss an seine frühere Rechtsprechung entschieden, dass ein während der Zeit des Getrenntlebens von einem Ehepartner erzielter Lottogewinn nicht in entsprechender Anwendung des § 1374 Abs. 2 BGB als privilegierter Vermögenszuwachs angesehen werden kann, schon weil diesem Vermögenserwerb keine der Erbschaft oder Schenkung vergleichbare persönliche Beziehung zugrunde liegt.

Zum anderen musste der BGH klären, ob der Antragsgegner die Zahlung des Zugewinnausgleichs wegen grober Unbilligkeit gemäß § 1381 Abs. 1 BGB verweigern kann. 
Dies hat der BGH verneint. 
Allein eine längere Trennungszeit der Ehegatten im Zeitpunkt des Vermögenserwerbs begründet noch keine unbillige Härte der Ausgleichspflicht. 
Gleiches gilt für den Umstand, dass der durch den Lottogewinn erzielte Vermögenszuwachs keine innere Beziehung zur ehelichen Lebensgemeinschaft hat, weil das Recht des Zugewinnausgleichs, abgesehen von den in § 1374 Abs. 2 BGB genannten Ausnahmen, bewusst nicht nach der Art des Vermögenserwerbs unterscheidet. Auch eine Gesamtschau dieser beiden Umstände führt nicht zur Annahme einer groben Unbilligkeit, zumal die Ehe der Beteiligten bei der Trennung bereits 29 Jahre bestand und aus der Ehe drei Kinder hervorgegangen sind.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 16.10.2013 – Nr. 172/2013 – mitgeteilt.

 

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Familienrecht – Kann ein an einer Demenz vom Typ Alzheimer Erkrankter geschieden werden?

Ein an einer Demenz vom Typ Alzheimer Erkrankter kann geschieden werden, wenn

  • die Eheleute seit mehr als einem Jahr getrennt leben, 
  • der Erkrankte im Zusammenhang mit der Trennung einen natürlichen Willen zur Scheidung und Trennung gefasst hat und 
  • er die Wiederaufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft abgelehnt hat. 

Der Scheidung steht dann nicht entgegen, dass der Erkrankte zum Schluss der mündlichen Verhandlung im familiengerichtlichen Verfahren aufgrund der fortgeschrittenen Erkrankung keinen Scheidungswillen mehr fassen kann.

Das hat der 3. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Beschluss vom 16.08.2013 – 3 UF 43/13 – entschieden und damit die erstinstanzliche Entscheidung des zuständigen Amtsgerichts bestätigt.

In dem dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Fall hatte der an einer Demenz vom Typ Alzheimer erkrankte, über 60 Jahre alte Antragsteller die ca. 20 Jahre jüngere Antragsgegnerin im Frühjahr des Jahres 2011 geheiratet. 
Ende des Jahres kam es nach rund achtmonatigem ehelichen Zusammenleben zur Trennung der Eheleute. 
Die in der Folgezeit für den Antragsteller bestellte Betreuerin reichte im Jahre 2012 einen Scheidungsantrag ein, dem die Antragsgegnerin mit der Begründung, dass der Antragsteller an der Ehe festhalten wolle, entgegengetreten ist.

Der 3. Senat für Familiensachen des OLG Hamm hat die vom Familiengericht ausgesprochene Scheidung bestätigt. 
Der Senat sei davon überzeugt, dass die Ehe gescheitert sei. Die Scheidung sei von dem durch seine Betreuerin vertretenen Antragsteller wirksam beantragt, der Antrag durch das zuständige Betreuungsgericht genehmigt worden. Aus Sicht des Antragstellers sei die Ehe zerrüttet, eine Wiederaufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht zu erwarten. Nachdem die Eheleute länger als ein Jahr getrennt lebten, lägen die gesetzlichen Scheidungsvoraussetzungen vor, auch wenn die Antragsgegnerin an der Ehe festhalten wolle.
Dass sich der Antragsteller mit einer Trennungs- und Scheidungsabsicht von der Antragsgegnerin getrennt habe, habe die vom Familiengericht durchgeführte Beweisaufnahme ergeben. 
Bei einer im Frühjahr 2012 im Rahmen seines Betreuungsverfahren durchgeführten richterlichen Anhörung habe der Antragsteller seinen Willen zur Trennung und Scheidung klar geäußert und zu diesem Zeitpunkt trotz seiner gesundheitlichen Einschränkungen noch wirksam äußern können. 
Das habe eine fachärztliche Stellungnahme bestätigt. 
Im Zeitpunkt seiner Anhörung im familiengerichtlichen Verfahren sei die Erkrankung zwar schon so weit fortgeschritten, dass der Antragsteller die Bedeutung der Ehe und die einer Scheidung nicht mehr habe erfassen können. Das verbiete jedoch nicht die Scheidung, nachdem sich der Antragsteller aufgrund des Fortschritts seiner Erkrankung bereits in einem Zustand äußerster Eheferne befinde und sein zuvor gefasster Scheidungswille sicher feststellbar sei.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Hamm am 14.10.2013 mitgeteilt.

 

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Unterrichtsbefreiung von Schülern aus religiösen Gründen nur in Ausnahmefällen

Verstößt der Inhalt einer schulischen Unterrichtsveranstaltung aus Sicht einzelner Schüler bzw. ihrer Eltern gegen für sie maßgebliche religiöse Vorgaben, so rechtfertigt dies im Regelfall keinen Anspruch auf Unterrichtsbefreiung.

Dies hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig mit Urteil vom 11.09.2013 – 6 C 12.12 – entschieden.

In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall gehörten die Kläger der Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas an. Ihr Sohn besuchte die 7. Klasse eines Gymnasiums. Im Deutschunterricht wurde das Buch „Krabat“ von Ottfried Preußler besprochen. Ferner sollte als Unterrichtsveranstaltung der Film „Krabat“ des Regisseurs Marco Kreuzpaintner besucht werden. Der Film zeigt unter anderem Praktiken schwarzer Magie.
Die Kläger beantragten, ihren Sohn von dieser Unterrichtsveranstaltung zu befreien. Sie beriefen sich auf religiöse Gründe: Ihr Glaube verbiete ihnen, sich mit schwarzer Magie zu befassen.
Die Schule lehnte die Befreiung ab. Der Sohn der Kläger nahm dennoch an der Filmvorführung nicht teil.
Die Kläger haben Klage erhoben, mit der sie die Feststellung begehren, dass die Ablehnung der Befreiung vom Unterricht rechtswidrig gewesen ist.
Das Oberverwaltungsgericht Münster hat ihrer Klage im Berufungsverfahren stattgegeben.

Das Bundesverwaltungsgericht hat der hiergegen gerichteten Revision des beklagten Landes stattgegeben.
Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts verstieß die Schule mit der Filmvorführung nicht gegen das verfassungsrechtliche Gebot, bei Ausgestaltung des Unterrichts Neutralität in religiöser Hinsicht zu wahren.
Sonstige Beeinträchtigungen religiöser Vorstellungen sind grundsätzlich als typische, von der Verfassung von vornherein einberechnete Begleiterscheinung des staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrags und der seiner Umsetzung dienenden Schulpflicht hinzunehmen. Eine Unterrichtsbefreiung kann nur ausnahmsweise verlangt werden. Regelmäßig ist hierfür erforderlich, dass den religiösen Belangen des Betroffenen eine besonders gravierende Beeinträchtigung droht und der schulische Wirkungsauftrag im Vergleich hierzu lediglich nachrangig berührt wird. Jedenfalls die letztgenannte Voraussetzung war im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Das von den Klägern geltend gemachte religiöse Tabuisierungsgebot läuft der schulischen Aufgabe, die nachwachsende Generation vorbehaltlos und möglichst umfassend mit Wissensständen der Gemeinschaft und ihrem geistig-kulturellen Erbe vertraut zu machen, in ihrem Kern zuwider.

Das hat die Pressestelle des Bundesverwaltungsgerichts am 11.09.2013 – Nr. 62/2013 – mitgeteilt.

 

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Kindschaftsrecht – Wenn ein in einer in offenen Einrichtung lebendes Kind zu seinem Schutz nachts fixiert werden muss – Einwilligung der Eltern reicht aus.

Der u.a. für Familiensachen zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte die Frage zu beantworten, ob Eltern ohne zusätzliche Genehmigung durch das Familiengericht wirksam in eine notwendige nächtliche Fixierung ihres Kindes in einer offenen heilpädagogischen Einrichtung einwilligen können.

Ihr 1999 geborenes Kind leidet unter einem frühkindlichen Autismus mit geistiger Behinderung und einem Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätssyndrom. Es zeigt krankheitsbedingt ausgeprägte Unruhezustände und extreme Weglauftendenzen. Seit 2008 lebt das Kind in einer offenen heilpädagogischen Einrichtung, in der es eine Einzelbetreuung erhält. Aus kinder- und jugendpsychiatrischer Sicht ist es zum Schutz des Kindes und seiner Mitbewohner indiziert, es nachts mittels eines Bauch- oder Fußgurtes bzw. eines entsprechenden Schlafsacks zu fixieren.
Nachdem das Amtsgericht im Jahre 2009 die nächtliche Fixierung für die Dauer von längstens zwei Jahren familiengerichtlich genehmigt hatte, beantragten die Eltern im vorliegenden Verfahren die Verlängerung dieser Genehmigung.

Das Amtsgericht hat den Antrag abgewiesen, weil die Maßnahme nicht genehmigungsbedürftig sei.
Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde des Verfahrensbeistands des Kindes zurückgewiesen.
Dagegen hat der Verfahrensbeistand die vom Oberlandesgericht zugelassene Rechtsbeschwerde eingelegt.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Beschluss vom 07.08.2013 – XII ZB 559/11 – die Rechtsbeschwerde zurückgewiesen, weil Eltern in Ausübung ihrer elterlichen Sorge selbst in eine erforderliche und verhältnismäßige Fixierung ihrer Kinder einwilligen dürfen und das Gesetz eine familiengerichtliche Genehmigung solcher Maßnahmen nicht vorsieht.

Nach § 1631 b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) bedarf die Unterbringung eines Kindes, die mit Freiheitsentziehung verbunden ist, der Genehmigung des Familiengerichts. Dabei geht das Gesetz, wie sich auch aus entsprechenden Vorschriften im Betreuungsrecht und im Verfahrensrecht ergibt, von einem engen Unterbringungsbegriff aus. Eine freiheitsentziehende Unterbringung in diesem Sinn ist gegeben, wenn der Betroffene gegen seinen Willen oder im Zustand der Willenlosigkeit in einem räumlich begrenzten Bereich eines geschlossenen Krankenhauses, einer anderen geschlossenen Einrichtung oder dem abgeschlossenen Teil einer solchen Einrichtung festgehalten, sein Aufenthalt ständig überwacht und die Kontaktaufnahme mit Personen außerhalb des Bereichs eingeschränkt wird

In der zeitweiligen oder regelmäßigen Fixierung eines in einer offenen Einrichtung lebenden Kindes liegt danach keine Unterbringung.

Eine Verpflichtung zur Genehmigung unterbringungsähnlicher Maßnahmen, zu denen auch eine Fixierung zählt, enthält das Gesetz im Kindschaftsrecht nicht. Zwar verlangt das Gesetz im Betreuungsrecht für psychisch kranke oder körperlich, geistig oder seelisch behinderte Volljährige sowohl bei einer geschlossenen Unterbringung (§ 1906 Abs. 1, 2 BGB ) als auch bei einer unterbringungsähnlichen Maßnahme (§ 1906 Abs. 4 BGB ) die Genehmigung durch das Betreuungsgericht (vgl. BGH Beschluss vom 27.06.2013 – XII ZB 24/12 –). Die Vorschrift des § 1906 Abs. 4 BGB ist aber nicht entsprechend auf unterbringungsähnliche Maßnahmen gegenüber Minderjährigen anwendbar. Es fehlt schon an einer dafür erforderliche Regelungslücke, weil die Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Fixierung Minderjähriger dem Gesetzgeber bekannt sind und er die Vorschrift des § 1906 Abs. 4 BGB gleichwohl ausdrücklich auf unterbringungsähnliche Maßnahmen gegenüber Volljährigen begrenzt hat (BT-Drucks. 11/4528 S. 82 f.).

Der BGH hat weiter entschieden, dass eine entsprechende Vorschrift im Kindschaftsrecht auch nicht durch das staatliche Wächteramt von Verfassungs wegen geboten ist. Anders als im Betreuungsrecht handeln Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern nicht aufgrund staatlicher Bestellung, sondern in Ausübung ihres Elterngrundrechts aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz (GG). Die Erziehung der Kinder ist damit primär in die Verantwortung der Eltern gelegt; staatliche Verantwortung und Kontrolle sind im Bereich des Erziehungsrechts eingeschränkt. Zur Gewährleistung des Schutzes minderjähriger Kinder bietet das Gesetz u.a. mit dem Verbot entwürdigender Erziehungsmaßnahmen in § 1631 Abs. 2 BGB und mit der Möglichkeit einer Entziehung der elterlichen Sorge bei Gefährdung des Kindeswohls nach den §§ 1666 ff. BGB ausreichende Handhabe.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 04.09.2013 – Nr. 144/2013 – mitgeteilt.

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.

Wenn Eltern die Kosten für das Pflegeheim nicht aufbringen können – Müssen ihre Kinder dann aus ihrem Einkommen und/oder Vermögen zahlen? – Wann eine Unterhaltspflicht aus dem Vermögen nicht in Betracht kommt.

Nach § 1601 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) sind Verwandte in gerader Linie verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren. Unterhaltspflichtig ist lediglich nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren (§ 1603 Abs. 1 BGB ) .

Die Frage, wann danach ein Sohn aus seinem Einkommen oder Vermögen seiner Mutter Elternunterhalt schuldet, hatte jetzt der u.a. für Familiensachen zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) zu beantworten.
In dem seinem Beschluss vom 07.08.2013 – XII ZB 269/12 – zugrundeliegenden Fall lebte die 1926 geborene Mutter des Antragsgegners in einem Altenpflegeheim. Weil sie die Heimkosten nicht vollständig aus ihrer Rente und den Leistungen der Pflegeversicherung aufbringen konnte, gewährte der Antragsteller ihr Leistungen der Sozialhilfe. Die in der Zeit von Juli 2008 bis Februar 2011 geleisteten Beträge wollte er von ihrem Sohn ( = Antragsgegner) erstattet haben.

Ob der Antragsgegner aus seinem Einkommen oder aus seinem Vermögen leistungsfähig ist, war streitig.

Der Antragsgegner erzielte im Jahr 2008 ein Jahresbruttoeinkommen in Höhe von 27.497,92 €, woraus das Oberlandesgericht ein bereinigtes Nettoeinkommen von monatlich 1.121 € errechnet hat.
Er ist Eigentümer einer aus drei Zimmern bestehenden Eigentumswohnung, deren Wohnvorteil das Oberlandesgericht mit 339,02 € ermittelt hat.
Außerdem ist der Antragsgegner hälftiger Miteigentümer eines Hauses in Italien, dessen anteiliger Wert vom Antragsteller mit 60.000 € angegeben ist, und verfügt über zwei Lebensversicherungen mit Werten von 27.128,13 € und 5.559,03 € sowie über ein Sparguthaben von 6.412,39 €.
Eine weitere Lebensversicherung hatte der Antragsgegner gekündigt und deren Wert zur Rückführung von Verbindlichkeiten verwendet, die auf dem Haus in Italien lasteten.

Das Amtsgericht, das in erster Instanz entschieden hat, hat den Antragsgegner verpflichtet, an den Antragsteller rückständigen Unterhalt in Höhe von insgesamt 5.497,78 € zu zahlen.
Das in zweiter Instanz als Berufungsgericht entscheidende Oberlandesgericht hat die auf weiteren Unterhalt gerichtete Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen und – auf die Beschwerde des Antragsgegners – den Antrag vollständig abgewiesen.

Auf die vom Oberlandesgericht zugelassene Rechtsbeschwerde des Antragstellers hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit seiner Entscheidung vom 07.08.2013 – XII ZB 269/12 – den angefochtenen Beschluss des Oberlandesgerichts aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Das Oberlandesgericht hat auf der Grundlage der Einkünfte und Nutzungsvorteile des Antragsgegners von insgesamt rund 1.460 € seine Leistungsfähigkeit verneint, weil der für den Elternunterhalt geltende, ihm zu belassende Selbstbehalt von 1.500 € nicht überschritten sei. Diese Ausführungen waren, wie der BGH feststellte, nicht rechtsfehlerfrei, weil schon das Nettoeinkommen nicht fehlerfrei ermittelt worden war.
Außerdem betrug der Selbstbehalt im Rahmen des Elternunterhalts für die hier relevante Zeit lediglich 1.400 € und wurde erst später zum 1. Januar 2011 auf 1.500 € und zum 1. Januar 2013 auf 1.600 € erhöht.
Auch hatte das Oberlandesgericht die vom Antragsgegner mit monatlich 67,20 € angegebenen Fahrtkosten für Besuche bei seiner Mutter unberücksichtigt gelassen, obwohl der Bundesgerichtshof entschieden hat, dass diese Kosten abzusetzen sind, weil die Besuche einer unterhaltsrechtlich anzuerkennenden sittlichen Verpflichtung entsprechen.
Ob auf dieser Grundlage eine Unterhaltspflicht aus dem Einkommen unter Berücksichtigung des Wohnvorteils des Antragsgegners besteht, wird das Oberlandesgericht erneut prüfen müssen.

Von besonderer Bedeutung sind allerdings die weiteren Ausführungen des Bundesgerichtshofs zum Einsatz des Vermögens im Rahmen des Elternunterhalts.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss das unterhaltspflichtige Kind grundsätzlich auch den Stamm seines Vermögens zur Bestreitung des Unterhalts einsetzen. Einschränkungen ergeben sich aber daraus, dass nach dem Gesetz auch die sonstigen Verpflichtungen des Unterhaltsschuldners zu berücksichtigen sind und er seinen eigenen angemessenen Unterhalt nicht zu gefährden braucht.
Dem dient auch die eigene Altersvorsorge, die der Unterhaltsschuldner neben der gesetzlichen Rentenversicherung mit weiteren 5 % von seinem Bruttoeinkommen betreiben darf.
Entsprechend bleibt dann auch das so gebildete Altersvorsorgevermögen im Rahmen des Elternunterhalts unangreifbar (BGH FamRZ 2006, 1511).
Der Bundesgerichtshof hat jetzt entschieden, dass der Wert einer angemessenen selbst genutzten Immobilie bei der Bemessung des Altersvermögens eines auf Elternunterhalt in Anspruch genommenen Unterhaltspflichtigen grundsätzlich unberücksichtigt bleibt, weil ihm eine Verwertung nicht zumutbar ist.
Übersteigt das sonstige vorhandene Vermögen ein über die Dauer des Berufslebens mit 5 % vom Bruttoeinkommen geschütztes Altersvorsorgevermögen nicht, kommt eine Unterhaltspflicht aus dem Vermögensstamm nicht in Betracht.
Weil das Oberlandesgericht allerdings auch das Altersvorsorgevermögen nicht fehlerfrei berechnet hat, wird es dieses und die Bemessung eines zusätzlich zu belassenden Notgroschens erneut zu prüfen haben.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 07.08.2013 – Nr. 135/2013 – mitgeteilt.

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.

Erbrecht – gemeinschaftliches Testament von Ehegatten – Widerruf wechselbezüglicher Verfügungen auch gegenüber testierunfähig gewordenen Ehegatten noch möglich.

Letztwillige Verfügungen, die Ehegatten in einem gemeinschaftlichen Testament (§ 2265 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB )) getroffen haben, sind gemäß § 2270 Abs. 1 BGB wechselbezüglich, wenn anzunehmen ist, dass die Verfügung des einen nicht ohne die Verfügung des anderen getroffen worden wäre, wenn also jede der beiden Verfügungen mit Rücksicht auf die andere getroffen worden ist und nach dem Willen der gemeinschaftlich Testierenden die eine mit der anderen Verfügung stehen oder fallen soll.

Der Widerruf gemeinschaftlicher wechselbezüglicher Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testament zu Lebzeiten der Ehegatten hat gemäß § 2271 Abs. 1 BGB nach der für den Rücktritt vom Erbvertrag geltenden Vorschrift des § 2296 BGB erfolgen. Dies setzt eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung des Ehegatten gegenüber dem anderen Ehegatten, die der notariellen Beurkundung bedarf und dem anderen Ehegatten zugehen muss (§ 2296 Abs. 2, § 2271 Abs. 1 BGB ), voraus.

Dass der andere Ehegatte zum Zeitpunkt des Widerrufs nicht mehr geschäfts- bzw. testierfähig ist, steht der Wirksamkeit eines Widerrufs nicht entgegen, wenn für ihn ein Betreuer mit dem Aufgabenkreis „Vermögenssorge“ bestellt ist und diesem die Widerrufserklärung als dessen gesetzlicher Vertreter (§ 1902 BGB ) zugeht (§ 131 Abs. 1 BGB ).

Die Bestellung eines Betreuers wenigstens für die Vermögenssorge genügt, weil der Widerruf des gemeinschaftlichen Testaments eine Verfügung von Todes wegen darstellt, die vom Aufgabenkreis der Vermögenssorge umfasst wird, da mit ihr der Übergang des aktiven und passiven Vermögens für den Todesfall geregelt wird.

Da die Entgegennahme einer Widerrufserklärung (ebenso wie eine Rücktrittserklärung) keine rechtsgeschäftliche Handlung ist, kann ein Betreuer von der Entgegennahme auch nicht nach § 181, § 1795 Abs. 1 Nr. 1, § 1908i Abs. 1 BGB ausgeschlossen sein.

Der wirksame Widerruf einer wechselbezüglichen Verfügung eines Ehegatten bewirkt nicht nur nach § 2270 Abs. 1 BGB, dass auch die entsprechenden Verfügungen des anderen Ehegatten unwirksam werden, sondern hat, wenn der andere Ehegatte zu diesem Zeitpunkt (beispielsweise infolge Demenz) testierunfähig ist, zur Folge, dass dieser hierauf nicht mehr mit einer neuen letztwilligen Verfügung reagieren kann.

Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg mit Beschluss vom 06.06.2013 – 15 W 764/13 – hingewiesen.

 

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