Tag Familienrecht

Trennen sich Ehegatten, muss der, der in der Ehewohnung verbleibt, an der Mietvertragsentlassung des anderen mitwirken

Überlässt ein Ehegatte nach der Trennung die zuvor

  • von ihm oder
  • von beiden Ehegatten gemeinsam

gemietete Ehewohnung dem anderen Ehegatten zur alleinigen Nutzung, kann er

  • bereits während der Trennung und
  • nicht erst nach Rechtskraft der Scheidung

verlangen, dass der in der Wohnung verbleibende Ehegatte an der gegenüber dem Vermieter abzugebenden Erklärung mitwirkt, durch die der ausgezogene Ehegatte bei der Scheidung aus dem Mietverhältnis ausscheidet,

  • wobei der in der Wohnung bleibende Ehegatte seine Mitwirkung auch nicht davon abhängig machen kann, dass sich die Ehegatten zuvor über die Verteilung der das Mietverhältnis betreffenden Kosten geeinigt haben.

Das und dass dieser Anspruch auf Mitwirkung an der Mitteilung nach § 1568a Abs. 3 Nr. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) aus §§ 1353 Abs. 1 S. 2, 749 oder 723 BGB folgt, hat der 12. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Beschluss vom 21.01.2016 – 12 UF 170/15 – entschieden (entgegen OLG Hamm, Beschluss vom 03.09.2014 – 2 WF 170/14 –).

Aus dem Wesen der Ehe ergibt sich, so der Senat, die – aus § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB abzuleitende – Verpflichtung, die finanziellen Lasten des anderen Teils nach Möglichkeit zu mindern, soweit dies ohne Verletzung eigener Interessen möglich ist.
Da § 1353 BGB sich auf die Wirkungen der Ehe im Allgemeinen bezieht, gilt die Verpflichtung nicht erst für die Zeit der rechtskräftigen Scheidung, sondern vor allem während bestehender Ehe.

  • Besteht zwischen Nocheheleuten Einigkeit, dass die Ehewohnung nach ihrer Trennung dem einen Ehegatten zur alleinigen Nutzung  überlassen werden soll, ist der Grund für diesen einvernehmlich in der Ehewohnung verbliebenen Ehegatten, das Mietverhältnis unter Mitwirkung des anderen Ehegatten aufrecht zu erhalten, weggefallen.
  • Der ausgezogene Ehegatte hat demgegenüber ein berechtigtes Interesse, in der Zukunft nicht mehr möglichen finanziellen Belastungen aus diesem Mietverhältnis ausgesetzt zu sein.

Dies gilt insbesondere in Hinblick auf Mietzinsansprüche des Vermieters für die Zeit nach dem Auszug, die im Außenverhältnis gegen den ausgezogenen Ehegatten solange weiterbestehen, bis dieser aus dem Mietverhältnis entlassen ist.

Zwar wird die Änderung des Mietvertrages durch Mitteilung gegenüber dem Vermieter gem. § 1568a Abs. 3 Nr. 1 BGB erst mit Rechtskraft der Scheidung wirksam.
Diese Vorschrift hat aber keinen Einfluss auf den Anspruch des ausgezogenen Ehegatten gegen den anderen aus § 1353 BGB. Der Eintritt der Rechtskraft ist vielmehr der späteste Zeitpunkt, zu dem der ausgezogene Ehegatte seine Entlassung aus dem Mietverhältnis erreichen kann. Dieses ist nur möglich, wenn im Zeitpunkt der Rechtkraft der Scheidung eine Erklärung des anderen Ehegatten nach § 1568 a BGB vorliegt. Der ausgezogene Ehegatte hat deshalb grundsätzlich ein berechtigtes Interesse daran, dass (spätestens) zeitgleich mit der Rechtskraft der Scheidung die Umgestaltung eintritt und er auf der Grundlage des § 1568a BGB Abs. 3 Nr. 1 aus dem Mietverhältnis ausscheidet.

Gegen Sorgerechtsübertragung auf anderen Elternteil kann sich auch der nicht mehr sorgeberechtigte Elternteil wehren

Wird der Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes die elterliche Sorge nach § 1666 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) vollständig entzogen und zum Amtsvormund das Jugendamt bestellt, ist die Mutter,

  • wenn nachfolgend, auf Anregung des Jugendamtes, das Sorgerecht auf den Vater übertragen wird,
  • gegen diese Entscheidung beschwerdeberechtigt.

Das hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 27.04.2016 – XII ZB 67/14 – entschieden.

Denn, so der Senat, im Rahmen einer Sorgerechtsentscheidung nach vorausgegangenem Entzug der elterlichen Sorge ist immer auch zu prüfen, ob der von der Maßnahme nach § 1666 BGB betroffene Elternteil die elterliche Sorge wieder erhalten kann.

Wenn von nicht verheiratetem Kind Elternunterhalt gefordert wird

Verlangt

  • ein gemäß § 1602 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bedürftiger Elternteil oder
  • für diesen der Sozialhilfeträger aus übergegangenem Recht nach § 94 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII)

 

von einem Kind Elternunterhalt nach § 1601 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), ist,

  • wenn das Kind gleichzeitig zur Zahlung von Betreuungsunterhalt nach § 1615 l BGB verpflichtet ist,
  • dies bei der Bemessung seiner Leistungsfähigkeit nach § 1603 Abs. 1 BGB zu berücksichtigen.

 

Das hat der für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 09.03.2016 – XII ZB 693/14 – in einem Fall entschieden,

  • in dem der Träger der Sozialhilfe aus übergegangenem Recht nach § 94 SGB XII für einen Sozialhilfe (Hilfe zur Pflege) beziehenden Mann von dessen Sohn Zahlung von Elternunterhalt für den Zeitraum ab Januar 2012 gefordert hatte und
  • der Sohn mit einer geschiedenen Frau in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft lebte, aus der eine im Dezember 2008 geborene Tochter hervorgegangen war.

 

Danach ist bei einem Unterhaltspflichtiger, der mit seiner Lebensgefährtin und dem gemeinsamen Kind in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft lebt und für den gemeinsamen Unterhalt aufkommt,

  • zwar kein Familienselbstbehalt,
  • jedoch eine Unterhaltspflicht nach § 1615l BGB  als sonstige Verpflichtung im Sinne von § 1603 Abs. 1 BGB vorrangig zu berücksichtigen.

 

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 09.03.2016 – Nr. 54/2016 – mitgeteilt.

 

Wenn Eheleute sich trennen – Wem gehört der vor der Trennung von einem Ehegatten erworbene Pkw?

Haushaltsgegenstände, die während der Ehe für den gemeinsamen Haushalt angeschafft wurden, gelten für die Verteilung anlässlich der Scheidung nach § 1568b Abs. 2 BGB

  • als gemeinsames Eigentum der Ehegatten,
  • es sei denn, das Alleineigentum eines Ehegatten steht fest.

 

Die Miteigentumsvermutung nach dieser Vorschrift gilt auch für einen Pkw,  

  • der während der bestehenden Lebensgemeinschaft von einem Ehegatten gekauft,
  • während des Zusammenlebens der Eheleute von beiden genutzt und
  • dessen Kaufpreis aus gemeinsamem Vermögen der Eheleute finanziert worden ist,

 

sofern das Alleineigentum eines Ehegatten daran nicht feststeht,

  • wobei die Eigentumsvermutung, dass der Pkw in einem solchen Fall nach § 1568b Abs. 2 BGB gemeinsames Eigentum der Ehegatten ist, auch dann fort wirkt und entsprechende Anwendung findet, wenn ein Ehegatte den Pkw nach der Trennung verkauft hat und der andere wegen Verletzung seiner Eigentumsrechte von ihm Schadensersatz verlangt.

 

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart mit Beschluss vom 18.2.2016 – 16 UF 195/15 – entschieden.

Wie das OLG ausgeführt hat, findet die Eigentumsvermutung nach § 1568b Abs. 2 BGB, die zwar nur die Verteilung von Hausrat nach der Ehescheidung betrifft und die als die speziellere Norm den § 1006 BGB verdrängt, auch im Verfahren auf Schadensersatz entsprechende Anwendung, wenn der Hausratsgegenstand wegen Verkaufs nicht mehr vorhanden ist.

Da zum Hausrat alle beweglichen Gegenstände gehören, die für die gesamte Lebensführung der Familie bestimmt sind und daher nicht dem persönlichen Gebrauch nur eines Gatten dienen, gehört ein Pkw dann zum Hausrat, wenn er kraft gemeinsamer Zweckbestimmung der Ehegatten ganz oder überwiegend dem ehelichen und familiären Zusammenleben dient.
Gibt es in einer Familie nur einen Pkw, liegt demzufolge die Zuordnung zum Haushalt nahe (OLG Düsseldorf, Urteil vom 23.10.2006 – 2 UF 97/06 –).

Allein der Umstand, dass ein Ehegatte einen Haushaltsgegenstand gekauft hat, reicht für die Widerlegung der Vermutung nicht aus.
Bei bestehender Lebensgemeinschaft erwirbt er einen Haushaltsgegenstand grundsätzlich mit der stillschweigenden Bestimmung, gemeinschaftliches Eigentum zu begründen. Dementsprechend übereignet ein Verkäufer an den, „den es angeht”, also an beide Eheleute.

 

Elternunterhalt – Wenn Kinder ihren Eltern Unterhalt zahlen sollen

Nach § 1601 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sind Verwandte in gerader Linie verpflichtet einander Unterhalt zu gewähren.
Danach schulden auch Kinder ihren Eltern Unterhalt,

  • wenn diese außerstande sind sich selbst zu unterhalten (§ 1602 Abs. 1 BGB),
  • wobei sich das Maß des einem Elternteil geschuldeten Unterhalts gemäß § 1610 Abs. 1 BGB nach dessen Lebensstellung richtet, die sich in erster Linie von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen ableitet.

 

Ist ein Elternteil in einem Heim untergebracht deckt sich sein Unterhaltsbedarf regelmäßig mit den dort anfallenden Kosten (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 21.11.2012 – XII ZR 150/10 –). Ein an der früheren besseren Lebensstellung des Elternteils orientierter höherer Standard ist dann grundsätzlich nicht mehr angemessen im Sinne von § 1610 Abs. 1 BGB. Denn der angemessene Lebensbedarf der Eltern richtet sich nach deren konkreter (aktueller) Lebenssituation (BGH, Beschluss vom 07.10.2015 – XII ZB 26/12 –).

Unterhaltspflichtig ist ein Kind allerdings gemäß § 1603 Abs. 1 BGB nur insoweit,

  • als es bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen imstande ist,
  • ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren ( vgl. u.a. BGH, Urteil vom 28.07.2010 – XII ZR 140/07 – zur Ermittlung der Leistungsfähigkeit zur Zahlung von Elternunterhalt).

 

Nach § 1605 Abs. 1 BGB sind Kinder auch verpflichtet ihren Eltern auf Verlangen über ihre Einkünfte und ihr Vermögen

  • Auskunft zu erteilen,
  • soweit dies zur Feststellung des Bestehens eines Unterhaltsanspruchs oder einer Unterhaltsverpflichtung erforderlich ist sowie
  • über die Höhe ihrer Einkünfte Belege, insbesondere Bescheinigungen des Arbeitgebers, vorzulegen.

 

Allerdings muss ein leistungsfähiges Kind einem bedürftigen Elternteil nach § 1611 Abs. 1 Satz 1 BGB nur einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten, die der Billigkeit entspricht, wenn

  • der bedürftige Elternteil durch sein sittliches Verschulden bedürftig geworden ist,
  • er seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt oder
  • sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen oder einen nahen Angehörigen des Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht hat

 

und nach § 1611 Abs. 1 Satz 2 BGB gar keinen Unterhalt leisten, wenn

  • die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre.

 

Eine schwere Verfehlung gemäß § 1611 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3 BGB kann regelmäßig nur bei einer tiefgreifenden Beeinträchtigung schutzwürdiger wirtschaftlicher Interessen oder persönlicher Belange des Pflichtigen,

  • begangen durch aktives Tun des Berechtigten oder
  • durch Unterlassen, wenn der Berechtigte dadurch eine Rechtspflicht zum Handeln verletzt hat, wie beispielsweise eine – durch Unterlassen herbeigeführte – Verletzung elterlicher Pflichten, wie etwa der Pflicht zu Beistand und Rücksicht im Sinne von § 1618 a BGB (Bundesgerichtshof (BGH), Urteile vom 15.09.2010 – XII ZR 148/09 – und vom 19.05.2004 – XII ZR 304/02 –),

 

angenommen werden.

Eine „schwere Verfehlung“ im vorgenannten Sinn ist nicht auf einzelne, schwerwiegende Übergriffe gegen den Unterhaltspflichtigen oder dessen nahe Angehörige beschränkt.
Vielmehr kann die Unterhaltspflicht in Fällen, in denen der Bedürftige durch unwürdiges Verhalten das Familienband zerrissen hat, auch ganz wegfallen.

  • Ein solches Verhalten kann sich zum einen in einzelnen besonders schwerwiegenden Verfehlungen zeigen;
  • eine schwere Verfehlung im Sinne des § 1611 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3 BGB kann sich zum anderen aber auch aus einer Gesamtschau des Verhaltens des Unterhaltsberechtigten ergeben.

 

Selbst wenn die einzelnen Verfehlungen dabei nicht besonders schwer wiegen, kommt es maßgeblich darauf an, ob sie zusammengenommen zeigen, dass sich der Unterhaltsberechtigte in besonders vorzuwerfender Weise aus der familiären Solidarität gelöst und damit letztlich bezogen auf seine familiären Verpflichtungen eine schwere Verfehlung begangen hat.

  • Eine vom Unterhaltsberechtigten ausgehende Kontaktverweigerung kann dagegen, wenn nicht weitere Umstände hinzutreten, nur in ganz besonders gelagerten Ausnahmefällen eine Verwirkung des Unterhalts gemäß § 1611 Abs. 1 BGB begründen.

 

Jedoch kann eine Verwirkung des Elternunterhaltsanspruchs dann gerechtfertigt sein,

  • wenn der Elternteil sein Kind, das er später auf Elternunterhalt in Anspruch nimmt, schon im Kleinkindalter bei den Großeltern zurückgelassen und sich in der Folgezeit nicht mehr in nennenswertem Umfang um es gekümmert hat.
    Dann offenbart das Unterlassen des Elternteils einen so groben Mangel an elterlicher Verantwortung und menschlicher Rücksichtnahme, dass nach Abwägung aller Umstände von einer schweren Verfehlung ausgegangen werden kann (BGH, Urteile vom 19.05.2004 – XII ZR 304/02 – und vom 15.09.2010 – XII ZR 148/09 – sowie Beschluss vom 12.02.2014 – XII ZR 607/12 –).

 

Wird ein Elternteil, der einen Unterhaltsanspruch gegen ein Kind hat, sozialhilfebedürftig und erhält er Sozialleistungen,

  • geht sein Unterhaltsanspruch gegen das Kind nach § 94 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuchs XII (SGB XII) bis zur Höhe der geleisteten Sozialleistungen zusammen mit dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch auf den Träger der Sozialhilfe über, außer
    • der Unterhaltsanspruch wird durch laufende Zahlung erfüllt oder
    • der Übergang des Anspruchs würde gemäß § 94 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII eine unbillige Härte bedeuten.

 

Die Frage, ob der Anspruchsübergang nach § 94 SGB XII eine unbillige Härte bedeuten würde, richtet sich nach öffentlichem Recht.
Deshalb genügt eine zivilrechtlich einzuordnende Störung familiärer Beziehungen im Sinne des § 1611 BGB grundsätzlich nicht, um eine unbillige Härte im Sinne des § 94 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII zu begründen und damit einen Anspruchsübergang auf den Träger der Sozialhilfe auszuschließen. Vielmehr umfasst § 1611 BGB für die Prüfung einer etwaigen Verwirkung nur die für das zivilrechtlich zu beurteilende Familienverhältnis in Frage kommenden Tatbestandsmerkmale.
Sind die Voraussetzungen für eine Verwirkung erfüllt, kommt § 94 SGB XII ohnehin nicht zum Tragen, weil es an einem Unterhaltsanspruch fehlt, der auf den Träger der Sozialhilfe übergehen könnte. Aber auch eine an sich unter § 1611 Abs. 1 BGB fallende Sachverhaltskonstellation, die jedoch nicht alle Tatbestandsmerkmale dieser Norm – wie etwa das Verschulden – erfüllt und deshalb nicht zu einer Verwirkung des Unterhaltsanspruchs führt, ist grundsätzlich nicht unter § 94 SGB XII zu subsumieren.
Etwas anderes gilt nur dann, wenn der nach § 1611 BGB zu beurteilende Lebenssachverhalt aus Sicht des Sozialhilferechts auch soziale Belange erfasst, die einen Übergang des Anspruches nach öffentlich-rechtlichen Kriterien ausschließen (BGH, Urteil vom 15.09.2010 – XII ZR 148/09 –).

 

Auskunft über die Entwicklung des Kindes können auch Väter verlangen, die kein Umgangsrecht haben

Auch wenn einem Vater,

  • weder die elterliche Sorge noch ein Umgangsrecht zustehen,
  • kann er von der Kindesmutter dennoch in regelmäßigen Abständen Auskunft über die Entwicklung des Kindes verlangen.

 

Darauf hat der 2. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Beschluss vom 24.11.2015 – 2 WF 191/15 – hingewiesen und in einem Fall,

  • in dem das Sorgerecht eines Kindes von getrennt lebenden Eltern aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung allein der Mutter zustand und der zwischenzeitlich inhaftierten Vater auch kein Umgangsrecht hatte,

 

auf einen entsprechenden Antrag des Vaters entschieden, dass dieser von der Kindsmutter alle 6 Monate einen schriftlichen Bericht und zwei Fotos des Kindes verlangen kann, die er Dritten nicht zugänglich und nicht in sozialen Netzwerken veröffentlichen darf.

Wie der Senat ausgeführt hat, liegen die Voraussetzungen des Auskunftsanspruches gemäß der Vorschrift des § 1686 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB),

  • nach der jeder Elternteil vom anderen Elternteil bei berechtigtem Interesse Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes verlangen kann, soweit dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht,

 

vor,

  • wenn ein Vater keine andere zumutbare Möglichkeit hat, die maßgeblichen Informationen zu erhalten und der andere Elternteil über die begehrten Informationen verfügt, weil dann ein berechtigtes Interesse an der verlangten Auskunft besteht und
  • wenn sich aus objektiven Umständen keine erhebliche Wahrscheinlichkeit dafür ergibt, dass der Vater mit der Auskunft lediglich rechtsmissbräuchliche Ziele verfolgt, weil die Erteilung der verlangten Auskunft dann auch nicht dem Kindeswohl widerspricht.

 

Muss auch der Schwiegersohn einer Hilfeempfängerin gegenüber Sozialamt sein Einkommen und Vermögen offenlegen?

Der Schwiegersohn einer Empfängerin von Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) muss dem Sozialamt auf Anfrage Auskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse erteilen.

Das hat das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz mit Beschluss vom 18.02.2016 – L 5 SO 78/15 – entschieden und in einem Fall, in dem das Sozialamt

  • einer Hilfeempfängerin bis zu ihrem Tod Hilfe zur Pflege gewährt und
  • nach dem Tod der Hilfeempfängerin von deren Tochter sowie auch von deren Ehemann Auskunft über deren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse verlangt hatte,

 

die Klage des Schwiegersohns der Hilfeempfängerin gegen dieses Auskunftsbegehren abgewiesen.

Seine Entscheidung begründet hat das LSG damit, dass das Sozialamt zur Prüfung, ob die Tochter für an die Mutter geleistete Sozialhilfe nach § 94 SGB XII in Anspruch genommen werden kann, feststellen müsse,

  • ob die Tochter gegenüber ihrer Mutter nach §§ 1601, 1603 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) unterhaltpflichtig gewesen sei und
  • diese auch dann, falls sie selbst kein über den eigenen Bedarf hinausgehendes Einkommen gehabt habe, der Mutter Unterhalt hätte zahlen müssen, soweit ihr Einkommen wegen des vom Ehepartner erzielten Einkommens nicht für den gemeinsamen Familienunterhalt benötigt worden sei oder soweit sie von ihrem Ehemann ein Taschengeld erhalten habe.

 

Das hat die Pressestelle des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz am 25.02.2016 – 5/2016 – mitgeteilt.

 

Elterliche Sorge bei Getrenntleben der Eltern

Beantragen nicht verheiratete, nicht nur vorübergehend getrennt lebende Eltern, denen aufgrund einer Sorgeerklärung die Sorge für ihr Kind gemeinsam zusteht,

  • jeweils beim Familiengericht gemäß § 1671 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), ihnen die elterliche Sorge für ihr Kind allein zu übertragen, bzw.
  • stellt ein Elternteil einen solchen Antrag und stimmt der andere Elternteil nicht zu (vgl. § 1671 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB),   

 

ist bei der Prüfung, ob einem der Anträge stattzugeben ist, gemäß § 1671 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB eine doppelte Kindeswohlprüfung durchzuführen,

  • die zunächst dahin geht festzustellen, ob die Aufhebung der gemeinsamen Sorge dem Kindeswohl am besten entspricht und
  • wenn dies zu bejahen ist, ob die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge auf die Mutter oder die Übertragung auf den Vater dem Kindeswohl am besten entspricht bzw. wenn nur ein Elternteil den Antrag gestellt hat, ob die Übertragung gerade auf den den Antrag stellenden Elternteil dem Kindeswohl am besten entspricht.

 

Darauf hat der 2. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (OLG) mit Beschluss vom 15.02.2016 – 10 UF 216/14 – hingewiesen.

 

Ansprüche nach dem Scheitern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft?

Bei Scheitern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft kommen zwischen den Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft in Betracht,

  • ein Bereicherungsanspruch wegen Zweckverfehlung nach § 812 Abs. 1 Satz 2 2. Alternative Bürgerliches Gesetzbuch (BGB),
    • soweit Leistungen in Rede stehen, die über das hinausgehen, was das tägliche Zusammenleben erst ermöglicht und
    • die bei einem oder beiden Partnern zur Bildung von die Beendigung der Lebensgemeinschaft überdauernden Vermögenswerten geführt haben (Bundesgerichtshof (BGH), Urteile vom 06.07.2011 – XII ZR 190/08 –; vom 09.07.2008 – XII ZR 179/05 – und vom 25.11.2009 – XII ZR 92/06 –),

 

  • ein Ausgleichsanspruch nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB),
    • soweit der gemeinschaftsbezogenen Zuwendung die Vorstellung oder Erwartung zugrunde lag,
    • die Lebensgemeinschaft, deren Ausgestaltung sie gedient hat, werde Bestand haben sowie

 

  • ein Anspruch auf Herausgabe von Schenkungen nach § 1301 BGB,
    • wenn die Parteien zum Zeitpunkt der Zuwendungen verlobt waren.

 

Nach § 812 Abs. 1 Satz 2 BGB besteht für den Empfänger einer Leistung

  • die Pflicht zur Herausgabe einer Zuwendung,
  • sofern der mit dieser Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eingetreten ist.

 

Ein Bereicherungsanspruch wegen Fehlschlagens dieser Erwartung setzt allerdings voraus,

  • dass darüber mit dem Empfänger der Leistung eine Willensübereinstimmung erzielt worden ist;
  • einseitige Vorstellungen genügen nicht.
  • Jedoch kann eine stillschweigende Einigung in diesem Sinne angenommen werden, wenn der eine Teil mit seiner Leistung einen bestimmten Erfolg bezweckt und der andere Teil dies erkennt und die Leistung entgegennimmt, ohne zu widersprechen (BGH, Urteil vom 09.07.2008 – XII ZR 179/05 –).

 

Die danach erforderliche finale Ausrichtung der Leistung auf einen nicht erzwingbaren Erfolg wird sich innerhalb einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft allerdings nur bezüglich solcher Zuwendungen oder Arbeitsleistungen feststellen lassen,

  • die deutlich über das hinausgehen, was die Gemeinschaft Tag für Tag benötigt.
    Sie kann auch nicht allgemein in dem gegenwärtigen Zusammenleben mit dem Partner erblickt werden.

 

Zu fordern ist vielmehr eine konkrete Zweckabrede, wie sie etwa dann vorliegen kann, wenn die Partner zwar keine gemeinsamen Vermögenswerte schaffen wollten, der eine aber das Vermögen des anderen in der Erwartung vermehrt hat, an dem erworbenen Gegenstand langfristig partizipieren zu können (BGH, Urteil vom 09.07.2008 – XII ZR 179/05 –).

Dass die Voraussetzungen für einen Bereicherungsanspruch wegen Zweckverfehlung vorliegen hat der, der einen solchen Anspruch geltend macht, darzulegen und zu beweisen.

Die Ausgleichspflicht nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB), die die Fälle erfasst, in denen eine Zweckabrede im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. BGB nicht festzustellen ist oder in denen es nicht zu gesellschaftsrechtlichen Ausgleichsansprüchen kommt,

  • hat nicht zur Folge,
  • dass sämtliche Zuwendungen bei Scheitern der Beziehung auszugleichen wären.

 

Auszuscheiden sind zunächst die im Rahmen des täglichen Zusammenlebens ersatzlos erbrachten Leistungen.

Nicht anders zu beurteilen sind aber auch die Leistungen desjenigen Partners, der nicht zu den laufenden Kosten beiträgt, sondern größere Einmalzahlungen erbringt, da er insofern nicht besser gestellt werden kann als derjenige Partner,

  • dessen Aufwendungen den täglichen Bedarf decken oder
  • der sonst erforderlich werdende Beiträge übernimmt.

 

Bei der Abwägung, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang Zuwendungen zurückerstattet oder Arbeitsleistungen ausgeglichen werden müssen, ist zudem zu berücksichtigen, dass der Partner es einmal für richtig erachtet hat, dem anderen diese Leistungen zu gewähren.
Ein korrigierender Eingriff ist grundsätzlich nur gerechtfertigt, wenn dem Leistenden die Beibehaltung der durch die Leistungen geschaffenen Vermögensverhältnisse nach Treu und Glauben nicht zuzumuten ist.
Das Merkmal der Unbilligkeit impliziert zugleich, dass ein Ausgleich nur wegen solcher Leistungen in Betracht kommt, denen nach den jeweiligen Verhältnissen erhebliche Bedeutung zukommt.
Maßgebend ist eine Gesamtabwägung der Umstände des Einzelfalls, in die auch der Zweck der Zuwendung einzubeziehen sowie zu berücksichtigen ist, inwieweit dieser Zweck erreicht worden ist (BGH, Urteil vom 09.07.2008, XII ZR 179/05).

Unter Geschenke im Sinne des § 1301 BGB fallen grundsätzlich alle Zuwendungen,

  • die mit der Auflösung der Verlobung ihre Grundlage verlieren,
  • nicht dagegen Unterhaltsbeiträge von Verlobten, die vor der Heirat einen gemeinsamen Hausstand führen (BGH, Urteil vom 13.04.2005 – XII ZR 296/00 – h  FamRZ 2005, 1151), weil diese nicht in Erwartung der Ehe, sondern im Hinblick auf das gegenwärtige Zusammenleben der Parteien erfolgen.

 

Darauf hat der 3. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (OLG) mit Urteil vom 09.02.2016 – 3 U 8712 – hingewiesen.

 

Anwaltsbeiordnung in Abstammungsverfahren

Wegen der besonderen Schwierigkeit des Abstammungsverfahrens ist im Rahmen der bewilligten Verfahrenskostenhilfe nicht nur hinsichtlich des Antragstellers, sondern auch für die weiteren Beteiligten (§ 172 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG)) regelmäßig eine Anwaltsbeiordnung nach § 78 Abs. 2 FamFG geboten.

Darauf hat der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 27.01.2016 – XII ZB 639/14 – hingewiesen und in einem Fall,

  • in dem von einem Ehemann die Vaterschaft zu dem während der Ehe geborenen minderjährigen Kind angefochten und
  • der nach § 172 FamFG am Verfahren auf Anfechtung der Vaterschaft beteiligten Ehefrau und Kindsmutter Verfahrenskostenhilfe bewilligt, aber ihr Antrag auf Beiordnung einer Rechtsanwältin von Amtsgericht (AG) und Oberlandesgericht (OLG) abgelehnt worden war,

 

der Kindsmutter, unter Aufhebung der ablehnenden Entscheidung, mit Wirkung ab Antragstellung, eine Rechtsanwältin beigeordnet.