Tag mangelhaft

Dieselgate: Wichtig zu wissen für alle, die ein Dieselfahrzeug mit einem sog. Thermofenster verkaufen möchten oder

…. gekauft haben.  

In seinen Schlussanträgen vom 23.09.2021 

  • in den dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen betreffend die Rechtssachen C-128/20, C-134/20 und C-145/20

hat Generalanwalt Rantos die Auffassung vertreten, dass 

  • Dieselfahrzeuge mit einem sog. Thermofenster 

nicht (kauf)vertragsgemäß

sind.

Er hat dazu ausgeführt, dass, wenn Automobile mit einer Software ausgestattet sind, welche 

  • unter bestimmten Außentemperaturbedingungen und 
  • ab einer bestimmten Höhenlage 

die Reduzierung der Emissionen von Stickoxid (NOx) begrenzt, also wenn beispielsweise bei einem Fahrzeug die Abgasreinigung von einer in den Rechner zur Motorsteuerung integrierten Software 

  • bei einer Außentemperatur von unter 15 Grad Celsius und 
  • bei einer Außentemperatur von über 33 Grad Celsius sowie 
  • bei einer Höhe des Fahrbetriebs von mehr als 1000 Metern 

ausgeschaltet wird (im Folgenden: Thermofenster), so dass 

  • außerhalb dieses Thermofensters im Verlauf von 10 Grad Celsius und oberhalb von 1000 Höhenmetern im Verlauf von 250 Höhenmetern die Abgasrückführrate linear auf 0 verringert wird und 
  • es dadurch zu einer Erhöhung der NOx-Emissionen über die Grenzwerte der Verordnung Nr. 715/2007 kommt,

eine solche Software, wenn

  • sie vornehmlich der Schonung von Anbauteilen wie AGR-Ventil, AGR-Kühler und Dieselpartikelfilter dient und 
  • das Funktionieren dieser Teile nicht den Schutz des Motors berührt, 

eine verbotene „Abschalteinrichtung“ im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 715/2007 darstellt,

  • unabhängig davon, ob sie bereits bei Herstellung des Fahrzeugs in diesem verbaut oder nachträglich installiert wurde,

dass ein mit einer solchen unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattetes Fahrzeug nicht die Qualität im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie 1999/44 aufweist, 

  • die bei Gütern der gleichen Art üblich ist und 
  • die der Verbraucher vernünftigerweise erwarten kann, selbst wenn es über eine gültige EG-Typgenehmigung verfügt

und dass eine Vertragswidrigkeit, die in der Ausstattung des Fahrzeugs mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung besteht, auch dann 

  • nicht als geringfügig 

im Sinne von Art. 3 Abs. 6 der Richtlinie 1999/44 qualifiziert werden kann, wenn der Übernehmer das Fahrzeug 

Hinweis:
Das bedeutet, dass Fahrzeuge mit einer Abschalteinrichtung in Form eines Thermofensters 

  • mangelhaft im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB 

sind (vgl. auch Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 08.01.2019 – VIII ZR 225/17 –) und dass beim Verkauf eines solchen sachmangelbehafteten Fahrzeugs 

  • Gewährleistungsansprüche

gegen den Fahrzeugverkäufer bestehen können, sofern

  • die Gewährleistung im Kaufvertrag nicht wirksam ausgeschlossen wurde und 
  • die Gewährleistungsansprüche noch nicht verjährt sind.

Wenn das Auto auf einem angemieteten, unter einem Baum gelegenen, Pkw-Stellplatz durch von dem Baum herabtropfendes Harz

…. beschädigt wird, kann der Stellplatzmieter von dem Vermieter

  • weder Ersatz der an seinem Fahrzeug entstandenen Schäden verlangen,
  • noch die Beseitigung des Baumes. 

Das hat das Landgericht (LG) Coburg mit Urteil vom 07.04.2020 – 33 S 1/20 – entschieden.

Begründet hat das LG dies damit, dass, nachdem

  • der Baum bei Abschluss des Mietvertrages schon vorhanden war, 
  • es allgemein bekannt ist, dass bei Bäumen mit dem Absondern von Harz gerechnet werden muss und 
  • eine bestimmte Beschaffenheit des Stellplatzes insoweit von den Mietvertragsparteien vorliegend nicht getroffen worden war,

der Stellplatz nicht mangelhaft gewesen ist sowie auch keine Verkehrssicherungspflicht für Vermieter besteht, den Mieter vor drohenden Gefahren zu schützen, die, wie hier, 

  • nicht auf einem menschlichen Handeln oder Unterlassen, sondern 

auf Gegebenheiten der Natur, 

  • wie dem Herabfallen von Früchten oder 
  • dem eine natürliche Reaktion eines Baumes darstellenden Absondern von Harz, 

beruhen, 

  • da solche Gefahren als unvermeidbar auf eigenes Risiko hingenommen werden müssen (Quelle: juris Das Rechtsportal). 

OLG Koblenz entscheidet, dass, wenn ein als Mietwagen genutzter Pkw beim Verkauf als Werkswagen bezeichnet wird

…. der Käufer zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt ist.

Mit Urteil vom 25.07.2019 – 6 U 80/19 – hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz in einem Fall, in dem ein Kraftfahrzeughändler einen Gebrauchtwagen,

  • der vom Vorbesitzer, einer internationalen Autovermietung als Mietwagen genutzt worden war,

beim Verkauf

  • ausdrücklich als Werkswagen der betreffenden Fahrzeugherstellerin

bezeichnet hatte, entschieden, dass

  • das verkaufte Fahrzeug mangelhaft ist (§ 434 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)),
    • weil es nicht die vereinbarte Beschaffenheit eines Werkwagens aufweist und deswegen

der Fahrzeugkäufer vom Kaufvertrag zurücktreten kann.

Begründet hat das OLG dies damit, dass beim Autokauf der Begriff Werkswagen allgemein so verstanden wird, dass das Fahrzeug

  • entweder im Werk zu betrieblichen Zwecken genutzt wurde
  • oder von einem Mitarbeiter vergünstigt gekauft, eine gewisse Zeit genutzt und dann auf dem freien Markt wiederverkauft wird,

eine Nutzung als Mietwagen

  • hingegen üblicherweise mit dem Begriff Werkswagen nicht verbunden werde

und es für die Auslegung des Vertragsinhaltes grundsätzlich darauf ankomme,

Verbraucher, die von einem Unternehmer im Versandhandel eine Sache erworben haben, die mangelhaft ist, sollten wissen, dass

…. sie die Sache zur Herstellung des vertragsgemäßen Zustands oder zur Rückgabe

  • nicht immer

an den Geschäftssitz des Unternehmers (zurück)senden bzw. dort bereitstellen müssen.

Darauf hat die Erste Kammer des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) mit Urteil vom 23.05.2019 in der Rechtssache C-52/18 hingewiesen.

Danach ist Art. 3 der Richtlinie 1999/44 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter so auszulegen, dass es,

  • sofern dazu keine vertragliche Abrede getroffen worden ist,

von den Umständen des Einzelfalls abhängt, an welchem Ort ein Verbraucher,

  • der von einem Unternehmer ein Verbrauchsgut i.S.v. Art. 1 Abs. 2b der Richtlinie (im Folgenden: Kaufgegenstand) erworben hat und
  • wegen Mangelhaftigkeit des gelieferten Kaufgegenstandes von dem Unternehmer nach §§ 437 Nr. 1, 439 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) Nacherfüllung durch Beseitigung des Mangels oder durch Lieferung eines mangelfreien Kaufgegenstandes verlangt,

den Kaufgegenstand für die Untersuchung sowie

  • die Herstellung des vertragsgemäßen Zustands durch den Unternehmer oder
  • die Rückgabe an den Unternehmer

bereitzustellen hat.

Sind mit der Beförderung bzw. den (Rück)Transport des mangelhaften Kaufgegenstandes an den Geschäftssitz des Verkäufers

  • für den Verbraucher erhebliche Unannehmlichkeiten verbunden,

beispielsweise weil

  • der Kaufgegenstand etwa besonders schwer, sperrig oder zerbrechlich ist,
  • im Zusammenhang mit dem Versand besonders komplexe Anforderungen zu beachten sind oder
  • der Kaufgegenstand, wegen des Zwecks, für den ein Durchschnittsverbraucher ihn benötigt, möglicherweise vorab aufgebaut werden musste,

wird es nach der Information über den Mangel durch den Verbraucher

  • Aufgabe des Verkäufers sein, sich darum zu kümmern und
  • nicht Aufgabe des Verbrauchers,

mit der Folge, dass, wenn der über den Mangel informierte Verkäufer

  • dazu nicht bereit ist bzw.
  • den Kaufgegenstand (innerhalb der ihm zur Nachbesserung oder Ersatzlieferung gesetzten angemessenen Frist) nicht abgeholt hat oder nicht aktiv geworden ist,

der Verbraucher sofort seine Rechte nach § 437 Nr. 2 und Nr. 3 BGB geltend machen kann.

Dagegen ist bei kompakten Kaufgegenständen,

  • die weder einer speziellen Handhabung
  • noch einer besonderen Transportweise bedürfen,

es Sache des Verbrauchers dafür zu sorgen, dass

  • der Verkäufer den Kaufgegenstand für den Nachbesserungsversuch erhält bzw.
  • dieser an den Geschäftssitz des Verkäufers befördert wird.

Übrigens:
Ist ein Nachbesserungsverlangen berechtigt dürfen dem Verbraucher zusätzliche Kosten für den Transport zur Nachbesserung auch dann nicht entstehen, wenn er für die Beförderung an den Geschäftssitz des Verkäufers sorgen muss. Die Transportkosten hat bei einem berechtigten Nachbesserungsverlangen nämlich immer der Verkäufer zu tragen. Einen abrechenbaren Vorschuss auf solche Transportkosten können Verbraucher vom Verkäufer,

  • zwar nicht nach der Richtlinie, aber wohl

nach § 475 Abs. 6 BGB verlangen.

Was, wer eine Werkleistung in Auftrag gegeben und wegen auf einer mangelhaften Werkleistung

…. beruhender Schäden Ersatz verlangen möchte, wissen und beachten sollte.

Mit Urteil vom 07.02.2019 – VII ZR 63/18 – hat der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) darauf hingewiesen, dass,

  • wenn eine Pflichtverletzung des Auftragnehmers in Form einer mangelhaften Werkleistung vorliegt,

mit dem Schadensersatzanspruch statt der Leistung gemäß § 634 Nr. 4, §§ 280, 281 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB),

  • der an die Stelle der geschuldeten Werkleistung tritt, damit das Leistungsinteresse des Bestellers erfasst und
  • der eine vorherige Fristsetzung zur Nacherfüllung voraussetzt, um dem Unternehmer eine letzte Gelegenheit einzuräumen, ein mangelfreies Werk herzustellen, sofern dies nicht ausnahmsweise entbehrlich ist,

Ersatz für Schäden verlangt werden kann,

  • die auf einer im Zeitpunkt der Abnahme vorhandenen vertragswidrigen Beschaffenheit des geschuldeten Werks beruhen,

während mit dem Schadensersatzanspruch neben der Leistung gemäß § 634 Nr. 4, § 280 Abs.1 BGB,

  • ohne vorherige Fristsetzung zur Nacherfüllung,

Ersatzansprüche für über das Leistungsinteresse hinausgehende mangelbedingte Folgeschäden geltend gemacht werden können, die

  • aufgrund eines Werkmangels an anderen Rechtsgütern des Bestellers oder an dessen Vermögen entstanden sind und
  • durch eine Nacherfüllung der Werkleistung – weil nach dem Inhalt des Werkvertrages nicht Bestandteil der geschuldeten Werkleistung – nicht beseitigt werden können.

Wird beispielsweise eine Autowerkstatt

  • beauftragt bei einem PKW den Keilrippenriemen auszutauschen,
  • reißt der ausgetauschte Keilrippenriemen, weil er nicht richtig gespannt worden ist und
  • führt das Reißen des Keilriemens zu Schäden an anderen Teilen des Fahrzeugs,

handelt es sich somit bei dem Schadensersatzanspruch gegen den Werkstattbetreiber wegen der Schäden an den anderen Fahrzeugteilen

  • um einen Schadensersatzanspruch neben der Leistung aus § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB,
  • der eine Fristsetzung zur Nacherfüllung nicht erfordert,

weil es hinsichtlich der anderen Fahrzeugteile

  • nicht um die Nacherfüllung des geschuldeten Keilriemenaustausches oder der vereinbarten Austauscharbeiten und hierdurch erforderlich werdende Maßnahmen geht,
  • sondern um die Beseitigung weiterer, aufgrund der mangelhaften Werkleistung eingetretener Schäden am Kraftfahrzeug.

Dieselgate: Nach Ansicht des OLG Karlsruhe können Käufer vom Kaufvertrag zurücktreten, wenn in ihrem

…. erworbenen Dieselfahrzeug eine unzulässigen Abschalteinrichtung eingebaut ist.

Der 17. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe hat in seiner Terminsverfügung, mit der er sechs bei ihm anhängige Berufungsverfahren auf den 26.06.2018 anberaumt hat,

  • in denen jeweils Käufer von Dieselfahrzeugen, in deren Fahrzeuge eine unzulässige Abschalteinrichtung eingebaut war,
  • von den Fahrzeugverkäufern unter anderem die Rückzahlung des Kaufpreises (unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung) Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs verlangen,

die Parteien auf seine vorläufige Rechtsansicht hingewiesen, nach der die Klagen der Autokäufer erfolgreich sein dürften.

Denn, wie der Senat ausgeführt hat, seiner vorläufigen Rechtsansicht nach,

  • stelle die Lieferung eines Kraftfahrzeugs, dessen Motor mit einer Software ausgerüstet ist, die zwei unterschiedliche Betriebsmodi für den Prüfstand und die Straße aufweist, wobei nur ersterer die Abgasrückführung dergestalt optimiert, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte eingehalten werden, eine Pflichtverletzung des Kaufvertrags in Form der Lieferung einer mangelhaften Kaufsache (jedenfalls nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) dar,
  • dürfte diese Pflichtverletzung auch erheblich sein (§ 323 Abs. 5 Satz 2 BGB)

und spreche,

  • abgesehen davon. dass eine von dem Käufer dem Verkäufer gesetzte, aber unangemessen kurze Nachbesserungsfrist den Lauf einer angemessenen, mit maximal zwei Monaten zu bemessenden Frist in Gang setzen würde,

ferner vieles dafür, dass Käufer in solchen Fällen ausnahmsweise, wegen Unzumutbarkeit, ohne Setzung einer angemessenen Nachfrist zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt seien (Quelle: Pressemitteilung des OLG Karlsruhe vom 30.05.2018).

Wichtig für Kunstsammler zu wissen, wenn sich nach dem Erwerb eines Kunstwerks herausstellt, dass

…. die angegebene Urheberschaft nicht zutrifft.

Mit Urteil vom 03.05.2018 – 19 U 188/15 – hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt entschieden, dass ein Kunstsammler, der von einem Kunsthändler eine Federzeichnung erworben hat, vom Kaufvertrag zurücktreten

  • und die Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückgewähr der Zeichnung verlangen

kann, wenn die Zeichnung,

  • entgegen der Katalogbeschreibung,

nicht der Hand des dort angegebenen Künstlers zuzuschreiben ist.

Begründet hat das OLG dies damit, dass in einem solchen Fall die Zeichnung mangelhaft ist, da die Echtheit eines Kunstwerks im Sinne seiner Herkunft aus der Hand eines konkreten Künstlers maßgeblich die Eignung eines Kunstwerks als Sammlerstück und Wertanlage bestimme.

Abgesehen davon, könnte, so das OLG weiter, bei einer unrichtigen Zuordnung der Zeichnung dem Kunsthändler auch ein arglistiges Handeln vorzuwerfen sein, weil Arglist bereits dann anzunehmen sei, wenn

  • ein Verkäufer ohne tatsächliche Grundlage unrichtige Angaben über die Mängelfreiheit oder über wesentliche Eigenschaften der Kaufsache mache,
  • die geeignet seien, den Kaufentschluss des Käufers mit zu beeinflussen,

Wenn der Friseurbesuch nicht zur Zufriedenheit des Kunden verläuft und die gewünschte Haarfärbung endgültig misslingt

…. muss der Friseur dem Kunden den dadurch entstandenen Schaden ersetzen.

Das hat das Landgericht (LG) Köln mit Urteil vom 14.07.2017 – 4 O 381/16 – entschieden und in einem Fall,

  • in dem ein international tätiges Model sich in einem Friseursalon nach zwei Beratungsterminen die Haare „braun-gold“ färben lassen wollte,
  • die Haare aber stattdessen danach einen deutlichen Rotstich aufwiesen und auch zwei Nachbesserungsversuche des Friseurs fehlgeschlagen waren,

festgestellt, dass der Friseur verpflichtet ist, dem Model,

  • dem wegen der mangelhaften Haarfärbung und der durch die gesamte Prozedur dauerhaft geschädigten Haare diverse Aufträge entgangen waren,

den dadurch entstanden Schaden zu ersetzen.

Wie hoch der tatsächliche Schaden des Models, einschließlich des Verdienstausfalls, ist muss in einem Folgeprozess geklärt werden (Quelle: Pressemitteilung des LG Köln vom 31.07.2017).

Übrigens:
Das Amtsgericht (AG) Coburg hat mit Urteil vom 19.03.2014 – 12 C 1023/13 –,

  • nachdem es einem Friseur trotz mehrerer Versuche nicht gelungen war,
  • einer Kunden, so wie von ihr gewünscht, die Haarspitzen im sogenannten „Ombré Style“ lila zu färben,

der Kundin gegen den Friseur

  • nicht nur einen Anspruch auf Schadensersatz zuerkannt,
  • sondern auch einen Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes.

Wichtig für Käufer und Verkäufer zu wissen: Welche Nacherfüllungsrechte hat der Käufer wenn die Kaufsache mangelhaft ist?

Der Käufer einer Sache kann nach § 433 Abs. 1 Satz 2, § 434 Abs. 1, § 437 Nr. 1, § 439 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen.

Ist die in Vollziehung des Kaufvertrags überlassene Sache

  • zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs (bei der Übergabe) nicht frei von Sachmängeln gemäß § 434 Abs. 1 BGB

kann der Käufer, sofern

  • dieses Recht nicht nach § 442 Abs. 1 BGB ausgeschlossen ist,
  • kein wirksamer Haftungsausschluss nach § 444 BGB vereinbart wurde und
  • die Gewährleistungsansprüche noch nicht verjährt sind (vgl. § 438 BGB),

nach § 439 Abs. 1 BGB als Nacherfüllung

  • entweder die Beseitigung des Mangels oder
  • die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen,
    • also beispielsweise, wenn es sich bei der Kaufsache um einen neuen Pkw gehandelt hat,
    • grundsätzlich auch die Lieferung eines identischen Fahrzeugs Zug um Zug gegen Rückgabe des gelieferten Fahrzeugs.

Zwischen den beiden Arten der Nacherfüllung ist der Käufer nämlich frei in seiner Wahl und kann beliebig nach seinem Interesse entscheiden, ohne auf das des Verkäufers,

  • der auf seine Rechte aus § 439 Abs. 3 BGB verwiesen ist,

Rücksicht nehmen zu müssen.

  • Dem Verkäufer steht es daher nicht frei, die vom Käufer getroffene Wahl dadurch zu unterlaufen, dass er die Nacherfüllung auf die vom Käufer nicht gewählte Art und Weise (hier: Beseitigung des Mangels anstelle der Lieferung einer mangelfreien Sache) erbringt.
  • Nur durch Vornahme der verlangten Art der Nacherfüllung kann der Verkäufer das vom Käufer wirksam ausgeübte Wahlrecht zum Erlöschen bringen.

Demzufolge entfällt,

  • wenn ein Käufer gemäß § 439 Abs. 1 BGB die Ersatzlieferung einer mangelfreien Sache gewählt hat,

sein Anspruch auf Ersatzlieferung auch nicht aufgrund einer vom Verkäufer anschließend bewirkten Beseitigung des Mangels.

  • Ein Festhalten am gewählten Anspruch auf Lieferung einer mangelfreien Ersatzsache ist dem Käufer nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nur dann verwehrt, wenn mit seiner Zustimmung eine vom Verkäufer durchgeführte Mängelbeseitigung erfolgt ist.

Verweigern kann der Verkäufer – auch erstmals während des Rechtsstreits (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 16.10.2013 – VIII ZR 273/12 –) – die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist (§ 439 Abs. 3 BGB).

Dabei sind insbesondere

  • der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand,
  • die Bedeutung des Mangels – die sich, wenn der Verkäufer erstmals im Prozess den Ausschluss der verlangten Nacherfüllung nach § 439 Abs. 3 BGB geltend macht, nach den zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorliegenden Umständen bestimmt – und
  • die Frage zu berücksichtigen, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden könnte (§ 439 Abs. 3 Satz 2 BGB).

Maßgeblich kommt es dabei darauf an,

  • ob die Kosten der Nachlieferung
  • im Verhältnis zu den Kosten der Nachbesserung unverhältnismäßig sind (sogenannte „relative Unverhältnismäßigkeit“).

Ein Recht des Verkäufers, die einzig mögliche Form der Abhilfe wegen (absolut) unverhältnismäßiger Kosten zu verweigern, besteht dagegen im Rahmen eines Verbrauchsgüterkaufs im Sinne der §§ 474 ff. BGB nicht (BGH, Urteil vom 21.12.2011 – VIII ZR 70/08 –).

Darauf hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Nürnberg mit Urteil vom 20.02.2017 – 14 U 199/16 – hingewiesen.