Tag Persönlichkeitsrecht

Nach Beendigung einer Liebesbeziehung – Vom früheren Partner kann verlangt werden, dass er intime Aufnahmen löscht, die ihm während der Beziehung überlassen worden sind.

Die während einer Beziehung im Einvernehmen erfolgte Fertigung von Lichtbildern und Filmaufnahmen stellt keinen rechtswidrigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der abgebildeten Person dar. Die Einwilligung hat auch zum Inhalt, dass der Andere die Aufnahmen im Besitz hat und über sie verfügt.
Der Widerruf des Einverständnisses ist aber nicht ausgeschlossen, wenn aufgrund veränderter Umstände dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Betroffenen Vorrang vor dem Umstand zu gewähren ist, dass sie der Anfertigung der Aufnahmen zu irgend einem Zeitpunkt zugestimmt hat. Das ist nach Beendigung der Beziehung der Fall, wenn es sich um intime und damit den Kernbereich des Persönlichkeitsrechts betreffende Aufnahmen handelt.
Der Anspruch auf Löschung digitaler Fotografien und Videoaufnahmen ist auf diesen Bereich beschränkt.

Das hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz mit Urteil vom 20.05.2014 – 3 U 1288/13 – im Rahmen eines Berufungsverfahrens entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatten die Parteien in der Vergangenheit eine Beziehung. Der Beklagte, der von Beruf Fotograf ist, erstellte während dieser Zeit zahlreiche Bildaufnahmen von der Klägerin, auf denen diese unbekleidet und teilweise bekleidet sowie vor, während und nach dem Geschlechtsverkehr mit dem Beklagten zu sehen ist. Teilweise hat die Klägerin intime Fotos selbst erstellt und dem Beklagten in digitalisierter Form überlassen. Zudem besitzt der Beklagte Lichtbilder von der Klägerin, die sie bei alltäglichen Handlungen ohne intimen Bezug zeigen.

Den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch, es zu unterlassen, die Aufnahmen Dritten oder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, hat der Beklagte anerkannt.

Darüber hinaus ist von der Klägerin beantragt worden, den Beklagten zu verurteilen, die in seinem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz befindlichen elektronischen Vervielfältigungsstücke von die Klägerin zeigenden Lichtbildern und/oder Filmaufnahmen vollständig zu löschen.

Das Landgericht (LG) hat den Beklagten in erster Instanz unter Abweisung des weitergehenden Löschungsantrages verurteilt, die in seinem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz befindlichen elektronischen Vervielfältigungsstücke von die die Klägerin zeigenden Lichtbildern und/oder Filmaufnahmen, auf denen die Klägerin in unbekleidetem Zustand, in teilweise unbekleidetem Zustand, soweit der Intimbereich der Klägerin (Brust und/oder Geschlechtsteil) zu sehen sei, lediglich ganz oder teilweise nur mit Unterwäsche bekleidet vor / während oder im Anschluss an den Geschlechtsverkehr, abgebildet ist, vollständig zu löschen.

Der Beklagte hat gegen die teilweise Verurteilung zur Löschung Berufung eingelegt, die Klägerin ihrerseits gegen die Ablehnung einer vollständigen Löschung.

Der zuständige 3. Zivilsenat des OLG Koblenz hat die Entscheidung des LG im vollen Umfang bestätigt.

Ein  Anspruch der Klägerin auf Löschung dieser Aufnahmen ergebe sich zwar nicht aus § 6 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Denn das BDSG sei auf einen Streitfall, der einen rein privaten Sachverhalt betreffe, nicht anwendbar. Dies folge aus § 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG und § 27 BDSG, wonach das BDSG nicht einschlägig ist bei Daten „ausschließlich für persönliche oder familiäre Tätigkeiten“. Dies sei vorliegend der Fall, da die Aufnahmen unstreitig nicht zur Veröffentlichung und Verbreitung bestimmt seien.

Ein Anspruch der Klägerin auf Löschung folge auch nicht aus § 37 des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie (KunstUrhG). Danach unterliegen die widerrechtlich hergestellten, verbreiteten oder vorgeführten Exemplare und die zur widerrechtlichen Vervielfältigung oder Vorführung ausschließlich bestimmten Vorrichtungen der Vernichtung.
Die hier in Rede stehenden Lichtbilder und Vervielfältigungsstücke seien nicht widerrechtlich hergestellt worden, da die Klägerin mit der Erstellung der Lichtbilder durch den Beklagten einverstanden gewesen sei und darüber hinaus diesem von ihr selbst gefertigte Aufnahmen mit intimen Charakter zur Verfügung gestellt habe.

In dem vom LG bezeichneten Umfang bestehe aber ein Anspruch auf Löschung nach §§ 823 Abs. 1, 1004 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) analog.

Die im Streit stehenden Aufnahmen seinen mit Einverständnis der Klägerin erstellt worden. Die Erstellung der Lichtbilder und Filmaufnahmen sowie der damit einhergehende Besitz des Beklagten stellten damit zunächst keinen rechtswidrigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin, das auch das Recht am eigenen Bild umfasse, dar. Die Einwilligung zur Herstellung von Bildnissen habe zugleich die Einwilligung zum Inhalt, dass ein anderer die Bildnisse des Betroffenen in Besitz habe und über sie verfüge (Landgericht (LG) Oldenburg, Beschluss vom 24.04.1988 – 5 S 1656/87 –).

Soweit es sich um intime Aufnahmen handele, sei die Einwilligung jedoch zeitlich auf die Dauer der zwischen den Parteien bestehenden Beziehung beschränkt worden.

Abgesehen davon könne die Einwilligung aber auch widerrufen werden, wenn die Bedeutung des Persönlichkeitsrechts dies gebiete, wie z. B. bei Vorliegen veränderter Umstände, die auf einer gewandelten inneren Einstellung beruhen, so dass dem Betroffenen nicht mehr zumutbar sei, an der einmal abgegebenen Einwilligung festgehalten zu werden (LG Düsseldorf, Urteil vom 27.10.2010 – 12 O 309/10 –).

Sei eine Beziehung beendet, sei das aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht abzuleitende Interesse an der Löschung intimer Aufnahmen höher zu bewerten als das auf seinem Eigentumsrecht begründete Recht des früheren Partners an der Existenz der Aufnahmen.

Da es sich um Bild- und Filmaufnahmen für den privaten Bereich gehandelt habe, werde auch das berufliche Tätigkeitsfeld des Beklagten nicht beeinträchtigt.

Die vollständige Löschung könne hingegen bei einer Abwägung der Persönlichkeitsrechte der Klägerin mit den Eigentumsrechten auf Seiten des Beklagten nicht beansprucht werden.

Anders als intime Aufnahmen tangierten Lichtbilder, die die Klägerin in bekleidetem Zustand in Alltags- oder Urlaubssituationen zeigen, das allgemeine Persönlichkeitsrecht in einem geringeren Maße und seien weniger geeignet, das Ansehen der Klägerin gegenüber Dritten zu beeinträchtigen. Es sei allgemein üblich, dass etwa bei Feiern, Festen und in Urlauben Fotos von Personen in deren Einverständnis gemacht werden und mit diesem Einverständnis zugleich das Recht eingeräumt wird, diese Fotos auf Dauer besitzen und nutzen zu dürfen.

Auch müsse in Bezug auf Aufnahmen, die sie in Alltagssituationen zeigen, die Klägerin sich insoweit auch an der einmal erteilten Einwilligung zur Erstellung der Fotos und der  Nutzung durch den Beklagten festhalten lassen.

Der Senat hat die Revision zur Fortbildung des Rechts zugelassen.

 

OLG Karlsruhe untersagt (weitere) Presseveröffentlichung eines Lichtbildes, welches eine mit Bikini bekleidete Frau zufällig neben einem Prominenten zeigt.

In dem dem Urteil des Oberlandegerichts (OLG) Karlsruhe vom 14.05.2014 – 6 U 55/13 – zugrunde liegenden Fall war in einer Zeitung in der Rubrik „Sport“ von einem Raubüberfall auf einen bekannten Profifußballer berichtet worden.
Unter der Überschrift „A. am Ballermann ausgeraubt“ fand sich dabei der Text:
„Sonne, Strand, Strauchdiebe. Gestern sahen wir … Star A. in pikanter Frauen-Begleitung am Ballermann… Jetzt wurde er Opfer einer Straftat…“
Bebildert war der Bericht u. a. mit einer im Ausschnitt wiedergegebenen Fotografie, die den Fußballstar an einem öffentlichen Strand vor einer Abfalltonne zeigt.
Im Hintergrund ist im rechten Bildrand eine Frau zu sehen, die auf einer Strandliege liegt und mit einem lilafarbenen Bikini bekleidet ist.
Diese – die Klägerin – beantragte, die Verleger der Zeitung zu verurteilen, eine erneute Veröffentlichung des Bildes zu unterlassen und ihr eine angemessene Entschädigung zu bezahlen.

Das Landgericht (LG) wies die Klage ab.

Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin zu dem unter anderem für das Presserecht zuständigen 6. Zivilsenat des OLG Karlsruhe hatte teilweise Erfolg.
Die beklagte Verlegerin ist verurteilt worden, die Veröffentlichung des Bildes zu unterlassen. Einen Anspruch auf Entschädigung hat der Senat verneint und die Klage insoweit abgewiesen.

Durch die Veröffentlichung des Fotos habe die Beklagte das Recht der Klägerin am eigenen Bild (§ 22 des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie – KUG) verletzt und zugleich in das nach § 823 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin eingegriffen.
Die Klägerin sei auf dem Foto identifizierbar abgebildet. Ohne ihre Einwilligung habe sie nicht zur Schau gestellt werden dürfen.
Eine Ausnahme von dem Einwilligungserfordernis bestehe bei Bildnissen aus dem Bereich der Zeitgeschichte (§ 23 Nr. 1 KUG), wobei die Verbreitung des Bildnisses allerdings unzulässig sei, wenn berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt würden.
Ein Ereignis von zeitgeschichtlicher Bedeutung betreffe die Berichterstattung hier nicht.
Maßgeblich sei, ob ein durch ein echtes Informationsbedürfnis gerechtfertigtes Interesse der Allgemeinheit an der bildlichen Darstellung gerade des Betroffenen bestehe.
Auch wenn man annehme, dass die Veröffentlichung einer Abbildung des Fußballprofis im Kontext des Berichts zulässig sei, sei damit noch nichts darüber gesagt, ob auch die Abbildung der Klägerin rechtmäßig sei.
Da sie in keinerlei Beziehung zu dem Fußballspieler gestanden habe, lasse sich das öffentliche Interesse hiermit nicht begründen. Die Aufnahme zeige die Abgebildeten am Strand, mithin in ihrem Alltagsleben bei Tätigkeiten, die grundsätzlich dem privaten Bereich zuzurechnen seien.
Ein allgemeines Interesse oder zeitgeschichtliches Ereignis ergebe sich auch nicht aus der dem Bild beigefügten Wortberichterstattung. Die Bildinschrift habe keinen Bezug zu der Klägerin.
Selbst wenn man davon ausginge, dass sich der Ausnahmetatbestand auch auf unbekannte Personen beziehe, die zufällig mit relativen und absoluten Personen der Zeitgeschichte abgebildet würden, wäre bei der erforderlichen Interessenabwägung dem Interesse der Klägerin am Recht am eigenen Bild gegenüber dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit der Vorrang einzuräumen.
Das Interesse der Leser an bloßer Unterhaltung habe gegenüber dem Schutz der Privatsphäre regelmäßig ein geringeres Gewicht. Das unterstellte Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der Nachricht, dass der im Vordergrund abgebildete Fußballprofi gestern noch am Strand gewesen sei, dort vorbildlich seinen Abfall entsorgt habe und jetzt Opfer einer Straftat geworden sei, sei nicht von einem solchen Gewicht, dass dahinter der Schutz der Persönlichkeit der Klägerin zurücktreten müsse.
Die Aufnahme zeige die Klägerin im Urlaub, der selbst bei Prominenten zum regelmäßig geschützten Kernbereich der Privatsphäre gehöre.
Es sei der Beklagten als Presseunternehmen ohne weiteres möglich gewesen, die Klägerin durch Verpixelung oder Augenbalken unkenntlich zu machen. Dabei falle auch ins Gewicht, dass die Klägerin durch die Abbildung in Badebekleidung den Blicken des Publikums – hier eines Millionenpublikums – in einer deutlich intensiveren Weise preisgegeben werde als in anderen Situationen. Darüber hinaus könnten Teile der Leserschaft die Veröffentlichung auch zum Anlass für Spekulationen darüber nehmen, ob es sich bei der Klägerin um die in dem Artikel genannte „pikante Frauenbegleitung“ handele.

Die Veröffentlichung sei auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG Bilder, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Öffentlichkeit erschienen, verbreitet und öffentlich zur Schau gestellt werden dürften.
Hier gehe es aber nur um Abbildungen, bei denen die Örtlichkeit den Gehalt des Bildes präge.
Auch eine entsprechende Anwendung dieser Ausnahmevorschrift komme nicht in Betracht, denn damit würden Personen, die rein zufällig mit einer prominenten Person abgebildet würden, ohne diese zu begleiten, schlechter gestellt als Begleitpersonen von prominenten Personen, bei denen nach der Rechtsprechung eine alltägliche Begleitsituation nicht ohne weiteres die Veröffentlichung eines Begleiterfotos rechtfertige.

Die Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin rechtfertige jedoch nicht die Zahlung einer Geldentschädigung. Regelmäßig werde ein solcher Anspruch nur dann gewährt, wenn über die Persönlichkeit an ihrer Basis verfügt werde, also etwa bei schweren Eingriffen in die Intim- und Privatsphäre oder bei unwahren Behauptungen von besonderem Gewicht für die Persönlichkeit oder bei gewichtiger Diffamierung in der Öffentlichkeit.
Ein solch schwerwiegender Eingriff liege hier nicht vor.
Das Foto sei am Strand aufgenommen worden und die Klägerin situationsadäquat gekleidet.
Die Abbildung sei weder als anstößig noch als obszön zu beurteilen.

Der Senat hat die Revision zugelassen.

Das hat die Pressestelle des Oberlandegerichts Karlsruhe am 20.05.2014 mitgeteilt.

 

Anspruch auf Geldentschädigung wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts ist jedenfalls dann nicht vererblich wenn der Verletzte noch vor Zustellung der Klage verstorben ist.

Das hat der unter anderem für den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 29.04.2014 – VI ZR 246/12 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall war Kläger der Erbe eines bekannten, inzwischen verstorbenen Entertainers. Dieser sah sich durch in Zeitschriften der Beklagten erschienene Artikel, die unter anderem seine Trauer um seine verstorbene Tochter sowie seinen Gesundheitszustand zum Gegenstand hatten, in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt und nahm die Beklagte deshalb auf Zahlung einer Geldentschädigung in Anspruch.
Seine Klage ging bei Gericht per Fax einen Tag vor seinem Ableben ein, wurde der Beklagten aber erst einige Wochen später zugestellt.

Das Landgericht (LG) wies die – von dem Erben fortgeführte – Klage ab.

Die Berufung des Klägers blieb ohne Erfolg.
Ob die angegriffenen Veröffentlichungen überhaupt einen Geldentschädigungsanspruch aus § 823 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) rechtfertigen können, hat das Berufungsgericht dabei offengelassen. Es hat die Auffassung vertreten, ein solcher Anspruch sei aufgrund seiner höchstpersönlichen Natur jedenfalls nicht vererblich.

Der VI. Zivilsenat des BGH hat die Revision des Klägers zurückgewiesen.

Entscheidend gegen die Vererblichkeit des Geldentschädigungsanspruchs aufgrund einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung spricht die Funktion des Anspruchs.

Bei der Zuerkennung einer Geldentschädigung steht der Genugtuungsgedanke im Vordergrund. Der Gesichtspunkt der Genugtuung verliert regelmäßig an Bedeutung, wenn die Verletzung des Persönlichkeitsrechts zwar noch zu Lebzeiten des Geschädigten erfolgt, dieser aber verstirbt, bevor sein Entschädigungsanspruch erfüllt wird.
Danach besteht der Anspruch über den Tod des Verletzten hinaus im Allgemeinen nicht fort.
Der Präventionsgedanke rechtfertigt kein anderes Ergebnis, da er die Gewährung einer Geldentschädigung nicht alleine zu tragen vermag.

Ob anderes gilt, wenn der Verletzte erst nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Geldentschädigungsanspruchs verstirbt, konnte der Senat offenlassen, da der Erblasser vorliegend vor Zustellung der Klage verstorben war.
Die in § 167 Zivilprozessordnung (ZPO) angeordnete Rückwirkung greift nicht. Sie beschränkt sich auf Fälle, in denen durch die Zustellung eine laufende Frist gewahrt oder die Verjährung neu beginnen oder gehemmt werden soll. Die bloße Anhängigkeit der Klage führt nicht zur Vererblichkeit des Geldentschädigungsanspruchs.

Das hat die Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 30.04.2014 – Nr. 70/2014 – mitgeteilt.

 

Unerwünschte Werbung im Briefkasten – Wie und wann man sich dagegen wehren kann.

Der Eigentümer oder Besitzer einer Wohnung, der sich durch einen Aufkleber an seinem Briefkasten gegen den Einwurf von Werbematerial wehrt, steht, wenn es dennoch zum Einwurf von Werbematerial kommt, gegen den Werbenden, dem der Einwurf des Werbematerials zuzurechnen ist, ein Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) i. V. m. § 823 Abs. 1 BGB bzw. §§ 903, 862 BGB zu (Bundesgerichtshof (BGH), Urteile vom 20.12.1988 – VI ZR 182/88 – und vom 08.02.2011 – VI ZR 311/09 –).
Ein Betroffener kann sich dabei bereits gegen den vereinzelten unerwünschten Einwurf solcher Materialien wehren.

Dafür, dass der Einwurf in den Briefkasten dem Werbenden zuzurechnen ist, also auf dessen Veranlassung erfolgt ist und dieser mithin als Störer in Anspruch genommen werden kann, ist allerdings der Betroffene beweispflichtig, wobei dem Betroffenen ein Anscheinsbeweis dahingehend zugutekommen kann, dass Verteiler, die für ein werbendes Unternehmen tätig geworden sind, die Handzettel im Zuge von Werbeaktionen eingeworfen haben, da es sich insofern um einen typischen Vorgang handelt.
Ein allgemeiner Grundsatz dahingehend, dass ein Anscheinsbeweis in jedem Fall dafür streitet, dass ein Werbeflyer stets auf Veranlassung des beworbenen Unternehmens in einen Briefkasten einlegt worden ist, besteht aber nicht. Maßgeblich sind insofern die Umstände des Einzelfalles.
Sind in einem Gebiet nicht flächendeckend Webeflyer in Briefkästen verteilt worden, sondern handelt es sich lediglich um einen einmaligen und räumlich begrenzten Einwurf, reicht dies nicht aus, um von einem Anscheinsbeweis ausgehen zu können. In solchen Fällen, in denen ihm die Grundsätze des Anscheinsbeweises nicht zugutekommen, muss der Betroffene dann den vollen Beweis dafür erbringen, dass der Einwurf des Flyers durch den Werbenden veranlasst worden ist.

Darauf hat das Landgericht (LG) Bonn mit Urteil vom 15.01.2014 – 5 S 7/13 – hingewiesen.

 

BVB erwirkt einstweilige Verfügung gegen Wahlwerbung wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.

Die Borussia Dortmund GmbH & Co.KG aA (BVB ) hat bei dem Oberlandesgericht (OLG) Hamm gegen den Kreisverband Dortmund der Partei DIE RECHTE eine einstweilige Verfügung erwirkt, die dem Kreisverband untersagt, Werbeplakate zur Kommunalwahl in Dortmund zu verwenden, die den auf einem Querbalken in gelber und schwarzer Farbe unterlegten Spruch „von der Südtribüne in den Stadtrat“ zeigen.

In dem dem Urteil des 6. Zivilsenats des OLG Hamm vom 09.12.2013 – 6 W 56/13 – zugrunde liegenden Fall beabsichtigte der Dortmunder Kreisverband der Partei DIE RECHTE mit einem Foto ihres Spitzenkandidaten auf Wahlplakaten unter Verwendung des auf einem Querbalken in gelber und schwarzer Farbe unterlegten Spruchs „von der Südtribüne in den Stadtrat“ um Stimmen für die im Mai 2014 anstehende Kommunalwahl in Dortmund zu werben.
Die klagende Borussia Dortmund GmbH & Co.KG aA sieht in der Verwendung des Begriffs „Südtribüne“ im Zusammenhang mit der gelbschwarzen Farbkombination auf dem Querbalken einen rechtswidrigen Eingriff in ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht.
Sie verlangte von dem beklagten Kreisverband, diese Wahlwerbung zu unterlassen.

Der 6. Zivilsenat des OLG Hamm hat dem beklagten Kreisverband der Partei die in Frage stehende Wahlwerbung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes untersagt.

Danach verletzt die beabsichtigte Wahlwerbung das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin.
Auch wenn der BVB nicht namentlich genannt werde, verwende die Wahlwerbung Elemente, mit denen die bekannte Fußballmannschaft identifiziert werde und erwecke den Eindruck, der BVB billige die plakatierte Werbung.
Dieser Eingriff in das Persönlichkeitsrecht sei erheblich und rechtswidrig.
Das Interesse des BVB, nicht im Zusammenhang mit der Wahlwerbung einer politischen Partei dargestellt zu werden, überwiege gegenüber der in Frage stehenden Ausübung der Rechte der Partei, sich politisch zu betätigen und im Wahlkampf die eigene Meinung zu äußern.
Diese Rechte könne der beklagte Kreisverband auch ohne eine auf den BVB Bezug nehmende Wahlwerbung ausüben.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Hamm am 09.12.2013 mitgeteilt.

 

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YouTube muss identifizierende Berichterstattung über einen Verkehrsunfall mit fahrlässiger Tötung nicht unterbinden – Unterschied zu Presseberichten.

Das öffentliche Informationsinteresse kann eine identifizierende Berichterstattung über einen Verkehrsunfall mit fahrlässiger Tötung durch auf YouTube hochgeladene Videos rechtfertigen. Dem Betroffenen steht dann kein Löschungsanspruch gegen den Betreiber der Internetplattform YouTube zu.

Das hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Beschlüssen vom 07.08.2013 und 23.09.2013 – 3 U 71/13 – entschieden.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte der mit diplomatischer Immunität in Russland als Lehrer arbeitende Kläger im November 2008 in Moskau einen Verkehrsunfall verursacht, bei dem zwei russische Studenten getötet worden waren.
Aufgrund des Diplomatenstatus des Klägers wurde die Tat in Russland nicht verfolgt. Der Kläger konnte ohne Sanktion russischer Behörden nach Deutschland zurückkehren.
In Deutschland wurde der Kläger für diese Tat im Jahre 2009 zu einem Jahr Freiheitsstrafe zur Bewährung, einer Geldbuße von 5.000 € und einem einmonatigen Fahrverbot verurteilt.

Die Tat und ihre juristische Aufarbeitung waren wiederholt Gegenstand russischer Presseberichte.
Unbekannte Nutzer thematisierten sie in Videos und luden diese auf die von der Beklagten betriebene Internetplattform YouTube hoch.
Die Videos zeigen Berichte in russischer Spare mit deutschen Untertiteln. Dabei enthalten sie u.a. ein Foto, nennen den damaligen Namen des Klägers und eine frühere Adresse.

Die vom Kläger verlangte Löschung aller Videos hat die Beklagte abgelehnt.

Der 3. Zivilsenat des OLG Hamm hat der Beklagten Recht gegeben und einen Löschungsanspruch des Klägers verneint.
Durch die Berichterstattung unter namentlicher Benennung und bildlicher Darstellung werde der Kläger (zwar) in seiner Beziehung zur Umwelt (Sozialsphäre) betroffen, in der er als unverantwortlicher Verkehrsteilnehmer negativ dargestellt werde.
Diese Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts sei aber nicht widerrechtlich. Das folge aus einer Güter- und Interessenabwägung zwischen den Rechten und Interessen der beteiligten Parteien.
Bei einer identifizierenden Berichterstattung über Straftaten seien das Anonymitätsinteresse des Täters und sein Recht auf Resozialisierung berührt.
Für den Kläger spreche insoweit, dass das Geschehen nach dem Ablauf der Bewährungszeit aus seiner strafrechtlichen Verurteilung mittlerweile über zwei Jahre abgeschlossen sei.
Zulasten des Klägers sei zu berücksichtigen, dass er die Berichterstattung durch sein eigenes Verhalten hervorgerufen habe. Unstreitig habe er eine Straftat begangen. Dann müsse er neben der strafrechtlichen Sanktion hinnehmen, dass sich die Öffentlichkeit mit der Tat auseinandersetze. Insoweit sei zugunsten der Beklagten das öffentliche Informationsinteresse zu beachten. Dieses überwiege grundsätzlich bei einer aktuellen Berichterstattung.

Im Fall des Klägers seien die beanstandeten YouTube-Videos spätestens Anfang 2010 auf die Internetplattform hochgeladen worden. Zu diesem Zeitpunkt sei der Fall noch aktuell gewesen. An das Strafverfahren habe sich seinerzeit ein medial beachteter Zivilprozess angeschlossen. Im Übrigen stelle die Tat kein geringes Vergehen dar, weil zwei Menschen zu Tode gekommen seien. Sie sei ein Ereignis der Zeitgeschichte, bei dem der Täter im Rahmen einer aktuellen Berichterstattung namentlich benannt werden könne.

Gegen die Rechtmäßigkeit der Berichterstattung spreche auch nicht, dass der Kläger behaupte, die Videos gäben ein unwahres Tatgeschehen wieder, weil suggeriert werde, er sei betrunken gefahren.
Zwar müsse eine Berichterstattung mit unwahren Tatsachenbehauptungen nicht hingenommen werden. Im vorliegenden Fall müsse der Kläger die streitige Behauptung aber als wahr gegen sich gelten lassen, auch wenn sie nicht bewiesen sei.
Die hochgeladenen Videos stammten von beliebigen Dritten und würden nicht überprüft.
Im Unterschied zu Presseberichten gebe es bei den von Laien erstellten Videos kein erhöhtes Vertrauen in ihre inhaltliche Richtigkeit. Daraus folge das sog. Laienprinzip, auf das sich auch die Beklagte stützen könne.
Befasse sich ein Laie im einem Video mit einer die Öffentlichkeit berührenden Angelegenheit, könne er sich hinsichtlich der mit dem Video verbreiteten Tatsachenbehauptungen auf die Wahrnehmung berechtigter Interessen berufen.
Er müsse nicht beweisen, dass die Tatsachen wahr, sondern nur darlegen, dass sie sorgfältig recherchiert seien. Diesen Anforderungen sei im vorliegenden Fall genügt worden, weil die den Videos zugrunde liegende russische Presseberichterstattung von einer Trunkenheitsfahrt ausgehe und der Kläger dieser Berichterstattung auch nicht widersprochen habe.

Die Berichterstattung sei auch nicht deswegen rechtswidrig, weil sie noch im Jahre 2012 bei YouTube zu sehen sei. Mit zeitlicher Distanz zur Straftat nehme zwar das Interesse des Täters zu, mit seiner Tat nicht mehr konfrontiert zu werden. Jedoch bestehe auch ein Interesse der Öffentlichkeit, geschichtliche Ereignisse von besonderer Bedeutung recherchieren zu können.
Soweit die Berichterstattung bei ihrer Veröffentlichung rechtmäßig gewesen sei, dürften die Berichte auch in Online-Archiven weiter zum Abruf bereitgehalten werden, wenn das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen nicht aufgrund der Umstände des Einzelfalls überwiege.
Letzteres treffe auf den vorliegenden Fall nicht zu. Die Berichterstattung sei ausdrücklich als Altmeldung erkennbar. Der Resozialisierung des Klägers stehe sie nicht entgegen, weil nur ältere Fotografien verwandt worden seien und der Kläger bereits vor Klageerhebung seinen Namen geändert habe.

Gegen die Entscheidung ist Rechtsmittel eingelegt worden. Die Sache befindet sich derzeit beim Bundesgerichtshof (BGH) dessen Entscheidung noch aussteht.

Das hat die Pressestelle des Oberlandesgerichts Hamm am 29.11.2013 mitgeteilt.

 

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Veröffentlichung von Vornamen und Alter des Kindes eines „prominenten“ Vaters – zulässig oder unzulässig?

Ob und unter welchen Voraussetzungen es zulässig ist, Vornamen und Alter des Kindes eines „prominenten“ Vaters zu veröffentlichen, hatte der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 05.11.2013 – VI ZR 304/12 – zu entscheiden.

In dem dem Verfahren zugrunde liegenden Fall hatte die Beklagte in der von ihr verlegten Zeitschrift „Viel Spaß“, anlässlich der Verleihung der Goldenen Kamera an Günther J. einen Beitrag über seine Ehe mit Ehefrau Thea S.-J. veröffentlicht.
Über die Tätigkeit von Thea S-J. wurde u.a. berichtet wie folgt:
„Sie kümmert sich im heimischen Potsdam um die vier Kinder, die beiden leiblichen Töchter Svenja (21) und Kristin (18) sowie die adoptierten Mädchen Katja (14) und Mascha (10).“

Die Klägerin, die Adoptivtochter von Günther J. und seiner Ehefrau Thea S.-J., die den Namen Mascha S. trägt, hat von der Beklagten verlangt, die Veröffentlichung, sie sei ein Kind von Günther J., zu unterlassen.

Die Klage hatte in beiden Vorinstanzen Erfolg.

Auf die Revision der Beklagten hat der u.a. für das allgemeine Persönlichkeitsrecht zuständige VI. Zivilsenat des BGH das Berufungsurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Klägerin sei zwar durch die angegriffene Veröffentlichung in dem durch Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG), Art. 8 Abs. 1 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) gewährleisteten Recht auf informationelle Selbstbestimmung betroffen, jedoch müsse sie die Beeinträchtigung hinnehmen.
Allerdings verpflichte das Gebot der Rücksichtnahme auf die Persönlichkeit eines betroffenen Kindes die Presse zu besonderer Sorgfalt bei der Abwägung, ob dem Informationsinteresse nicht ohne Namensnennung genügt werden könne.
Durch in den Jahren 2006 bis 2008 erschienene Presseberichte über die im Jahr 2000 erfolgte Adoption seien aber Vorname, Alter und Abstammung der Klägerin bereits einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden. Die Daten seien weiterhin in der Öffentlichkeit präsent und im Internet zugänglich.
Das Gewicht des Eingriffs in die Rechtsposition der Klägerin durch die Weiterverbreitung sei dadurch gegenüber einem Ersteingriff maßgeblich verringert.
Als Ergebnis der gebotenen Abwägung zwischen den Rechten der Klägerin und dem zugunsten der Beklagten streitenden Recht auf Meinungs- und Medienfreiheit müsse unter den gegebenen Umständen das Persönlichkeitsrecht der Klägerin zurückstehen.

Das hat des Pressestelle des Bundesgerichtshofs am 05.11.2013 – Nr. 181/2013 – mitgeteilt.

 

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Tatsachenbehauptung, Schmähkritik oder zulässige Meinungsäußerung – Abgrenzung?

Bei der Frage, ob eine Äußerung ihrem Schwerpunkt nach als Meinungsäußerung oder als Tatsachenbehauptung anzusehen ist, kommt es entscheidend auf den Gesamtkontext der fraglichen Äußerung an.
Ist im Einzelfall eine Trennung der tatsächlichen und der wertenden Bestandteile einer Äußerung nicht möglich, muss die Äußerung im Interesse eines wirksamen Grundrechtsschutzes der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 Grundgesetz (GG) insgesamt als Meinungsäußerung angesehen werden, weil andernfalls eine wesentliche Verkürzung des Grundrechtsschutzes drohte.

Eine überzogene oder gar ausfällige Kritik macht eine Äußerung für sich genommen noch nicht zur Schmähung. Hinzutreten muss vielmehr, dass bei der Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht.

Liegt eine Meinungsäußerung vor, die nicht als Schmähkritik bewertet werden kann, ist eine Abwägung zwischen dem Ehrschutz bzw. dem allgemeinen Persönlichkeitsrechts einerseits und der Meinungsfreiheit andererseits im gebotenen Umfang unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen.

Darauf hat – laut Mitteilungen der Pressestelle des Bundesverfassungsgerichts vom 09.08.2013 – Nr. 51/2013 und 52/2013 – das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seinen Beschlüssen vom 02.07.2013 – 1 BvR 1751/12 – sowie vom 24.07.2013 – 1 BvR 444/13, 1 BvR 527/13 – hingewiesen.

 

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Persönlichkeitsrechtsverletzende Autocomplete-Vorschläge bei Internet-Suchmaschine – Unterlassungsanspruch gegen Betreiber?

Nimmt ein Betroffener den Betreiber einer Internet-Suchmaschine mit Suchwortergänzungsfunktion nach §§ 823 I, 1004 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) i. V. mit Art. 1, 2 Grundgesetz (GG) auf Unterlassung der Ergänzung persönlichkeitsrechtsverletzender Begriffe bei Eingabe des Namens des Betroffenen in Anspruch, setzt die Haftung des Betreibers, ebenso wie Haftung eines Hostproviders wegen der Verbreitung einer in einem Blog enthaltenen Äußerung eines Dritten, eine Verletzung von Prüfpflichten voraus.
Deren Bestehen wie deren Umfang richtet sich im Einzelfall nach einer Abwägung aller betroffenen Interessen und relevanten rechtlichen Wertungen. Überspannte Anforderungen dürfen im Hinblick darauf, dass es sich um eine erlaubte Teilnahme am geschäftlichen Verkehr handelt, nicht gestellt werden. Entsprechend den zur Störerhaftung entwickelten Grundsätzen kommt es entscheidend darauf an, ob und inwieweit dem in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist.

Der Betreiber einer Suchmaschine ist danach grundsätzlich nicht verpflichtet, die durch eine Software generierten Suchergänzungsvorschläge generell vorab auf etwaige Rechtsverletzungen zu überprüfen. Dies würde den Betrieb einer Suchmaschine mit einer der schnellen Recherche der Nutzer dienenden Suchergänzungsfunktion wenn nicht gar unmöglich machen, so doch unzumutbar erschweren.
Eine entsprechende präventive Filterfunktion kann zwar für bestimmte Bereiche, wie etwa Kinderpornografie, erforderlich und realisierbar sein, sie vermag jedoch nicht allen denkbaren Fällen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung vorzubeugen.
Den Betreiber einer Internet-Suchmaschine trifft deshalb grundsätzlich erst dann eine Prüfungspflicht, wenn er Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt.

Weist ein Betroffener den Betreiber einer Internet-Suchmaschine auf eine rechtswidrige Verletzung seines Persönlichkeitsrechts hin, ist der Betreiber der Suchmaschine verpflichtet, zukünftig derartige Verletzungen zu verhindern.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 14.05. 2013 – VI ZR 269/12 – hingewiesen.

 

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Zulässigkeit der Bildberichterstattung über die Teilnahme eines 11 Jahre alten Kindes, dessen Eltern prominente Personen sind, an einer Sportveranstaltung – Anspruch auf Unterlassung einer erneuten Veröffentlichung?

Die Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen und ob ein Anspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2, § 823 Abs. 1, Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) i.V.m. §§ 22, 23 des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie (KUG), Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) auf Unterlassung einer erneuten Veröffentlichung von beanstandeten Bildnissen besteht, ist nach der gefestigten Rechtsprechung des 6. Senats des Bundesgerichtshofs nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG zu beurteilen, das sowohl mit verfassungsrechtlichen Vorgaben als auch mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Einklang steht.

Danach dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden (§ 22 Satz 1 KUG). Hiervon besteht allerdings gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Diese Ausnahme gilt aber nicht für eine Verbreitung, durch die berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG).

Die Beurteilung, ob Abbildungen Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte i.S.v. § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG sind, erfordert eine Abwägung zwischen den Rechten des Abgebildeten aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK andererseits.
Der für die Frage, ob es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, maßgebende Begriff des Zeitgeschehens umfasst alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Dazu können neben politischen und gesellschaftlichen Ereignissen auch Sportveranstaltungen gehören, und zwar auch dann, wenn sie nur regionale Bedeutung haben.
Ein Informationsinteresse besteht allerdings nicht schrankenlos, vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt.
Allerdings bedarf es gerade bei unterhaltenden Inhalten in besonderem Maß einer abwägenden Berücksichtigung der kollidierenden Rechtspositionen.
Die Belange der Medien sind dabei in einen möglichst schonenden Ausgleich zum Persönlichkeitsschutz des von einer Berichterstattung Betroffenen zu bringen, insbesondere zum Schutz des Kernbereichs der Privatsphäre, der in Form der Gewährleistung des Rechts am eigenen Bild sowie der Garantie der Privatsphäre teilweise auch verfassungsrechtlich fundiert ist.
Für die Abwägung ist von maßgeblicher Bedeutung, ob die Medien im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtern, damit den Informationsanspruch des Publikums erfüllen und zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen oder ob sie – ohne Bezug zu einem zeitgeschichtlichen Ereignis – lediglich die Neugier der Leser oder Zuschauer nach privaten Angelegenheiten prominenter Personen befriedigen.
Der Informationsgehalt einer Bildberichterstattung ist im Gesamtkontext, in den das Personenbildnis gestellt ist, zu ermitteln, insbesondere unter Berücksichtigung der zugehörigen Textberichterstattung.

Bei der Veröffentlichung von Bildern von Kindern ist darüber hinaus anerkannt, dass diese eines besonderen Schutzes bedürfen, weil sie sich zu eigenverantwortlichen Personen erst entwickeln müssen und dass dieses Schutzbedürfnis auch hinsichtlich der Gefahren besteht, die von dem Interesse der Medien und ihrer Nutzer an Abbildungen von Kindern ausgehen, deren Persönlichkeitsentfaltung dadurch empfindlicher gestört werden kann als diejenige von Erwachsenen.
Der Bereich, in dem Kinder sich frei von öffentlicher Beobachtung fühlen und entfalten dürfen, muss deswegen umfassender geschützt sein als derjenige erwachsener Personen. Grundsätzlich fällt auch die spezifisch elterliche Hinwendung zu den Kindern in den Schutzbereich von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG. Der Schutzgehalt des allgemeinen Persönlichkeitsrechts erfährt dann eine Verstärkung durch Art. 6 Abs. 1 und 2 GG, der den Staat verpflichtet, die Lebensbedingungen des Kindes zu sichern, die für sein gesundes Aufwachsen erforderlich sind und zu denen insbesondere die elterliche Fürsorge gehört. Das Recht jedes Kindes auf Entwicklung zur Persönlichkeit umfasst sowohl die Privatsphäre als auch die kindgemäße Entfaltung in öffentlichen Räumen. Zur Entwicklung der Persönlichkeit gehört es, sich in der Öffentlichkeit angemessen bewegen zu lernen, ohne dadurch das Risiko einer Medienberichterstattung über das eigene Verhalten auszulösen.
Dies gilt auch für Kinder, deren Eltern prominente Personen sind.
Wie sich die Verstärkung des Persönlichkeitsschutzes durch Art. 6 GG im Einzelnen auswirkt, lässt sich aber nicht generell und abstrakt bestimmen.
Zwar kann der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zugunsten spezifischer Eltern-Kind-Beziehungen grundsätzlich auch dann eingreifen, wenn sich Eltern und Kinder in der Öffentlichkeit bewegen. Doch wird es regelmäßig an einem Schutzbedürfnis fehlen, wenn sich Eltern mit ihren Kindern bewusst der Öffentlichkeit zuwenden, etwa gemeinsam an öffentlichen Veranstaltungen teilnehmen oder gar in deren Mittelpunkt stehen; insoweit liefern sie sich den Bedingungen öffentlicher Auftritte aus.
Der erkennende Senat hat deshalb auch in Fällen, in denen es um die Abbildung von Kindern im Rahmen der Presseberichterstattung ging, eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem beeinträchtigten Persönlichkeitsrecht und der Meinungs- und Pressefreiheit unter Berücksichtigung des Informationsinteresses nicht für entbehrlich gehalten.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 28.05.2013 – VI ZR 125/12 – hingewiesen.

 

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