Tag Untersuchung

Wer eine Rente wegen Erwerbsminderung beantragt, sollte beachten, dass, wenn er durch nicht ausreichende Mitwirkung

…. die Aufklärung des Sachverhaltes unmöglich macht, die Gewährung der begehrten Erwerbsminderungsrente versagt werden kann.

Mit Urteil vom 21.06.2019 – S 105 R 57/18 – hat das Sozialgericht (SG) Berlin darauf hingewiesen, dass, wer eine Rente wegen Erwerbsminderung beantragt (im Folgenden: Antragsteller), bei der daraufhin von der Rentenversicherung von Amts wegen vorzunehmenden Ermittlungen,

  • ob die medizinischen Voraussetzungen für die begehrte Rente vorliegen,

ausreichend mitwirken muss und dass,

  • sollte ein Antragsteller seinen Mitwirkungspflichten nicht ausreichend nachkommen und
  • dadurch die Aufklärung des Sachverhaltes unmöglich machen,

die Gewährung der Erwerbsminderungsrente versagt werden kann (§ 66 Abs. 1 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I).

Ist beispielsweise zur Ermittlung des Vorliegens der Leistungsvoraussetzungen

  • eine Begutachtung des Antragstellers auf psychiatrischem Gebiet erforderlich und angeordnet,

muss der Antragsteller bereit sein, sich,

  • ohne Anwesenheit einer Begleitperson,

der diesbezüglichen Untersuchung zu unterziehen.

Besteht keine Bereitschaft dazu,

  • sondern will ein Antragsteller sich nur bei Anwesenheit einer Begleitperson psychiatrisch untersuchen lassen,

würde,

  • weil dann eine Begutachtung nicht erfolgen kann,

der Antragsteller die Aufklärung des Sachverhalts unmöglich machen.

Denn eine Untersuchung zur Begutachtung auf psychiatrischem Gebiet kann,

  • da die wichtigste Erkenntnisquelle dabei die Befragung der zu untersuchenden Person ist und
  • bei der Teilnahme einer Begleitperson an der Befragung – insbesondere wenn es sich bei ihr um einen Familienangehörigen oder Partner handelt – stets die Gefahr besteht, dass der Proband
    • aus Rücksicht auf die Erwartungen der Begleitperson
    • keine vollständigen oder wahrheitsgemäßen Angaben macht,

grundsätzlich nur ohne Begleitperson stattfinden (Quelle: Pressemitteilung des SG Berlin).

OLG Celle entscheidet: Unterlassene Basisdiagnostik bei einem an akuten und extremen Schmerzen leidenden Patienten

…. stellt einen groben Behandlungsfehler dar, der Schadensersatz- sowie Schmerzensgeldansprüche des Patienten begründen kann.

Mit Urteil vom 09.04.2019 – 1 U 66/18 – hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Celle darauf hingewiesen, dass ein Arzt bei einem Patienten,

  • der sich bei ihm mit akuten und extremen Kopfschmerzen vorstellt,

auch dann,

  • wenn eine Untersuchung des Kopfs des Patienten mittels Computertomographie (CT) einen altersgerechten Normalzustand ergeben hat,

über die Computertomographie hinaus, eine (weitere) klinische Untersuchung durchführen muss,

  • die eine klinische Basisdiagnostik und
  • die Erhebung eines groben neurologischen Status umfasst,

um danach zu entscheiden, ob und welche weitere Diagnostik gegebenenfalls erforderlich ist und dass,

  • falls der Arzt dies unterlässt,

ein, eine Umkehr der Beweislast bewirkender, grober Behandlungsfehler vorliegt.

Begründet hat das OLG dies damit, dass

  • von extrem schmerzgeplagten Patienten, auch wenn es sich bei ihnen selbst um Ärzte handelt, nicht erwartet werden kann, dass sie dem behandelnden Arzt ohne Nachfragen eine vollständige Anamnese liefern,
  • es vielmehr Aufgabe des behandelnden Arztes ist und bleibt, entsprechend präzise Fragen zu stellen

und

  • ein Unterbleiben der gebotenen Diagnostik aus medizinischer Sicht in einem Fall schlichtweg nicht mehr verständlich ist, in dem das Ergebnis der Computertomographie keine Erklärung für die von dem Patienten so noch nicht erlebten Kopfschmerzen bietet (Quelle: Pressemitteilung des OLG Celle vom 04.04.2019).

Wichtig zu wissen für Käufer und Verkäufer einer Ware, wenn der Kauf für beide Teile ein Handelsgeschäft ist

Ist der Kauf einer Ware für

  • Käufer und Verkäufer ein Handelsgeschäft nach § 343 Handelsgesetzbuch (HGB)

muss der Käufer nach § 377 Abs. 1 HGB die Ware

  • unverzüglich nach der Ablieferung durch den Verkäufer,

soweit dies einem ordentlichen Kaufmann

  • im Rahmen der eines ordnungsgemäßen Geschäftsgangs fallenden Maßnahmen im konkreten Eizelfall und
  • auch unter Berücksichtigung auch der schutzwürdigen Interessen des Verkäufers

zur Erhaltung seiner Gewährleistungsrechte zumutbar ist, zu untersuchen und,

  • wenn sich ein Mangel zeigt,

dem Verkäufer unverzüglich Anzeige zu machen.

  • Verstößt der Käufer gegen diese Untersuchungs- und Rügeobliegenheit gilt die Ware hinsichtlich der Mängel, die bei einer Untersuchung erkennbar waren bzw. erkennbar gewesen wären gemäß § 377 Abs. 2 HGB als genehmigt, mit der Folge, dass insoweit keine Gewährleistungsansprüche mehr geltend gemacht werden können.

Anhaltspunkte für die Grenzen dessen, was einem Käufer zur Erfüllung seiner Untersuchungsobliegenheit zuzumuten ist, bilden vor allem

  • der für eine Überprüfung erforderliche Kosten- und Zeitaufwand,
  • die dem Käufer zur Verfügung stehenden technischen Prüfungsmöglichkeiten,
  • das Erfordernis eigener technischer Kenntnisse für die Durchführung der Untersuchung beziehungsweise die Notwendigkeit, die Prüfung von Dritten vornehmen zu lassen.

Ist für bestimmte Bereiche des Handelsverkehrs eine besondere Art der Untersuchung des Kaufgegenstands auf etwa vorhandene Mängel

  • üblich und
  • besteht damit insoweit ein Handelsbrauch (§ 346 HGB),

kann dies die Art und den Umfang der Untersuchungsobliegenheit beeinflussen, wobei, wer einen Handelsbrauch schlüssig darlegen will,

  • sich nicht mit der bloßen Behauptung begnügen darf,
    • dass in einem bestimmten Geschäftsbereich üblicherweise etwas in einer bestimmten Weise gehandhabt wird,
  • sondern konkrete Anknüpfungstatsachen vortragen muss,
    • die den Schluss auf eine in räumlicher, zeitlicher und personeller Hinsicht ausreichende einheitliche, auf Konsens der beteiligten Kreise hindeutende Verkehrsübung in Bezug auf einen bestimmten Vorgang zulassen.

Durch von ihm verwendete Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) kann ein Verkäufer

  • Art und Umfang einer gebotenen Untersuchung zwar in bestimmter Weise, etwa hinsichtlich der zu untersuchenden Eigenschaften und der dabei vorzugsweise anzuwendenden Methoden, konkretisieren und gegebenenfalls auch generalisieren, sofern
    • dies durch die Umstände veranlasst oder durch eine in dieser Richtung verlaufende Verkehrsübung vorgezeichnet ist und
    • die Konkretisierung oder Generalisierung eine hinreichende Rücksichtnahme auf die beiderseitigen Interessen erkennen lässt.

Unangemessen benachteiligend ist bzw. wäre es aber, wenn eine solche Klausel ohne nähere Differenzierung nach Anlass und Zumutbarkeit

  • stets eine vollständige Untersuchung der Ware auf ein Vorhandensein aller nicht sofort feststellbarer Mängel fordert und
  • keinen Raum für Abweichungen lässt, in denen eine Untersuchung vernünftigerweise unangemessen ist oder dem Käufer sonst billigerweise nicht mehr zugemutet werden kann.

Auch kann,

  • mangels Vereinbarkeit mit dem Zweck der Untersuchungsobliegenheit,

der Verkäufer in seinen AGBs dem Käufer nicht die Untersuchung der Ware durch einen neutralen Sachverständigen vorschreiben.

Darauf hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 06.12.2017 – VIII ZR 246/16 – hingewiesen.

Was Privatpersonen die ihren Gebrauchtwagen verkaufen wissen sollten

….. und zwar insbesondere dann, wenn sie nicht Ersthalter des Fahrzeugs sind und Käufer ein gewerblicher Kfz-Händler ist.

Enthält der Kaufvertrag beim Verkauf eines Gebrauchtwagens die

  • uneingeschränkte und
  • nicht auf die Besitzzeit des Verkäufers beschränkte

Angabe, dass das Fahrzeug

  • unfallfrei und
  • nachlackierungsfrei

ist, wird damit zum Ausdruck gebracht, dass die Kaufvertragsparteien einverständlich davon ausgehen, dass

  • das Fahrzeug bis dahin, also auch vor der Besitzzeit des Verkäufers, wenn es mehrere Vorbesitzer hatte, keinen Unfallschaden erlitten hat, der über eine bloße Bagatellbeschädigung hinausgegangen ist und
  • das Fahrzeug noch die Originallackierung hat,

mit der Folge, dass der Verkäufer diese damit vertraglich vereinbarte Beschaffenheit des Fahrzeugs schuldet.

Entspricht das Fahrzeug nicht der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit,

  • sondern war beispielsweise bei der Übergabe ein unfachmännisch reparierter, über eine bloße Bagatellbeschädigung hinausgehender, Unfallschaden mit Nachlackierungen vorhanden,

ist es mangelhaft im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

Der Käufer kann dann die Rückabwicklung des Kaufvertrages gemäß den §§ 346, 323, 437 Nr. 2, 434 BGB verlangen und

  • zwar auch dann, wenn im Vertrag ein pauschaler Gewährleistungsausschluss enthalten ist,
  • weil dieser nicht für Mängel gilt, die in Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit der Kaufsache bestehen.

Das kann auch dann gelten, wenn ein gewerblicher Kfz-Händler Käufer des Fahrzeugs ist und dieser Gelegenheit hatte vor Vertragsschluss das Fahrzeug in seiner Werkstatt auf (Unfall)Vorschäden, Nachlackierungen und sonstige Mängel zu untersuchen.

Denn dass Käufer des Fahrzeugs ein Kfz-Händler ist und dieser das Fahrzeug vor Vertragsschluss untersuchen wollte und untersucht hat, bedeutet

  • weder, dass damit der Verkäufer aus seiner Gewähr entlassen ist,
  • noch, dass der Händler
    • die Mängel gekannt hat oder
    • ihm diese aus grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben sind (vgl. § 442 Abs. 1 BGB).

Auch ein Kfz-Händler

  • hat nämlich grundsätzlich keine Obliegenheit, das zu erwerbende Fahrzeug gründlich auf Unfallschäden, sonstige Beschädigungen oder Mängel zu untersuchen,
  • sondern darf sich normalerweise auf die Angaben des Verkäufers z.B. zur Unfallfreiheit verlassen und sich auf eine Sichtprüfung beschränken.

Nur dann, wenn

  • die Mängel bei einer Sichtprüfung durch einen Fachmann nicht hätten übersehen werden können oder
  • er, obwohl er nach der Sichtprüfung oder aufgrund sonstiger Erkenntnisse konkrete Anhaltspunkte dafür hatte, dass die entsprechenden Angaben des Verkäufers falsch oder zweifelhaft sind, es unterlassen hat, das Fahrzeug daraufhin genauer zu untersuchen,

kann einem Händler vorgeworfen werden, dass ihm grob fahrlässig Mängel unbekannt geblieben sind.

Übrigens:
Da der Mangel der fehlenden Unfall- und Nachlackierungsfreiheit einer Nachbesserung nicht zugänglich ist, setzt der Vertragsrücktritt in einem solchen Fall keine vergeblich gesetzte Frist zur Nacherfüllung gemäß § 323 Abs. 1 BGB voraus.

Darauf hat der 28. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Urteil vom 16.05.2017 – 28 U 101/16 – hingewiesen.

Wenn der gekaufte PKW sicherheitsrelevante Mängel aufweist die nur sporadisch auftreten

Wozu ist der gewährleistungspflichtige Fahrzeugverkäufer verpflichtet und welche Rechte hat der Käufer in einem solchen Fall?

Weist ein bei einem Kraftfahrzeughändler gekaufter PKW

  • einen sicherheitsrelevanten Mangel auf, der nur sporadisch auftritt,
  • wie beispielsweise, dass gelegentlich das Kupplungspedal nach Betätigung am Fahrzeugboden hängen bleibt

und schuldet der Verkäufer die Nachbesserung, muss er, wenn

  • der Käufer unter hinreichend genauer Bezeichnung der Mangelsymptome die Mängelbeseitigung verlangt,

das Fahrzeug auch dann,

  • wenn die gerügte Fehlfunktion bei der von ihm durchgeführten Untersuchungsfahrt nicht auftritt („Vorführeffekt“),

zur Mangelabklärung untersuchen und die Fehlfunktion beheben.

Unterlässt der Verkäufer dies und verweist er den Käufer lediglich darauf, das Fahrzeug bei erneutem Auftreten der Mangelsymptome wieder vorzuführen, kann der Käufer auch ohne Fristsetzung zur Nachbesserung wirksam vom Kaufvertrag zurücktreten.

Das hat der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 26.10.2016 – VIII ZR 240/15 – entschieden.

Begründet hat der Senat dies damit, dass

  • ein Verkäufer, der bei vom Käufer hinreichend genau bezeichneten sicherheitsrelevanten Mängelsymptomen eine Untersuchung zunächst unterlässt, seiner Nachbesserungsverpflichtung nicht gerecht wird und
  • es einem Käufer bei einem für die Verkehrssicherheit des Kraftfahrzeug relevanten Mangel, durch den das Unfallrisiko signifikant erhöht werden kann, nicht im Sinne von § 440 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zumutbar ist, ein weiteres Auftreten der Mangelsymptome abzuwarten.

Hingewiesen hat der Senat ferner darauf, dass der Rücktritt vom Kaufvertrag in einem solchen Fall auch dann nicht wegen Unerheblichkeit des Mangels (§ 323 Abs. 5 Satz 2 BGB) ausgeschlossen ist, wenn sich nach Erklärung des Rücktritts herausstellen sollte, dass die Fehlfunktion mit geringen Kosten hätte beseitigt werden können.

Das hat die Pressestelle des BGH am 26.10.2016 – Nr. 190/2016 – mitgeteilt.

Wann ist einem Arzt ein Diagnoseirrtum und wann ein Befunderhebungsfehler vorzuwerfen?

Ein Befunderhebungsfehler ist gegeben, wenn die Erhebung medizinisch gebotener Befunde unterlassen wird.

Im Unterschied dazu liegt ein Diagnoseirrtum vor, wenn der Arzt

  • erhobene oder sonst vorliegende Befunde falsch interpretiert und
  • deshalb nicht die aus der berufsfachlichen Sicht seines Fachbereichs gebotenen – therapeutischen oder diagnostischen – Maßnahmen ergreift.

Ein Diagnoseirrtum setzt aber voraus, dass der Arzt

  • die (aufgrund der ihm bekannten Umstände) medizinisch notwendigen Befunde überhaupt erhoben hat,

um sich eine ausreichende Basis für die Einordnung der Krankheitssymptome zu verschaffen.

Hat dagegen die unrichtige diagnostische Einstufung einer Erkrankung ihren Grund bereits darin,

  • dass der Arzt die (wegen der ihm bekannten Umstände) nach dem medizinischen Standard gebotenen Untersuchungen erst gar nicht veranlasst hat
  • – er mithin aufgrund unzureichender Untersuchungen vorschnell zu einer Diagnose gelangt, ohne diese durch die medizinisch gebotenen Befunderhebungen abzuklären –

dann ist dem Arzt ein Befunderhebungsfehler vorzuwerfen.
Denn bei einer solchen Sachlage geht es im Kern

  • nicht um die Fehlinterpretation von Befunden,
  • sondern um deren Nichterhebung.

Darauf hat der 6. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 26.01.2016 – VI ZR 146/14 – hingewiesen.

Die Untersuchungspflicht des Käufers bei einem beiderseitigen Handelsgeschäft

Welche Anforderungen sind an die Art und Weise der dem Käufer nach § 377 Handelsgesetzbuch (HGB) obliegenden Untersuchung der Ware zu stellen?

Gemäß § 377 Abs. 1 HGB,

  • der Anwendung findet, wenn es sich bei dem Vertragsverhältnis zwischen den Parteien um ein beiderseitiges Handelsgeschäft handelt (§§ 343, 344 HGB) und
  • der auch für einen Werklieferungsvertrag gilt (§ 381 Abs. 2 HGB),

hat der Käufer die Ware

  • unverzüglich nach der Ablieferung durch den Verkäufer, soweit dies nach ordnungsmäßigem Geschäftsgang tunlich ist, zu untersuchen und,
  • wenn sich ein Mangel zeigt, dem Verkäufer unverzüglich Anzeige zu machen.

Welche Anforderungen an die Art und Weise der dem Käufer danach obliegenden Untersuchung zu stellen sind, lässt sich nicht allgemein festlegen.

  • Es ist vielmehr darauf abzustellen, welche in den Rahmen eines ordnungsgemäßen Geschäftsgangs fallenden Maßnahmen einem ordentlichen Kaufmann im konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung auch der schutzwürdigen Interessen des Verkäufers zur Erhaltung seiner Gewährleistungsrechte zugemutet werden können.

Dabei kommt es auf die objektive Sachlage und auf die allgemeine Verkehrsanschauung an, wie sie sich hinsichtlich eines Betriebs vergleichbarer Art herausgebildet hat. Die Anforderungen an eine Untersuchung sind letztlich durch eine Interessenabwägung zu ermitteln (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 17.09.2002 – X ZR 248/00 –).

  • Dabei ist einerseits zu berücksichtigen, dass die Vorschriften über die Mängelrüge in erster Linie den Interessen des Verkäufers oder Werklieferanten dienen.

Er soll, was auch dem allgemeinen Interesse an einer raschen Abwicklung der Geschäfte im Handelsverkehr entspricht, nach Möglichkeit davor geschützt werden, sich längere Zeit nach der Lieferung oder nach der Abnahme der Sache etwaigen, dann nur schwer feststellbaren Gewährleistungsansprüchen ausgesetzt zu sehen.
Ein schutzwürdiges Interesse des Verkäufers an einer alsbaldigen Untersuchung durch den Käufer kann dann besonders groß sein, wenn er bei bestimmungsgemäßer Weiterverarbeitung der Kaufsache zu wertvollen Objekten mit hohen Mangelfolgeschäden rechnen muss und nur der Käufer das Ausmaß der drohenden Schäden übersehen kann.

  • Andererseits dürfen im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung zwischen Verkäufer/Werklieferanten und Käufer die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Untersuchung nicht überspannt werden.

Denn ansonsten könnte der Verkäufer, aus dessen Einflussbereich der Mangel kommt, in die Lage versetzt werden, das aus seinen eigenen fehlerhaften Leistungen herrührende Risiko auf dem Wege über die Mängelrüge auf den Käufer abzuwälzen.

Anhaltspunkte für die Grenzen der Zumutbarkeit bilden vor allem,

  • der für eine Überprüfung erforderliche Kosten- und Zeitaufwand,
  • die dem Käufer zur Verfügung stehenden technischen Prüfungsmöglichkeiten,
  • das Erfordernis eigener technischer Kenntnisse für die Durchführung der Untersuchung beziehungsweise
  • die Notwendigkeit, die Prüfung von Dritten vornehmen zu lassen.

Ob im Einzelfall verschärfte Untersuchungsanforderungen zum Tragen kommen, hängt ab,

  • von der Natur der Ware,
  • von den Branchengepflogenheiten sowie
  • von dem Gewicht der zu erwartenden Mangelfolgen und
  • von etwaigen Auffälligkeiten der gelieferten Ware oder
  • früheren, nach wie vor als Verdacht fortwirkenden Mangelfällen (vgl. BGH, Urteil vom 17.09.2002 – X ZR 248/00 –).

Dem Käufer aus früheren Lieferungen bekannte Schwachstellen der Ware müssen eher geprüft werden als das Vorliegen von Eigenschaften, die bislang nie gefehlt haben (BGH, Urteil vom 17.09.2002 – X ZR 248/00 –).

Darauf hat der VIII. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 24.02.2016 – VIII ZR 38/15 – hingewiesen.