Tag Verletzung

Arbeitnehmer und Arbeitgeber sollten wissen, dass eine verhaltensbedingte Kündigung auch wegen schlechter Arbeitsleistungen

…. gerechtfertigt sein kann.

Mit Urteil vom 25.08.2017 – 3 Ca 1305/17 – hat die 3. Kammer des Arbeitsgerichts (ArbG) Siegburg darauf hingewiesen, dass, wenn Arbeitnehmer

  • nach Abmahnung ihre arbeitsvertraglichen Pflichten nicht mit der geschuldeten Qualität oder Quantität erfüllen,
  • sie also nicht tun, was sie können und nicht so gut, wie sie können,

ihnen verhaltensbedingt gekündigt werden kann.

Allerdings muss,

  • wenn die Kündigung in einem solchen Fall vor dem Arbeitsgericht Bestand haben soll,

der Arbeitgeber darlegen,

BGH ändert seine Rechtsprechung zum Entschädigungsanspruch aus sog. Aufopferung dahingehend

…. dass bei der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit infolge rechtmäßiger Behördenmaßnahmen auch Schmerzensgeld beansprucht werden kann.

Mit Urteil vom 07.09.2017 – III ZR 71/17 – hat der für das Recht der öffentlich-rechtlichen Ersatzleistungen zuständige III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) – unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung – entschieden, dass, wenn Jemand wegen eines rechtmäßigen hoheitlichen Eingriffs in Leben, körperliche Unversehrtheit oder Freiheit einen Anspruch auf Entschädigung aus sog. Aufopferung hat,

  • beispielsweise weil er bei einer Fahndung nach einem Tatverdächtigen aufgrund der Täterbeschreibung von Polizeibeamten für den gesuchten mutmaßlichen Täter gehalten und
  • bei der von den Polizeibeamten deswegen gegen ihn rechtmäßigen unmittelbaren Zwangsanwendung zur Durchsetzung der Identitätsfeststellung gemäß § 163b Abs. 1 Strafprozessordnung (StPO) verletzt worden ist,

dieser Anspruch auch einen Schmerzensgeldanspruch umfasst,

  • d.h., in dem obigen Beispielsfall der bei der rechtmäßigen Polizeimaßnahme Verletzte vom Staat
    • nicht nur einen Ausgleich für den aufgrund der Verletzung erlittenen Vermögensschadens verlangen kann,
    • sondern auch ein Schmerzensgeld (Quelle: Pressemitteilung des BGH vom 11.09.2017 – Nr. 139/2017 –).

LG Köln entscheidet wann Veranstalter eines Hindernislaufs für Verletzung eines Teilnehmers haftet und wann nicht

Mit Urteil vom 04.04.2017 – 3 O 129/16 – hat das Landgericht (LG) Köln die Klage eines Teilnehmers an einem Waldcrosshindernislauf abgewiesen,

  • der beim Überwinden eines künstlich angelegten, mit einer Plastikplane ausgelegten Wasserhindernisses ausrutscht war,
  • sich dabei an den wegen des schlammigen Wassers für ihn nicht erkennbaren Faltenwürfe der Plane das Bein gebrochen

und deshalb vom Veranstalter Schadensersatzansprüche verlangt hatte.

Begründet hat das LG dies damit, dass ein Veranstalter eines solchen Laufs die Teilnehmer zwar vor solchen Gefahren zu schützen hat,

  • die diese ausgehend von der sich konkret darbietenden Situation nicht vermeiden können,

nicht aber – zusätzlich – vor Gefahren,

  • die allen vor Augen stehen müssen und

bei einem Waldcrosshindernislauf,

  • bei dem sich die Teilnehmer an Hindernissen beweisen können, die in freier Natur auftretenden Barrieren sowie Handicaps nachempfunden sind,

Faltenwürfe einer einen Wassergraben abdichtenden Plane,

  • da diese in diesem Zusammenhang nicht anders zu beurteilen sind wie Bodenunebenheiten in einem natürlichen Wassergraben,

keine atypische Gefahr darstellen,

  • sondern genau dem entsprechen, worauf sich Teilnehmer eines solchen Laufs einstellen müssen.

Abgesehen davon kam nach Auffassung des LG eine Haftung des Veranstalters aber auch deshalb nicht in Betracht, weil

  • mit Warnschildern auf eine „permanente Rutsch- und Ausrutschgefahr“ sowie das Verletzungsrisiko an Hindernissen hingewiesen, zu einem angepasstes Laufverhalten geraten worden,
  • an dem Wasserhindernis sogar ein Ordner postiert war, der die Teilnehmer ebenfalls zur Vorsicht anhielt und

der Veranstalter somit alles getan hatte,

  • um das Rennen einerseits gefahrloser zu gestalten,
  • ihm aber andererseits nicht den Charakter eines besonders herausfordernden Waldcrosshindernislaufs zu nehmen und
  • den Teilnehmern Gelegenheit zu geben, sich in einer Extremsituation zu beweisen.

LG Coburg entscheidet: Gemeinde muss dreijährigem Kind wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht Schmerzensgeld und Schadensersatz zahlen

Mit Urteil vom 13.12.2016 – 23 O 457/16 – hat das Landgericht (LG) Coburg in einem Fall, in dem

  • ein knapp dreijähriges Kind auf einer durch Sonneneinstrahlung stark aufgeheizten Metallrampe, die als Zugang zu den sanitären Einrichtungen an einem von einer Gemeinde als öffentliche Einrichtung betriebenen Badesee diente,
  • sich die Fußsohlen verbrannt hatte,

die Gemeinde wegen fahrlässiger Verletzung der Verkehrssicherungspflicht verurteilt, an das Kind Schadensersatz sowie Schmerzensgeld zu zahlen.

Begründet hat das LG seine Entscheidung damit, dass

  • für den Badesee benutzende Kinder die Möglichkeit der Erhitzung der Metallplatten der Rampe und die davon ausgehende Gefahr nicht so offensichtlich sei wie für Erwachsene und
  • sich die Gemeinde auf eine Satzung, in der sie ihre Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt hatte, wegen fehlender gesetzlicher Grundlage nicht berufen könne.

Eine Aufsichtspflichtverletzung der Eltern lag nach Auffassung des LG nicht vor, weil, so das LG, von Eltern nicht verlangt werden könne, das Kind ständig an der Hand zu halten oder in unmittelbarer greifbarer Nähe zu bleiben (Quelle: Pressemitteilung des LG Coburg vom 12.05.2017).

Wer einen anderen grundlos in die Flucht schlägt haftet für Verletzungen, die sich der andere bei der Flucht zuzieht

…. weil dann ein sog. „Herausforderungsfall“ vorliegt.

Darauf hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 22.12.2016 – 173 C 15615/16 – hingewiesen und in einem Fall

  • einen Vermieter verurteilt an einen seiner Mieter 800 Euro Schmerzensgeld zu zahlen,

weil der Vermieter, nachdem es zwischen ihm und dem Mieter wegen des Mietverhältnisses zu Streitigkeiten gekommen war,

Wichtig für Mieter und Vermieter zu wissen: Zustand der Mietwohnung kann Vermieter zur Kündigung berechtigen

Einem Mieter, der die Wohnung trotz mehrfacher Abmahnung verwahrlosen lässt kann vom Vermieter außerordentlich gekündigt werden.

Darauf hat das Landgericht (LG) Nürnberg-Fürth mit Beschluss vom 23.02.2017 – 7 S 7084/16 – hingewiesen.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall hatte der Mieter die gemietete Wohnung

  • nicht nur stark verschmutzen lassen und lediglich mit einem in der Küche befindlichen Radiator beheizt,
  • sondern auch mit Müll und Gegenständen so vollgestellt, dass u. a. ein Raum gar nicht betreten werden konnte und das Bad als solches ebenfalls nicht mehr benutzbar war.

Aufgrund dessen sah das LG eine erhebliche Gefährdung der Mietsache als gegeben und den Vermieter,

  • weil er den Mieter zuvor erfolglos mehrfach abgemahnt hatte und es ihm angesichts des Zustandes der Wohnung nicht zumutbar war, bis zum nächsten ordentlichen Kündigungstermin abzuwarten,

zur außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses wegen Verletzung der mietvertraglichen Pflichten des Mieters als berechtigt an (Quelle: Pressemitteilung des LG Nürnberg-Fürth vom 09.03.2017 – 6/17 –).

Was man wissen sollte, wenn man klageweise Schmerzensgeldansprüche wegen erlittener Verletzungen geltend macht

Verlangt ein Geschädigter vom Schädiger für erlittene Körperverletzungen

  • uneingeschränkt

ein Schmerzensgeld, so werden

  • durch den gerichtlich zuerkannten Betrag

alle diejenigen Schadensfolgen abgegolten, die

  • entweder bereits eingetreten und objektiv erkennbar waren oder
  • deren Eintritt jedenfalls vorhergesehen und bei der Entscheidung berücksichtigt werden konnte.

Der Grundsatz der Einheitlichkeit des Schmerzensgeldes gebietet es, die Höhe des dem Geschädigten zustehenden Anspruchs aufgrund einer ganzheitlichen Betrachtung der den Schadensfall prägenden Umstände unter Einbeziehung der absehbaren künftigen Entwicklung des Schadensbildes zu bemessen.

Solche Verletzungsfolgen, die zum Beurteilungszeitpunkt

  • noch nicht eingetreten waren und
  • deren Eintritt objektiv nicht vorhersehbar war,

mit denen also nicht oder nicht ernstlich gerechnet werden musste und die deshalb zwangsläufig bei der Bemessung des Schmerzensgeldes unberücksichtigt bleiben müssen, werden von der vom Gericht ausgesprochenen Rechtsfolge nicht umfasst und

  • können deshalb Grundlage für einen Anspruch auf weiteres Schmerzensgeld sein.

Ob Verletzungsfolgen im Zeitpunkt der Zuerkennung eines Schmerzensgeldes erkennbar waren, beurteilt sich

  • nicht nach der subjektiven Sicht der Parteien oder der Vollständigkeit der Erfassung des Streitstoffes durch das Gericht,
  • sondern nach objektiven Gesichtspunkten,
    • das heißt nach den Kenntnissen und Erfahrungen der einschlägigen medizinischen Fachkreise.

Maßgebend ist, ob sich bereits in jenem Verfahren eine Verletzungsfolge als derart nahe liegend darstellte, dass sie schon damals bei der Bemessung des Schmerzensgeldes berücksichtigt werden konnte, wobei

Allerdings kann der Schmerzensgeldanspruch, wie jeder andere auf Zahlung einer Geldsumme lautende Anspruch,

  • auch nur teilweise geltend gemacht werden.

So kann ein Geschädigter

  • im Wege einer offenen Teilklage

insbesondere eine Beschränkung auf die bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung aufgetretenen Verletzungsfolgen vornehmen (sog. zeitlich unbegrenztes Teilschmerzensgeld), vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 20.01.2004 – VI ZR 70/03 –.

Darauf hat der 10. Zivilsenat des OLG München mit Urteil vom 24.02.2017 – 10 U 3261/16 – hingewiesen.

Was Fußballspieler(innen), die in einem Spiel von einem bzw. einer gegnerischen Spieler(in) verletzt worden sind, wissen sollten

Die Haftungsregeln bei sportlichen Wettkämpfen mit erheblichem Gefahrenpotential, die im Männerfußball Anwendung finden, gelten auch im Frauenfußball, so dass einer Spielerin,

  • die sich im Rahmen eines im Kampf um den Ball geführten, üblichen Zweikampfs verletzt,

keine Schadenersatzansprüche gegen die andere am Zweikampf beteiligte Spielerin zustehen.

Darauf hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm mit Beschluss vom 22.12.2016 – 9 U 138/16 – in einem Fall hingewiesen, in dem die Klägerin während eines Bezirksligafrauenfußballspiel,

  • unmittelbar nachdem sie im gegnerischen 16-m Raum einen Torschuss abgegeben hatte,
  • durch einen Tritt der gegnerischen Torhüterin am rechten Unterschenkel schwer verletzt worden war.

Wie der Senat ausgeführt hat, ist bei Wettkämpfen mit beachtlichem Gefahrenpotential wie dem Fußballspiel, bei denen typischerweise auch bei Einhaltung der Regeln oder geringfügigen Regelverletzungen die Gefahr gegenseitiger Schädigung besteht, davon auszugehen, dass

  • jeder Teilnehmer diejenigen Verletzungen selbst mit schweren Folgen in Kauf nimmt,
  • die bei Ausübung nach den anerkannten Regeln der jeweiligen Sportart nicht zu vermeiden sind.

Demzufolge kommt eine Haftung nur in Betracht

  • bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Regelwidrigkeit oder
  • beim Überschreiten der Grenze zwischen noch gerechtfertigter Härte und unfairem Regelverstoß.

Dass eine bei einem Fußballspiel erlittene Verletzung auf eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Regelwidrigkeit oder einen unfairen Regelverstoß zurückzuführen ist, muss

  • mit Hilfe von Zeugenaussagen, die den Schluss hierauf zulassen,
  • der beweisen, der wegen der Verletzung Schadensersatz verlangt.

Die Schwere einer Verletzung lässt einen solchen Schluss nicht zu.

Was volljährige Kinder, deren Eltern bedürftig sind, wissen sollten

Da nach § 1601 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) Verwandte in gerader Linie verpflichtet sind einander Unterhalt zu gewähren, schulden auch Kinder,

  • sofern sie nach § 1603 Abs. 1 BGB leistungsfähig sind,

ihren Eltern grundsätzlich dann Unterhalt,

  • wenn die Eltern außerstande sind sich selbst zu unterhalten (§ 1602 Abs. 1 BGB).

Die Unterhaltspflicht eines erwachsenen Kindes gegenüber einem bedürftigen Elternteil entfällt allerdings dann, wenn

  • der Elternteil seine eigene, frühere Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Kind gröblich vernachlässigt hat und
  • eine Inanspruchnahme des Kindes insgesamt grob unbillig erscheint (vgl. § 1611 Abs. 1 BGB).

Darauf hat der 4. Senat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg mit Beschluss vom 04.01.2017 – 4 UF 166/15 – hingewiesen und die Unterhaltspflicht einer volljährigen Tochter gegenüber ihrem bedürftigen Vater in einem Fall deshalb verneint, weil der Vater

  • nicht nur über sechs Jahre lang gar nichts für die damals noch bedürftige Tochter gezahlt hatte, obwohl er in der Lage gewesen wäre, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen,
  • sondern darüber hinaus von ihm bei der Trennung von der Mutter auch per Einschreiben mitgeteilt worden war, dass er von seiner alten Familie nichts mehr wissen wolle und er in der Folgezeit, das Vater-Tochter-Verhältnis, abgesehen von einer Einladung zu seiner neuen Hochzeit sowie einen einmaligen Besuch der Tochter bei einem Krankenhausaufenthalt, abgebrochen hatte.

Diese beiden groben Verfehlungen, nämlich

  • der nachhaltige Kontaktabbruch und
  • die Verletzung der Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind

führen, so der Senat,

  • zwar nicht jeweils für sich allein,
  • aber beide zusammen dazu,

dass die Tochter als Erwachsene jetzt nicht mehr für den Vater einstehen müsse (Quelle: Presseinformation des OLG Oldenburg vom 08.02.2017 – Nr. 10/2017 –).

Haftet Supermarktbetreiber wenn Kundin nach vorläufiger Bodenreinigung ausrutscht und stürzt?

Das hängt von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab.

Ist beispielsweise nach dem Zerbrechen einer Rotweinflasche in einem Supermarkt von einem Mitarbeiter der Boden sofort von den Glasscherben gereinigt sowie der größte Teil des Rotweins aufgewischt worden und

  • rutscht danach dort eine Kundin aus und stürzt,
  • während gerade im Lager eine Putzmaschine geholt wird, mit der der restliche Rotwein beseitigt werden sollte,

liegt, weil

  • ein Supermarktbetreiber zwar alle zumutbaren und erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen hat, um Gefahren von Kunden abzuwenden, die sich in dem öffentlichen Verkaufsraum bewegen,
  • eine absolute Sicherheit aber nicht geschuldet wird und
  • bei der Bestimmung des Maßes der für den Verkehrssicherungspflichtigen zumutbaren Vorkehrungen insbesondere auf die Wahrscheinlichkeit und die Schwere eines möglichen Schadenseinritts Acht zu nehmen ist,

eine Verkehrssicherungspflichtverletzung des Supermarktbetreibers nur dann vor,

  • wenn, aufgrund im Streitfall nachgewiesener Umstände, die naheliegende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts bestanden hat und
  • deshalb weitere bestimmte Vorkehrungen, wie die Aufstellung eines Warnschildes, zur Sicherheit der sich auf den Verkaufsflächen bewegenden Personen, über die bereits ergriffenen bzw. eingeleiteten Maßnahmen hinaus, angezeigt gewesen wären.

Darauf hat das Amtsgericht (AG) München mit Urteil vom 09.02.2016 – 158 C 21362/15 – hingewiesen (Quelle: Pressemitteilung des AG München vom 13.01.2017 – 03/17 –).