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Betreuungsrecht – Gesetz zur Ermöglichung einer Zwangsbehandlung in Kraft getreten.

Nachdem der Bundesgerichtshof (BGH) unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung am 20.06.2012 – XII ZB 99/12 – und – XII ZB 130/12 – entschieden hatte, dass es an einer hinreichend bestimmten Rechtsgrundlage für eine Einwilligung des rechtlichen Betreuers in eine zwangsweise medizinische Behandlung des Betreuten fehlt, hat der Bundestag am 18.02.2013 das Gesetz zur Regelung der betreuungsrechtlichen Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme getroffen.
Durch dieses Gesetz, nach dem eine Zwangsbehandlung im Rahmen einer stationären Unterbringung nach § 1906 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) erfolgen darf, sind § 1906 BGB sowie flankierend hierzu, verfahrensrechtliche Regelungen nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) geändert worden. § 1906 BGB, in seiner geänderten, am 19.02.2013 in Kraft getretenen Fassung (vgl. Bundesgesetzblatt Jahrgang 2013 Teil I Nr. 9, S. 266), lautet nun:

§ 1906 BGB Genehmigung des Betreuungsgerichts bei der Unterbringung

(1) Eine Unterbringung des Betreuten durch den Betreuer, die mit Freiheitsentziehung verbunden ist, ist nur zulässig, solange sie zum Wohl des Betreuten erforderlich ist, weil
1.auf Grund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung des Betreuten die Gefahr besteht, dass er sich selbst tötet oder erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügt, oder
2. zur Abwendung eines drohenden erheblichen gesundheitlichen Schadens eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder ein ärztlicher Eingriff notwendig ist, ohne die Unterbringung des Betreuten nicht durchgeführt werden kann und der Betreute auf Grund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der Unterbringung nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann.

(2) Die Unterbringung ist nur mit Genehmigung des Betreuungsgerichts zulässig. Ohne die Genehmigung ist die Unterbringung nur zulässig, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist; die Genehmigung ist unverzüglich nachzuholen. Der Betreuer hat die Unterbringung zu beenden, wenn ihre Voraussetzungen wegfallen. Er hat die Beendigung der Unterbringung dem Betreuungsgericht anzuzeigen.

(3) Widerspricht eine ärztliche Maßnahme nach Absatz 1 Nummer 2 dem natürlichen Willen des Betreuten (ärztliche Zwangsmaßnahme), so kann der Betreuer in sie nur einwilligen, wenn
1. der Betreute auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann,
2. zuvor versucht wurde, den Betreuten von der Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme zu überzeugen,
3. die ärztliche Zwangsmaßnahme im Rahmen der Unterbringung nach Absatz 1 zum Wohl des Betreuten erforderlich ist, um einen drohenden erheblichen gesundheitlichen Schaden abzuwenden,
4. der erhebliche gesundheitliche Schaden durch keine andere zumutbare Maßnahme abgewendet werden kann und
5. der zu erwartende Nutzen der ärztlichen Zwangsmaßnahme die zu erwartenden Beeinträchtigungen deutlich überwiegt.
§ 1846 ist nur anwendbar, wenn der Betreuer an der Erfüllung seiner Pflichten verhindert ist.

(3a) Die Einwilligung in die ärztliche Zwangsmaßnahme bedarf der Genehmigung des Betreuungsgerichts. Der Betreuer hat die Einwilligung in die ärztliche Zwangsmaßnahme zu widerrufen, wenn ihre Voraussetzungen wegfallen. Er hat den Widerruf dem Betreuungsgericht anzuzeigen.

(4) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn dem Betreuten, der sich in einer Anstalt, einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung aufhält, ohne untergebracht zu sein, durch mechanische Vorrichtungen, Medikamente oder auf andere Weise über einen längeren Zeitraum oder regelmäßig die Freiheit entzogen werden soll.

(5) Die Unterbringung durch einen Bevollmächtigten und die Einwilligung eines Bevollmächtigten in Maßnahmen nach den Absätzen 3 und 4 setzen voraus, dass die Vollmacht schriftlich erteilt ist und die in den Absätzen 1, 3 und 4 genannten Maßnahmen ausdrücklich umfasst. Im Übrigen gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend.

 

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Ordnungswidrigkeitenrecht – Geldbuße droht auch dann, wenn das vom Fahrzeugführer in der Hand gehaltene Mobiltelefon als Navi genutzt wird.

Nach § 23 Abs. 1a Straßenverkehrsordnung (StVO) ist, sofern nicht das Fahrzeug steht und der Motor ausgeschaltet ist, dem Fahrzeugführer die Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons untersagt, wenn er hierfür das Mobiltelefon oder den Hörer des Autotelefons aufnimmt oder hält.
Unter „Benutzung“ im Sinne dieser Vorschrift ist auch die Nutzung eines Mobiltelefons als Navigationsgerät zu verstehen
Denn der Begriff der Benutzung eines Mobiltelefons wird von der Rechtsprechung weit ausgelegt. Eine Benutzung liegt nicht nur dann vor, wenn das Gerät zum Telefonieren verwendet wird, sondern auch bei jeder anderen bestimmungsgemäßen Verwendung von Bedienfunktionen. Die Frage der Benutzung eines Mobiltelefons i. S. d. § 23 Abs. 1a StVO beurteilt sich allein danach, ob das Gerät in der Hand gehalten wird oder nicht und die Handhabung des Geräts einen Bezug zu einer bestimmungsgemäßen Funktion desselben aufweist. Nach der gesetzgeberischen Intention der 33. Verordnung zur Änderung straßenrechtlicher Vorschriften vom 11.12.2000 soll die Vorschrift des § 23 Abs. 1a StVO gewährleisten, „dass der Fahrzeugführer während der Benutzung des Mobiltelefons beide Hände für die Bewältigung der Fahraufgabe frei hat. Die Benutzung schließt neben dem Gebrauch im öffentlichen Fernsprechnetz sämtliche Bedienfunktionen ein“. Hierzu zählt auch die Verwendung der Navigationshilfe, weil jegliche Nutzung untersagt wird, soweit das Mobiltelefon in der Hand gehalten wird, so dass der Fahrzeugführer nicht beide Hände für die Fahraufgabe frei hat, wodurch wiederum erhebliche Gefahren im Straßenverkehr entstehen können.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm mit Beschluss vom 18.02.2013 – III-5 RBs 11/13 – entschieden.

 

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Ordnungwidrigkeitenverfahren – Feststellung eines Geschwindigkeitsverstoßes durch Hinterherfahren mit ungeeichtem Tacho?

Nach der überwiegenden obergerichtlichen Rechtsprechung kann ein Geschwindigkeitsverstoß durch Hinterherfahren auch mittels eines ungeeichten Tachos festgestellt werden, wenn bei guten Sichtverhältnissen

  • der Abstand zwischen vorausfahrendem Fahrzeug und Messfahrzeug nicht mehr als der angezeigte Tachowert beträgt,
  • der Abstand ungefähr gleichbleibend ist und
  • die Nachfahrstrecke mindestens den fünffachen Abstand beträgt.

Es ist dann ein Sicherheitsabschlag von 20% des abgelesenen Wertes vorzunehmen, der ausreichend ist, um alle denkbaren Fehlerquellen und Ungenauigkeiten auszuschließen.

Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm mit Beschluss vom 07.02.2013 – 1 RBs 5/13 – hingewiesen, unter Bezugnahme auf den Beschluss des Thüringer Oberlandesgerichts (ThürOLG) vom 26.05.2009 – 1 Ss 124(09 –.

Ob der z.T. erhobenen Forderung, der Messabstand solle 100 m nicht überschreiten, gefolgt werden kann, hat das OLG dahinstehen lassen, nachdem sich in dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall, bei einem Mindestabstand von 100 m zwischen vorausfahrendem Fahrzeug und Messfahrzeug dieser in der Folge vergrößerte, was zeigte, dass der abgelesene Tachowert eher eine zu niedrige als die tatsächlich vom Betroffenen gefahrene Geschwindigkeit wiedergegeben hat.

 

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Unwirksame Vorauszahlungsvereinbarungen bei einem Vertrag über Lieferung und Einbau einer Küche.

Der unter anderem für das Werkvertragsrecht zuständige VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat mit Urteil vom 07.03.2013 – VII ZR 162/12 – entschieden, dass eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Lieferanten einer von diesem einzubauenden Küche

  • „Der Kaufpreis ist spätestens bei Anlieferung der Kaufgegenstände ohne Abzug zu bezahlen“,

unwirksam ist.
Eine nachträgliche Vereinbarung, mit der der Lieferant dem Besteller das Recht einräumt, einen Teilbetrag bis zum mangelfreien Einbau der Küche zurückzubehalten, ändert an der Unwirksamkeit der Klausel grundsätzlich nichts. Die Klausel verliert ihren Charakter als nach §§ 305 ff Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) der Inhaltskontrolle unterliegender Allgemeiner Geschäftsbedingung nicht allein dadurch, dass sie von den Parteien nachträglich geändert wird. Vielmehr muss die nachträgliche Änderung in einer Weise erfolgen, die es rechtfertigt, sie wie eine von vornherein getroffene Individualvereinbarung zu behandeln. Das ist nicht der Fall, wenn der Verwender auch nach Vertragsschluss dem Vertragspartner keine Gestaltungsfreiheit eingeräumt und den gesetzesfremden Kerngehalt der Klausel nicht zur Disposition gestellt hat.

In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Fall hatte die Klägerin die Beklagte mit der Planung, der Herstellung und dem Einbau einer Küche in ihrem Wohnhaus zu einem Preis von 23.800 € beauftragt.
Dem Vertrag lagen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten zugrunde, die die Klägerin verpflichteten, vor oder bei Lieferung die gesamte Vergütung zu bezahlen. Nach Vertragsschluss und vor Lieferung vereinbarten die Parteien, dass die Klägerin abweichend von den Bedingungen nur 21.300 € im Voraus zu zahlen hatte und 2.500 € bis zum mangelfreien Einbau der Küche zurückbehalten durfte.
Den Einbau der Küche führte die Beklagte nicht fachgerecht aus, weshalb die Klägerin 5.500 € zurückbehielt.
Die Beklagte vertrat unter Bezugnahme auf ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Auffassung, zu einer Mängelbeseitigung nur verpflichtet zu sein, wenn die Vergütung bis auf die vereinbarten 2.500 € vorab gezahlt wird.
Wegen der Weigerung, die Mängel zu beseitigen, verlangt die Klägerin von der Beklagten Schadensersatz, der auf Rückabwicklung des Vertrages und Erstattung von Mehrkosten gerichtet ist.
Die Beklagte verlangt widerklagend die noch ausstehende Vergütung.

Die Klage hat in den Vorinstanzen überwiegend Erfolg gehabt; die Widerklage haben die Vorinstanzen abgewiesen.

Der BGH hat die Entscheidung des Berufungsgerichts bestätigt.

Der BGH hat ausgeführt, dass die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten vereinbarte Verpflichtung, die gesamte Vergütung im Voraus zu zahlen, mit wesentlichen Grundgedanken des Gesetzes nicht zu vereinbaren und deshalb unwirksam ist. Die Klausel verpflichtet die Kunden der Beklagten vor dem Einbau der Küche die volle Vergütung zu bezahlen. Sie verlieren auf diese Weise jedes Druckmittel, falls der Einbau mangelhaft ist. Die nachträgliche Vereinbarung ändert an dieser Bewertung nichts, da die Beklagte den Kerngehalt ihrer unwirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingung – die Verpflichtung zur Vorleistung – nicht zur Disposition gestellt und der Klägerin insoweit keine Gestaltungsfreiheit gewährt hat. Das Einräumen eines Zurückbehaltungsrechts von lediglich ca. 10% der Vergütung berücksichtigt nicht hinreichend die berechtigten Interessen der Klägerin. Die Beklagte durfte deshalb die Mängelbeseitigung nicht von weiteren Vorleistungen abhängig machen. Sie haftet daher auf Schadensersatz.

§ 307 BGB Inhaltskontrolle
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist …

– Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 08.03.2013 –

 

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Neuwagenkauf – Wenn der Kraftstoffverbrauch höher ist als im Verkaufsprospekt angegeben.

Der Käufer eines neuen Kraftfahrzeuges ist gemäß §§ 433, 434, 437 Nr. 2, 440, 323 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt und kann vom Verkäufer gemäß § 346 Abs. 1 BGB die Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs verlangen,

  • wenn der Kraftstoffverbrauch den im Verkaufsprospekt angegebenen (kombinierten) Verbrauchswert, (auch) nach den Ergebnissen der von einem Sachverständigen auf einem Prüfstand durchgeführten Verbrauchstests, um mehr als 10 % übersteigt und
  • der Verkäufer zuvor erfolglos versucht hatte, den Verbrauch zu senken.

Das hat das Oberlandesgericht Hamm mit Urteil vom 07.02.2013 – I-28 U 94/12 – entschieden.

Danach ergibt sich das gesetzliche Rücktrittsrecht in einem solchen Fall daraus, dass dem gekauften Fahrzeug i. S. d. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 u. S. 3 BGB eine Beschaffenheit fehlt, die der Käufer nach dem Verkaufsprospekt des Herstellers erwarten darf.

Zwar folgt aus den Prospektangaben über die Verbrauchswerte keine Sollbeschaffenheit in dem Sinne, dass diese Verbrauchswerte im Alltagsgebrauch des konkret erworbenen Fahrzeugs erreicht werden müssten. Denn ein verständiger Käufer weiß, dass die tatsächlichen Verbrauchswerte von zahlreichen Einflüssen und der individuellen Fahrweise des Nutzers abhängen und deshalb nicht mit den Prospektangaben gleichgesetzt werden dürfen, die auf einem standardisierten Messverfahren beruhen.

Erwarten kann ein Käufer aber, dass die im Prospekt angegebenen Verbrauchswerte unter Testbedingungen reproduzierbar sind.
Ist das bei einem gekauften Fahrzeug nicht der Fall und ergeben die von einem Sachverständigen durchgeführten Verbrauchsmessungen, eine Überschreitung des im Verkaufsprospekt angegebenen (kombinierten) Verbrauchswertes um mehr als 10%, ist die Auslieferung eines solchen Fahrzeugs regelmäßig als erhebliche Pflichtverletzung i. S. d. § 323 Abs. 5 S. 2 BGB anzusehen, die einen Käufer zum Rücktritt berechtigt (Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 08.05.2007 – VIII ZR 19/05 –), wobei auch bei einer nur sehr geringfügigen Überschreitung der Erheblichkeitsschwelle ein Rücktritt nicht ausgeschlossen ist.

Die Höhe der vom Käufer für die bisherige Fahrzeugnutzung zu leistende Entschädigung bemisst sich nach der Entscheidung des OLG Hamm nach dem linearen Wertschwund, der durch die Formel,

  • Kaufpreis x vom Käufer gefahrene Kilometer : durch geschätzte mutmaßliche Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs,

zu kalkulieren ist.

 

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Fahrerlaubnis auf Probe – Wann wird die Teilnahme an einem Aufbauseminar angeordnet?

Nach § 2a Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG) ordnet die Fahrerlaubnisbehörde die Teilnahme an einem Aufbauseminar u.a. an, wenn gegen den Inhaber einer Fahrerlaubnis auf Probe

  • wegen einer innerhalb der Probezeit begangenen Straftat oder Ordnungswidrigkeit eine rechtskräftige Entscheidung ergangen ist, die nach § 28 Abs. 3 Nr. 1 bis 3 StVG in das Verkehrszentralregister einzutragen ist, und
  • er eine schwerwiegende oder zwei weniger schwerwiegende Zuwiderhandlungen begangen hat.

Welche Straftaten und Ordnungswidrigkeiten im Rahmen der Fahrerlaubnis auf Probe als schwerwiegende oder weniger schwerwiegende Zuwiderhandlungen eingestuft werden, richtet sich nach Anlage 12 zu § 34 Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV).

Nicht mehr zum Nachteil eines Betroffenen verwertet werden dürfen allerdings solche während der Probezeit begangenen Zuwiderhandlungen, deren Eintragung über die gerichtliche Entscheidung im Verkehrszentralregister bereits getilgt oder nach § 29 StVG tilgungsreif sind.
War im Zeitpunkt des Erlasses der Anordnung eine solche im Verkehrszentralregister eingetragene rechtskräftige Entscheidung bereits getilgt oder Tilgungsreife eingetreten, kann und darf darauf die Anordnung der Teilnahme an einem Aufbauseminar nicht (mehr) gestützt werden.

Darauf hat der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg mit Beschluss vom 05.02.2013 – 10 S 2292/12 – hingewiesen.

 

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Unzulässige Schufa-Meldung – Schadensersatz.

Wer eine angeblich fällige Forderung gegen seinen Vertragspartner bei der Schufa meldet, ohne dass die Voraussetzungen für eine Datenübermittlung gemäß § 28a Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) erfüllt sind, verletzt durch die in einem solchen Fall unzulässige Schufa-Meldung, seine Pflicht, auf die Vermögensinteressen seines Vertragspartners Rücksicht zu nehmen und ist deshalb seinem Vertragspartner nach § 280 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) in Verbindung mit § 241 Abs. 2 BGB zum Ersatz des hieraus entstandenen Schadens verpflichtet.

Der ersatzfähige Schaden des der Schufa unzulässiger Weise Gemeldeten kann dabei (auch) in den Anwaltskosten bestehen, die dadurch entstehen, dass dieser einen Rechtsanwalt damit beauftragt, bei seinem Vertragspartner die Entfernung der unrichtigen Schufa-Mitteilung zu erwirken. Denn die rechtliche Problematik einer Schufa-Meldung ist schwierig, so dass für einen Verbraucher die Einschaltung eines Rechtsanwalts erforderlich im Sinne des § 249 BGB ist.

Das hat das Amtsgericht (AG) Halle (Saale) mit Urteil vom 28.02.2013 – 93 C 3289/12 – entschieden.

 

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Betreuungsrecht – Wer muss einen gerichtlich bestellten Berufsbetreuer bezahlen?

Vergütungsschuldner des Berufsbetreuers ist

  • bei Mittellosigkeit des Betreuten die Staatskasse (§§ 1908 i Abs. 1 S. 1, 1836 Abs. 1 S. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) in Verbindung mit § 1 Abs. 2 S. 2 Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz (VBVG)) und
  • bei vorhandenem verwertbaren Vermögen der Betreute (§§ 1908 i Abs. 1 S. 1, 1836 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 1 Abs. 2 S. 1 VBVG).

Mit der Übernahme der Betreuungskosten erbringt die Staatskasse eine Sozialleistung, die gemäß § 1836 c BGB davon abhängt, dass der Betreute über kein einzusetzendes Vermögen im Sinne des Sozialhilferechts verfügt. Der Betreute soll durch die Kosten der Betreuung nicht in seinen vorhandenen Lebensgrundlagen wesentlich beeinträchtigt werden. Deshalb ist, für die Feststellung, ob der Betreute mittellos oder vermögend ist, auf den Zeitpunkt der Entscheidung in der letzten Tatsacheninstanz abzustellen.

Als mittellos gilt ein Betreuter, der die Vergütung aus seinem einzusetzenden Einkommen oder Vermögen nicht oder nur zum Teil oder nur in Raten oder nur im Wege gerichtlicher Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen aufbringen kann (§§ 1908 i Abs. 1, 1836 d BGB ). Das einzusetzende Vermögen bestimmt sich gemäß § 1836 c Nr. 2 BGB nach § 90 Sozialgesetzbuch (SBG) Zwölftes Buch (XII). Danach ist das gesamte verwertbare Vermögen (§ 90 Abs. 1 SGB XII) mit Ausnahme des in § 90 Abs. 2 SGB XII im Einzelnen aufgeführten Schonvermögens einzusetzen, soweit dies keine Härte bedeutet (§ 90 Abs. 3 SGB XII).

Bei der Ermittlung des danach verwertbaren Vermögens kommt es, entsprechend dem Zweck der sozialhilferechtlichen Leistungen einer tatsächlichen Notlage abzuhelfen bzw. einen tatsächlichen Bedarf abzudecken, auf die tatsächlich vorhandenen und tatsächlich verwertbaren Vermögenswerte an. Dabei ist grundsätzlich nicht zu berücksichtigen, ob den Vermögenswerten Schulden oder Verpflichtungen des Hilfebedürftigen gegenüberstehen.

Nach § 90 Abs. 2 Ziff. 8 SGB XII gehört zu dem nicht einzusetzenden Vermögen (auch) ein angemessenes Hausgrundstück, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in § 19 Abs. 1 bis 3 SGB XII genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Dabei bestimmt sich die Angemessenheit nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf, der Grundstücksgröße, der Hausgrundgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes.
Vom Schutzbereich dieser Vorschrift auch erfasst wird ein Betroffener, der keine Angehörigen hat.
Die Vorschriften zum Schonvermögen sollen gewährleisten, dass die Sozialhilfe nicht zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der vorhandenen Lebensgrundlagen führt. Dem Sozialhilfeempfänger soll ein gewisser Spielraum in seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit erhalten bleiben. Überdies soll verhindert werden, dass die Sozialhilfe, die im Idealfall lediglich eine vorübergehende Hilfe ist, zu einem „wirtschaftlichen Ausverkauf“ führt, damit den Willen zur Selbsthilfe lähmt und zu einer nachhaltigen sozialen Herabstufung führt. Daraus folgt, dass sie in erster Linie dem Schutz des Leistungsberechtigten dienen.
§ 90 Abs. 2 Ziff. 8 SGB XII will ein Hausgrundstück vor einer Verwertung insoweit schützen, als es dem Leistungsberechtigten oder einer anderen Person der Einsatzgemeinschaft (§ 19 Abs. 1 bis 3 SGB XII) oder den mit ihnen dort zusammen lebenden Angehörigen, die auch nach dem Tod des Leistungsberechtigten oder der anderen Person der Einsatzgemeinschaft dort wohnen sollen, als Wohnstatt dient.
Nicht aber soll der Schutz des Hausgrundstücks davon abhängig gemacht werden, dass der Leistungsberechtigte Angehörige hat, die nach seinem Tod dort leben sollen. Der Zusatz „und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll“ bezieht sich vielmehr nach Sinn und Wortlaut auf die Angehörigen, die mit dem Leistungsberechtigten oder der anderen Person der Einsatzgemeinschaft in dem Haus wohnen. Diese Angehörigen gehören dann, wenn sie nach dem Tod der genannten Personen in dem Haus wohnen sollen, ebenfalls zu dem durch § 90 Abs. 2 Ziff. 8 SGB XII geschützten Personenkreis.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Beschluss vom 06.02.2013 – XII ZB 582/12 – hingewiesen.

 

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Entscheidung im Adhäsionsverfahren – Keine Rechtskraftentfaltung gegenüber Haftpflichtversicherer des Beschuldigten (= Schädiger).

Der Verletzte oder sein Erbe kann nach § 403 Strafprozessordnung (StPO) gegen den Beschuldigten einen aus der Straftat erwachsenen vermögensrechtlichen Anspruch, der zur Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte gehört und noch nicht anderweit gerichtlich anhängig gemacht ist, im Strafverfahren geltend machen, im Verfahren vor dem Amtsgericht ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes.

Eine solche in einem Straf-, dem sogenannten Adhäsionsverfahren, über den Antrag eines Verletzten (= Geschädigten) gegen den Beschuldigten (= Schädiger) ergangene Entscheidung steht gemäß § 406 Abs. 3 S. 1 StPO einem im bürgerlichen Rechtsstreit ergangenen Urteil gleich.

Gemäß § 406 Abs. 1 S. 2 StPO kann sich die Entscheidung des Strafgerichts auf den Grund des geltend gemachten Anspruchs beschränken.
Macht das Strafgericht von dieser Möglichkeit Gebrauch, gilt § 318 Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend. Das bedeutet, dass das im nachfolgenden Betragsverfahren zur Entscheidung berufene Zivilgericht (§ 406 Abs. 3 S. 4 StPO) an die im Adhäsionsverfahren getroffene Entscheidung gebunden ist. Der Umfang der Bindungswirkung eines solchen Grundurteils richtet sich danach, worüber das Gericht wirklich entschieden hat. Dies ist durch Auslegung von Urteilsformel und Entscheidungsgründen zu ermitteln.

Die Bindungswirkung einer im Adhäsionsverfahren ergangenen Entscheidung ist allerdings – ebenso wie die Wirkung der materiellen Rechtskraft (§§ 322, 325 Abs. 1 ZPO) – grundsätzlich auf die an dem Verfahren beteiligten Parteien beschränkt.

Gegenüber dem Haftpflichtversicherer eines Beschuldigten (= Schädigers) entfaltet ein im Adhäsionsverfahren ergangenes Urteil weder Rechtskraft, noch bindet es das in einem Folgeprozess zur Entscheidung berufene Zivilgericht.
Denn der Versicherer ist an dem Adhäsionsverfahren nicht beteiligt. Er kann – anders als in einem gegen seinen Versicherungsnehmer (= Beschuldigter und Schädiger) vor dem Zivilgericht geführten Haftungsprozess – das Verfahren weder als Prozessvertreter des Beschuldigten führen, noch hat er die Möglichkeit, zur Wahrung seiner Interessen dem Verfahren als Nebenintervenient beizutreten.

Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 18.12.2012 – VI ZR 55/12 – entschieden.

 

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Erbrecht – Auswirkungen eines Pflichtteilsverzichts auf Unterhaltspflicht.

Mit Rücksicht auf die familiäre Verbundenheit von Erblasser und Pflichtteilsberechtigten soll allein Letzterem die Entscheidung überlassen werden, ob der Anspruch gegen den Erben durchgesetzt werden soll.
Trotz dieser grundsätzlich freien Entscheidung des Pflichtteilberechtigten, ob er einen ihm zustehenden Pflichtteil verlangen will, verletzt ein pflichtteilsberechtigter Vater, der einem minderjährigen Kind gegenüber dem Grunde nach gemäß § 1601 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) unterhaltspflichtig ist, unterhaltsrechtlich eine ihn treffende Obliegenheit, nämlich die zur Durchsetzung des Anspruchs, wenn er auf seinen Pflichtteil nach dem Tod des Erblassers zu Gunsten des testamentarischen Alleinerben verzichtet, obwohl der Pflichtteilsanspruch der einzige Vermögenswert war, mit dem er seine Unterhaltspflicht jedenfalls teilweise hätte erfüllen können.
Fiktiv ist er dann so zu behandeln, als habe er die Obliegenheit erfüllt, also den Anspruch geltend gemacht hätte.

Dementsprechend kann ein für sein minderjähriges Kind unterhaltspflichtiger Vater mit Rücksicht auf einen Pflichtteilsanspruch als leistungsfähig behandelt und zur Zahlung von Kindesunterhalt verurteilt werden.
Gleiches gilt im Fall eines Verstoßes gegen die Erwerbsobliegenheit. Auch da muss der Unterhaltsschuldner sich fiktiv das erzielbare Einkommen anrechnen lassen.

Darin erschöpfen sich allerdings die Auswirkungen einer Obliegenheitsverletzung. Der Unterhaltsschuldner muss zwar als Sanktion unterhaltsrechtlich die Folgen des Unterlassens tragen und ist damit verpflichtet zur Unterhaltszahlung.
Eine einklagbare Pflicht zu einem bestimmten Handeln oder Unterlassen, das heißt, ein einklagbarer Anspruch auf Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs oder auf Rückforderung einer Schenkung gemäß § 528 BGB, wenn der Verzicht auf den Pflichtteilsanspruch eine Schenkung darstellt, besteht dagegen nicht.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 28.11.2012 – XII ZR 19/10 – hingewiesen.

 

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