Strafrecht – bedingter Tötungsvorsatz – tatrichterliche Feststellung und revisionsrechtliche Überprüfung.

Strafrecht – bedingter Tötungsvorsatz – tatrichterliche Feststellung und revisionsrechtliche Überprüfung.

Bedingt vorsätzliches Handeln setzt voraus, dass der Täter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als möglich und nicht ganz fernliegend erkennt und ihn billigt oder sich um des erstrebten Zieles willen mit ihm abfindet.
Da die Schuldformen des bedingten Vorsatzes und der bewussten Fahrlässigkeit im Grenzbereich eng beieinander liegen, müssen vor der Annahme bedingten Vorsatzes beide Elemente der inneren Tatseite, also sowohl das Willens- als auch das Wissenselement, umfassend geprüft und gegebenenfalls durch tatsächliche Feststellungen belegt werden.
Hierzu bedarf es einer Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Tatumstände des Einzelfalls, in die die objektive Gefährlichkeit der Gewalthandlung, aber auch die konkrete Angriffsweise des Täters, seine psychische Verfassung bei der Tatbegehung und seine Motive mit einzubeziehen sind.

Überzeugt sich der Tatrichter auf der Grundlage dieser Gesamtbewertung vom Vorliegen des bedingten Tötungsvorsatzes, so hat dies das Revisionsgericht regelmäßig hinzunehmen; denn die Beweiswürdigung ist vom Gesetz dem Tatrichter übertragen (§ 261 Strafprozessordnung (StPO)).
Es obliegt ihm, sich unter dem umfassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein; es genügt, dass sie möglich sind.
Gleichermaßen ist es Sache des Tatrichters, die Bedeutung und das Gewicht der einzelnen be- und entlastenden Indizien in der Gesamtwürdigung des Beweisergebnisses zu bewerten.
Ist diese Bewertung nach den dargestellten rechtlichen Maßstäben vertretbar, so kann das Revisionsgericht nicht auf der Grundlage einer abweichenden Beurteilung der Bedeutung einer Indiztatsache in die Überzeugungsbildung des Tatrichters eingreifen. Vielmehr ist die revisionsgerichtliche Überprüfung darauf beschränkt, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 28.05.2013 – 3 StR 78/13 – hingewiesen.
Vergleiche hierzu auch Blog „Strafrecht – Wann liegt bei äußerst gefährlichen Gewalthandlungen bedingter Tötungsvorsatz vor?“ und BGH, Urteil vom 22.03.2012 – 4 StR 558/11 –.

Gegen die Annahme einen bedingten Tötungsvorsatzes können u. a. folgende Umstände sprechen:
Das jugendliche Alter und die Unreife eines Täters, wenn der Täter die Risikofaktoren seines Tuns verkannt hat und er das Opfer nur bestrafen oder dem Opfer nur einen Denkzettel verpassen wollte, wenn der Täter durch Alkohol oder andere Rauschmittel in seiner Erkenntnis- und Einsichtsfähigkeit beeinträchtigt gewesen ist, wenn es sich um eine einmalige Spontantat in einer emotional aufgeladenen (häufig alkoholbedingten enthemmten) Atmosphäre gehandelt oder sich der Täter in einem affektiven Erregungszustand befunden hat.

Für die Annahme einen bedingten Tötungsvorsatzes können u. a. folgende Umstände sprechen:
Wenn ein Täter sein Opfer überrascht und ihm keine Chance zur Verteidigung gelassen hat, wenn er das Opfer bewusst in hochgradige Lebensgefahr gebracht hat, wenn der Täter wusste, dass nur noch ein glücklicher Zufall den Tod des Opfers verhindern kann oder wenn ein Täter nicht nur einmal, sondern wiederholt äußerst gefährliche Gewalthandlungen vorgenommen hat.

 

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