Mit Urteil vom 29.02.2024 – VII ZR 902/21 – hat der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) in einem Fall, in dem ein Käufer die
von der er im April 2012 als Neuwagen einen von ihr hergestellten und mit einem
- Dieselmotor des Typs OM 642 (Euro 5) ausgestatteten
Mercedes Benz E 350 CDI erworben hatte, mit der Begründung, dass in dem erworbenen Fahrzeug,
- weil bei diesem die Abgasrückführung unter anderem temperaturgesteuert mittels eines sogenannten Thermofensters erfolgt,
eine unzulässige Abschalteinrichtung eingesetzt wurde, auf
in Anspruch nimmt, darauf hingewiesen, dass,
- wegen des Versehens des Fahrzeugs mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung,
eine Haftung der Mercedes-Benz Group AG
- nach § 823 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 der Verordnung über die EG-Genehmigung für Kraftfahrzeuge und ihre Anhänger sowie für Systeme, Bauteile und selbständige technische Einheiten für diese Fahrzeuge (EG-FGV)
auf
- Ersatz des Differenzschadens
in Betracht kommen kann und deswegen die Sache,
- unter Aufhebung des Urteils des Berufungsgerichts, das die Klage abgewiesen hatte,
zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Übrigens:
Durch Gewährung des Differenzschadens,
- der wenigstens 5% und höchstens 15% des gezahlten Kaufpreises
beträgt, wird der Käufer,
- der das Fahrzeug in diesem Fall behalten darf,
wegen
- der Enttäuschung des Käufervertrauens
so behandelt, als wäre es ihm in Kenntnis der wahren Sachlage und der damit verbundenen Risiken gelungen, den Vertrag zu einem
abzuschließen.
Sein Schaden liegt daher in dem Betrag, um den er den Kaufgegenstand
- mit Rücksicht auf die mit der unzulässigen Abschalteinrichtung verbundenen Risiken
zu teuer erworben hat, wobei der Käufer sich allerdings schadensmindernd anrechnen lassen muss
- Nutzungsvorteile und Restwert des Fahrzeugs insoweit, als sie den Wert des Fahrzeugs bei Abschluss des Kaufvertrags (gezahlter Kaufpreis abzüglich Differenzschaden) übersteigen (vgl. BGH, Urteil vom 26.07.2023 – VIa ZR 335/21 –).
Ob und ggf. in welcher Höhe
- erlangte Nutzungsvorteile sowie
- der Restwert des Fahrzeugs bzw. im Fall einer Weiterveräußerung ein erlangter Verkaufserlös
sich auf einen bestehenden
- Differenzschadensersatzanspruch
von
- wenigstens 5% und
- höchstens 15%
des gezahlten Kaufpreises
auswirken, können Sie in 3 Schritten selbst errechnen:
Schritt 1:
Zunächst berechnen Sie dazu den
- Wert der erlangten Nutzungsvorteile in Euro,
indem Sie
- den „Bruttokaufpreis des Fahrzeugs“ multiplizieren mit
- den „seit dem Erwerb gefahren Kilometern“ und
- das Ergebnis dividieren durch die „erwartete Restlaufleistung eines Fahrzeugs der gekauften Art im Erwerbszeitpunkt“, wobei von
- einer Gesamtlaufleistungserwartung von 250.000 Kilometern ausgegangen werden kann und
- somit die Restlaufleistung des erworbenen Fahrzeugs im Erwerbszeitpunkt beträgt, 250.000 Kilometer abzüglich der Kilometer die das Fahrzeug beim Erwerb bereits auf dem Tacho hatte.
Schritt 2:
Anschließend addieren Sie
- zu diesem errechneten Wert der erlangten Nutzungsvorteile
den
- aktuellen Wert des Fahrzeugs bzw. falls Sie das Fahrzeug veräußert haben, den erzielten Verkaufserlös.
Schritt 3:
Wenn die
den für das
- Fahrzeug gezahlten Bruttokaufpreis abzüglich des Differenzschadens
übersteigt, ist dieser
der
um den sich der
- Differenzschadensersatzanspruch von wenigstens 5% und höchstens 15% des gezahlten Kaufpreises
mindert und ggf. bis auf Null mindern kann (vgl. dazu auch Oberlandesgericht (OLG) München, das mit Beschluss vom 30.08.2023 – 27 U 1464/23 – darauf hingewiesen hat, dass danach im Umkehrschluss
- ein Differenzschaden immer dann ausscheidet,
wenn
- die Summe von Nutzungsvorteilen und Verkaufserlös
- den Fahrzeugbruttokaufpreis – ohne, dass hiervon der Differenzschaden abgezogen wird –
übersteigt).
Hinweis:
Mit Urteil vom 28.03.2024 – 24 MK 1/21 – hat der 24. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart auf die Musterfeststellungsklage
- des Bundesverbands der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände -Musterkläger –
gegen
- die Mercedes-Benz Group AG – Musterbeklagte –
hin, mit der der Musterkläger Feststellungen im Zusammenhang mit dem behaupteten
- Einsatz unzulässiger Abschalteinrichtungen in GLK- und GLC-Modellen der Musterbeklagten, in denen der Motor OM 651 eingesetzt wurde,
begehrte, entschieden, dass zum Zeitpunkt der Inverkehrgabe in den
- Euro 6-Fahrzeugen der Musterbeklagten mit den Modellbezeichnungen
- GLC 220 d 4Matic, GLC 250 d 4Matic (Produktionszeitraum jeweils vom 01.06.2015 bis 30.11.2016) sowie
- GLK 220 Bluetec 4Matic und
- GLK 250 Bluetec 4Matic (jeweils Produktionszeitraum 01.06.2012 bis 31.05.2015)
eine
- sich auf die Ausgestaltung der AdBlue-Dosierstrategien des SCR-Systems beziehende,
unzulässige Abschalteinrichtung in Gestalt einer sogenannten
- „Strategie A in vergleichbarer Ausprägung“,
- – von der Musterbeklagten auch als „Bit 13“ bezeichnet –
in den
- Euro 5-Modelle der Modellbezeichnungen
- GLK 220 CDI 4Matic (jeweils zwischen 2012 und 2015 produziert)
eine unzulässige Abschalteinrichtung in Gestalt einer
- sogenannten Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung (KSR)
enthalten war.
Somit können auch Käufer dieser Fahrzeuge einen Anspruch auf Ersatz des sog. Differenzschadens haben.
Ähnliche Beiträge