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Strafrecht – Was bei der Verurteilung von einkommensschwachen Personen zu Geldstrafen bei der Bestimmung der Tagessatzhöhe vom Gericht zu bedenken ist.

Bei Verhängung einer hohen Geldstrafe – d. h. regelmäßig einer solchen, die 90 Tagessätze übersteigt – ist eine Absenkung der Tagessatzhöhe in Betracht zu ziehen, um einer progressiven Steigerung des Strafübels entgegen zu wirken. Denn mit der zunehmenden Zahl der Tagessätze steigert sich die Fühlbarkeit der Geldstrafe bei gleich bleibender Tagessatzhöhe nicht in entsprechender Weise, sondern sie wächst progressiv. Das auf dem Nettoeinkommensprinzip aufgebaute Tagessatzsystem kann deshalb zu einem Einwirkungsübermaß und desozialisierenden Folgen führen, die nicht mehr mit der Pflicht des Richters zu vereinbaren sind, im Rahmen einer sachgerechten Strafzumessung alle Wirkungen zu bedenken, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind (§ 46 Abs. 1 Satz 2 Strafgesetzbuch (StGB )). Bleiben solche Folgen auch unter Berücksichtigung von nach § 42 StGB einzuräumenden Zahlungserleichterungen bestehen, ist eine Verringerung der Tagessatzhöhe erforderlich.

Zum anderen kann es bei besonders einkommensschwachen Personen, die am Rande des Existenzminimums leben, geboten sein, unter Berücksichtigung der nach § 42 StGB möglichen, zeitlich grundsätzlich nicht beschränkten Zahlungserleichterungen und unter Beachtung der Notwendigkeit der Wahrung der Strafe als ernsthaft fühlbares Übel die Tagessatzhöhe unterhalb eines Dreißigstels des monatlichen Nettoeinkommens festzusetzen, weil diese Personen bei strikter Einhaltung des Nettoeinkommensprinzips härter als normal Verdienende getroffen werden.

Schließlich muss einem zu Geldstrafe verurteilten Angeklagten auch bei Bewilligung von Ratenzahlungen das zum täglichen Lebensbedarf Unerlässliche erhalten bleiben, was, wenn einem Angeklagten monatlich Barleistungen in Höhe von 194 Euro zur Verfügung stehen, bei zu zahlenden monatlichen Teilbeträgen von 100 Euro nicht der Fall ist.

Darauf und, dass sich das Gericht dieser Aspekte bewusst sein muss, hat das Kammergericht (KG) mit Beschluss vom 02.11.2012 – 121 Ss 146/12 – hingewiesen.

 

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Schmerzensgeld – Was bei der Bemessung von den Gerichten zu beachten ist.

Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann nach § 253 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.
Die Höhe eines solchen zuzubilligenden Schmerzensgeldes hängt entscheidend vom Maß der durch das haftungsbegründende Ereignis verursachten körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen des Geschädigten ab, soweit diese bei Schluss der mündlichen Verhandlung bereits eingetreten sind oder zu diesem Zeitpunkt mit ihnen als künftiger Verletzungsfolge ernstlich gerechnet werden muss.
Die Schwere dieser Belastungen wird vor allem durch die Stärke, Heftigkeit und Dauer der erlittenen Schmerzen und Funktionsbeeinträchtigungen bestimmt. Besonderes Gewicht kommt etwaigen Dauerfolgen der Verletzungen zu.
§§ 253 Abs. 2 BGB, 11 S. 2 Straßenverkehrsgesetz (StVG) sprechen von „billiger Entschädigung in Geld“. Da es eine absolut angemessene Entschädigung für nichtvermögensrechtliche Nachteile nicht gibt, weil diese nicht in Geld messbar sind, unterliegt der Tatrichter bei der ihm obliegenden Ermessensentscheidung von Gesetzes wegen keinen betragsmäßigen Beschränkungen.

Die in den Schmerzensgeldtabellen erfassten „Vergleichsfälle“

  • bilden nur „in der Regel den Ausgangspunkt für die tatrichterlichen Erwägungen zur Schmerzensgeldbemessung“;
  • sind nur im Rahmen des zu beachtenden Gleichheitsgrundsatzes als Orientierungsrahmen zu berücksichtigen;
  • sind aber keine verbindliche Präjudizien.

Deshalb können aus der Existenz bestimmter ausgeurteilter Schmerzensgeldbeträge keine unmittelbaren Folgerungen abgeleitet werden. Weiter muss die Entstehungszeit der herangezogenen Vergleichsfälle beachtet werden. Das erkennende Gericht ist grundsätzlich nicht gehindert, die von der Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen bisher gewährten Beträge zu unterschreiten oder über sie hinauszugehen, wenn dies durch veränderte allgemeine Wertvorstellungen oder die wirtschaftliche Entwicklung gerechtfertigt ist.
Konkret bedeutet dies, dass bei der Heranziehung von Vergleichsfällen

  • die Tatsache zu beachten ist, dass die Rechtsprechung bei der Bemessung von Schmerzensgeld nach gravierenden Verletzungen deutlich großzügiger verfährt als früher;
  • zugunsten des Geschädigten die zwischenzeitliche Geldentwertung in Rechnung zu stellen ist.

Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG) München mit Urteil vom 22.03.2013 – 10 U 3619/10 – hingewiesen.

 

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Unwirksame Verfügung eines Ehegatten über sein Vermögen im Ganzen – Wann liegt sie vor?

Nach § 1365 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB ) kann sich ein Ehegatte nur mit Einwilligung des anderen Ehegatten verpflichten, über sein Vermögen im Ganzen zu verfügen und sofern er sich dazu ohne Zustimmung des anderen Ehegatten verpflichtet hat, so kann er die Verpflichtung nur erfüllen, wenn der andere Ehegatte einwilligt.

Diese Vorschrift greift nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht nur dann ein, wenn das Geschäft auf die Übertragung des gesamten Vermögens als solches gerichtet ist, sondern auch, wenn ein einzelner Vermögensgegenstand veräußert wird, der im Wesentlichen das ganze Vermögen des Veräußerers darstellt, und wenn der Vertragspartner dies weiß oder zumindest die Verhältnisse kennt, aus denen sich dies ergibt.

Eine Verfügung über das Vermögen im Ganzen kann dann vorliegen, wenn der Ehegatte – bei kleineren Vermögen – mit einem oder mehreren Einzelgegenständen mehr als 85 % seines Vermögens überträgt (zu größeren Vermögen vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 13.03.1991 – XII ZR 97/90 –).

Besteht das ganze Vermögen des Ehegatten im Wesentlichen aus einem Hausgrundstück, ist bei der Beurteilung, ob die Übertragung dieses Grundstücks durch den Ehegatten sein Vermögen im Ganzen betrifft, ein von ihm vorbehaltenes dingliches Wohnungsrecht als ihm verbleibendes Vermögen zu berücksichtigen.
Für die Beurteilung, ob eine Verfügung im Wesentlichen das ganze Vermögen eines Ehegatten erfasst, ist nämlich die Vermögenslage vor und nach der Verfügung zu betrachten. Während sich vor der Übertragung eines Grundstücks regelmäßig der – um valutierende Belastungen verringerte – Wert des Grundstücks im Vermögen des Ehegatten befand, besteht sein Vermögen nach der Übertragung (allein) in dem dinglichen Wohnungsrecht nach § 1093 BGB.
Der Berücksichtigung des Wohnungsrechts steht nicht entgegen, dass dessen Bestellung eine von der Eigentumsübertragung getrennte Verfügung ist. Jedenfalls wenn die zur Eigentumsübertragung und zur Bestellung des Wohnungsrechts erforderlichen Willenserklärungen in einem einheitlichen Vertrag abgegeben werden und miteinander stehen und fallen, hat der Veräußerer den mit dem (Haus-)Grundstück verbundenen Wert bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise nicht vollständig aus der Hand gegeben.
Dem veräußernden Ehegatten bleibt vielmehr ein Teil des Wertes des zuvor in seinem Eigentum stehenden Grundstücks durch das Wohnungsrecht weiterhin erhalten.

Darauf hat der BGH mit Urteil vom 16.01.2013 – XII ZR 141/10 – hingewiesen.

 

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Auftrag für Genehmigungsplanung eines Wohnhauses – Pflichten des Architekten.

Überschreitet der Architekt den vorgegebenen Kostenrahmen und ist die Planung für den Auftraggeber deshalb unbrauchbar, so kann der Anspruch auf Honorar entfallen.

Wie die Pressestelle des Bundesgerichtshofes (BGH) am 21.03.2013 – Nr. 51/2013 – mitgeteilte, hat der VII. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 21.03.2013 – VII ZR 230/11 – entschieden, dass ein Architekt grundsätzlich verpflichtet ist, bereits im Rahmen der sogenannten Grundlagenermittlung mit dem Auftraggeber den wirtschaftlichen Rahmen für ein Bauvorhaben abzustecken und dessen Kostenvorstellungen zu berücksichtigen.
Die einem Architekten gegenüber zum Ausdruck gebrachten Kostenvorstellungen sind in dem Sinne verbindlich, dass sie – vorbehaltlich einer nachträglichen Änderung – den Planungsrahmen bestimmen und jedenfalls dann regelmäßig zum Vertragsinhalt werden, wenn der Architekt ihnen nicht widerspricht. Solche Kostenvorstellungen sind nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs auch dann beachtlich, wenn sie nicht eine genaue Bausummenobergrenze enthalten, sondern nur Angaben zur ungefähren Bausumme, mit denen ein Kostenrahmen abgesteckt wird. Etwaige Zweifel über den Umfang des Kostenrahmens muss der Architekt aufklären, was auch durch die von der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure erfassten Kostenermittlungen für den Auftraggeber geschehen kann.

 

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Strafrecht – Gefährdungserfolg bei Verurteilung wegen Gefährdung des Straßenverkehrs.

Der vorsätzlichen oder fahrlässigen Gefährdung des Straßenverkehrs nach § 315 c Abs. 1 Nr. 1a Strafgesetzbuch (StGB ) macht sich schuldig, wer im Straßenverkehr ein Fahrzeug führt,

  • obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen und
  • dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet.

Mit Beschluss vom 04.12.2012 – 4 StR 435/12 – hat der Bundesgerichtshof (BGH) auf die Sachrüge eines Angeklagten das Urteil einer Strafkammer aufgehoben, die einen Angeklagten wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs nach § 315 c Abs. 1 Nr. 1a, Abs. 3 Nr. 2 StGB verurteilt und hierzu festgestellt hatte, dass der infolge Alkoholgenusses absolut fahruntüchtige Angeklagte einen fremden, mit zwei weiteren Personen besetzten Pkw im Straßenverkehr geführt hatte, mit dem Fahrzeug gegen eine Hausmauer gefahren war, an dieser einen Schaden von 368,90 € verursacht sowie im weiteren Verlauf der Fahrt Leitplankenfelder gestreift und außerdem Leib und Leben der beiden Mitfahrer gefährdet hatte.

Der BGH hat beanstandet, dass die von der Strafkammer getroffenen Feststellungen die Annahme einer konkreten Gefahr für Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert nicht belegen und hierzu u. a. ausgeführt:

  • Nach gefestigter Rechtsprechung muss die Tathandlung über die ihr innewohnende latente Gefährlichkeit hinaus in eine kritische Situation geführt haben, in der – was nach allgemeiner Lebenserfahrung auf Grund einer objektiv nachträglichen Prognose zu beurteilen ist – die Sicherheit einer bestimmten Person oder Sache so stark beeinträchtigt war, dass es nur noch vom Zufall abhing, ob das Rechtsgut verletzt wurde oder nicht.

Da für den Eintritt des danach erforderlichen konkreten Gefahrerfolgs das von einem Angeklagten geführte Fahrzeug nicht in Betracht kommt und auch nicht erkennbar ist, ob der Gefährdungsschaden an Hauswand und Leitplankenfeldern die tatbestandsspezifische Wertgrenze von 750 € erreicht hat, kommt es auf die Gefährdung der Mitfahrer an.

Nach den in der Rechtsprechung des Senats entwickelten Maßstäben genügt die hierauf bezogene knappe Bemerkung der Strafkammer – „Außerdem gefährdete er Leib und Leben seiner beiden Mitfahrer” – nicht den Anforderungen zur Darlegung einer konkreten Gefahr.
Einen Vorgang, bei dem es beinahe zu einer Verletzung der Mitfahrer gekommen wäre, also ein Geschehen, bei dem ein unbeteiligter Beobachter zu der Einschätzung gelangt, „das sei noch einmal gut gegangen”, hat die Strafkammer auch nach dem Gesamtzusammenhang ihrer auf das Unfallgeschehen bezogenen Feststellungen nicht hinreichend mit Tatsachen belegt. Insbesondere fehlen Angaben zu den Geschwindigkeiten des Fahrzeugs im Zeitpunkt der Kollisionen und der Intensität des Aufpralls auf die einzelnen Gefährdungsobjekte. Auch ergeben die bisher getroffenen Feststellungen nicht, dass es dem Angeklagten – etwa nur aufgrund überdurchschnittlich guter Reaktion – sozusagen im allerletzten Moment gelungen ist, einen intensiveren Aufprall zu verhindern.

Nach den bisherigen Feststellungen bleibt zudem offen, ob die Mitfahrer des Angeklagten vom Schutzbereich des § 315c StGB überhaupt erfasst sind. Nach gefestigter Rechtsprechung des BGH ist dies für an einer solchen Straftat beteiligte Insassen des Fahrzeugs zu verneinen. Die Mitfahrer könnten sich – jedenfalls zum Teil – durch Übergabe des Pkw-Schlüssels oder durch Überlassen des eigenen Pkws der Beihilfe gemäß § 27 StGB schuldig gemacht haben, sofern zumindest die Voraussetzungen der Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombination nach § 315 c Abs. 3 Nr. 1 StGB gegeben sind.

 

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Öffentliches Baurecht – Anfechtungsklage eines Grundstücksmieters gegen eine dem Eigentümer des Nachbargrundstücks erteilte Baugenehmigung ist unzulässig.

Wird einem Grundstückseigentümer eine beantragte Baugenehmigung erteilt, kann diese von einem Mieter eines Nachbargrundstücks nicht angefochten werden.

Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Frankfurt a. M. mit Urteil vom 30.08.2012 – 8 K 456/12.F – entschieden.

Danach fehlt Mietern eines Nachbargrundstücks für eine Anfechtung der Baugenehmigung die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Nach dieser Bestimmung ist eine Anfechtungsklage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt (= die erteilte Baugenehmigung) in seinen Rechten verletzt zu sein. Ein derartiges Abwehrrecht steht den Mietern eines Nachbargrundstücks nicht zur Seite. Dies ergibt sich einerseits daraus, dass die grundstücksbezogenen Bestimmungen des öffentlichen Baurechts nur dem Eigentümer oder dem sonstigen in eigentumsähnlicher Weise dinglich Berechtigten individuellen Nachbarrechtsschutz gewähren. Dies beruht darauf, dass das Bebauungsrecht grundstücks- und nicht personenbezogen ist. Aufgabe des Bebauungsrechts ist es, die einzelnen Grundstücke einer auch im Verhältnis untereinander verträglichen Nutzung zuzuführen. Indem es in dieser Weise auf einen Ausgleich möglicher Bodennutzungskonflikte zielt, bestimmt es zugleich den Inhalt des Grundeigentums. Demgemäß beruht baurechtlicher Nachbarschutz auf dem Gedanken des wechselseitigen Austauschverhältnisses. Weil und soweit der Eigentümer eines Grundstücks in dessen Ausnutzung öffentlich-rechtlichen Beschränkungen unterworfen ist, kann er deren Beachtung grundsätzlich auch im Verhältnis zum Grundstücksnachbarn durchsetzen.
Der Mieter oder der sonstige obligatorisch Berechtigte hat aus dieser Rechtsposition grundsätzlich kein öffentlich-rechtliches Abwehrrecht, da er sein obligatorisches Recht an einem Grundstück von dessen Eigentümer ableitet. Er kann seine Rechtsposition lediglich privat-rechtlich gegenüber dem Eigentümer geltend machen. Der Mieter ist somit auf seine Gewährleistungsansprüche gegenüber dem Vermieter (Eigentümer) verwiesen und kann aus dem Mietvertrag verlangen, dass der Vermieter öffentlich-rechtliche Abwehransprüche gegen eine Beeinträchtigung des Mietobjektes geltend macht.

 

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Sich ästhetisch anmutend tänzerisch zu bewegen ist nicht jedem gegeben – Tanzschule darf nicht mit „garantiertem Lernerfolg“ werben.

Laut Mitteilung der Pressestelle des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm hat der 4. Zivilsenat mit Urteil vom 29.01.2013 – I-4 U 171/12 – entschieden, dass es eine Tanzschule zu unterlassen hat, mit der Aussage zu werben „garantieren wir … den … Lernerfolg“, weil diese Werbung für den heutigen, durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher irreführend und deshalb unlauter sei. Sie enthalte eine unwahre Angabe über die Ergebnisse, die vom Tanzunterricht zu erwarten seien. Bei den angesprochenen Verbrauchern entstehe durch die in Frage stehende Formulierung der unzutreffende Eindruck, der Tanzunterricht führe sicher zu einem gewünschten Lernerfolg.
Tatsächlich hänge, wie die Richter des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm in ihrer Entscheidung ausgeführt haben, der Erfolg des Tanzunterrichts aber auch maßgeblich vom jeweiligen Schüler ab, so dass ein Lernerfolg nicht sicher eintreten müsse. Denn es gebe immer wieder Menschen, die auch nach einem Tanzkurs nicht in der Lage seien, das formal Gelernte so anzuwenden, dass sich dieses als eine auch nur einigermaßen ästhetisch anmutende Bewegung darstelle.

 

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Betreuungsverfahren – Erledigung durch Tod des Betreuten.

Das Verfahren betreffend die Anordnung einer Betreuung erledigt sich insgesamt mit dem Tod eines Betreuten, weil von diesem Zeitpunkt an nicht mehr entschieden zu werden braucht, ob und welche Maßnahmen zum Schutz des Betroffenen ergriffen werden müssen.
Daher wird, wenn von einem beschwerdeberechtigten Verfahrensbeteiligten gegen eine in der Vorinstanz angeordnete Betreuung Beschwerde eingelegt worden ist und der Betreute im Laufe des Beschwerdeverfahrens verstirbt, diese Beschwerde infolge der durch den Tod des Betroffenen eingetretenen Erledigung regelmäßig unzulässig, weil eine Sachentscheidung durch das Beschwerdegericht nicht mehr ergehen kann.

Im Verfahren der Beschwerde gegen eine Betreuungsanordnung kann nach dem Tod des Betroffenen von den gem. § 303 Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) beschwerdeberechtigten Angehörigen oder Vertrauenspersonen kein Feststellungsantrag nach § 62 FamFG gestellt werden. Denn für diesen Antrag fehlt ihnen die erforderliche Antragsberechtigung. Denn § 62 FamFG setzt nach seinem eindeutigen Wortlaut voraus, dass der „Beschwerdeführer“ selbst durch die erledigte Maßnahme in seinen Rechten verletzt worden ist. Demgemäß kann nur derjenige Beteiligte nach § 62 FamFG antragsbefugt sein, dessen eigene Rechtssphäre betroffen ist und der ein berechtigtes Feststellungsinteresse nach § 62 Abs. 2 FamFG hat. Hieraus hat der Senat bereits abgeleitet, dass dem Verfahrenspfleger des Betroffenen trotz seines Beschwerderechts kein eigenes Antragsrecht nach § 62 FamFG zusteht. Nichts anderes gilt für den nach § 303 Abs. 2 FamFG privilegierten Personenkreis und zwar selbst dann nicht, wenn der Beschwerdeführer Erbe des verstorbenen Betroffenen ist.
Auch ist es in einem erledigten Betreuungsverfahren aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht geboten, Angehörigen eines verstorbenen Betroffenen – etwa im Wege einer teleologisch erweiternden Auslegung von § 62 Abs. 2 FamFG – durch einen Fortsetzungsfeststellungsantrag die Geltendmachung eines postmortalen Rehabilitationsinteresses zu ermöglichen.

Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Beschluss vom 24. 10. 2012 – XII ZB 404/12 – entschieden.

 

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Zivilprozess – Wenn Berufung unter der Bedingung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe eingelegt wird.

Wird von dem Prozessbevollmächtigen einer Partei Berufung gegen ein erstinstanzliches Urteil eingelegt und gleichzeitig die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des unterzeichnenden Prozessbevollmächtigten beantragt, verbunden mit der Erklärung, dass die Berufung nur dann als eingelegt gelten soll, wenn Prozesskostenhilfe bewilligt wird, ist die Berufungseinlegung, weil sie von einer Bedingung, nämlich der Bewilligung der Prozesskostenhilfe abhängig gemacht worden ist, unwirksam.

Trotzdem darf das Berufungsgericht die Berufung in einem solchen Fall nicht vor der Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag als unzulässig verwerfen. Vielmehr muss es erst über den Prozesskostenhilfeantrag entscheiden.
Ansonsten würde das Verfahrensgrundrecht des Antragstellers auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) verletzt, welches es den Gerichten verbietet, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren.

Eine bedürftige Prozesspartei, die eine gegen sie ergangene Entscheidung mit der Berufung angreifen will, kann sich nämlich darauf beschränken,

  • innerhalb der Berufungsfrist zunächst nur einen (isolierten) Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beifügung der nach § 117 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) erforderlichen Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst entsprechenden Belegen beim Prozessgericht zu stellen und
  • die Berufungseinlegung bis zur Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag zurückzustellen.

Ist dies geschehen, so muss das Berufungsgericht zunächst über den Prozesskostenhilfeantrag entscheiden.

Wird über den Antrag nach Ablauf der Berufungsfrist entschieden, ist einem Antragsteller, der dann Berufung einlegt, gemäß § 233 ZPO antragsgemäß Wiedereinsetzung in die infolge Mittellosigkeit schuldlos versäumte Berufungseinlegungs- und ggf. auch Begründungsfrist zu gewähren, wenn

  • Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist oder
  • im Falle ihrer Versagung – der Antragsteller vernünftigerweise nicht mit der Ablehnung seines Antrags wegen fehlender Bedürftigkeit rechnen musste und
  • die versäumte Prozesshandlung – die Einlegung und ggf. Begründung der Berufung – innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist (§ 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO), die regelmäßig nicht vor der Bekanntgabe der Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag zu laufen beginnt, nachgeholt wird.

Die (zunächst) unwirksame, weil bedingte Einlegung der Berufung vor der Entscheidung über den gleichzeitig eingereichten Prozesskostenhilfeantrag hindert eine Partei nicht, nach der – bislang noch ausstehenden – Entscheidung des Berufungsgerichts über den Prozesskostenhilfeantrag nunmehr wirksam Berufung einzulegen.
Die dazu erforderliche Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsfrist wird einer Partei nicht deswegen zu versagen sein, weil ihr Prozessbevollmächtigter bereits vor der beantragten Bewilligung von Prozesskostenhilfe die Berufung – wenn auch unwirksam – eingelegt hat.
Zwar kommt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur in Betracht, wenn die Mittellosigkeit der betroffenen Partei für die Fristversäumung kausal geworden ist.
Das ist hier indessen der Fall, weil der Prozessbevollmächtigte des Partei eine unbedingte Berufung noch nicht eingelegt, sondern – wenn auch prozessual unbehelflich – die Wirksamkeit der erklärten bedingten Berufungseinlegung von der Bewilligung der zugleich beantragten Prozesskostenhilfe abhängig gemacht hat.

Darauf hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Beschluss vom 05.02.2013 – VIII ZB 38/12 – hingewiesen.

 

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Räum- und Streupflicht – Voraussetzungen für eine wirksame Übertragung vom Eigentümer auf die Mieter.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können Verkehrssicherungspflichten, wie die Räum- und Streupflicht, mit der Folge eigener Entlastung delegiert werden. Die Verkehrssicherungspflichten des ursprünglich Verantwortlichen verkürzen sich dann auf Kontroll- und Überwachungspflichten. Wer sie übernimmt, wird seinerseits deliktisch verantwortlich. Die deliktische Einstandspflicht des mit der Wahrnehmung der Verkehrssicherung Beauftragten besteht auch dann, wenn der Vertrag mit dem Primärverkehrssicherungspflichtigen nicht rechtswirksam zustande gekommen ist. Entscheidend ist, dass der in die Verkehrssicherungspflicht Eintretende faktisch die Verkehrssicherung für den Gefahrenbereich übernimmt und im Hinblick hierauf Schutzvorkehrungen durch den primär Verkehrssicherungspflichtigen unterbleiben, weil sich dieser auf das Tätigwerden des Beauftragten verlässt.

Voraussetzung für die Delegation von Verkehrssicherungspflichten ist jedoch, dass die Übertragung klar und eindeutig vereinbart wird, so dass eine Ausschaltung von Gefahren zuverlässig sichergestellt ist. Erst dann verengt sich die Verkehrssicherungspflicht des Eigentümers bzw. Vermieters als des ursprünglich allein Verantwortlichen auf eine Kontroll- und Überwachungspflicht, die sich darauf erstreckt, ob die vertraglich übernommenen Sicherungsmaßnahmen auch tatsächlich ausgeführt worden sind.
An einer solchen klaren Absprache, die eine Ausschaltung von Gefahren zuverlässig sicherstellte, kann es fehlen, wenn keine mietvertragliche Regelung des Inhalts ersichtlich ist, dass alle Mieter eines Mehrfamilienhauses für die Erfüllung des Winterdienstes im Wechsel zuständig sind und mit den Mietern auch keine entsprechenden Vereinbarungen getroffen worden sind, sondern ihnen lediglich ein sog. „Schneeplan“, der eine Beteiligung aller Mieter am Winterdienst im täglichen Wechsel vorsieht, durch Einwurf in den jeweiligen Briefkasten übermittelt worden ist. Denn dann müssen sich erhebliche Zweifel aufdrängen, ob die vorgenommene Zuständigkeitsverteilung Beachtung finden wird, was umso mehr gilt, wenn beispielsweise mehrere Mieter bereits in fortgeschrittenem Alter sind und sich deshalb möglicherweise nicht in der Lage sehen, selbst Räum- und Streumaßnahmen vorzunehmen und ungewiss ist, ob sie dann ihrerseits andere Personen beauftragen werden, für sie den Winterdienst vorzunehmen.

Darauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm mit Urteil vom 21.12.2012 – I-9 U 38/12 – hingewiesen.

 

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